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Keine einseitige Arbeitszeit- und Urlaubsänderung bei Vertragsbediensteten

HELMUTZIEHENSACK (WIEN)
Art 6 lit b ArbeitszeitRL; §§ 12a, 25 stmk GVBG; § 54 Abs 1 ASGG
  1. Die Überschreitung der in Art 6 lit b ArbeitszeitRL festgelegten durchschnittlichen wöchentlichen Höchstarbeitszeit (von 48 Stunden) stellt als solche einen Verstoß gegen diese Bestimmung dar, ohne dass es nötig wäre, darüber hinaus das Vorliegen eines spezifischen Nachteils nachzuweisen.

  2. Eine den §§ 3 ff AZG oder vergleichbaren Bestimmungen entsprechende Umsetzung des Art 6 der RL 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4.11.2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung enthält das GVBG nicht. Daher ist in Übereinstimmung mit der Rsp des EuGH die unmittelbare Wirkung des Art 6 lit b RL 2003/88/EG („ArbeitszeitRL“) zu bejahen.

  3. Zweck der ArbeitszeitRL ist es, einen wirksamen Schutz der Sicherheit und der Gesundheit der AN zu gewährleisten. Art 15 RL lässt Abweichungen durch günstigere nationale Vorschriften zwar zu, doch sind derartige Abweichungen engen Voraussetzungen unterworfen, die einen wirksamen Schutz der Sicherheit und der Gesundheit der AN gewährleisten sollen. Abweichungen von Art 6 RL sind nur zulässig, wenn die Voraussetzungen des Art 22 Abs 1 RL kumulativ vorliegen.

Die Kl ist die Personalvertretung der Vertragsbediensteten (VB) des Katastrophenschutzes und der Feuerwehr der Bekl. Auf deren Dienstverhältnis ist das Grazer Gemeindevertragsbedienstetengesetz LGBl 1974/30 (GVBG) anzuwenden. Gegenstand des Verfahrens sind die Auswirkungen eines Beschlusses des Stadtsenats der Bekl vom 6.8.2010 auf die Dienstverhältnisse von unstrittig mehr als drei VB der Bekl, die die Kl mit ihrem auf § 54 Abs 1 ASGG gestützten Klagebegehren bekämpft. Ebenso unstrittig ist die Kl im konkreten Fall als Organ der Arbeitnehmerschaft der Bekl iSd § 53 Abs 1 ASGG zur Erhebung der – Angelegenheiten dieser VB betreffenden – Klage gem § 54 Abs 1 ASGG aktiv legitimiert (RIS-Justiz RS0086236; 9 ObA 251/89). Für das Revisionsverfahren von Bedeutung sind die mit diesem Beschluss erfolgte Kürzung der dienstfreien Tage um sechs Freischichten, weiters die Änderung der „Urlaubsumrechnung“ für ab 6.8.2010 neu eintretende VB im Wechseldienst und schließlich die Abgeltung von bis zum 31.12.2009 angehäuften Mehrdienstleistungen von VB. [...]

Mit dem Beschluss des Stadtsenats vom 6.8.2010, der ohne Zustimmung des Zentralausschusses der Bediensteten der Bekl und der gemeinderatlichen Personalkommission gefasst wurde, wurde diese Regelung dahin geändert, dass künftig den im 24-stündigen Wechseldienst stehenden Feuerwehrleuten der Bekl statt 49 nur mehr 43 dienstfreie Tage/Wechseldienste pro Jahr gewährt werden. Dadurch müssen Feuerwehrleute jährlich sechs Wechseldienste mehr leisten, ohne Berücksichtigung des Gebührenurlaubs daher 139,5 Wechseldienste im Jahr. Das durchschnittliche wöchentliche Arbeitsausmaß der Feuerwehrleute erhöht sich dadurch von ca 61,5 auf ca 64,4 Stunden. Als Ausgleich für die Kürzung von sechs dienstfreien Tagen/Wechseldiensten pro Jahr und der damit verbundenen Erhöhung der wöchentlichen Arbeitszeit von 61,5 auf 64,4 Stunden hob der Stadtsenat am 6.8.2010 die Wechseldienstentschädigung an.

Die Kl begehrt die Feststellung, dass diese Kürzung der dienstfreien Tage um sechs Freischichten rechtswidrig und daher unzulässig sei. Die Vorgangsweise der Bekl stelle eine unzulässige einseitige Änderung des Dienstvertrags dar. Die Ansprüche der VB seien infolge jahrelanger Gewährung und betrieblicher Übung Bestandteile des Einzelarbeitsvertrags geworden. Die Bekl verletze darüber hinaus ihre Fürsorgepflicht als DG. [...]

