6Aufrechnung gegen den unpfändbaren Einkommensteil und rechtzeitige Geltendmachung gem § 113a Abs 2 IO
Aufrechnung gegen den unpfändbaren Einkommensteil und rechtzeitige Geltendmachung gem § 113a Abs 2 IO
§ 71 Abs 2 GSVG und § 103 Abs 2 ASVG gehen § 293 Abs 3 EO als speziellere Normen vor. Eine Aufrechnung in den pfändungsfreien Teil ist auch im Insolvenzverfahren zulässig; es bleibt dem alleinigen Ermessen des Sozialversicherungsträgers überlassen, die Höhe der Abzugsrate auf relativ niedrigem Niveau festzulegen.
Die Aufrechnungsbefugnis gegen den unpfändbaren Teil der Pension bedarf keiner Anzeige des Aufrechnungsberechtigten iS einer ausgedehnten Anwendung des § 113a Abs 2 IO. Der Regelungszweck erfasst nämlich auch im Fall des § 113a IO nicht die Unterlassung der Geltendmachung der Aufrechnungsbefugnis in den insolvenzfreien Teil des Schuldnervermögens.
Für die Aufrechnung der Forderung gegen den insolvenzfreien Teil der Pensionsbezüge gilt die Beschränkung des § 12a Abs 2 IO nicht. Da diese Bezugsteile nicht zur gleichmäßigen Befriedigung der Gläubiger dienen, sind sie von den entsprechenden rechtspolitischen Zielsetzungen des § 12a IO nicht erfasst. Eine Verrechnung gegen unpfändbare Bezugsteile kann daher über den Zeitraum von zwei Jahren hinaus vorgenommen werden.
Über das Vermögen des Kl wurde mit Beschluss des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom 8.8.2002 das Schuldenregulierungsverfahren eröffnet. Die bekl Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft meldete eine Forderung von 30.840,65 € an.
Auf Antrag des Kl wurde am 9.12.2002 das Abschöpfungsverfahren auf sieben Jahre eingeleitet; mit Beschluss vom 15.2.2010 wurde es um weitere drei Jahre verlängert und der Antrag auf Restschuldbefreiung nach Billigkeit abgewiesen.
Der Kl bezieht eine monatliche Alterspension von netto 1.452,53 €. Seine im gemeinsamen Haushalt lebende Ehefrau erhält eine Pension von netto 1.402,16 €. Aufgrund des Schuldenregulierungsverfahrens werden ihm monatlich rund 470 € von seiner Pension abgezogen. Die Bekl zieht überdies seit Februar 2010 monatlich 270 € von der Pension des Kl ab. Wegen der weiteren Abzüge im Rahmen des Schuldenregulierungsverfahrens werden ihm seither nur noch 710,10 € monatlich an Alterspension ausbezahlt.
Mit Bescheid vom 2.2.2010 hatte die Bekl gem § 71 GSVG die Aufrechnung ihrer offenen Beitragsforderung von 25.689,52 € ab 1.2.2010 auf den Leistungsanspruch des Kl erklärt. Im Bescheid war ausdrücklich festgehalten, dass die Aufrechnung in den „unpfändbaren Bezugsteil“ der (Alters-)Pension des Kl erfolgt und der „Anweisungsbetrag“ aufgeschlüsselt. Der „Fremdabzug“ wurde in der Aufstellung der monatlichen (Pensions-)Leistung mit 270 € geltend gemacht.
Die gegen diesen Bescheid erhobene Klage ist darauf gerichtet, festzustellen, dass die Bekl nicht berechtigt sei, ihre offene Forderung an Beiträgen zur SV von 25.689,52 € ab dem 1.2.2010 gegen Leistungsansprüche des Kl aufzurechnen. Der Anspruch der Bekl sei nach § 113a Abs 2 IO erloschen, weil sie die Aufrechnung erst mit diesem Bescheid erklärt habe. Der monatliche Auszahlungsbetrag von 710,10 € liege unter den von § 71 Abs 2 GSVG gezogenen Grenzen. Die Bekl habe zu Unrecht bei der Ermittlung der Grenzwerte das Familien-Gesamteinkommen und damit die Pension der Gattin des Kl berücksichtigt.
Die Bekl beantragte Klagsabweisung. Da der Abzug nur in den unpfändbaren Pensionsteil erfolge, der gem § 1 Abs 1 KO (nunmehr: § 2 Abs 2 IO) nicht zur Konkursmasse zähle, werde die Aufrechnungsbefugnis durch das Schuldenregulierungsverfahren nicht tangiert. 90 % des auf den Kl anwendbaren Familienrichtsatzes ergebe den Betrag von 1.057,91 €, sodass – unter Berücksichtigung des Pensionseinkommens seiner Ehefrau – ein monatlicher Abzug von 270 € gem § 71 Abs 2 GSVG zulässig sei.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab und verpflichtete den Kl, ab 1.2.2010 die Aufrechnung eines Betrags von 270 € zur Deckung der offenen Beitragsforderungen der Bekl auf die von ihr zu erbringenden Pensionszahlungen zu dulden. [...]
Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil. [...]
Die Revision sei zulässig, weil Rsp des OGH zu den Fragen der Geltung des § 113a IO für Aufrechnungsberechtigte und für die Aufrechnungsbefugnis in den unpfändbaren Bezugsteil sowie zur Frage, ob von der zu erbringenden Geldleistung iSd § 71 Abs 2 Satz 2 GSVG an Gläubiger abgeführte Beträge im Rahmen eines Abschöpfungsverfahrens in Abzug zu bringen seien, fehle.
