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Kollektivvertragsangehörigkeit nach § 2 Abs 13 GewO 1994 und Satzung

MICHAELFRIEDRICH (GRAZ)
  1. § 2 Abs 13 GewO gilt auch für Fälle, in denen neben einem angemeldeten Gewerbe unbefugt ein anderes Gewerbe ausgeübt wird, wobei dann die Ermittlung des konkret anzuwendenden KollV entsprechend § 9 ArbVG erfolgt.

  2. Wesentlich für den Ausschluss der Anwendung der Satzung zufolge § 19 Abs 2 ArbVG ist nicht nur, dass der betreffende AG Mitglied der Kollektivvertragspartei war, sondern dass er auch in den räumlichen, fachlichen und persönlichen Geltungsbereich des KollV fällt und die Kollektivvertragsparteien die Anwendung des KollV auch nicht sonst ausgeschlossen haben.

Der Kl war vom 20.7.2011 bis 20.8.2011 bei der Bekl als Rettungssanitäter beschäftigt. Er hatte eine Ausbildung beim Roten Kreuz als Rettungssanitäter und ein Berufsmodul im Ausmaß von 40 Stunden bei der Bekl absolviert, um diesen Beruf ausüben zu dürfen. Er wurde bei der Bekl nach dem KollV für das Personenbeförderungsgewerbe mit Personenkraftwagen (PKW) entlohnt, der in seinem Arbeiterdienstvertrag auch als anzuwendender KollV vereinbart worden war.

Die Bekl führt einerseits europaweite Krankentransporte und andererseits im Inland Rettungsdienst- und Krankentransporte durch. Von ihrem Fuhrpark mit acht Fahrzeugen sind sieben Fahrzeuge als Notwagentransporte, Krankentransporte sowie Rettungswagen iSd einschlägigen Normen ausgestattet. Es werden ausschließlich Transporte kranker Transportpersonen ausgeführt.

Der Alleingeschäftsführer der Bekl und Alleingesellschafter ist persönlich Gewerbeberechtigter für das Mietwagengewerbe sowie das „Taxigewerbe mit PKW“. Die Bekl selbst war vorerst nicht beim Fachverband für das Beförderungsgewerbe angemeldet und wurde erst mit 26.4.2012 dessen Mitglied. Seither ist sie ebenfalls Gewerbeinhaber des Mietwagengewerbes (Beförderung mit PKW) mit zwei PKW, eingeschränkt auf Krankentransporte.

Die aufgrund § 15 Wirtschaftskammergesetz 1998 (WKG) erlassene Fachorganisationsordnung (FOO) errichtet in der Sparte „Transport und Verkehr“ unter § 6 folgende Fachverbände:

[...] 5. Fachverband für die Beförderungsgewerbe mit Personenkraftwagen [...]

Ein Fachverband für Krankentransporte existiert nicht.

In der internen Verwendung der Datenbanken der Wirtschaftskammer werden als „Berufszweige“ für das Beförderungsgewerbe mit PKW diese in „Taxigewerbe, Mietwagengewerbe, Gästewagengewerbe, Vermietung von KFZ ohne Beistellung eines Lenkers (KFZ-Verleih), Fiaker- und Pferdemietwagengewerbe, Krankentransportgewerbe, weitere Betriebsstätten für die Beförderungsgewerbe mit PKW, sonstige Berechtigungen im Bereich der Personenbeförderung“ unterteilt. Eine formelle Errichtung von dahingehenden Berufsgruppen iSd § 49 WKG erfolgte nicht. Diese Berufszweige wurden in älteren Übersichten der Wirtschaftskammer allerdings fälschlicherweise unter der Überschrift „Fach- und Berufsgruppenverzeichnis“ angeführt.

Der Bundes-KollV für das Personenbeförderungsgewerbe mit PKW, der zwischen der Wirtschaftskammer Österreich, Sparte Transport- und Verkehr, Fachverband für das Beförderungsgewerbe mit Personenkraftwagen, einerseits und dem Österreichischen Gewerkschaftsbund, Gewerkschaft VIDA, andererseits geschlossen wurde und mit 1.1.2009 in Kraft trat, grenzt seinen Geltungsbereich fachlich wie folgt ab:

„2. fachlich: für alle Betriebe, welche gewerbsmäßig mittels PKW:a) das Taxigewerbe ausüben und Mitglied des Fachverbands für die Beförderungsgewerbe mit PKW sind;b) das Mietwagengewerbe ausüben und Mitglied des Fachverbands für das Beförderungsgewerbe mit PKW sind.“