Zur „Urlaubsumrechnung“:

Mit Beschluss des Stadtsenats vom 27.4.1979 wurde festgelegt, dass für die Feuerwehrleute im Wechseldienst ein Urlaubstag die Wertigkeit von 1,488 Kalendertagen hat. Dies bedeutet, dass ein Urlaubstag 0,744 Wechseldiensten entspricht. Aufgrund dieses Beschlusses erhielten Feuerwehrleute bei einem gesetzlichen Urlaubsanspruch von 36 Werktagen 27 Schichtdiensturlaubstage.

Mit Beschluss des Stadtsenats vom 6.8.2010 wurde diese Umrechnung für die ab 1.7.2010 neu aufgenommenen Feuerwehrleute im Wechseldienst dahin abgeändert, dass diese für einen freien Wechseldienst 15 Urlaubsstunden zu „beantragen“ haben. Die Beantragung des Urlaubs in Stunden ist nicht erforderlich: Beantragt aber beispielsweise ein Feuerwehrmann Urlaub für 10 Wechseldienste, so wird dessen Urlaubskonto nach der neuen Regelung um 150 Stunden gekürzt. Durch diesen Beschluss sollte eine Angleichung der Urlaubsansprüche der Feuerwehrleute im Wechseldienst mit den übrigen VB der Bekl erreicht werden.

Ausgangspunkt für die neue Regelung war die Annahme der Bekl, dass ein Wechseldienst aus ca 15 Stunden Normalarbeitszeit und ca 9 Stunden Mehrdienstleistung bestehe. Aufgrund der Neuregelung entspricht der Urlaubsanspruch von Feuerwehrleuten im Wechseldienst bei einer Gesamtdienstzeit bis zu 15 Jahren 13,3 Wechseldiensten, bei einer Gesamtdienstzeit von 15 bis 20 Jahren 14,4 Wechseldiensten, bei einer Gesamtdienstzeit von 20 bis 25 Jahren 15,5 Wechseldiensten und bei einer Gesamtdienstzeit von mehr als 25 Jahren 16 Wechseldiensten. Für die ab 1.7.2010 bei der Bekl aufgenommenen Feuerwehrleute im Wechseldienst bedeutet dies eine (fiktive) Kürzung des Gebührenurlaubs um 5,7 bis 7 Wechseldienste.

Die Kl begehrt die Feststellung, dass die Umrechnung des Urlaubs und die Berechnung des Urlaubsausmaßes in Urlaubsstunden rechtswidrig und unzulässig sei, sodass auch für die ab 1.7.2010 neu aufgenommenen Feuerwehrleute weiterhin die Regelung auf Basis des Stadtsenatsbeschlusses vom 27.4.1979 anzuwenden sei. Hilfsweise begehrt sie die Feststellung, dass die von der Bekl für die ab dem 1.7.2010 für den Branddienst in ein Dienstverhältnis aufgenom326menen (unstrittig mehr als drei) VB durch die nicht mehr angewendete Berechnung des Urlaubsausmaßes nach dem Stadtsenatsbeschluss vom 27.4.1979 vorgenommene Urlaubsberechnung rechtswidrig und daher unzulässig sei. Die seit 1979 bestehende Regelung sei rechtens gewesen und solle für die am 30.6.2010 beschäftigten VB weiterhin gelten. Die durch den Stadtsenatsbeschluss vom 6.8.2010 vorgesehene Berechnung des Urlaubs und seines Ausmaßes in Stunden widerspreche § 25 Abs 2 GVBG und sei unzulässig, weil eine solche Regelung dem Erholungszweck des Urlaubs widerspreche. [...]

Zur Abgeltung von Mehrdienstleistungen:

Die im VB-Verhältnis stehenden Feuerwehrleute erbrachten bis zum 31.12.2009 Mehrdienstleistungen im Ausmaß von 4.397 Schichten (105.535 Stunden), die sie infolge Personalmangels weder durch Freizeit abbauen konnten noch sonst abgegolten erhielten. Der Beschluss des Stadtsenats vom 6.8.2010 sieht eine Abgeltung dieser Mehrdienstleistung wahlweise durch Freizeitverbrauch oder gegen Geldleistung vor. Danach sollen entweder zwei Drittel der Mehrdienstleistungen im Verhältnis 1 : 1 und ein Drittel im Verhältnis 1 : 1,5 durch Freizeit, oder zwei Drittel der Mehrdienstleistungen mit der Grundvergütung für Überstunden gem § 31a Abs 3 der Dienst- und Gehaltsordnung für Beamte der Bekl (LGBl 1957/30, DO) und ein Drittel mit dieser Grundvergütung zuzüglich eines Zuschlags von 50 % abgegolten werden. Als sachliche Rechtfertigung für diese Regelung zog die Bekl heran, dass von einer tatsächlichen Arbeitszeit von 8 Stunden im Rahmen eines 24-Stunden-Dienstes auszugehen sei, darüber hinausgehende Stunden jedoch als Bereitschafts- bzw Ruhezeit zu werten seien. Die betroffenen VB lehnten diesen Vorschlag überwiegend ab.