Dagegen richtet sich die Revision des Kl wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene E im klagsstattgebenden Sinn abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Bekl hat keine Revisionsbeantwortung erstattet.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist aus dem vom Berufungsgericht angeführten Grund zulässig, aber nicht berechtigt.
Der Revisionswerber stützt sich darauf, dass die Bekl im Schuldenregulierungsverfahren eine Forderung von 30.840,65 € angemeldet, aber kein „Absonderungsrecht aufgrund der Aufrechnungsbefugnis des § 71 GSVG gegenüber dem Insolvenzgericht iSd § 113a KO geltend gemacht“, sondern erst mit dem hier bekämpften Bescheid vom 2.2.2010 die Aufrechnung ihres Anspruchs auf den unpfändbaren Bezugsteil der Pension in einer monatlichen Höhe von 270 € erklärt habe. In der letzten E zu dieser Problematik (10 ObS 233/02s SSV-NF 16/138) habe der OGH die [auf nach dem 30.6.2002 eröffnete Konkursverfahren anzuwendende] Bestimmung des § 113a IO noch46 nicht zu berücksichtigen gehabt. Aus dem obiter dictum dieser E, wonach auf die Frage, ob durch § 113a KO eine Änderung der Rechtslage eingetreten sei, nicht eingegangen werden müsse, ergebe sich jedoch, dass das Höchstgericht eine andere rechtliche Beurteilung der Zulässigkeit einer Aufrechnung „durchaus für möglich“ erachtet habe.
Nach dem Standpunkt des Revisionswerbers seien Aufrechnungsberechtigte wie Absonderungsberechtigte gem § 113a IO zu behandeln. Gehe man von der Sanierungsabsicht des Abschöpfungsverfahrens aus, müsse die Rechtsfolge des § 113a Abs 2 IO auch für Aufrechnungsberechtigte „in den unpfändbaren Teil“ gelten. Es komme nicht darauf an, aus welchem Fonds (pfändbares oder pfändungsfreies Pensionseinkommen) die Befriedigung erfolge; sondern darauf, dass im Sanierungsverfahren (welches nach § 181 IO auch auf das Abschöpfungsverfahren anzuwenden sei) nur Forderungen zu berücksichtigen seien, die nicht anderwärtig, etwa von Absonderungsrechten, befriedigt würden (siehe Riel in Konecny/Schubert, Insolvenzgesetze § 149 Rz 12 ff). § 71 GSVG biete „keine zusätzliche, sondern lediglich eine zweite Befriedigungsmöglichkeit“, die nur alternativ zur ersten unter Beachtung der §§ 113a, 149 IO wahrgenommen werden könne. Die gegenständliche Aufrechnung sei nicht mehr zulässig, weil die Bekl im Schuldenregulierungsverfahren § 113a IO „nicht beachtet“ habe.
Davon abgesehen sei zu Unrecht das gemeinsame Einkommen des Kl und seiner Ehefrau als Berechnungsgrundlage für die Höhe der Aufrechnung herangezogen und die Aufrechnung nicht „in sozialer Rechtsanwendung“ festgelegt worden. Das Berufungsgericht sei darauf nicht eingegangen, weil es den unrichtigen Standpunkt vertrete, dass es nicht auf den tatsächlich ausgezahlten Betrag, sondern auf den Nettopensionsanspruch (einschließlich des im Rahmen des Abschöpfungsverfahren abgeschöpften Betrags) ankomme, und das soziale Ermessen allein dem Sozialversicherungsträger überlassen bleibe.
Dem ist zunächst Folgendes zu erwidern:
1. Nach § 71 Abs 2 GSVG ist ua die Aufrechnung nach § 71 Abs 1 Z 1 GSVG „bis zur Hälfte der zu erbringenden Geldleistung zulässig“. Diese Bestimmung entspricht § 103 Abs 2 ASVG. Mit der zu erbringenden Geldleistung ist der Nettoauszahlungsbetrag angesprochen (10 ObS 215/01t mwN). Im ASVG befand sich diese Bestimmung bereits seit seiner Stammfassung (BGBl 1955/189). In der Grundsatzentscheidung 10 ObS 146/93 (SSV-NF 7/100) hat der OGH mit ausführlicher Begründung dargelegt, dass die Pfändungsbeschränkungen der EO einer Aufrechnung bis zur Hälfte der vom Versicherungsträger zu erbringenden Geldleistungen iSd § 103 Abs 2 ASVG nicht entgegen stehen, weil § 293 Abs 3 EO zwar die Aufrechnung gegen die der Exekution entzogenen Teile einer Forderung auf Ausnahmefälle einschränkt, nach seinem ausdrücklichen Wortlaut jedoch nicht in den Fällen gilt, in denen nach bereits bestehenden Vorschriften Abzüge ohne Beschränkung auf den der Exekution unterliegenden Teil gestattet sind. § 103 Abs 2 ASVG ist eine solche bestehende Ausnahmevorschrift, die dem eigentlichen Exekutionsrecht als speziellere Norm vorgeht und eine Aufrechnung in den nach der EO pfändungsfreien Teil zulässt. Es bleibt demnach dem alleinigen Ermessen des Sozialversicherungsträgers überlassen, die Höhe der Abzugsrate auf relativ niedrigem Niveau festzulegen. An dieser Ansicht hat der OGH in allen Folgeentscheidungen festgehalten und ausgesprochen, dass kein Anlass bestehe davon abzugehen (10 ObS 215/01t mwN; RIS-Justiz RS0110621).
1.1. Durch Art 73 Teil 2 Z 3a des BBG 2003 (BGBl I 71/2003) wurde § 103 Abs 2 ASVG (zunächst) dahin geändert, dass die Aufrechnung ua nach Abs 1 Z 1 nur bis zur Hälfte der zu erbringenden Geldleistung, „höchstens jedoch bis zum Richtsatz nach § 293 Abs 1 lit a sublit bb“ zulässig ist. [...]