Der KollV des Österreichischen Roten Kreuzes 2010 wurde wie folgt gesatzt (erstmals BGBl II 98/2011BGBl II 98/2011; zur Änderung 2011 BGBl II 2011/188BGBl II 2011/188):

„§ 1a) fachlich: für Anbieter von Rettungs- und Krankentransportdiensten, ausgenommen Berg-, Wasser-, Höhlen-, Flugrettung- und Rettungshundestaffel;b) räumlich: für die Republik Österreich;c) persönlich: alle Arbeitgeber/Innen im fachlichen Geltungsbereich sowie von diesen Arbeitgeber/Innen im räumlichen Geltungsbereich beschäftigte Arbeitnehmer/Innen und Lehrlinge, sofern ihr Arbeitsverhältnis nicht durch einen gültigen Kollektivvertrag (ausgenommen Kollektivverträge gemäß § 18 Abs 4 ArbVG) erfasst sind.“

Nach diesem gesatzten KollV stünden dem Kl rechnerisch die geltend gemachten Differenzzahlungen zu. Die Bekl hat aber die nach dem von ihr angewandten KollV in Höhe von 150 € netto bezogenen Taggelder eingewendet und auch die Leistung der Überstunden teilweise bestritten.

Der Kl begehrt 1.109,66 € brutto sA als Restlohn für Juli 2011 (95,80 €) und August 2011 (159,68 €); Überstunden (505,46 €) sowie aliquote Sonderzahlungen (348,72 €). Er stützt sich zusammengefasst darauf, dass auf sein Arbeitsverhältnis der gesatzte KollV für das Österreichische Rote Kreuz anzuwenden sei. [...]

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es ging rechtlich zusammengefasst davon aus, dass die Bekl Mitglied des Fachverbands für das Beförderungsgewerbe mit PKW sei. Dass sie dies im strittigen Zeitraum des Dienstverhältnisses nicht gewesen sei, sei unbeachtlich, da dann zufolge § 2 Abs 13 der GewO dieser KollV heranzuziehen wäre. Untergruppen innerhalb der Fachgruppe seien nicht maßgeblich. Aufgabe der Fachverbände und Fachgruppen sei es, eine wirksame Vertretung der Interessen der betreffenden Mitglieder zu ermöglichen. An deren Organisation seien die Gerichte auch gebunden. Ein eige527nes Krankentransportgewerbe existiere in der GewO ebenso wenig wie im Gelegenheitsverkehrs-Gesetz. Diese gesetzlichen Regelungen würden daher alle Mietwagengewerbe erfassen. Die Kollektivvertragszugehörigkeit gem § 2 Abs 13 GewO sei jener nach § 8 Abs 1 ArbVG gleichzuhalten. Die Satzung sei jedoch gegenüber dem KollV subsidiär.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Kl nur insoweit Folge, als die Bekl die restlichen Forderungen auf Überstundenentlohnung in der Höhe von 95,70 € sA anerkannt hatte. Im Übrigen (1.013,96 € sA) schloss es sich jedoch im Wesentlichen der rechtlichen Beurteilung des Erstgerichts an. Es ging ebenfalls davon aus, dass der KollV für das Personenbeförderungsgewerbe mit PKW anzuwenden wäre, und zwar jedenfalls gem § 2 Abs 13 GewO. Die grundsätzliche Zuordnung zu den entsprechend der FOO nach § 15 Abs 1 WKG errichteten Fachverbänden und Fachgruppen ergebe sich nach der für den Betrieb erforderlichen Gewerbeberechtigung. Die Zuordnung erfolge gem § 44 Abs 1 WKG durch Eintragung in das Mitgliederverzeichnis. Aus dieser Zuordnung ergebe sich dann, welcher KollV gelte. Hier sei der maßgebliche KollV vom Fachverband für das Beförderungsgewerbe mit PKW abgeschlossen worden und nicht von einer einzelnen Fachgruppe. Die Gewerbeberechtigung der Bekl umfasse das „Mietwagengewerbe eingeschränkt auf Krankentransporte“. Das Gelegenheitsverkehrs-Gesetz 1996 regle in seinem § 3 die verschiedenen Arten der Konzessionen, darunter auch das Mietwagen-Gewerbe, das die Bekl ausübe. Seit ihrer Mitgliedschaft im Fachverband unterliege die Bekl jedenfalls diesem KollV. Von der Möglichkeit der Fachverbände, Berufsgruppenausschüsse zu errichten, wenn dies zur Vertretung der Interessen der betreffenden Berufszweige zweckmäßig sei, sei hier vom Fachverband entsprechend dem § 49 iVm § 46 WKG nicht Gebrauch gemacht worden. Vielmehr sei hier der Fachverband umfassend für alle Unternehmungen der Personenbeförderung mit KFZ tätig. Ein Berufszweig für Krankentransporte scheine in der FOO nicht auf. Im Ergebnis sei hier nach § 2 Abs 13 GewO eine Kollektivvertragsangehörigkeit zum KollV für das Personenbeförderungsgewerbe mit PKW gegeben gewesen. Daher komme entsprechend § 19 Abs 2 ArbVG eine Anwendung des gesatzten KollV nicht in Betracht.

