Der Begriff der Arbeitsvermittlung im AMFG

JOHANNESREISINGER (MURECK)
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Begriff der Arbeitsvermittlung und Anwendungsbereich des AMFG*

Die Arbeitsvermittlung unterscheidet sich von der Selbstsuche einer Arbeit bzw einer Arbeitskraft durch die Einschaltung eines/einer selbständigen VermittlerIn. * Die Tätigkeit der Arbeitsvermittlung kann also ganz allgemein durch das Bemühen, zwei sich noch nicht kennende potentielle PartnerInnen zum Zwecke eines Arbeitsvertragsabschlusses zusammenzuführen, charakterisiert werden.*

1.1
Legaldefinition des Begriffes der Arbeitsvermittlung in § 2 Abs 1 AMFG

Nach der Legaldefinition des Begriffes der Arbeitsvermittlung in § 2 Abs 1 Satz 1 AMFG versteht man unter dem Procedere der Arbeitsvermittlung eine Tätigkeit, die darauf gerichtet ist, Arbeitssuchende mit AG zur Begründung eines Arbeits- bzw Dienstverhältnisses oder mit AuftraggeberInnen (Zwischenmeistern, Mittelspersonen) zur Begründung eines Heimarbeitsverhältnisses zusammenzuführen,* es sei denn, dass diese Tätigkeit nur gelegentlich und unentgeltlich oder auf Einzelfälle beschränkt ausgeübt wird.* Grundsätzlich ist von einem weiten Begriff der Arbeitsvermittlung auszugehen.*Mazal* führt aus, dass der Wortlaut der Bestimmung des § 2 Abs 1 Satz 1 AMFG bereits auf den ersten Blick umfassend sei, grundsätzlich also keine für eine auf die Zusammenführung von PartnerInnen eines Arbeitsvertrages gerichtete Tätigkeit vorstellbar sei, die nicht unter die Legaldefinition der Arbeitsvermittlung fallen würde.

1.1.1
Tatbestandsmerkmale des Vorliegens von Arbeitsvermittlung iSd § 2 Abs 1 AMFG
1.1.1.1
Tatbestandsmerkmal „jede Tätigkeit“
1.1.1.1.1
Vorvermittlungstätigkeiten

Mazal* stellt sich die Frage, ob, im Zusammenhang mit einer extrem weiten Interpretation des Ver276mittlungsbegriffes in § 2 Abs 1 Satz 1 AMFG, nicht gewisse Vorbereitungshandlungen aus dem Begriff der Arbeitsvermittlung auszuscheiden seien. Damit meint er Tätigkeiten, die in einem randlagigen Begriffsfeld liegen, wie zB die Erstellung von Arbeitsablaufanalysen oder Arbeitsplatzvergleichen. Für Daniman/Steinbach* stellt sich diese Frage jedoch nicht, da diese a priori auch die Tätigkeiten der Erstellung von Arbeitsplatzanalysen und Arbeitsplatzvergleichen zur Arbeitsvermittlung zählen, obwohl sie die dem Vertragsabschluss, der das Ergebnis jeder Vermittlungstätigkeit darstellt, in zeitlicher und in organisatorischer Hinsicht um einiges vorgelagert sind.*

Man könnte auch die Rechtsauffassung vertreten, dass alle Vorbereitungshandlungen, die im AMFG nicht eine gesonderte gesetzliche Regelung erfahren haben, unter den Begriff der Arbeitsvermittlung zu subsumieren sind.*Mazal* ist jedoch der Meinung, dass diese Sichtweise schon alleine vor dem gewerberechtlichen Kontext unrichtig ist, da schon seit längerem gewerbliche Vorschriften existieren würden, auf Grund derer auch Tätigkeiten vollbracht werden, die bei einer strikten Interpretation wohl als Vorbereitungshandlungen der Zusammenführung von Arbeitsvertragsparteien, zT sogar als Vermittlungstätigkeit selbst, einzustufen wären.

1.1.1.1.2
Nachvermittlungstätigkeiten

Rebhahn* vertritt die Auffassung, dass eine reine Vermittlungstätigkeit nur dann vorliegen würde, wenn der/die VermittlerIn den beiden potentiellen VertragspartnerInnen lediglich das beiderseitige Interesse am Abschluss eines Arbeitsvertrages kundtut und den Vertragsabschluss und die Entgeltabwicklung dann den VertragspartnerInnen selbst überlässt. Beteiligt sich ein/e ArbeitsvermittlerIn auch weiter an der Vertragsabwicklung, in concreto an der Vertragsgestaltung und an weiteren Vertragsverhandlungen, so sei die Grenze der reinen Vermittlung überschritten. Nach Rebhahn* sei auch dann keine reine Vermittlungstätigkeit mehr gegeben, wenn der/die AG oder AN verpflichtet ist, einen Arbeitsvertrag abzuschließen. In diesem Fall würde es dem/der AG bzw AN nicht mehr frei stehen, über das Eingehen eines Austauschvertrages frei disponieren zu können. Weder der/die AG oder AN dürfen rechtlich verpflichtet sein, zukünftige vermittelte Angebote des/der VermittlerIn anzunehmen.

