Henssler/Willemsen/Kalb (Hrsg)Arbeitsrecht Kommentar

5. Auflage, Dr Otto Schmidt Verlag, Köln 2012
3.316 Seiten, gebunden, € 149,–

WOLFGANGKOZAK (WIEN)

Vorliegender Kommentar zum deutschen Arbeitsrecht vereinigt 40 AutorInnen aus dem Bereich der Vertretungsund Gerichtspraxis sowie aus der Wissenschaft. Die Intention der Herausgeber liegt auch in der 5. Auflage in einer praxisnahen Kommentierung, die aber auf Basis „wissenschaftlicher Gründlichkeit“ erfolgen soll. Kommentiert werden jene arbeitsrechtlichen deutschen Gesetze, die nach Meinung der AutorInnen für die RechtsanwenderInnen bedeutend sind.

Dies führt – um bei Äußerlichkeiten zu beginnen – zu einem umfangreichen Werk mit einer Seitenanzahl von 3.217 Seiten Kommentar, ohne das Stichwortverzeichnis oder Abkürzungsverzeichnis einzurechnen. Dass das vorliegende Werk trotzdem in einem Band erscheint, ist editionstechnisch nur durch Kleindruck und der Verwendung von Papier mit geringster Blattstärke möglich geworden. Die Herausgeber begründen diese Erscheinungsweise mit dem – den/die BenutzerIn mE unterstellten – Bedürfnis nach Zusammenfassung des Themas in einem Band. Der Rezensent muss an dieser Stelle erkennen, dass er ein solches Bedürfnis bei sich noch nicht feststellen konnte, zumal aufgrund des Gewichts des Buches von ca 2,5 kg (!) ohne Schuber und Schutzeinband sowie des Kleindrucks, welcher sich in den umfangreichen erläuternden Fußnoten (trotz perfekten Druckbildes) nochmals verstärkend negativ bemerkbar macht – Personen mit stärkeren Seheinschränkungen sei diesbezüglich die Verwendung einer Lupe angeraten –, die vorliegende praktische Umsetzung die Sinnhaftigkeit eines solches Bedürfnisses an sich fraglich erscheinen lässt.

Nun zum Inhalt:

Für den/die österreichische/n LiteraturbeobachterIn fällt auf, dass in diesem Arbeitsrechtskommentar neben der Darstellung von einigen Prinzipien des deutschen Grundgesetzes auch jene Normen des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) kommentiert werden, die für nationales Arbeitsrecht bedeutend sind. Es wäre überlegenswert, diesen Ansatz auch für österreichische Gesamtkommentierungen zu übernehmen. Folgerichtig findet sich auch eine Abhandlung der Rom-I-VO im Kommentar, welcher durch den innerstaatlichen Normenkomplex des AN-EntsendeG abgerundet wird. In diesem Zusammenhang ist jedoch auffallend, dass die VO über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelsrechtssachen (EuGVVO) in ihren das Arbeitsverhältnis berührenden Teilen nicht gesondert behandelt wird, zumal das Arbeitsgerichtsgesetz (AGG) behandelt wird. Die EuGVVO findet lediglich in der Kommentierung des AGG kurze Erwähnung.

Ebenso wurden zusätzlich zu den allgemeinen Regelungen über den Dienstvertrag des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) in die Kommentierung Normen des allgemeinen Vertragsrechtes des BGB (zB über die Willenserklärung und Anfechtbarkeit von Willenserklärungen) aufgenommen. Geht somit das Konzept über den engen Begriff des Arbeitsrechtes hinaus, fußt es mit der Darstellung der wesentlichen, für AN anwendbaren Sozialrechtsgesetzgebung sowie des AN-Schutzrechtes und des kollektiven Arbeitsrechtes im traditionellen, umfassenden Begriff.

Als quasi Abrundung werden noch die (Kurz-)Grundlagen des Steuerrechts für AN dargestellt:

Das solchermaßen umfangreiche Gesamtkonzept bewirkt, dass der Kommentar zu den einzelnen Gesetzen und Normen sehr gerafft erfolgt, aber in verständlichen Formulierungen die wesentlichen Fakten darstellt. Unterstützt wird diese Darstellung mit einem umfangreichen Fußnotenkatalog, in welchem Judikate der deutschen Arbeitsgerichte angeführt sind.

Vorliegendes Werk ermöglicht somit eine effektive Annäherung an jene Rechtsnormen, die in ihren Auswirkungen das Arbeitsverhältnis so bedeutsam tangieren, soweit diese erwähnens- und beachtenswert erscheinen. Dadurch wird dem/r LeserIn bzw AnwenderIn die Möglichkeit des Über199blicks über die Rechtslage auch in jenen Bereichen ermöglicht, die sich durch Rechtszersplitterung auszeichnen. Hinzu kommt, dass die komprimierte Art der Darstellung mE neben der Eignung als Überblick für den „Kenner“ des deutschen Arbeitsrechtes für „Einsteiger“ bestens geeignet ist. Ein von einem eigens Beauftragten redigiertes Stichwortregister trägt zu dem sehr guten Gesamteindruck ebenfalls bei.

Für diejenigen Interessierten, die Zugang zu diesem Werk haben – oder es sich anschaffen wollen –, liegt der Mehrwert auch in der Möglichkeit, sich in einer adäquaten Annäherungsgeschwindigkeit in der Rechtsvergleichung zu versuchen und zu üben.

Zwei charmante Details sollen zum Schluss nicht unerwähnt bleiben:

Das Werk fühlt sich offensichtlich durchaus der analogen Welt zugehörig. So stellt der Verlag auf vier Blättern zum Schluss des Buches – eigens kenntlich gemacht, um anscheinend irrtümlichen Schlüssen vorzubeugen – Platz für handschriftliche Notizen zur Verfügung und fügt schließlich zwei Kartonkarten für sogenannte Hinweise und Anregungen an, die jedoch nach der Formulargestaltung eher der Fehlerkorrektur durch den/die LeserIn dienen sollen. Wermutstropfen ist aber, dass im Falle der Inanspruchnahme dieser Rückmeldungsmöglichkeit der/die geneigte LeserIn das notwendige Porto zu entrichten hat.

Ein abschließendes Resümee muss jedoch sehr zustimmend ausfallen. Zieht man den Preis des Kommentars in Betracht, ist vorliegendes Werk für den/die am deutschen Arbeitsrecht und Sozialrecht interessierte/n LeserIn unbedingt zu empfehlen.