1.2. Noch vor dem beabsichtigten Inkrafttreten dieser Änderung wurde die Bestimmung des § 103 Abs 2 ASVG jedoch durch Art 1 Teil 2 Z 9 des 2. SVÄG 2003 (BGBl I 145/2003) neuerlich dahin abgeändert, dass ua die Aufrechnung nach Abs 1 Z 1 nur bis zur Hälfte der zu erbringenden Geldleistung zulässig ist, „wobei jedoch der anspruchsberechtigten Person ein Gesamteinkommen in der Höhe von 90 % des jeweils in Betracht kommenden Richtsatzes nach § 293 verbleiben muss. Gesamteinkommen ist die zu erbringende Geldleistung zuzüglich eines aus übrigen Einkünften der leistungsberechtigten Person erwachsenden Nettoeinkommens (§ 292) und der nach § 294 zu berücksichtigenden Beträge
“. In den Gesetzesmaterialien (RV 310 BlgNR XXII. GP 15 f) wurde in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass durch die im Rahmen des BBG 2003 vorgesehene zusätzliche Limitierung der Leistungsaufrechnung nach § 103 ASVG sichergestellt werden sollte, dass den Anspruchsberechtigten im Aufrechnungsfall jedenfalls eine Leistung in Höhe des Ausgleichszulagenrichtsatzes für Alleinstehende (Existenzsicherung) verbleibe. [...] Durch die nunmehr vorgeschlagene Formulierung solle klargestellt werden, dass eine Aufrechnung nur soweit zulässig sei, als dem Anspruchsberechtigten ein Gesamteinkommen in der Höhe von mindestens 90 % des jeweils in Betracht kommenden Ausgleichszulagenrichtsatzes (dies bedeute, dass bei Verheirateten der Ehegatten-Richtsatz zur Anwendung gelange) verbleibe. [...]
1.3.Von diesen [...] Umständen ausgehend hat der Senat in der E 10 ObS 16/04g SSV-NF 18/46 Folgendes ausgeführt:
Nach dieser neuen Gesetzeslage ist eine Aufrechnung nur so weit zulässig, als dem Anspruchsberechtigten unter Berücksichtigung eines aus seinen übrigen Einkünften erwachsenden Nettoeinkommens (§ 292) und der nach § 294 ASVG zu berücksichtigenden Beträge ein Gesamteinkommen in der Höhe von mindestens 90 % des jeweils in Betracht kommenden Ausgleichszulagenrichtsatzes – im Falle eines (wie hier) mit dem Ehegatten im gemeinsamen Haushalt lebenden Versicherten des Ehegatten-Richtsatzes – verbleibt. Der Ausgleichszulagenrichtsatz ist dabei jener Betrag, der das „konventionelle Existenzminimum“ des Pensionsberechtigten (und des mit ihm im gemeinsamen Haushalt lebenden Ehegatten) sichern soll (SSV-NF 1/62; 6/141 mwN ua; Tomandl, Grundriss des österreichischen Sozialrechtes5 Rz 278 ua). Um die Armutsgefährdung von Ehepaaren hint-47anzuhalten, wurde der Richtsatz für Ehepaare mit Wirkung vom 1.1.2003 von bisher 900,13 € auf das 1,5-fache des Richtsatzes von Alleinstehenden, also auf 946,60 €, erhöht (vgl dazu den Bericht des Budgetausschusses – teilweise abgedruckt in Teschner/Widlar, MGA, ASVG Anm 1b zu § 293). Für das Kalenderjahr 2004 beträgt der Ausgleichszulagenrichtsatz für Alleinstehende 653,19 € und für Ehegatten 1.015 € (vgl BGBl II 611/2003).
1.4. Nach den unstrittigen Feststellungen bezieht der Kl eine monatliche Nettopension von 1.452,53 €, von der aufgrund des Schuldenregulierungsverfahrens rund 470 € monatlich abgezogen werden. Durch die bekämpfte Aufrechnung mit der offenen Beitragsforderung der Bekl im Ausmaß von 270 € monatlich werden dem Kl monatlich (unter Berücksichtigung aller Abzüge) 710,10 € ausbezahlt, während seine Gattin eine monatliche Pension von 1.402,16 € netto erhält. Es kann daher davon ausgegangen werden, dass dem Kl – auch unter Berücksichtigung des für die Beitragsforderung der Bekl vorgenommenen Abzugs ab 1.2.2010 – ein über der Höhe von mindestens 90 % des Ausgleichszulagenrichtsatzes für Alleinstehende (783,99 x 90 % = 705,59 €) und unter Berücksichtigung des Pensionseinkommens seiner Ehegattin auch des Ausgleichszulagenrichtsatzes für im gemeinsamen Haushalt lebende Ehegatten (1.175,45 x 90 % = 1.057,91 €) liegendes (Gesamt-)Einkommen für die Existenzsicherung verbleibt. Die von der Bekl im Umfang von 270 € monatlich vorgenommene Aufrechnung ist daher auch nach der seit 1.1.2004 geänderten Rechtslage zulässig (OGH10 ObS 16/04g SSV-NF 18/46).
1.5. Entgegen der Ansicht der Revision ist die grundsätzliche Zulässigkeit einer Aufrechnung – auch in der hier in Frage gestellten Höhe – somit nicht zu bezweifeln.