Die ordentliche Revision erachtete das Berufungsgericht als zulässig, da eine Rsp des OGH dazu, ob auch ein nur entsprechend § 2 Abs 13 GewO anzuwendender KollV nach der Kollisionsregelung des § 19 Abs 2 ArbVG einen gesatzten KollV verdränge, nicht vorliege.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen dieses Urteil erhobene Revision des Kl ist ua aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig und im Ergebnis auch berechtigt.

I. Vorangestellt werden kann, dass weder der Umfang der Satzungserklärung des KollV des Österreichischen Roten Kreuzes als solcher noch die Zugehörigkeit der Bekl zum Fachverband für das Personenbeförderungsgewerbe mit Personenkraftwagen bzw die entsprechende Zuordnung nach § 2 Abs 13 der GewO strittig sind. Strittig ist vielmehr, inwieweit der gesatzte KollV für das Rote Kreuz durch die Zugehörigkeit bzw die Anwendung des KollV für das Personenbeförderungsgewerbe mit PKW nach § 19 Abs 2 ArbVG verdrängt wurde.

II. § 18 ArbVG über die Voraussetzungen für die Erklärung von Kollektivverträgen zu Satzungen hält in seinem Abs 3 Z 4 als eine der Voraussetzungen fest, dass „die von der Satzung zu erfassenden Arbeitsverhältnisse unbeschadet des Abs 4 nicht schon durch einen Kollektivvertrag erfasst sind“.

In Abs 4 wird dann bestimmt, dass Kollektivverträge, die sich auf die Regelungen einzelner Arbeitsbedingungen beschränken und deren Wirkungsbereich sich fachlich auf die überwiegende Anzahl der Wirtschaftszweige und räumlich auf das ganze Bundesgebiet erstreckt, der Erklärung eines KollV zur Satzung nicht entgegenstehen.

§ 19 Abs 2 ArbVG lautet dann wie folgt:„Kollektivverträge setzen für ihren Geltungsbereich eine bestehende Satzung außer Kraft. Dies gilt nicht für Kollektivverträge im Sinne des § 18 Abs 4.

§ 2 Abs 13 GewO 1994 ordnet Folgendes an:„Für in den Anwendungsbereich dieses Bundesgesetzes fallende Tätigkeiten, die ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung ausgeübt werden, gelten die die Ausübung dieser Tätigkeit regelnden Vorschriften dieses Bundesgesetzes oder von aufgrund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen sinngemäß. Normen der kollektiven Rechtsgestaltung, die für Arbeitsverhältnisse zu Arbeitgebern gelten, welche ihre Tätigkeit aufgrund von Gewerbeberechtigungen ausüben, haben auch für Arbeitsverhältnisse zu jenen Arbeitgebern Geltung, welche diese Tätigkeiten ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung ausüben.

§ 2 Abs 13 GewO gilt auch für Fälle, in denen neben einem angemeldeten Gewerbe unbefugt ein anderes Gewerbe ausgeübt wird (RIS-Justiz RS0108231), wobei dann die Ermittlung des konkret anzuwendenden KollV entsprechend § 9 ArbVG erfolgt (RIS-Justiz RS0108232 mwN). § 8 ArbVG wurde auch bereits für die Abgrenzung zwischen KollV und Mindestlohntarif herangezogen (RIS-Justiz RS0126333).