Die Kl begehrt die Feststellung, dass die von der Bekl mit dem Stadtsenatsbeschluss vom 6.8.2010 beabsichtigte Abgeltung von Mehrdienstleistungen der Regelung des § 12a Abs 3 und 4 GVBG nicht entspreche und daher rechtswidrig sei. [...]

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren teilweise statt. Das Berufungsgericht gab der Berufung der Bekl gegen dieses Urteil nicht Folge, hingegen der Berufung der Kl teilweise Folge. [...] Gegen dieses Urteil richtet sich die von der Kl beantwortete Revision der Bekl. Die Revision ist zulässig, sie ist aber nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

1. Zur Kürzung der Freischichten:

Die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts, dass die von der Bekl vorgenommene einseitige Reduzierung der den im Branddienst eingesetzten VB gewährten Freischichten von 49 auf 43 pro Jahr unzulässig ist, weil sie gegen Unionsrecht verstößt, ist zutreffend (§ 510 Abs 3 ZPO). Ergänzend ist der Revisionswerberin entgegenzuhalten:

1.1 Zutreffend und von der Revisionswerberin auch nicht in Zweifel gezogen, hat das Berufungsgericht ausgeführt, dass die Regelungen des AZG auf die hier betroffenen VB der Bekl gem § 1 Abs 2 Z 1 AZG nicht zur Anwendung gelangen. Rechtsgrundlage des VB-Verhältnisses der hier betroffenen AN ist das GVBG, das allerdings – sieht man von der hier nicht anwendbaren Sonderregelung des § 37d GVBG ab – keine näheren Regelungen zum Ausmaß der Arbeitszeit enthält. § 12 Abs 1 GVBG regelt lediglich, dass der VB die vorgeschriebenen Dienststunden einzuhalten hat. § 12a GVBG regelt die Abgeltung von Mehrdienstleistungen und Überstunden. Eine den §§ 3 ff AZG oder vergleichbaren Bestimmungen entsprechende Umsetzung des Art 6 der RL 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4.11.2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung (in weiterer Folge auch: RL) enthält das GVBG nicht.

1.2 Schon daher hat das Berufungsgericht zutreffend und in Übereinstimmung mit der Rsp des EuGH die unmittelbare Wirkung des Art 6 lit b RL 2003/88/EG bejaht. Diese Bestimmung gilt aufgrund ihrer unmittelbaren Wirkung für alle Träger öffentlicher Gewalt der Mitgliedstaaten, daher ist auch die Bekl verpflichtet, sie anzuwenden (C-243/09 Rn 61 mwH). Der EuGH hat auch bereits ausgesprochen, dass die von Einsatzkräften einer staatlichen Feuerwehr ausgeübten Tätigkeiten in den Anwendungsbereich der RL fallen, sodass Art 6 lit b der RL einer Überschreitung der Obergrenze von 48 Stunden für die wöchentliche Höchstarbeitszeit, einschließlich Bereitschaftsdienst, grundsätzlich – mit Ausnahme von hier nicht vorliegenden außergewöhnlichen Umständen, die ein zeitweiliges Abweichen rechtfertigen könnten – entgegensteht (C-429/09 Rn 57; C-243/09 Rn 44; C-52/04 Rn 61). Der EuGH hat mehrfach ausgesprochen, dass der Bereitschaftsdienst unabhängig von den in seinem Rahmen tatsächlich erbrachten Arbeitsleistungen als Arbeitszeit iSd RL gilt (C-303/98 Rn 52; C-151/02 Rn 68; C-397–403/07 Rn 93), insb hängt auch die Notwendigkeit von dringenden Einsätzen von den Umständen ab und kann nicht im Voraus geplant werden (C-151/02 Rn 61).

1.3 Der EuGH hat weiters ausgeführt, dass Art 6 lit b RL eine besonders wichtige Regel des Sozialrechts der Union ist, die jedem AN als ein zum Schutz seiner Sicherheit und seiner Gesundheit bestimmter Mindestanspruch zugute kommen muss und die Mitgliedstaaten verpflichtet, für die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit einschließlich der Überstunden eine Obergrenze von 48 Stunden vorzusehen (C-429/09 Rn 33 mwH). Der AN ist als die schwächere Partei des Arbeitsvertrags anzusehen, sodass verhindert werden muss, dass ihm der AG eine Beschränkung seiner Rechte auferlegen kann (C-429/09 Rn 80). Die Überschreitung der in Art 6 lit b RL festgelegten durchschnittlichen wöchentlichen Höchstarbeitszeit stellt als solche einen Verstoß gegen diese Bestimmung dar, ohne dass es nötig wäre, darüber hinaus das Vorliegen eines spezifischen Nachteils nachzuweisen (C-243/09 Rn 53).