1.1.1.1.3
Exkurs: Veröffentlichung und Verbreitung von Stellengesuchen nach § 2 Abs 3 AMFG

Die – insb von Mazal* vertretene – Rechtsauffassung einer abschließenden Erfassung der Vermittlungstätigkeit durch § 2 Abs 1 AMFG wird noch durch die Bestimmung des § 2 Abs 3 AMFG akzentuiert. Nach § 2 Abs 3 AMFG gilt als Tätigkeit iSd § 2 Abs 1 Satz 1 AMFG auch die Veröffentlichung und Verbreitung von Stellenangeboten und Stellengesuchen, es sei denn, dass diese nicht den Hauptzweck bildet.* In dieser sehr allgemein formulierten Bestimmung des § 2 Abs 3 AMFG findet sich keine genaue Definition der Begriffe „Veröffentlichung“ und „Verbreitung“. Unter dem Begriff „Verbreitung“ wird jede Mitteilung einer Tatsache verstanden.* Durch die enge Verbindung des Wortes „Verbreitung“ mit dem Begriff der „Veröffentlichung“, aber auch durch das Wort „Verbreitung“ selbst, wird auf die Notwendigkeit der Publizität hingewiesen, * dh jede Mitteilung oder Bekanntmachung bedarf einer Zugänglichkeit, damit alle die Möglichkeit erhalten, von ihr Kenntnis zu erlangen.* Durch die allgemeine Formulierung in § 2 Abs 3 AMFG, die nur von Verbreitung und Veröffentlichung spricht, ist auch die Form der Wiedergabe völlig offen. Neben der Verwendung von gedruckten oder papiergebundenen Werken* kann auch auf das Medium des Internets zurückgegriffen werden, wie bspw Websites mit direkten Links zu Unternehmen, die auf der Suche nach Arbeitskräften sind.*

1.1.2
Tatbestandsmerkmal „Arbeitsverhältnis (Dienstverhältnis) oder Heimarbeitsverhältnis“

Nur soweit die jeweilige zur Arbeitsvermittlung berechtigte Institution* ihre KlientInnen in Arbeits- bzw Dienstverhältnisse vermittelt, liegt eine Tätigkeit der Arbeitsvermittlung iSd § 2 Abs 1 Satz 1 AMFG vor. Wird kein Arbeitsverhältnis begründet, so kann – unabhängig von den sonstigen Umständen – auch das AMFG nicht zur Anwendung gelangen.* Gem § 1151 Abs 1 ABGB entsteht ein Dienstvertrag dann, wenn sich jemand auf gewisse Zeit zur Dienstleistung für einen anderen verpflichtet.* Die persönliche Abhängigkeit des/der AN ist nach hL und stRsp das maßgebliche Kriterium eines Arbeitsverhältnisses.*

1.1.3
Tatbestandsmerkmal „Zusammenführung von Arbeitssuchenden und AG“

Der Begriff des Zusammenführens – wie auch das Wort „Vermittlung“ – setzt begrifflich bereits ein277 Dreiecksverhältnis von Personen voraus, da außer den zusammenzuführenden Parteien, also AG und AN, eine dritte Person, nämlich der/die ArbeitsvermittlerIn als Zusammenführende/r, beteiligt sein muss.*

1.1.3.1
Namentliche Anforderung

Das Zusammenführen setzt nicht voraus, dass sich der/die Arbeitssuchende und der/die AG zuvor noch nicht kannten.* So liegt auch dann Arbeitsvermittlung vor, wenn die Vermittlung aufgrund ausdrücklicher Anforderung der vermittelten Person durch den/die AuftraggeberIn selbst, dh durch sogenannte namentliche Anforderung, erfolgte.*

