Wenda/Kierein/Lanske (Hrsg)Jahrbuch Gesundheitsrecht 2012

Neuer Wissenschaftlicher Verlag, Wien/Graz 2012
290 Seiten, broschiert, € 42,80

MANUELASTADLER (LINZ)

Bereits der sechste Band der Reihe der Jahrbücher des NWV in der Reihe Gesundheitsrecht ist mittlerweile vorliegend und bietet in gewohnter Weise in drei Teilen einen Überblick über Änderungen im Gesundheitsrecht mit Teil I „Neue Rechtsvorschriften und aktuelle Themen“, Teil II „Aktuelle Judikatur“ und Teil III „Service“.

Birgit Stranz bietet zu Beginn eine „Übersicht über abgeschlossene legistische Vorhaben im Bereich des Gesundheitswesens des Jahres 2011“, wobei ihre Untergliederung innerhalb des Gesundheitsrechts dem/der LeserIn eine hervorragende Orientierung bietet und ihm/ihr ermöglicht, sich rasch einen Überblick über die Gesetzes- und Verordnungsänderungen zu schaffen. „Zum Neue-Psychoaktive-Substanzen-Gesetz (NPSG) und seiner Genese“ schreibt Johanna Schopper, beleuchtet dabei ua den Hintergrund für die Entstehung dieses Gesetzes und geht auch auf den Inhalt der Normen sowie den nationalen und EU-weiten Informationsaustausch über diese Substanzen näher ein. Meinhild Hausreither stellt in ihrem Beitrag „Die zahnärztliche Assistenz als neuer Gesundheitsberuf“ das Zahnärztliche Assistenz-Gesetz (ZASS-G) vor, das nun den Beruf der Zahnärztlichen Assistenz inklusive der Spezialqualifikation der Prophylaxeassistenz gesetzlich regelt. In dem Beitrag von Thomas Worel und Ulrike Schermann-Richter „Änderungen im Bereich der Krankenanstalten durch die Novelle zum Krankenanstalten- und Kuranstaltengesetz 2011, BGBl I 2011/147“ werden die nun im KAKuG vorgesehenen verschiedenen Organisations- und Betriebsformen von Krankenanstalten verständlich erklärt und die damit verbundenen Vorteile für PatientInnen, Krankenhauspersonal und Krankenhausträger sowie die öffentliche Hand aufgezeigt. Im Anschluss daran befasst sich Amire Mahmood mit dem Thema „Aktuelle Entwicklungen zum Regelungskonzept für diätetische Lebensmittel“. Nach der Darstellung der derzeitigen Rechtslage legt sie die österreichische Position zum Vorschlag der Europäischen Kommission aus 2011, der nur mehr einen Rechtsrahmen für Lebensmittel für Säuglinge und Kleinkinder sowie PatientInnen unter ärztlicher Aufsicht vorsieht, dar.

Mit dem spannenden und topaktuellen Thema der Präimplantationsdiagnostik (PID), die eine Schwerpunkt-Thematik in diesem Jahrbuch Gesundheitsrecht darstellt, beschäftigt sich Dagmar Hinghofer-Szalkay in ihrem Beitrag „Präimplantationsdiagnostik: friend or foe?“. Nach einer verständlichen Erklärung der PID erläutert sie die Rechtslage in Deutschland und geht den Fragen nach, ob in Österreich eine Regelung erforderlich ist, was die Vor- und Nachteile der PID bzw des gesetzlichen Verbotes oder der gesetzlichen Zulassung der PID sind sowie ob und inwieweit die PID zugelassen werden sollte.