III.1. Der wesentliche Ansatzpunkt für die Satzung wurde in der Funktionsfähigkeit der kollektiven Rechtsgestaltung gesehen (OGH9 ObA 114/06i; OGH9 ObA 70/11a; Schrammel, Probleme der Satzung von Kollektivverträgen, ZAS 1998, 135 ff). Daher gehen Satzungen als „Surrogate zum KollV“, einem kraft Mitgliedschaft anzuwendenden KollV, nach. Entscheidend ist daher, ob es einen „vorrangigen KollV“, der auf dieses Arbeitsverhältnis anzuwenden wäre, gibt (OGH9 ObA 70/11a). Es kommt hier also – anders als grundsätzlich beim Mindestlohntarif – nicht auf die bloße Möglichkeit des Abschlusses eines KollV durch kollektivvertragsfähige Verbände an (vgl dazu RIS-Justiz RS0111618 [T1, T2]), sondern ob ein KollV tatsächlich zur Anwendung gelangt.

III.2. Die wesentliche Frage liegt also schon vorweg darin, ob die Bekl dann, wenn sie ihr Gewerbe angemeldet hätte, für ihre in den Anwendungsbereich der GewO 1994 fallende Tätigkeit mit dem Arbeitsverhältnis des Kl in den Geltungsbereich des KollV für das Personenbeförderungsgewerbe mit PKW gefallen wäre.528

III.3. Zufolge § 8 Z 1 ArbVG sind, sofern der KollV nichts anderes bestimmt, innerhalb seines räumlichen, fachlichen und persönlichen Geltungsbereichs die AG und die AN, die zur Zeit des Abschlusses des KollV Mitglied der im KollV beteiligten Parteien waren oder später werden, kollektivvertragsangehörig. Wesentlich ist damit für den Ausschluss der Anwendung der Satzung zufolge § 19 Abs 2 ArbVG nicht nur, dass der betreffende AG Mitglied der Kollektivvertragspartei war, sondern dass er auch in den räumlichen, fachlichen und persönlichen Geltungsbereich des KollV fällt und die Kollektivvertragsparteien die Anwendung des KollV auch nicht sonst ausgeschlossen haben (vgl auch Schrammel, Probleme der Satzung von Kollektivverträgen, ZAS 1998, 135 ff [140]; Runggaldier/Potzin

Tomandl
[Hrsg], ArbVG § 18, Rz 15).

Entscheidend ist also auch der im KollV festgelegte räumliche, fachliche und persönliche Geltungsbereich.

III.4. Der hier maßgebliche KollV für das Personenbeförderungsgewerbe mit PKW (Taxi) definiert nun seinen fachlichen Geltungsbereich wie folgt:

„Für alle Betriebe, welche gewerbsmäßig mittels PKW:a) das Taxigewerbe ausüben und Mitglied des Fachverbands für Beförderungsgewerbe mit PKW sind;b) das Mietwagengewerbe ausüben und Mitglied des Fachverbands für die Beförderungsgewerbe mit PKW sind.“

Entscheidend ist damit, ob hier ein Taxigewerbe oder ein Mietwagengewerbe vorliegt.

III.4.1. Der wesentliche Inhalt der Tätigkeit der Bekl liegt nun im Rettungsdienst- und Krankentransport mit Fahrzeugen, die für Notwagentransporte, Krankentransporte sowie als Rettungswagen entsprechend der Euronorm EN 1789 ausgestattet sind.

Zutreffend verweisen nun die Bekl und die Vorinstanzen darauf, dass die FOO entsprechend § 15 WKG 1998 eine dahingehende Gliederung des Fachverbands für das Beförderungsgewerbe mit PKW in der Sparte Transport und Verkehr nicht vorsieht. Auch ist zutreffend, dass § 49 WKG die Möglichkeit bietet, eigene Berufsgruppen im Fachverband einzurichten und eine Berufsgruppe für „Krankentransporte“ derzeit offensichtlich nicht eingerichtet wurde. All dies schränkt aber die Kollektivvertragsparteien in ihrer Gestaltungsmöglichkeit bei einer sachlich vertretbaren Abgrenzung ua des fachlichen Wirkungsbereichs nicht ein. Es müssen also nicht immer alle Mitglieder des jeweiligen Fachverbands erfasst sein, sondern kann der Anwendungsbereich des jeweiligen KollV auch nach anderen fachlichen Kriterien begrenzt werden.