1.1.3.2
Mechanische Tätigkeit

Säcker* ist der Meinung, dass eine rein mechanische, lediglich einen fremden Willen übermittelnde, am Vermittlungserfolg überhaupt nicht interessierte Tätigkeit ohne Entfaltung einer Initiative und Bemühung, die darauf Einfluss zu nehmen versucht, dass sich die an einem Arbeitsvertragsabschluss Interessierten vertraglich zusammenfinden, nicht als eine Tätigkeit der Arbeitsvermittlung betrachtet werden kann.* Als Beispiel dafür kann die Überbringung eines Bewerbungsschreibens durch den/die VermittlerIn angeführt werden. Hier mangelt es also an der Selbständigkeit des/der Dritten.* Auch die bloße Benennung geeigneter AN als möglicher Interessenten am Abschluss eines Arbeitsvertrages ist nicht Ausdruck zusammenführender bzw vermittelnder Aktivität.*

1.1.3.3
Abschluss eines Arbeitsvertrags

Bei der Ausübung der Tätigkeit des Zusammenführens ist nicht entscheidend, ob dadurch der/die Arbeitssuchende oder AG tatsächlich in die Lage versetzt wird, über Abschluss oder Nichtabschluss eines Arbeitsvertrages eine Entscheidung zu treffen und ob dieser Vertrag auch wirklich zustande kommt.* Weiters bedarf es für die Einordnung des Zusammenführens als Arbeitsvermittlung nicht der Ursächlichkeit des/der VermittlerIn für den Vermittlungserfolg. Jedoch ist es notwendig, dass sich der Wille des/der VermittlerIn bei der Herbeiführung des Zusammenkommens zwischen Arbeitssuchendem/r und AG darauf gerichtet haben muss, dass beide Parteien einen Arbeitsvertrag abschließen wollen. Eine Tätigkeit der Arbeitsvermittlung liegt somit auch dann vor, wenn der Erfolg nicht aufgrund der Arbeit des/der VermittlerIn eintritt oder gänzlich ausbleibt.*

1.1.4
Tatbestandsmerkmal „Gelegentlichkeit“ und „Unentgeltlichkeit“ bzw „Beschränkung auf den Einzelfall“ als Ausnahmetatbestände

Bei den Ausnahmetatbeständen von der Arbeitsvermittlung nach § 2 Abs 1 Satz 1 HS 4 AMFG handelt es sich um zwei getrennte Tatbestände, dh dass es ausreichend ist, dass die Tätigkeit gelegentlich und unentgeltlich (Alt 1) oder auf Einzelfälle beschränkt (Alt 2), unabhängig davon, ob entgeltlich oder unentgeltlich, ausgeübt wird, damit sie nicht unter den Begriff der Arbeitsvermittlung subsumiert werden kann.*

Eine Tätigkeit gilt dann als gelegentlich, wenn sich die Situation, die sie veranlasst, nach den Lebensumständen dessen, der sie ausübt, als typisch darstellt. Ist dies nicht der Fall, dann ist die Ausübung der Tätigkeit auf den Einzelfall beschränkt. Anders ausgedrückt liegt das Wesen der Gelegentlichkeit in der Möglichkeit der Wiederholung einer im wesentlichen gleichartigen Situation, dh diese Situation stellt also für denjenigen, der sich in dieser Situation befindet, etwas Typisches dar, während der Begriff „Einzelfall“ dies ausschließt.*Alber/Mayr* sehen den Unterschied einer gelegentlichen und einer auf Einzelfälle beschränkten Arbeitsvermittlung darin, dass eine gelegentliche Arbeitsvermittlung auch eine größere Personenzahl umfassen kann, während dies bei einer auf Einzelfälle beschränkten Arbeitsvermittlung nicht der Fall sein darf.

Verbotene Arbeitsvermittlung wird dann vorliegen, wenn Tätigkeiten, wie bspw das Einrichten von Büro- und Geschäftsräumlichkeiten sowie das Bekanntmachen und Anbieten von Diensten, die das Ziel der Zusammenführung innehaben, eine auf die Regelmäßigkeit gerichtete Absicht der auszuübenden Tätigkeiten erkennen lassen, ohne dass die dafür im AMFG bzw in der GewO 1994 vorgesehenen qualifizierten Bedingungen erfüllt sind. Zwischen diesen Vorbereitungshandlungen und der Kontinuität der entsprechenden Tätigkeit ist ein notwendiger und unlöslicher Zusammenhang gegeben. Der Grad der Häufigkeit kann möglicherweise als Indiz dafür dienen, dass eine Tätigkeit erlaubt ist; bildet für sich allein aber kein maßgebliches Kriterium.* Gem § 2 Abs 2 AMFG ist die Tätigkeit der Arbeitsvermittlung dann als unentgeltlich zu betrachten, wenn sie nicht auf Gewinn gerichtet ist und ohne sonstigen wirtschaftlichen Nutzen ausgeübt wird.*278