Den zweiten Aufsatz zur PID verfasste Karin Bruckmüller und dieser trägt den Titel „Präimplantationsdiagnostik: Bedarf Österreich einer ausdrücklichen Regelung nach deutschem Vorbild?“. Sie untersucht die bestehenden Bestimmungen und ob sich aus ihnen ein Verbot der PID ergibt und geht dann nach einem Blick nach Deutschland auf den Entwurf der Bioethikkommission (drei Fallkonstellationen, in denen die PID zulässig ist: Embryonen sind nicht überlebensfähig; bei Risiko einer schweren Krankheit, was zum Tod des Embryos während der Schwangerschaft, des Neugeborenen bei der Geburt oder wenige Monate danach führt; bei Hochrisikopaaren mit hohem Risiko für die Geburt eines Kindes mit schwerer genetischer Erkrankung inkl Geschlechtsbestimmung, sofern das Geschlecht für die Krankheit ausschlaggebend ist) ein. Da die Nicht-Anwendung der PID „nicht dem state of the art-Vorgehen in anderen Ländern“ entspreche, sei ihrer Ansicht nach auch deswegen eine Regelung in Österreich, welche die Zulassung in bestimmten Fällen vorsieht, erforderlich (S 122 f). Bis zur Neuregelung sollte § 9 FMedG dementsprechend weit ausgelegt werden und somit die „PID zumindest in einem begrenzten Ausmaß bereits jetzt eindeutig straffrei ... stellen“ (S 123). Susanne Knasmüller beleuchtet in ihrem Beitrag „Refoulment-Verbot – Psychische Erkrankungen als Kriterium einer Verletzung von Artikel 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention“ dieses Thema anhand der Judikatur des EGMR und den Fall des österreichischen Asylgerichtshofs vom 20.2.2012, E8 248146-2/2008.

Mit dem Thema „Rechtliche Rahmenbedingungen der medizinischen (Zwangs-)Behandlung im Maßnahmenvollzug nach § 21 Abs 1 StGB“ setzt sich Klaus Wutscher auseinander. Dabei handelt es sich um den Sonderfall der medizinischen Behandlung von geistig abnormen RechtsbrecherInnen. Wutscher gewährt einen Einblick in diesen „vernachlässigten“ Rechtsbereich mit der Forderung einer Anpassung des StVG betreffend Maßnahmen- bzw Strafvollzug „aufbauend auf den Erfahrungen mit dem UbG“: So sollte ein formelles Verfahren geregelt wie auch ein Rechtsschutz bei Zwangsbehandlungen gewährt und das StVG dementsprechend angepasst werden (S 144).

Zum Beginn des Teil II „Aktuelle Judikatur“ bietet Marco Nademleinsky den Überblick über „Die Rechtsprechung zur Arzthaftung 2011“ und behandelt dabei die Bereiche „Behandlungsfehler und Schadenshöhe“, „Aufklärungsfehler“ und „Diverses“. Dem/Der LeserIn wird damit ermöglicht, sich schnell über den neuesten Stand zu den Bereichen zu informieren. In dem Beitrag „Ausgewählte Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts zu Themen des Gesundheitsrechts 2011“ von Funda Yilan findet der/die LeserIn besonders interessante Entscheidungen des VwGH zu Themen wie Wohlfahrtsfonds, Disziplinarvergehen nach dem Apothekerkammergesetz, gesundheitliche Eignung zur Berufsausübung eines Psychotherapeuten und vor dem VfGH zum KAKuG zur Thematik der Bedarfsprüfung für selbständige Ambulatorien sowie zur Bedarfsprüfung bei Erteilung einer Apothekenkonzession. Sebastian Scholz befasst sich in sei290nem Beitrag mit dem Titel „Bedarfsprüfung für selbstständige Ambulatorien: Inländerdiskriminierung vorübergehend sachlich gerechtfertigt, Bemerkungen zum Erkenntnis des VfGH vom 6.10.2011, G 41/10 ua“ mit dem Hartlauer-Urteil des EuGH sowie dem VfGH-Erk G 41/10 ua, analysiert dieses Erk und bietet einen Ausblick auf die Bedeutung des Erk für andere Gesundheitsbereiche wie dem Apothekenwesen.

Im dritten und abschließenden Teil bieten Sandra Wenda, Michael Kierein und Paula Lanske „Auszüge aus Erledigungen und Informationen des Gesundheitsministeriums“ und Teresa Beck und Marianne Kropf noch eine „Übersicht über aktuelle Literatur“, womit dem/der LeserIn die rasche Auffindung der Rechtsansicht des BMG zu verschiedenen Gesundheitsrechtsthemen ermöglicht wird und er/sie überblicken kann, welche neue Literatur geboten wird.

Dieses Buch verschafft einen sehr guten Überblick über die Änderungen im Gesundheitsbereich und es werden darin auch topaktuelle Themen wie die Präimplantationsdiagnostik behandelt. Das Jahrbuch Gesundheitsrecht 2012 ist daher sehr empfehlenswert und darf in keiner medizinrechtlichen Bibliothek fehlen.