III.4.2. Die Frage bleibt also, ob auch die Durchführung von Rettungs- und Krankentransporten mit besonders ausgestatteten Rettungswagen als Taxigewerbe bzw Mietwagengewerbe verstanden werden kann.

III.4.2.1. Die Erfassung von Rettungs- und Krankentransporten im Begriff des Taxigewerbes scheidet schon nach der Definition des § 3 Abs 1 Z 3 Gelegenheitsverkehrs-Gesetz 1996 aus, da die PKW ja nicht zu jedermanns Gebrauch bereit gehalten werden, sondern die Krankentransporte auch nach dem Vorbringen der Bekl im Rahmen einer Vereinbarung eines Verrechnungsvertrags mit der SV erfolgten.

III.4.2.2. Gegen die Erfassung im Begriff des Mietwagengewerbes entspricht nun der Umstand, dass es nicht nur um die Beistellung eines Lenkers und eines KFZ geht, sondern um Krankentransporte, bei denen immer auch ein Rettungssanitäter eingesetzt wird. Auch der Kl war ja als Rettungssanitäter ausgebildet und tätig. Zufolge § 3 Abs 1 des BG über Ausbildung, Tätigkeit und Beruf der Sanitäter (Sanitätergesetz – SanG) findet die GewO auf die Ausübung des Sanitäterberufs keine Anwendung (ähnlich § 3 des Gesundheits- und Krankenpflegegesetzes). Die Tätigkeit des Rettungssanitäters umfasst zufolge § 9 SanG ua die Übernahme sowie die Übergabe der Patienten oder der betreuten Personen iZm einem Transport. Ferner gehören dazu lebensrettende Sofortmaßnahmen wie etwa die Beurteilung, Wiederherstellung und Aufrechterhaltung der lebenswichtigen Körperfunktionen, Defibrillationen oder die Herstellung der Transportfähigkeit sowie die sanitätsdienstliche Durchführung des Transports, solange und soweit ein zur selbstständigen Berufsausübung berechtigter Arzt nicht zur Verfügung steht. Die Berufs- und Tätigkeitsberechtigung ist in §§ 14 ff SanG geregelt. Diese spezifische, auf gesundheitliche Rettungsmaßnahmen abgestellte Ausrichtung gibt der erbrachten Leistung die wesentliche Prägung. Dies spricht aber dafür, dass Rettungs- und Krankentransporte nicht im Begriff des Mietwagengewerbes iSd KollV für das Personenbeförderungsgewerbe mit PKW (Taxi) erfasst sind. Dieses differenzierende Verständnis ergibt sich auch aus der von der Wirtschaftskammer gewählten Bezeichnung für die „Berufszweige“, die ebenfalls die „Krankentransporte“ herausnimmt.

III.5. Es ergibt sich damit schon aus der eigenen Definition des fachlichen Anwendungsbereichs dieses KollV, dass diese Tätigkeit nicht vom Geltungsbereich des KollV erfasst ist.

Schon deshalb bleibt es bei der Anwendung des gesatzten KollV des Österreichischen Roten Kreuzes 2010, BGBl II 2011/188BGBl II 2011/188. Die Satzung bezieht sich ja ausdrücklich auf Rettungs- und Krankentransporte. [...]

Anmerkung
1
Einleitung

Die Rsp hatte sich in letzter Zeit häufiger mit der Anwendbarkeit von zur Satzung erklärten Kollektivverträgen im Sozialbereich auseinanderzusetzen, kam es doch gerade in diesem Bereich insb iZm der Satzung des BAGS-KollV immer wieder zu vom OGH (zuletzt 29.3.2012, 9 ObA 70/11a mwN) zu entscheidenden Streitigkeiten. Doch auch die Zulässigkeit der Erklärung des KollV des Roten Kreuzes zur Satzung war bereits Gegenstand der Rsp des VwGH (2009/08/0064RdW 2010/311, 295) und wurde im Ergebnis abweichend von der E des Bundeseinigungsamtes (BEA) dahingehend gelöst, dass der Satzung des KollV aufgrund von § 18 Abs 6 ArbVG keine Bedenken entgegen zu bringen seien, da formell das Rote Kreuz die Kollektiv529vertragsfähigkeit nach § 4 Abs 2 ArbVG als freiwillige Berufsvereinigung und nicht als Verein nach § 4 Abs 3 ArbVG zuerkannt bekommen hatte. Nach Auffassung des VwGH dürfe das BEA nicht untersuchen, ob die antragstellende kollektivvertragsfähige Körperschaft in jeder Hinsicht auch eine auf freiwilliger Mitgliedschaft beruhende Berufsvereinigung ist. Der OGH sah aufgrund dessen und wohl auch aus kompetenzrechtlichen Erwägungen keine Veranlassung dazu, sich mit der Frage der Zulässigkeit der Satzung des KollV des Roten Kreuzes noch einmal auseinanderzusetzen. Da gerade im Sozialbereich die Tendenz zu erkennen ist, dass die Anwendbarkeit von Kollektivverträgen immer mehr durch Satzungserklärungen und somit durch hoheitliches Handeln als durch Verhandlungen zwischen Sozialpartnern erreicht werden soll, erlaube ich mir im Rahmen dieser Urteilsbesprechung auch auf die Frage einzugehen, ob und inwieweit die Satzungserklärung des KollV des Roten Kreuzes dem österreichischen System der kollektiven Rechtsgestaltung entspricht.