2
Zusammenfassung und Ausblick

Der der Legaldefinition des § 2 Abs 1 Satz 1 AMFG zugrunde liegende weite Begriff der Arbeitsvermittlung bedarf mE einer sinnvollen Umgrenzung. Dies ist unbedingt notwendig, damit sich die Arbeitsvermittlung nicht ins Uferlose ausweitet. Sinn und Zweck der Arbeitsvermittlung ist, dass zwischen die beiden möglichen Parteien eines künftigen Arbeitsvertrages ein/e beide Teile kennende/r VermittlerIn tritt und sich dabei bemüht, dass beide sich zunächst noch nicht kennenden Teile zusammenfinden, damit diese die Möglichkeit erhalten, sich im Verhandlungswege dem Endziel der Begründung eines möglichen Arbeitsverhältnisses anzunähern. Aus diesem Grund kommt der Fragestellung von Mazal,* nämlich ob nicht eventuell gewisse Tätigkeiten, die in einem randlagigen Begriffsfeld liegen, aus dem extensiven Begriff der Arbeitsvermittlung iSd AMFG auszuscheiden seien, absolute Berechtigung zu.

ME ist im Rahmen der rechtlichen Prüfung des Vorliegens einer Tätigkeit der Vorvermittlung jede Tätigkeit gesondert auf ihre Zugehörigkeit zur Arbeitsvermittlung zu prüfen,* dh Vorvermittlungstätigkeiten sind nicht generell aus dem Bereich der Arbeitsvermittlung ausgeschlossen. Nachvermittlungstätigkeiten stellen somit keinen Bestandteil der Arbeitsvermittlung dar, weil sich die Arbeitsvermittlung lediglich darin erschöpft, AN und AG zur Begründung eines Arbeitsverhältnisses zusammenzuführen. So gelangt auch Rebhahn* zur – mE völlig richtigen – Rechtsauffassung, dass die der Zusammenführung nachfolgenden Phasen der Vertragsverhandlungen und des Vertragsabschlusses keine vermittelnden Tätigkeiten darstellen würden.

Die klare und eindeutige Einstufung einer Tätigkeit als eine solche der Vorvermittlung oder der Nachvermittlung ist für die Frage, ob die konkrete Tätigkeit unter die Erlaubnispflicht der Ausübung der ArbeitsvermittlerInnen gem § 4 Abs 1 AMFG fällt oder es sich um eine erlaubnisfreie Tätigkeit handelt, von besonderer Relevanz. Gelangt man nämlich im Rahmen eines Einzelfalls zur Auffassung, dass eine Tätigkeit der Vorvermittlung, wie bspw die Erstellung von Bewerbungsunterlagen, unter den Begriff der Arbeitsvermittlung zu subsumieren ist, so darf diese Tätigkeit nur von den in § 4 Abs 1 Z 1 bis 4 AMFG taxativ aufgelisteten Institutionen bzw Personen ausgeübt werden. Folgt man meiner bereits oben beschriebenen Rechtsauffassung, dass Nachermittlungstätigkeiten keinen Bestandteil der Arbeitsvermittlung darstellen, so stellt sich hier das Problem der Erlaubnispflicht gem § 4 Abs 1 AMFG nicht, da diese a priori als keine Tätigkeiten der Arbeitsvermittlung gelten und somit die weitere Prüfung der Erlaubnispflicht entfallen kann. Als Orientierungshilfe für private ArbeitsvermittlerInnen für die Schaffung einer klaren und eindeutigen Umgrenzung des Begriffes der Arbeitsvermittlung iSd § 2 Abs 1 Satz 1 AMFG bietet sich mE auch der dem AMS* gesetzlich zugewiesene Aufgabenbereich an. Nur diejenigen Tätigkeiten, die das AMS kraft gesetzlichen Auftrages im Bereich der Arbeitsvermittlung leisten muss bzw zu leisten vermag, können und dürfen unter den Begriff der Arbeitsvermittlung iSd § 2 Abs 1 Satz 1 AMFG subsumiert werden.* Es gibt mE nämlich dafür keine Rechtfertigung, Tätigkeiten eines/einer privaten ArbeitsvermittlerIn, die nicht Inhalt des gesetzlichen Auftrages des AMS sind oder welche das AMS überhaupt nicht leistet oder zu leisten vermag, der Erlaubnispflicht des § 4 Abs 1 AMFG zu unterstellen. Dies aus dem Grunde, als der Staat als Träger hoheitlicher Gewalt einem/einer privaten ArbeitsvermittlerIn nicht mehr verbieten kann, als er sich oder seinen Institutionen im Rahmen der Leistungsverwaltung zugesteht.*279