Daran ändert nichts der von der Revisionswerberin ins Treffen geführte Umstand, dass sie den als VB tätigen Feuerwehrleuten auch die Bereitschaftszeiten, die ihrer Ansicht nach geringer entlohnt werden könnten, mit der vollen Wechseldienstentschädigung abgilt. Zweck der Richtlinie ist es, einen wirksamen Schutz der Sicherheit und der Gesundheit der AN zu gewährleisten (EuGHC-243/09 Rn 32 mwH). Art 15 RL lässt Abweichungen durch günstigere nationale Vorschriften zwar zu, doch sind derartige Abweichungen engen Voraussetzungen unterworfen, die einen wirksamen Schutz der Sicherheit und der Gesundheit der AN gewährleisten sollen (C-397–403/01 Rn 77, 96; C-243/09 Rn 34). Abweichungen von Art 6 RL sind nur zulässig, wenn327 die Voraussetzungen des Art 22 Abs 1 RL kumulativ vorliegen (C-243/09 Rn 35). Weder enthält jedoch das GVBG Bestimmungen, die jenen des Art 22 Abs 1 RL entsprechen oder diese Regel umsetzen sollen, noch hat die Bekl ein dahingehendes Vorbringen erstattet.

1.4 Schon aufgrund dieser unzweifelhaften Ausführungen des EuGH („acte clair“, vgl RIS-Justiz RS0082949; RS0123074) zeigt die Revisionswerberin mit ihrem Hinweis auf die ihrer Ansicht nur geringen tatsächlichen Einsatzzeiten der Feuerwehrleute, die überdies in hohem Ausmaß Bereitschaftsdienst versehen und dafür höher als erforderlich entlohnt würden, keine Notwendigkeit einer neuerlichen Anrufung des EuGH im konkreten Fall auf.

1.5 Der Vollständigkeit halber ist darauf hinzuweisen, dass auch der VwGH für die in einem öffentlichrechtlichen Dienstverhältnis zur Bekl stehenden Feuerwehrleute von der grundsätzlichen Anwendbarkeit der Richtlinie ausging und ausführte, dass auch Zeiten einer (bloßen) Dienststellenbereitschaft auf die in Art 6 lit b RL genannte durchschnittliche Arbeitszeit anzurechnen sind (VwGH2011/12/0181).

2. Zur Urlaubsberechnung:

[...] 2.3 Die urlaubsrechtlichen Bestimmungen des § 25 GVBG sind zwingendes Recht, von dem die Bekl zu Ungunsten der bei ihr beschäftigten VB keinesfalls einseitig abgehen darf. Die von der Bekl beschlossene Vorgangsweise, für einen von den Feuerwehrleuten im Wechselschichtdienst beantragten Urlaubstag 15 Stunden Urlaubsverbrauch zu rechnen, kann daher überhaupt nur dann Bestand haben, wenn bei ihrer praktischen Anwendung ein Abgehen von den Regelungen in § 25 GVBG zum Nachteil der VB ausgeschlossen ist (vgl 9 ObA 181/07v). Dies ist jedoch nicht der Fall.

2.4 Es ist nämlich unstrittig und wird von der Revisionswerberin auch gar nicht in Zweifel gezogen, dass die Bekl bei der von ihr mit Beschluss vom 6.8.2010 vorgenommenen „Umrechnung“ des Gebührenurlaubs die von ihr den Feuerwehrleuten zugestandenen 43 Freischichten jährlich berücksichtigt.

VB der Bekl haben beispielsweise bei einer Gesamtdienstzeit von bis zu 15 Jahren einen (Mindest-)Urlaubsanspruch von 30 Werktagen. Dies entspricht einem jährlichen Urlaubsanspruch von fünf Wochen. Die VB der Bekl haben Anspruch darauf, den ihnen gem § 25 Abs 1 GVBG zustehenden Urlaubsanspruch innerhalb der Zeit vom 1.5. bis 30.9. eines Kalenderjahres nach Möglichkeit, und soweit es der Dienst zulässt, ungeteilt zu erhalten (§ 25 Abs 8 GVBG). Die vom Landesgesetzgeber verfolgte Absicht, dass VB Urlaub möglichst ungeteilt verbrauchen, dient vor allem der wirksamen Durchsetzung des Erholungszwecks des Urlaubs. Daher ist auch die Abgeltung des Urlaubs gem § 25 Abs 8 letzter Satz GVBG nicht zulässig.