2. Nach Ansicht des Revisionswerbers steht die Aufrechnungsbefugnis dem Sozialversicherungsträger jedoch darüber hinaus (schon) mangels Beachtung des § 113a IO im Schuldenregulierungsverfahren „nicht mehr“ zu, weil die Rechtsfolge dieser Bestimmung (als Sonderfall des Erlöschens iSd § 12a IO [Kodek in Buchegger, Österreichisches Insolvenzrecht IV4 § 113a KO Rz 85]) auch für „Aufrechnungsberechtigte in den unpfändbaren Teil“ gelten müsse.
2.1. [...]
2.2. Angesichts der eingangs festgehaltenen Verfahrensdaten sind im Schuldenregulierungsverfahren des Kl [...] materiell noch die Bestimmungen der KO anzuwenden (8 Ob 64/11m). [...]
3. Durch die Eröffnung des Konkurses wird das gesamte, der Exekution unterworfene Vermögen, das dem Gemeinschuldner zu dieser Zeit gehört, oder das er während des Konkurses erlangt (Konkursmasse), dessen freier Verfügung entzogen (§ 1 Abs 1 KO). Die Konkursmasse ist zur gemeinschaftlichen Befriedigung der Konkursgläubiger zu verwenden (§ 1 Abs 2 KO). Der unpfändbare Teil der Bezüge ist nicht der Exekution unterworfen und fällt daher schon nach § 1 Abs 1 KO nicht in die Konkursmasse (10 ObS 233/02s SSV-NF 16/138 mwN).
3.1. Auch im Schuldenregulierungsverfahren gilt diese Spaltung des Schuldnervermögens in die Konkursmasse einerseits und in das konkursfreie Vermögen andererseits (SZ 70/101 ua; RIS-Justiz RS0107924). Das hat vor allem beim Einkommen des Schuldners Bedeutung. Hier fallen pfändbare Beträge in die Konkursmasse. In die Konkursmasse fallen daher insb alle Bezüge mit Einkommens- bzw Einkommensersatzfunktion, soweit diese nach der EO pfändbar sind (Kodek, Handbuch Privatkonkurs Rz 248 ff mwN ua). Es sind daher auch Pensionsbezüge des Schuldners in dem nach der EO pfändbaren Ausmaß (§ 290a Abs 1 Z 4 EO) Massebestandteil (Buchegger in Bartsch/Pollak/Buchegger [Hrsg], Österreichisches Insolvenzrecht4 § 1 KO Rz 57 mwN). Hingegen kann der Schuldner auch während des Konkurses über den unpfändbaren Teil des Einkommens, auch über Pensionsbezüge, selbst verfügen.
3.2. Die in der EO vorgesehenen Exekutionsbefreiungen haben den Zweck, dem Verpflichteten ein gewisses Mindesteinkommen zu sichern. Die pfändungsfreien Bezüge bleiben daher während des Konkurses konkursfrei und sind dem Schuldner zur Verfügung stehendes konkursfreies Vermögen (Buchegger, aaO Rz 104 f). Ob Vermögen iSd § 1 Abs 1 KO der Konkursmasse zuzuzählen oder aber der Exekution entzogen ist, ist nach dem Zeitpunkt der Konkurseröffnung oder des Vermögenserwerbs während des laufenden Konkurses zu beurteilen (10 ObS 233/02s SSV-NF 16/138 mwN).
3.3. Nach der (bereits zu P 1.1. dargestellten) stRsp des erkennenden Senats sind die Aufrechnungsbestimmungen der Sozialversicherungsgesetze (hier § 71 GSVG) als dem eigentlichen Exekutionsrecht vorrangige spezielle Normen zu betrachten; daher ist insoweit auch eine Aufrechnung in den pfändungsfreien Teil zulässig. Die Pfändungsbeschränkungen der EO stehen einer Aufrechnung bis zur Hälfte der zu erbringenden Geldleistung iSd § 71 Abs 2 GSVG somit nicht entgegen, wobei die vom Gesetzgeber gewählte Wendung „der zu erbringenden Geldleistung“ iSd Nettopensionsbetrags zu verstehen ist, bis zu dessen Hälfte die Aufrechnung zulässig sein soll. Es bleibt allein dem Ermessen des Sozialversicherungsträgers überlassen, die Höhe der Abzugsrate innerhalb dieses Rahmens auf relativ niedrigem Niveau festzulegen (RIS-Justiz RS0013254; RS0110621; 10 ObS 233/02s SSV-NF 16/138 mwN).
3.4. An dieser Rsp hat der Senat auch nach den Änderungen des § 103 Abs 1 Z 1 ASVG (ebenso § 71 Abs 1 Z 1 GSVG, § 67 Abs 1 Z 1 BSVG) durch das Steuerreformgesetz 2000 (BGBl I 106/1999) und das 2. SVÄG 2003 (BGBl I 145/2003) ausdrücklich festgehalten und dazu ua darauf hingewiesen, dass auch die mehrfachen Novellen der EO insoweit keine Änderung der Rechtslage gebracht haben (10 ObS 215/01t; 10 ObS 233/02s SSV-NF 16/138; 10 ObS 16/04g SSV-NF 18/46 jeweils mwN).
4. Im vorliegenden Fall ist zu berücksichtigen, dass über das Vermögen des Kl am 8.8.2002 das Schuldenregulierungsverfahren eröffnet wurde. Nachdem die Bekl eine Forderung von 30.840,65 € angemeldet hatte, wurde am 9.12.2002 das Abschöpfungsverfahren auf sieben Jahre eingeleitet und schließlich mit Beschluss vom 15.2.2010 um weitere drei Jahre verlängert. Den gegenständlichen Bescheid über die48 Aufrechnung ihrer Forderungen aus rückständigen Beitragszahlungen gegen die Forderung des Kl auf Pensionszahlung hat die Bekl am 2.2.2010 erlassen.