2
Ausgangssachverhalt

Der zu beurteilende Sachverhalt lässt sich zum besseren Verständnis auf wenige Grundaussagen reduzieren. Der AN war als Rettungssanitäter bei einem Unternehmen, das nahezu ausschließlich Krankentransporte durchführte (eine Regionalstelle des Grünen Kreuzes), beschäftigt. Zum Zeitpunkt seiner Beschäftigung verfügte sein AG aber über keine entsprechende Gewerbeberechtigung, der KollV für das Personenbeförderungsgewerbe kam nur aufgrund vertraglicher Verweisung zur Anwendung. Erst nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses trat der AG dem Fachverband für das Beförderungsgewerbe mit PKW bei, er wurde Gewerbeinhaber des Mietwagengewerbes (Beförderung mit PKW), eingeschränkt auf Krankentransporte. Ein Fachverband für Krankentransporte, die der AG in Wirklichkeit ausführt, gibt es innerhalb der Fachorganisation der Wirtschaftskammer aber nicht. Der vom Fachverband des Beförderungsgewerbes abgeschlossene KollV war im fachlichen Geltungsbereich auf Betriebe, welche gewerbsmäßig mittels PKW das Taxigewerbe oder das Mietwagengewerbe ausüben und Mitglied des Beförderungsgewerbes mit PKW sind, beschränkt. Der zur Satzung erklärte KollV des Roten Kreuzes kam gemäß der Satzungserklärung bis auf wenige, hier nicht einschlägige Ausnahmen auf AG-Seite fachlich auf Anbieter von Rettungsund Krankentransportdiensten und räumlich in ganz Österreich zur Anwendung. Der Kl begehrte nun die Differenzbeträge zwischen dem KollV für das Beförderungsgewerbe und dem zur Satzung erklärten KollV des Roten Kreuzes.

3
Rechtliche Würdigung

Die entscheidungserheblichen Normen sind §§ 18 Abs 3 Z 4 und 19 Abs 2 ArbVG, wonach ein KollV nicht für Arbeitsverhältnisse zu Satzung erklärt werden kann, die bereits von einem KollV erfasst sind; dementsprechend setzen bestehende Kollektivverträge eine Satzung außer Kraft. In diesen Vorschriften kommt der Grundsatz der Mitgliedschaftsnähe zum Ausdruck, nach dem die Kollektivvertragsangehörigkeit kraft Mitgliedschaft zur Kollektivvertragspartei den Kollektivvertragssurrogaten wie der Satzung oder dem Mindestlohntarif vorgehen soll (zum Grundsatz der Mitgliedschaftsnähe siehe ausführlich Marhold/Friedrich, Kollektivvertragswechsel durch Wechsel der Mitgliedschaft zu freiwilligen Berufsvereinigung – Teil I, RdW 2005, 309 mwN). Schließlich basiert die Idee des KollV zum einen darauf, dass die Kollektivvertragsparteien aufgrund ihrer Nähe zur Arbeitswelt oftmals für geeigneter als die Gesetzgebung oder Verwaltungsbehörden angesehen werden, die Arbeitsbedingungen zu regeln. Zum anderen zieht der KollV gerade aus dem Erfordernis der Mitgliedschaft zur Kollektivvertragspartei die demokratische Legitimation für die normative Wirkung.