Feuerwehrleute müssen jedoch nach den Feststellungen für einen Urlaubsanspruch von 30 Werktagen infolge des Beschlusses vom 6.8.2010 Urlaub im Ausmaß von 13,3 Wechseldiensten beantragen (13,3 x 15 Stunden = ca 200 Urlaubsstunden, weil die Bekl unstrittig von einem Anspruch in dieser Höhe für 30 Werktage – bzw 25 Arbeitstage zu 8 Urlaubsstunden – ausgeht). Ausgehend vom festgestellten Arbeitsrhythmus bedeutet dies jedoch, dass ein ungeteilter Urlaubsverbrauch ohne Berücksichtigung von Freischichten für Feuerwehrleute nach weniger als vier Wochen enden würde (weil ohne Berücksichtigung von Freischichten pro Woche im Durchschnitt 3,5 Wechseldienste zu leisten sind). Während daher die nicht im Schichtdienst, sondern im Rahmen einer 5-Tage-Woche vollzeitbeschäftigten VB der Bekl in der Regel die Möglichkeit haben, den gesetzlichen Anspruch auf ungeteilten Verbrauch von (zumindest) fünf Wochen Urlaub jährlich in dem in § 25 Abs 1 GVBG genannten Zeitraum zu konsumieren, ist dies für die Feuerwehrleute – generell und unabhängig von den Anforderungen des Dienstes – unstrittig nur unter Inanspruchnahme von Freischichten möglich.

2.5 Die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, dass die den Feuerwehrleuten zugestandenen Freischichten nicht für die Konsumation von Urlaub herangezogen werden können, ist zutreffend (§ 510 Abs 3 ZPO). Schon arbeitszeitrechtlich entsprechen die von der Bekl den VB eingeräumten 43 Freischichten wie ausgeführt nicht den unionsrechtlichen Mindestschutzvorschriften. Der EuGH hat mehrfach ausgesprochen, dass die gemeinschaftsweite Harmonisierung der Arbeitszeitgestaltung einen besseren Schutz der Sicherheit und der Gesundheit der AN durch die Gewährung von Mindestruhezeiten, insb eines bezahlten Jahresurlaubs, und angemessenen Ruhepausen gewährleisten soll (C-124/05 Rn 26 mwH). Diesen Zweck verfolgt die RL 2003/88/EG nicht nur mit der bereits behandelten Regelung des Art 6 über die Wochenarbeitszeit, sondern auch mit ihrem Art 7, mit dem der unionsrechtliche (Mindest-)Anspruch auf Jahresurlaub geregelt wird. Auch der Anspruch eines AN auf bezahlten Jahresurlaub ist als ein besonders bedeutsamer Grundsatz des Sozialrechts der Union anzusehen (C-342/01 Rn 29; C-124/05 Rn 28).

Die Gewährung von Freischichten dient ihrem Wesen nach der Abgeltung von Mehrleistungen und Überstunden der Feuerwehrleute und stellt daher inhaltlich einen Zeitausgleich dar. Beim Zeitausgleich, mag er auch ähnliche Zwecke wie der Urlaub verfolgen, steht der Entgeltcharakter im Vordergrund (vgl § 12a GVBG; ebenso 8 ObS 19/98x zu § 10 Abs 2 AZG), wodurch er sich vom Urlaub unterscheidet, bei dem der Erholungszweck im Vordergrund steht (RIS-Justiz RS0051632). Selbst die vollständige Berücksichtigung dieses Zeitausgleichs vermag hier jedoch wie ausgeführt die unionsrechtlichen Vorgaben des Art 6b RL 2003/88/EG nicht zu erfüllen. Umso weniger können diese Freischichten daher für den Verbrauch von – vom Schutzzweck derselben Richtlinie umfassten – Urlaub herangezogen werden. Auf die von der Bekl auch in diesem Zusammenhang betonte unterschiedliche „Qualität“ der Arbeitszeit der Feuerwehrleute kommt es wie ausgeführt nicht an. Die von der Revisionswerberin behauptete „massive Besserstellung“ von im VB-Verhältnis stehenden Feuerwehrleuten ist vor diesem Hintergrund nicht ersichtlich. [...]

Anmerkung
1
Arbeitszeit- und Urlaubsrecht im öffentlichen Dienst

Sowohl beim Arbeitszeit- wie auch beim Urlaubsrecht besteht eine Reihe von nicht unwesentlichen328 Unterschieden zum allgemeinen Arbeitsrecht. Die Kodifikationen des letzteren finden nämlich auf das öffentliche Dienstrecht häufig keine Anwendung. So enthält etwa § 1 Abs 2 Z 1 AZG eine Ausnahme für den öffentlichen Dienst. Gleiches gilt für das Urlaubsrecht. Die Ausnahme vom AZG bezieht sich auf „Arbeitnehmer, die in einem Arbeitsverhältnis zu einer Gebietskörperschaft, zu einer Stiftung, zu einem Fonds oder zu einer Anstalt stehen, sofern diese Einrichtungen von Organen einer Gebietskörperschaft oder von Personen verwaltet werden, die hierzu von Organen einer Gebietskörperschaft bestellt sind; diese Bestimmungen dieses Bundesgesetzes gelten jedoch für Arbeitnehmer, die nicht im Bereich der Hoheitsverwaltung tätig sind, sofern für ihr Arbeitsverhältnis ein Kollektivvertrag wirksam ist“. Hinsichtlich des UrlG bestimmt die Ausnahme vom Geltungsbereich dessen § 1 Abs 2 Z 4: „Arbeitsverhältnisse zum Bund, auf die dienstrechtliche Vorschriften anzuwenden sind, die den Urlaubsanspruch zwingend regeln“. Ausnahmen bestehen auch für Arbeitsverhältnisse zu einem Land, einem Gemeindeverband oder einer Gemeinde (§ 1 Abs 2 Z 3 UrlG) sowie für „Arbeitsverhältnisse zu Stiftungen, Anstalten oder Fonds, auf die das VBG 1948, BGBl Nr 86, gemäß § 1 Abs 2 VBG sinngemäß anzuwenden ist“ (§ 1 Abs 2 Z 5 UrlG).

