Allgemeines Sozialversicherungsgesetz
Allgemeines Sozialversicherungsgesetz
Haben Vertreterinnen (hier von Staubsaugern, etc) wöchentlich ausgegebene Dienstpläne und zugewiesene Kundentermine eingehalten, wurde ihnen ein Kundenkreis zugewiesen, bestand ein Konkurrenzverbot sowie die Verpflichtung, schriftliche Berichte abzuliefern und bestimmte Verkaufsunterlagen zu verwenden und die Arbeitsleistung persönlich zu erbringen, liegen Dienstverhältnisse vor.
Die Mitarbeiterin konnte entscheiden, ob sie mittels einer Liste Arbeitszeiten für die jeweils übernächste Woche bekanntgab oder nicht; einmal festgesetzte Zeiten mussten dann eingehalten werden. Im Fall einer Dienstverhinderung war der DG sofort zu informieren. Es gab einen Gesprächsleitfaden für zu führende Telefonate, eine bestimmte Abfolge der Telefonate und eine vorgegebene Computereingabemaske. Die Erreichung einer Mindestanzahl an InteressentInnen war verpflichtend. Weiters bestand eine Geheimhaltungsvereinbarung mit Vertragsstrafen. Ein beliebiges Vertretungsrecht bestand nicht. Es liegt daher ein Dienstverhältnis gem § 4 Abs 2 ASVG an den Beschäftigungstagen vor.170
Die Verpflichtung zur Nachentrichtung von Beiträgen, die eine Sonderform der „tätigen Reue“ darstellt und im (hier noch anzuwendenden) § 114 ASVG (bzw jetzt in § 153c StGB) normiert ist, und deren Abschluss zur Straffreiheit führt, stellt keine Geltendmachung einer Haftung gem § 67 Abs 10 ASVG dar. Die aufgrund einer an die Haftung des Geschäftsführers nach § 1311 ABGB anknüpfenden vertraglichen Vereinbarung geleisteten Zahlungen sind daher keine zu Ungebühr geleisteten Beiträge iSd § 69 ASVG.
Unter verjährungsunterbrechenden Maßnahmen nach § 68 Abs 2 ASVG sind nicht nur jene Maßnahmen zu verstehen, die dem Verpflichteten auch zur Kenntnis gelangen. Eine Zahlungsaufforderung (Mahnung) unterbricht die Verjährung, eine rechtlich wirksame Zustellung vorausgesetzt. Die Mahnung bedarf zwar keines Nachweises der Zustellung, diese wird vielmehr bei Postversand am dritten Tag nach der Aufgabe der Post vermutet. Diese Vermutung ist aber nicht unwiderleglich; dem/der Zahlungspflichtigen steht der Gegenbeweis offen.
Während eine Aufrechnung nach § 103 Abs 1 Z 2 ASVG das Vorliegen eines Rückforderungstatbestands nach § 107 Abs 1 ASVG voraussetzt, ist die Möglichkeit der Aufrechnung von gewährten Vorschüssen iSd § 103 Abs 1 Z 3 ASVG nicht an das Vorliegen weiterer Voraussetzungen geknüpft. Es finden weder die in § 107 normierten Verjährungsfristen noch die im § 103 Abs 2 ASVG geregelten Aufrechnungsbeschränkungen Anwendung. Die Festlegung der monatlichen Abzugsrate liegt im (pflichtgebundenen) Ermessen des Versicherungsträgers und kann vom Gericht nicht abweichend festgesetzt werden.
Wird jemand bei der Erbringung von Dienstleistungen arbeitend unter Umständen angetroffen, die nach der Lebenserfahrung üblicherweise auf ein Dienstverhältnis hindeuten (im vorliegenden Fall bei der Verrichtung von Abwasch- und Putzarbeiten in einem Hotel), dann ist die Behörde berechtigt, von einem Dienstverhältnis im üblichen Sinn auszugehen, sofern im Verfahren nicht jene atypischen Umstände dargelegt werden können, die einer solchen Deutung ohne nähere Untersuchung entgegenstehen. Wird im Verfahren ein substantiiertes Vorbringen erstattet, das geeignet ist, den wahrgenommenen Vorgang als unentgeltliche Mithilfe im Rahmen eines familiären Naheverhältnisses darzutun, sind entsprechende Feststellungen zur Ausgestaltung der Tätigkeit zu treffen.