Entscheidend war somit für den OGH die Frage, ob aufgrund der Anwendbarkeit eines anderen KollV, also des KollV des Beförderungsgewerbes, die Anwendbarkeit des zur Satzung erklärten KollV des Roten Kreuzes ausgeschlossen ist. Dabei betraf die vom OLG Graz dem OGH zur Entscheidung vorgelegte Problematik die Frage, ob auch ein aufgrund des § 2 Abs 13 GewO 1994 in Geltung stehender KollV einen gesatzten KollV verdrängt.

3.1
Kollektivvertragsangehörigkeit durch arbeitsvertragliche Verweisung auf Kollektivverträge?

Der OGH hat sich im vorliegenden Fall, auch wenn dieser dazu Anlass gegeben hätte, nicht mit der Frage auseinandergesetzt, ob die Anwendbarkeit eines KollV aufgrund einer Verweisung im Arbeitsvertrag die Anwendbarkeit eines zur Satzung erklärten KollV ausschließt. Der Sache nach hat dies jedoch zu keinem falschen Ergebnis geführt. Die arbeitsvertragliche Verweisung auf einen KollV führt zwar dazu, dass der KollV Inhalt des Arbeitsvertrages wird. Dabei handelt es sich jedoch um keinen Fall der Kollektivvertragsangehörigkeit, aufgrund dessen die Anwendbarkeit eines zur Satzung erklärten KollV nach § 18 Abs 3 Z 4 ArbVG ausgeschlossen wäre. Jedes andere Ergebnis wäre mit der Zielsetzung der Satzung nicht zu vereinbaren, ließe sich doch sonst die Anwendung eines zur Satzung erklärten KollV durch die arbeitsvertragliche Verweisung auf jeden beliebigen KollV umgehen.

3.2
§ 2 Abs 13 GewO 1994 als Fall der Kollektivvertragsangehörigkeit

Für den OGH entscheidend war somit die Frage, ob der bekl AG der Gewerbeberechtigung des Beförderungsgewerbes bedurft hätte und daher nach § 2 Abs 13 Satz 2 GewO 1994 kollektivvertragsangehörig war. In diesem Zusammenhang stellte sich zum einen die abstrakte Frage, ob die Anwendbarkeit eines KollV nach § 2 Abs 13 Satz 2 GewO 1994 ein Fall der Kollektivvertragsangehörigkeit ist, die einen zur Satzung erklärten KollV unanwendbar macht, und zum anderen das Problem, ob der bekl AG bei Anmeldung des Beförderungsgewerbes überhaupt in den fachlichen Anwendungsbereich des KollV für das530 Personenbeförderungsgewerbe mit PKW fällt. Ob die Anwendbarkeit eines KollV nach § 2 Abs 13 Satz 2 GewO 1994 ein Fall der Kollektivvertragsangehörigkeit ist, spricht der OGH anders als das Erstgericht nicht explizit an. Hatte das LG Graz noch festgestellt, dass „die Kollektivvertragszugehörigkeit gemäß § 2 Abs 13 GewO ... jener nach § 8 Z 1 ArbVG gleichzuhalten“ sei, stellte der OGH unter Berufung auf seine bisherige Rsp zunächst lediglich fest, dass auf einen nach § 2 Abs 13 GewO 1994 anzuwendenden KollV die allgemeinen Kollisionsregelungen der §§ 9 und 10 ArbVG (wohl analog) anzuwenden sind. Ich halte diesen Zugang sowohl vom Gesetzeswortlaut als auch von der Gesetzessystematik für richtig. Die Kollektivvertragsangehörigkeit wird durch § 8 Z 1 ArbVG in erster Linie über die Mitgliedschaft zur Kollektivvertragspartei definiert. Wie bereits erwähnt liegt gerade in der Mitgliedschaft zur Kollektivvertragspartei die verfassungsrechtliche Rechtfertigung normativ wirkender Kollektivverträge.