4.1. Wie der Senat bereits in der E 10 ObS 233/02s SSV-NF 16/138 dargelegt hat, ist eine solche Aufrechnung von Forderungen des Sozialversicherungsträgers aus rückständigen Beitragszahlungen (Konkursforderungen) gegen Forderungen des Gemeinschuldners auf Pensionszahlungen grundsätzlich zulässig. Die Aufrechnung der (Konkurs-)Forderung eines Sozialversicherungsträgers auf Zahlung rückständiger Beiträge gegen den pfändbaren (und daher konkursunterworfenen) Teil der Pensionsbezüge des Schuldners im Konkurs des Beitragsschuldners unterliegt dabei der Beschränkung des § 12a Abs 2 KO (RIS-Justiz RS0115709 [T2]). Der Sozialversicherungsträger kann nur zwei Jahre lang (beginnend mit dem Ablauf des Eröffnungsmonats) pfändbare Bezugsteile infolge der Verrechnung einbehalten.
4.2. Für die Aufrechnung der Forderung gegen den unpfändbaren Teil der Pensionsbezüge gilt die Beschränkung des § 12a Abs 2 KO hingegen nicht (RIS-Justiz RS0107924 [T2]). Diese Aufrechnungsbefugnis wird durch die Eröffnung eines Schuldenregulierungsverfahrens nicht tangiert, sodass eine Verrechnung über den Zeitraum von zwei Jahren hinaus vorgenommen werden kann (RIS-Justiz RS0110621 [T4]; 10 ObS 215/01t mwN; Konecny/Weber, Aufrechnung durch Sozialversicherungsträger im Privatkonkurs, ZIK 1999, 194l). Dass dieser Grundsatz auch gilt, wenn der Konkurs (das Schuldenregulierungsverfahren) – wie hier – bereits vor dem Aufrechnungsbescheid eröffnet wurde, hat der OGH in der E 10 ObS 233/02s (SSV-NF 16/138) ausführlich begründet und dazu abschließend Folgendes ausgeführt:
4.3.
“Wie der erkennende Senat bereits in den Entscheidungen 10 ObS 152/01b10 ObS 215/01t und 10 ObS 375/01x angemerkt hat, ist der in den Gesetzesmaterialien (EB 1218 BlgNR 18. GP 16) angesprochene gänzliche Verlust der Aufrechnungsbefugnis – soweit auch der unpfändbare und damit nicht dem Konkurs unterliegende Teil der Bezüge tangiert ist – nach Ablauf der Zweijahresfrist dem Wortlaut des § 12a Abs 2 KO nicht zu entnehmen. So geht aus dem Wortlaut dieser Bestimmung nicht eindeutig hervor, dass sie ausnahmsweise sogar Rechte am konkursfreien Vermögen beschneiden will, die die KO ja prinzipiell unberührt lässt. Vor allem ist jedoch im Hinblick auf den Zweck des § 12a KO nicht ersichtlich, warum der Zugriff auf unpfändbare Einkünfte begrenzt werden sollte. Da diese Bezugsteile nicht zur gleichmäßigen Befriedigung der Gläubiger dienen, sind sie von den entsprechenden rechtspolitischen Zielsetzungen des § 12a KO nicht erfasst. Es gilt somit für die Aufrechnung der Forderung gegen den unpfändbaren Teil der Pensionsbezüge die Beschränkung des § 12a Abs 2 KO nicht. Eine Verrechnung gegen unpfändbare Bezugsteile kann daher über den Zeitraum von zwei Jahren hinaus vorgenommen werden.“
5. Diese Erwägungen müssen in gleicher Weise auch für die hier bereits zu berücksichtigende Bestimmung des § 113a KO gelten; entspricht doch das Erlöschen nach § 113a Abs 2 KO inhaltlich jenem nach § 12a KO (Konecny in Konecny/Schubert, Insolvenzgesetze § 113a KO Rz 58; Kodek in Buchegger, Österreichisches Insolvenzrecht4 IV § 113a KO Rz 83). Der einzige Unterschied besteht darin, dass zur Absicherung des Schuldenregulierungsversuchs der Rechtsverlust nicht erst zwei Jahre nach Konkurseröffnung eintritt, sondern auf den Zeitpunkt der Abstimmung über den Zahlungsplan vorgezogen wird (Konecny, aaO § 113a KO Rz 58 mwN; Kodek, aaO). Wenn ein Aus- oder Absonderungsgläubiger sein vorrangiges Recht am Schuldnereinkommen rechtzeitig und korrekt geltend macht und damit das sofortige Erlöschen – falls es zur Abstimmung über den Zahlungsplan kommt – verhindert, greift ebenfalls wieder die allgemeine Regelung des § 12a KO (Konecny, aaO § 113a KO Rz 46). Insgesamt ergibt sich also, dass § 113a KO bloß eine Vorwegnahme des Erlöschens gem § 12a KO vorsieht, von der Zielsetzung (Unterstützung eines Schuldenregulierungsversuchs) und von den Rechtsfolgen her jedoch keine Unterschiede bestehen, sodass etwa auch bezüglich der Einzelheiten zum Wiederaufleben sinngemäß auf § 12a KO zu verweisen ist (Konecny, aaO § 113a KO Rz 59; Kodek, aaO § 113a KO Rz 85).