Diese diversen Ausnahmen vom Arbeitszeit- und Urlaubsrecht im öffentlichen Dienst führen aber nicht dazu, dass es sich um einen rechtsfreien Raum handelt, sondern es bestehen dann einerseits die Rahmenbedingungen nach den positiv-rechtlichen Vorschriften des öffentlichen Dienstrechtes sowie der verfassungsrechtlichen und EU-rechtlichen Rahmenbedingungen. Gerade letzteren kommt ein nicht unbedeutendes Gewicht zu. Im vorliegenden Fall erachtete der OGH die EU-ArbeitszeitRL 2003/88/EG für unmittelbar anwendbar. Wegen Verstoßes gegen dieselbe (nämlich im Punkte der wöchentlichen maximalen Arbeitszeit von 48 Stunden) war die von der AG einseitig verfügte Maßnahme einer höheren Anzahl von Diensten von Feuerwehrleuten einer Landeshauptstadt als unzulässig anzusehen.

2
Verstoß gegen Europarecht

In der E hatte sich der OGH mit dem Fall auseinanderzusetzen, dass die AG, im vorliegenden Fall eine Stadtgemeinde (sogar Landeshauptstadt) bei ihren VB, nämlich Feuerwehrleuten, „VB des Branddienstes“, einseitig Änderungen bei der Arbeitszeit und Urlaubsberechnung vornehmen wollte. Dagegen wehrte sich jedoch – im Ergebnis erfolgreich – die Personalvertretung dieser Bediensteten, welche als Kl auftrat. Im Wege der Feststellungsklage nach § 54 Abs 1 ASGG sollte die Unzulässigkeit der einseitig von der AG verfügten Maßnahmen abgeklärt werden. Es ging konkret um die Kürzung der dienstfreien Tage um sechs Freischichten jährlich sowie um die Änderung der Urlaubsumrechnung sowie die Abgeltung von Mehrdienstleistungen dieser VB.

Die Klage hatte insb deshalb Erfolg, da ein Verstoß gegen Europarecht zu konstatieren war. Aus der RL 2003/88/EG, insb deren Art 6 lit b, geht hervor, dass eine Überschreitung der Obergrenze von 48 wöchentlichen Arbeitsstunden nicht zulässig ist, dies auch bei Einsatzkräften einer staatlichen Feuerwehr und auch betreffend den Bereitschaftsdienst. Ausnahmen bestehen dabei nur bei außergewöhnlichen Umständen, die ein zeitweiliges Abweichen rechtfertigen können. In Anlehnung an die Rsp des EuGH judizierte auch der OGH, dass der Bereitschaftsdienst als Arbeitsdienst zählt. Bei den Arbeitszeitbestimmungen handelt es sich um rechtliche Mindestansprüche, die dem AN als regelmäßig schwächere Partei des Arbeitsverhältnisses (im Vergleich zum AG) nicht genommen werden dürfen. Es handelt sich dabei also um einseitig zwingendes Recht, das nicht vom AG verletzt werden darf.

Unter dem zunehmend wachsenden und hohen Druck sich verringernder öffentlicher Budgets bei gleichzeitig gleich bleibenden oder sogar wachsenden Staatsaufgaben steigen die Begehrlichkeiten gegenüber den Personalabteilungen des öffentlichen Dienstes. Es wird gewissermaßen die „Quadratur des Kreises“ von diesen verlangt. Die Personalstellen sollen mit oftmals nicht sehr wettbewerbsfähigen Gehaltsschemata hervorragende Kräfte rekrutieren und diese möglichst lebenslang an den öffentlichen AG binden. Dass dies auch in Zeiten mit nicht geringen Arbeitslosenraten nicht immer gelingen kann, versteht sich von selbst. Dennoch muss den Bemühungen von Personalstellen ein Riegel vorgeschoben werden, soweit sie den Bereich des rechtlich Zulässigen zu verlassen drohen. Vorliegend ging es darum, im Bereich der Feuerwehr („VB des Branddienstes“) Nivellierung der Rechtsposition zu erzielen, dies im Zeichen politisch angeordneter Sparziele. Diese konnten aber vor dem Hintergrund der bestehenden Rechtsvorschriften nicht umgesetzt werden.