Auch ein spezielles Blutdruckmessgerät für ein Kleinkind zur genauen Dosierung der Medikation stellt einen Heilbehelf und kein Heilmittel dar. Das Blutdruckmessgerät wirkt nicht auf den Körper ein, sondern dient lediglich dazu, dessen Blutdruck zu messen, um in der Folge die notwendigen Medikamente richtig dosieren zu können. Es ist somit Sinn und Zweck des Gerätes, die eigentliche Medikation zu fördern und vorzubereiten.
Unfallversicherungsschutz gem § 176 Abs 1 Z 8 ASVG besteht nur, wenn der Weg auf „Veranlassung“ des AMS passiert. Auch wenn Versicherte seit der Beschäftigungssicherungsnovelle 1993 zur selbständigen Arbeitssuche verpflichtet sind, kommt es für das Bestehen des Unfallversicherungsschutzes darauf an, ob der Arbeitslose vom AMS unter Sanktionsdrohung verpflichtet wurde, sich um eine konkrete Stelle zu bewerben bzw eine bestimmte Zahl an Bewerbungen nachzuweisen.
Die Aufhebung der besonderen Invaliditäts- bzw Berufsunfähigkeitspension gem § 254 Abs 2 bzw § 271 Abs 2 ASVG ist verfassungsrechtlich nicht bedenklich. Diese in der Kriegszeit eingeführte Pensionsart für kinderreiche Witwen ist aus heutiger Sicht überholt und völlig systemfremd, weil nicht auf eine Minderung der Arbeitsfähigkeit abgestellt wurde. Auch der geltend gemachten Verletzung des Vertrauensschutzes kommt keine Berechtigung zu, weil ein Vertrauen auf den unveränderten Fortbestand einer geltenden Rechtslage noch keinen besonderen verfassungsrechtlichen Schutz genießt. Eine Stichtagsregelung liegt grundsätzlich innerhalb des rechtspolitischen Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers.
Eine Versicherte, die mehrfach Berufsschutz genießt – ob als Angestellte oder als qualifizierte Arbeiterin in einem erlernten oder angelernten Beruf –, darf in allen Berufssparten verwiesen werden, auf die sich ihr Berufsschutz erstreckt. War daher eine Versicherte in den letzten 15 Jahren sowohl in erlernten (angelernten) Berufen iSd § 255 Abs 1 ASVG als auch in Angestelltenberufen iSd § 273 ASVG tätig, so können dann, wenn die Voraussetzungen des Versicherungsfalls des § 255 Abs 1 ASVG zu beurteilen sind, jedenfalls die als Angestellte erworbenen Versicherungszeiten nicht anders beurteilt werden als diejenigen aus einem erlernten oder angelernten Beruf. Der Versicherungsfall der geminderten Arbeitsfähigkeit liegt dann nicht vor, wenn die Versicherte den Angestelltenberuf noch ausüben kann.171
Innerhalb der EU hat jeder Mitgliedstaat die Invalidität nach seinen Rechtsvorschriften zu prüfen. In Österreich kann eine Gleichhaltung der Erlernung eines Berufs durch Staatsvertrag oder VO iSd § 27a Abs 1 BAG erfolgen. Zweitens besteht die Möglichkeit der individuellen Gleichhaltung über Antrag gem § 27a Abs 2 BAG. Wenn die Gleichwertigkeit nicht nachgewiesen werden kann, besteht die Möglichkeit der Zulassung zu einer „verkürzten“ Lehrabschlussprüfung gem § 27a Abs 3 BAG. Liegt kein Gleichhaltungsbescheid vor, kommt allenfalls Berufsschutz als angelernter Arbeiter iSd § 255 Abs 2 ASVG in Betracht.