5.1. Die (analoge) Anwendbarkeit des § 113a KO auf den vorliegenden Fall ist daher – aus den bereits zu § 12a KO dargelegten Erwägungen – schon deshalb zu verneinen, weil die Aufrechnungsbefugnis hinsichtlich pfändbarer Bezugsteile den Befriedigungsfonds aller Gläubiger schmälert, die Aufrechnung in das insolvenzfreie Schuldnervermögen dem Aufrechnungsberechtigten hingegen eine zusätzliche Befriedigungsmöglichkeit verschafft und die Gläubiger nicht beeinträchtigt: Die Aufrechnung gegen unpfändbare Pensionsbezüge ist auch im Konkurs des Beitragsschuldners grundsätzlich zulässig. Die Aufrechnungsbefugnis des Sozialversicherungsträgers zu Gunsten seiner Konkursforderung verleiht ihm eine Deckung, die einem Absonderungsrecht vergleichbar ist, und privilegiert ihn nicht bloß konkursintern (§ 19 Abs 1 KO), sondern auch in Bezug auf das konkursfreie Vermögen. Soweit also infolge der Aufrechnungsmöglichkeit der Beitragsrückstand gedeckt ist, sind die für „normale“ Konkursgläubiger geltenden Beschränkungen – zB hinsichtlich des Zugriffs auf konkursfreies Vermögen – für den Sozialversicherungsträger unbeachtlich. Nur im ungedeckten Betrag hat er bloß die Stellung eines einfachen Konkursgläubigers (10 ObS 233/02s SSV-NF 16/138 mit Hinweis auf Konecny/Weber, Aufrechnung durch Sozialversicherungsträger im Privatkonkurs, ZIK 1999, 193 f).
5.2. Da sich die Aufrechnung im konkreten Fall nur auf den unpfändbaren Teil der Pension bezieht, bedarf es jedenfalls keiner Anzeige des Aufrechnungsberechtigten iS einer (ausgedehnten) Anwendung des § 113a Abs 2 KO, die andernfalls von der Lehre bei sonstigem Verlust der Aufrechnungsmöglichkeit (wegen des inhaltlichen Zusammenhangs zwischen § 12a und § 113a KO) gefordert würde; der Regelungszweck erfasst nämlich auch im Fall des § 113a KO nicht die Unterlassung der Geltendmachung der Aufrechnungsbefugnis in den insolvenzfreien Teil des Schuldnervermögens. Die Anmeldung der Forderung im Konkurs hindert die Bekl somit nicht, später eine solche Aufrechnung zu verlangen (RIS-Justiz RS0064215;4910 ObS 375/01x mwN) und ändert nichts an der dargelegten zusätzlichen Befriedigungsmöglichkeit; wird doch diese privilegierte Aufrechnungsmöglichkeit durch die Eröffnung des Schuldenregulierungsverfahrens gar nicht tangiert (siehe P 4.2.).
5.3. Demgemäß stellt sich die in Rsp und Lehre strittige Frage, ob eine aufrechenbare Forderung durch einen (hier gar nicht vorliegenden) „Sanierungsplan“ auch dann nicht gemindert wird, wenn ein Gläubiger im Insolvenzverfahren (nach den hier noch nicht anwendbaren Bestimmungen der IO) keine Aufrechnungserklärung abgibt (vgl dazu: Griss in KBB3 § 1439 ABGB Rz 5 mwN), schon angesichts der dargelegten besonderen Rechtsstellung der Bekl nicht.
5.4. Zur weiterhin allein in Bezug auf die Bemessungsgrundlage bekämpften Höhe der Aufrechnung ist neuerlich (siehe P 1.5.) auf die seit der E 10 ObS 245/98x (SSV-NF 12/103) stRsp zu § 71 Abs 2 Satz 1 GSVG (bzw § 103 Abs 2 Satz 1 ASVG) zu verweisen, wonach die Formulierung „der zu erbringenden Geldleistung“ iSd Nettopensionsbetrags zu verstehen ist (RIS-Justiz RS0110623; 10 ObS 16/04g SSV-NF 18/46). Dieser Grundsatz gilt – wie bereits vom Berufungsgericht zutreffend aufgezeigt – in gleicher Weise auch für die „zu erbringende Geldleistung“ iSd § 71 Abs 2 Satz 2 GSVG.
5.5. Aber auch wenn der Revisionswerber zuletzt daran festhält, die Höhe der Abzugsrate wäre „in sozialer Rechtsanwendung“ festzulegen gewesen, widerspricht sein Standpunkt der Rsp: Danach bleibt die Festlegung der Höhe der Abzugsrate innerhalb der Grenzen des § 71 Abs 2 GSVG nämlich dem alleinigen Ermessen des Sozialversicherungsträgers überlassen (10 ObS 251/03i mwN). Insoweit ist dem Gericht, dem nur die Prüfung der grundsätzlichen Frage der Zulässigkeit der Aufrechnung obliegt, die Möglichkeit der Überprüfung entzogen (RIS-Justiz RS0084114 [T2]; 10 ObS 152/01b): Gerade in den Fällen der Aufrechnung nach § 71 Abs 2 GSVG (bzw § 103 Abs 2 ASVG) kann die Höhe der laufenden Rückersatzrate nämlich nicht iSd § 89 Abs 4 ASGG unanfechtbar vom Gericht bestimmt werden (RIS-Justiz RS0115429; 10 ObS 123/01p; 10 ObS 131/01i; vgl auch RIS-Justiz RS0114691 letzter Satz [zum Rechtsmittelausschluss nach § 90 Z 1 ASGG]).
Die Revision des Kl muss daher insgesamt erfolglos bleiben. [...]