Sowohl die Kürzung der Freischichten als auch die Änderung der Urlaubsberechnung verstießen gegen die Rechtsordnung. Der Widerspruch zum Europarecht ergab sich dabei daraus, dass es durch die besondere Konstruktion des Wechseldienstes bei den Feuerwehrleuten zur massiven Überschreitung der wöchentlichen maximalen Arbeitszeitgrenze gekommen wäre. Bei 24-stündigem Wechseldienst (im Zeitrahmen von 7:30 Uhr in der Früh bis zum nächsten Tag um dieselbe frühmorgendliche Uhrzeit) genügt die Gewährung einer 24-stündigen darauf folgenden Ruhezeit („freier Tag“) und hinzutretend noch der Urlaubsanspruch (bei längerer Dienstzeit von 36 Werk- bzw 30 Arbeitstagen) nicht, um nicht zu einer viel zu hohen maximalen wöchentlichen Arbeitszeit zu gelangen. Daher wurde von der AG nun auch die Gewährung von zusätzlichen 44, in weiterer Folge 49 jährlichen dienstfreien Tagen verfügt. Erst dadurch wurde ein untragbares Ergebnis vermieden, nämlich eine wöchentliche Dienstzeit von bis zu 100 Stunden. Durch die von der AG einseitig verfügte Maßnahme der veränderten Urlaubsberechnung wäre es zu einer Erhöhung der wöchentlichen Arbeitszeit (unter Berücksichtigung des Bereitschaftsdienstes) von ca 61,5 auf ca 64,4 Stunden wöchentlich gekommen.

Eine Dienstpostenkürzung bei der Feuerwehr (von 214 auf 202) habe eine gewisse Ausweitung der Arbeitspflicht in zeitlicher Hinsicht notwendig gemacht. Dieses Argument konnte jedoch nicht greifen, da sonst jegliche Schlechterstellung der AN mit nötig ökonomischer und wirtschaftlicher Optimierung beim AG begründet329 werden könnte. Einseitige Verfügungen, welche eine Verschlechterung der Arbeitsbedingungen nach sich ziehen, sollen aber nicht möglich sein, wenn sie gegen die arbeitsrechtlichen Parteienvereinbarungen und/oder (nicht bloß dispositives) Gesetzesrecht verstoßen. Das Arbeitszeitrecht wiederum kennt eine allgemeine Regelung, von welcher der öffentliche Dienst ausgenommen wird. Siehe in diesem Zusammenhang § 1 Abs 2 Z 1 AZG. Das öffentliche Dienstrecht enthält nur rudimentäre Bestimmungen über das Arbeitszeitrecht. Vor diesem Hintergrund ist die Entscheidung zu begrüßen, wonach die EU-ArbeitszeitRL (RL 2003/88/EG), welche auch eine Regelung hinsichtlich der wöchentlichen Höchstarbeitszeit (von 48 Stunden) enthält, unmittelbare Wirkung entfaltet. Dieser ist es zu verdanken, dass die von AG-Seite einseitig verfügten Maßnahmen als unzulässig anzusehen waren.

3
Betriebliche Übung im öffentlichen Dienst?

Interessant an der vorliegenden E ist auch, dass diese zunächst mit Instrumenten des allgemeinen Arbeitsrechtes begründet wurde, nämlich einer „jahrelangen Gewährung und betrieblichen Übung“, durch welche diese Rechtspositionen zu Bestandteilen der Arbeitsverträge geworden wären. Diese Argumentation wurde von den Obergerichten einschließlich des OGH nicht aufgegriffen. Entscheidungswesentlich erwies sich die unmittelbare Anwendbarkeit der europarechtlichen ArbeitszeitRL und deren Verletzung durch die von der AG einseitig angeordneten Arbeitszeitmaßnahmen, welche zu einer deutlichen Verletzung der wöchentlichen Maximalarbeitszeit von 48 Stunden geführt hatte. Hinsichtlich der Mehrdienstleistungsberechnung wurde der Verstoß gegen das deutliche Gesetzesrecht (§ 12a GVBG) konstatiert. Daraus leitete sich die Unzulässigkeit infolge evidenter Rechtswidrigkeit ab. Des Rekurrierens auf einen Vertrauensschutz oder eine betriebliche Übung bedurfte es nicht.

Zusammengefasst bedeutet dies, dass das Erstgericht zwar grundsätzlich zu den zutreffenden Schlüssen gekommen ist, die Begründung aber vom Berufungsgericht sowie vom OGH noch geschärft werden musste. Im allgemeinen Arbeitsrecht gibt es selbstverständlich das bedeutende Instrumentarium der betrieblichen Übung, welche zur Begründung von Rechtsansprüchen führt. Siehe dazu etwa Löschnigg, Arbeitsrecht11 Rz 6/252 mwN. Derartigen zu § 863 ABGB entwickelten Instrumentarien steht aber im öffentlichen Dienstrecht, zumindest für den Bereich des Bundes, § 36 VBG entgegen. In mehreren Entscheidungen (etwa OGH8 ObA 223/94SZ 67/141 = ArbSlg 11.237; OGH8 ObA 214/98yZAS 2001/5 [Stelzer]) hielt der OGH fest, dass auch Hoheitsträger grundsätzlich konkludent iSd § 863 ABGB handeln können, wobei dies aber nicht für eine privatrechtliche Entgeltvereinbarung zwischen einem öffentlich-rechtlichen DG und seinen Beamten oder VB gilt. Hier bedarf es der ausdrücklichen Genehmigung durch das zuständige Organ, dessen bloßes Wissen und Duldung nicht ausreichen. Entsprechend gibt es keine rechtswirksame konkludente Zustimmung zum Sondervertrag gem § 863 ABGB, sondern nur eine ausdrückliche. Siehe hierzu mwN aus der Judikatur Ziehensack, VBG Praxiskommentar § 36 Rz 16 ff. Auch eine langwährende betriebliche Übung vermag keine Rechtsansprüche zu begründen, wenn sie auf gesetzwidrigem Handeln eines Organes des Bundes beruht (OGH

31
8
1994
, 8 ObA 223/94). Im Fall ging es um die VB der Landeshauptstadt der Steiermark. § 36 stmk LVBG und § 39 stmk GVBG entsprechen hierbei der Bestimmung des § 36 VBG des Bundes. Dies gilt mit der Maßgabe, dass statt der Genehmigung des Bundeskanzleramtes die Zustimmung der Landesregierung bzw die Genehmigung des Gemeinderates tritt (siehe hierzu Anzenberger/Kern, Vertragsbedienstetenrecht Steiermark [2002] 499 und 563).

4
Institut der Feststellungsklage gem § 54 Abs 1 ASGG

Die formelle Frage der aktiven und passiven Klagslegitimation stellte kein Problem dar, zumal die verfahrensgegenständlichen Fragen die Dienstverhältnisse von unstrittig mehr als drei VB der bekl AG betrafen. Der Standpunkt der klagenden Partei erwies sich daher als zutreffend, wonach die einseitig angeordneten AG-Maßnahmen nicht zulässig waren. Der vorliegende Fall ist auch ein Beispiel dafür, dass sich das vom ASGG zur Verfügung gestellte Instrumentarium der Feststellungsklage nach § 54 Abs 1 in vielen Fällen bewährt hat. Es dient nämlich der Abklärung der Rechtslage im Fall, dass von einer DG-Maßnahme zumindest drei AN betroffen sind. Dann kann auf diese Art und Weise eine endgültige Abklärung der Rechtslage erreicht werden. Durch dieses zivilprozessuale Instrumentarium wird auch der Weg zu ungewollten „unsauberen“ Lösungen vermieden. Außerhalb des Instrumentariums der arbeitsgerichtlichen Feststellungsklage nach § 54 Abs 1 ASGG (wenn also der Gesetzgeber diese Möglichkeit nicht zur Verfügung gestellt hätte bzw parallel hierzu) besteht die Möglichkeit, dass einzelne AN ihre individuellen Ansprüche vor dem Arbeitsgericht verfolgen. In dieser Situation könnte man verleitet sein nachzufragen, worin denn dann nun der Mehrwert der Feststellungsklage nach § 54 Abs 1 ASGG liegt. Insb wenn PersonalvertreterInnen und/oder Arbeiterkammer- bzw Gewerkschaftsmitglieder mit Rechtsschutzdeckung ihre individuellen Ansprüche verfolgen, könnten auch diese als Musterverfahren angesehen werden und dann der Kollegenschaft die Möglichkeit zur eigenen Durchsetzung ihrer Rechtsansprüche eröffnen. Dabei wird jedoch außer Acht gelassen, dass derartige individuelle Rechtsverfolgung dem AG die Möglichkeit des „divide et impera“ gibt. Er kann dann nur zur Vermeidung weiterer Verfahren eine vergleichsweise Lösung anstreben, die eine vollständige Anspruchszuerkennung im Einzelfall vorsieht, damit bei etwa gleichzeitig vereinbartem Stillschweigen über den Vergleichsinhalt die Mehrheit der AN nicht in den Genuss der erstrittenen bzw durch den Vergleich erlangten Rechtsposition kommt. Eine derartige Lösung mag aus AG-Sicht als zweckmäßig erscheinen, muss aber wohl aus AN-Perspektive als unbefriedigend betrachtet werden, da sie zu einer „2-Klassengesellschaft“ unter den AN führt.330