Im Rahmen der hier zu besprechenden E (die materiell noch nach den Bestimmungen der KO zu beurteilen war) hatte sich der 10. Senat abermals mit der Zulässigkeit der Aufrechnung von Ansprüchen des Sozialversicherungsträgers in den unpfändbaren Einkommensteil auseinanderzusetzen. Darüber hinaus war aber auch die – heiklere – Frage zu klären, inwieweit die Regelung des § 113a Abs 2 KO (nunmehr IO) über das Erlöschen von Aus- oder Absonderungsrechten am Einkommen bei mangelnder Geltendmachung bis zur Abstimmung über einen Zahlungsplan auch für die Aufrechnung gegen unpfändbare Bezugsteile anzuwenden ist. Zu beiden Problemfeldern soll im Folgenden kurz Stellung bezogen werden.
Zutreffend geht der 10. Senat zunächst – in konsequenter Umsetzung seiner Judikatur zu § 103 Abs 2 ASVG (RIS-Justiz RS0110621) – von der Zulässigkeit der Aufrechnung des Sozialversicherungsträgers gegen unpfändbare Einkommensteile (in concreto: Pensionsansprüche des Versicherten) aus. Die Aufrechnungssperre des § 293 Abs 3 EO gilt nämlich aufgrund des (im Grunde unnotwendig) expliziten Wortlauts dieser Bestimmung dann nicht, wenn nach anderen Vorschriften Abzüge ohne Rücksicht auf den der Exekution unterliegenden Teil gestattet sind, wenn also mit anderen Worten eine lex specialis zu § 293 Abs 3 EO existiert. In seinem Anwendungsbereich geht § 71 Abs 2 GSVG daher – ebenso wie § 103 Abs 2 ASVG – der allgemeinen Bestimmung des § 293 Abs 3 EO vor. Der Betrag, der dem Schuldner des Versicherungsträgers jedenfalls verbleiben muss, ergibt sich aus § 71 Abs 2 iVm § 150 GSVG und liegt regelmäßig unter dem unpfändbaren Freibetrag iSd § 291a EO. In der Insolvenz des Schuldners ist eine Aufrechnung daher nicht nur gegen exekutionsunterworfene und damit zur Masse gehörige Forderungen (vgl § 1 Abs 1 KO bzw nunmehr § 2 Abs 2 IO), sondern bis zur Schwelle des § 71 Abs 2 GSVG auch gegen den unpfändbaren (und damit insolvenzfreien) Freibetrag zulässig. Dass diese Bestimmungen als Bestandteil des gesamten Normenkomplexes zur Aufrechnung gerade auch im Insolvenzverfahren anzuwenden sind, ergibt sich nicht zuletzt aus der Sicherungsfunktion der Aufrechnung (vgl Dullinger, Handbuch der Aufrechnung [1995] 2 f).
Motiv der Schaffung des § 113a KO (nunmehr IO) war die Verankerung einer Geltendmachung von Aus- und Absonderungsrechten am Einkommensbezug. Diese dient dazu, dem Gericht und den übrigen Gläubigern einen möglichst vollständigen Überblick über das vom Schuldner verfügbare Einkommen sowie eine Berechnungsgrundlage für die daraus erzielbare Quote zu bieten. Im Kern geht es dabei um eine Absicherung der Schuldnersanierung: Gehen die Insolvenzgläubiger nämlich irrtümlich vom Bestehen eines Aus- oder Absonderungsrechts am Einkommensbezug aus, so erhalten sie weniger als der Einkommenslage des Schuldners entspricht. Nehmen sie hingegen zu Unrecht kein Ab- oder Aussonderungsrecht an, so scheitert der Zahlungsplan (ErläutRV 988 BlgNR 21. GP 27). Nach zutreffender hA (Kodek in Bartsch/Pollak/Buchegger [Hrsg], Österreichisches Insolvenzrecht IV4 [2006] § 113a KO Rz 14; Konecny in Konecny/Schubert [Hrsg], Kommentar zu den Insolvenzgesetzen [ab 1997] § 113a KO Rz 10) erfasst die Anzeigeobliegenheit des § 113a Abs 2 IO kraft analoger Anwendung auch Aufrechnungsberechtigte iSd § 12a Abs 2 IO, weil auch die mangelnde Kenntnis von Aufrechnungsbefugnissen das Scheitern des Zahlungsplans zur Folge haben kann. Das soll nach Ansicht des 10. Senats50 (vgl nunmehr auch OGH10 ObS 63/12f RIS-Justiz RS0127355) allerdings – entsprechend der Schranke für eine Geltung des § 12a Abs 2 IO – nicht für die Aufrechnungsbefugnis gegen unpfändbare Bezugsteile des Schuldner gelten: Da diese dem Zugriff der Insolvenzgläubiger ohnehin entzogen sind, sei deren Befriedigungsfonds durch eine Aufrechnung nämlich in keiner Weise geschmälert. Es bedürfe hier daher auch keiner entsprechenden Informationspflicht des aufrechnungsbefugten Gläubigers.
Diese Argumentation ist durchaus schlüssig und nachvollziehbar. Ergänzend zu bemerken ist allerdings, dass die vom Schuldner im Zahlungsplan angebotene Quote in manchen Fällen nicht rein aus dem pfändbaren Teil des Einkommens „gestemmt“ wird. Vielmehr verpflichten sich einige Schuldner (was rechtspolitisch allerdings zu hinterfragen ist) zusätzlich – „freiwillig“ – zu Zahlungen (auch) aus ihrem Existenzminimum (vgl Kodek, Handbuch Privatkonkurs [2002] Rz 193). In solchen Fällen kann freilich eine nach dem Abschluss des Zahlungsplans erfolgte Aufrechnung gegen den unpfändbaren Teil des Einkommens ebenfalls zum Scheitern eines knapp bemessenen Zahlungsplans führen. Im Hinblick auf die ratio des § 113a Abs 2 IO wäre insoweit eine analoge Anwendung dieser Norm auf alle Aufrechnungsbefugnisse des Insolvenzgläubigers zu befürworten. Ein völliger Gleichlauf von § 113a Abs 2 IO und § 12a Abs 2 IO (der eben gerade nicht für Aufrechnungen gegen Ansprüche auf das Existenzminimum gilt; vgl OGH10 ObS 152/01b ZIK 2002/24; Deixler-Hüber in Konecny/Schubert, Kommentar § 12a KO Rz 9; Kodek, Handbuch Rz 193; Konecny/Weber, ZIK 1999, 194; Mohr, Privatkonkurs2 [2007] 53) ist wegen der letztlich doch unterschiedlichen Zielsetzungen der Normen nicht anzunehmen: § 12a Abs 2 IO will erreichen, dass das Einkommen des Schuldners diesem auch zur gleichmäßigen Befriedigung der Gläubiger zur Verfügung steht (ErläutRV 1218 BlgNR 18. GP 16). Eine Ausdehnung auf das unpfändbare Einkommen würde hier zu einer ungerechtfertigten Begünstigung des Insolvenzschuldners führen, weil diese Bezugsteile überhaupt nicht zur gleichmäßigen Gläubigerbefriedung vorgesehen sind (Konecny/Weber, ZIK 1999, 194; vgl auch Kodek, Handbuch Rz 193). Demgegenüber soll § 113a Abs 2 IO vor allem „dem Gericht, dem Masseverwalter und den übrigen Gläubigern eine ausreichende Informationsgrundlage verschaffen“ (ErläutRV 988 BlgNR 21. GP 27) und so den Abschluss eines sachgerechten und vor allem durchführbaren Zahlungsplans sicherstellen (vgl Konecny in Konecny/Schubert, Kommentar § 113a KO Rz 1 f). Dieser Zweck kann im soeben dargestellten Sonderfall wohl nur dann erreicht werden, wenn Aufrechnungsberechtigte zur Anzeige aller ihrer Aufrechnungsbefugnisse gehalten sind. Das Anzeigen der Aufrechnungsbefugnis (auch) in den unpfändbaren Einkommensteil bedeutet im Übrigen keinesfalls einen unzumutbaren Mehraufwand für den Aufrechnungsberechtigten (hier: den Sozialversicherungsträger), weil die Aufrechnungsmöglichkeit in den pfändbaren Teil des Einkommens dem Insolvenzgericht ohnehin angezeigt werden muss.
Damit soll jedoch nicht einer pauschalen Anzeigeobliegenheit das Wort geredet werden: Es erschiene nämlich unbillig, dem zur Aufrechnung in den unpfändbaren Einkommensteil berechtigten Gläubiger seine Aufrechnungsbefugnis mangels rechtzeitiger Anzeige gem § 113a Abs 2 IO auch dann zu nehmen, wenn der Insolvenzschuldner gar keine Leistungen aus seinem Existenzminimum angeboten hat (und der Zahlungsplan daher mangels Anzeige überhaupt nicht gefährdet sein kann). Ein solches Ergebnis würde zu einer unsachlichen Begünstigung des Insolvenzschuldners führen. Dies kann ohne Weiteres dadurch vermieden werden, dass die Beeinträchtigung der Erfüllung des Zahlungsplans als implizite Voraussetzung für das Erlöschen von Aussonderungs-, Absonderungs- und eben auch Aufrechnungsrechten nach § 113a Abs 2 IO gesehen wird. Wenn lediglich der pfändbare Teil des Einkommens der Aufrechnungsbefugnis betroffen ist, so ist eine potentielle Beeinträchtigung des Zahlungsplans schon insoweit regelmäßig gegeben (und musste daher auch nicht explizit normiert werden), weil sich die angebotene Zahlungsplanquote an der Einkommenslage des Insolvenzschuldners orientieren muss (§ 194 Abs 1 IO). In solchen Fällen aber, in denen mit dem entsprechenden Aussonderungs-, Absonderungs- oder Aufrechnungsrecht auf den unpfändbaren Bezugsteil zugegriffen werden soll, erscheint ein Erlöschen mangels Anzeige nur dann gerechtfertigt, wenn tatsächlich die Erfüllung eines Zahlungsplans beeinträchtigt wäre (und dann auch nur in jenem Ausmaß, in dem die Beeinträchtigung stattfindet).
Dieser Lösungsvorschlag kann freilich keineswegs alle Probleme im Zusammenhang mit der Aufrechnung gegen das Schuldnereinkommen lösen. Tritt etwa erst nach Abschluss des Zahlungsplans ein die Aufrechnungslage herstellender Versicherungsfall (etwa – wie im Anlassfall – der Pensionsantritt des Schuldners, vgl auch Kodek in Bartsch/Pollak/Buchegger, Insolvenzrecht IV4 § 113a KO Rz 16; Konecny in Konecny/Schubert, Kommentar § 113a KO Rz 10) ein, so ist die Erfüllung des Zahlungsplans durch die Ausübung des Aufrechnungsrechts potentiell gefährdet. Die Zulässigkeit einer solchen Aufrechnung ist an dieser Stelle jedoch nicht zu vertiefen (siehe auch Konecny/Weber, ZIK 1999, 191): § 113a Abs 2 IO dient nämlich lediglich der Schaffung von Klarheit über das Bestehen von Aus- und Absonderungsrechten sowie Aufrechnungsbefugnissen zum Zeitpunkt der Abstimmung über den Zahlungsplan, jedoch (anders als § 12a Abs 1 und 2 IO) grundsätzlich nicht der Vernichtung dieser Rechte zum Zwecke der Schuldnersanierung.51