Hingegen erklärt § 2 Abs 13 GewO 1994 lediglich, dass Normen der kollektiven Rechtsgestaltung, die auf AG aufgrund ihrer Mitgliedschaft zur jeweiligen Fachorganisation der Wirtschaftskammer zur Anwendung kommen, auch für AG, die ihre Tätigkeit ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung ausüben, gelten. Von der Kollektivvertragsangehörigkeit spricht der Gesetzestext nicht. Hinter dieser Regelung steht der eindeutige Zweck, dass jemand, der rechtswidriger Weise ein Gewerbe ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung ausübt, in Bezug auf die Arbeitsbedingungen keine Vorteile gegenüber AG haben darf, der ordnungsgemäß sein Gewerbe angemeldet hat und deshalb kollektivvertragsangehörig ist. Dies erfordert auch die Kartellfunktion des KollV, die verhindern soll, dass unter dem kollektivvertraglichen Mindestniveau der Arbeitsbedingungen ein „Wettbewerb um die AN“ möglich wäre. Jedes andere Ergebnis würde nämlich dem rechtswidrig ein Gewerbe ausübenden AG einen nicht zu rechtfertigen Wettbewerbsvorteil verschaffen. Gerade vor diesem Hintergrund ist es auch richtig, dass der OGH auf einen nach § 2 Abs 13 GewO 1994 geltenden KollV die allgemeinen Kollisionsregeln anwendet.

So erscheint es nur konsequent, dass der OGH (8 ObA 210/96

[C. Klein
] = Arb 11.503) iZm der Beurteilung der Kollektivvertragsangehörigkeit bei „falscher“ Gewerbeberechtigung (Gewerbeberechtigung für das Gewerbe oder die Industrie) die Aussage getroffen hat, dass die Kollektivvertragsangehörigkeit des AG „ausschließlich über die Organisationszugehörigkeit determiniert“ sei. Im Fall der Kollision eines nach § 2 Abs 13 GewO 1994 in Geltung stehenden KollV mit einem kollektivvertragsfreien Raum äußerte sich der OGH (9 ObA 188/00pDRdA 2001/32 [D. Weiß]) dahingehend, dass durch § 2 Abs 13 GewO 1994 die Geltung des KollV fingiert werde, „was von der Rspr [OGH9 ObA 131/97y) = ZAS 1998/10 (Andexlinger)] als besonderer Fall der Kollektivvertragsangehörigkeit gewertet“ werde.

Leider hat der OGH diese Gedanken zur Kollektivvertragsangehörigkeit nicht auch auf die vom Berufungsgericht gestellte Frage übertragen, ob nur ein kraft Mitgliedschaft oder auch ein nach § 2 Abs 13 GewO 1994 anzuwendender KollV eine Satzung verdrängt. Vielmehr umgeht der OGH diese Frage dadurch, dass er die Anwendbarkeit des KollV des Personenbeförderungsverfahrens selbst für den Fall verneinte, dass der Bekl über eine entsprechende Gewerbeberechtigung verfügt, da Rettungsdienst und Krankentransporte nicht unter den Begriff des Taxi- oder Mietwagengewerbes und somit nicht in den Geltungsbereich des KollV falle. ME muss aus dem Schutzzweck des § 2 Abs 13 GewO 1994 heraus auch ein nach dieser Norm geltender KollV und nicht nur ein kraft Mitgliedschaft gem § 8 ArbVG anzuwendender KollV einen zur Satzung erklärten KollV verdrängen. Wäre beispielsweise der zur Satzung erklärte KollV nämlich für den AG günstiger als der nach § 2 Abs 13 GewO zur Geltung kommende KollV, so würde der zur Satzung erklärte KollV dem rechtswidrig das Gewerbe ausübenden AG einen Wettbewerbsvorteil verschaffen, den leg cit gerade zu verhindern versucht. Auch steht diesem Ergebnis der Wortlaut der §§ 18 Abs 4 und 19 Abs 2 ArbVG nicht entgegen, sprechen diese Normen doch ganz allgemein nur davon, dass ein KollV für Arbeitsverhältnisse, die schon durch einen KollV erfasst sind, nicht zur Satzung erklärt werden können, bzw dass Kollektivverträge für ihren Geltungsbereich eine bestehende Satzung außer Kraft setzen. Dass hierunter auch nach § 2 Abs 13 GewO 1994 geltende Kollektivverträge fallen können, ist dem Wortlaut nach somit nicht ausgeschlossen. Jedenfalls verlangt der Schutzzweck des § 2 Abs 13 GewO 1994 aber, dass nach dieser Vorschrift in Geltung stehende Kollektivverträge zumindest in analoger Anwendung der §§ 18 Abs 4 und 19 Abs 2 ArbVG den gesatzten KollV verdrängen.

3.3
Zur Satzung des Kollektivvertrags des Roten Kreuzes

Das Rote Kreuz ist ein Verein, der als Mitglieder neun weitere Vereine, die Landesverbände, hat. Gem § 18 Abs 6 ArbVG können Kollektivverträge eines nach § 4 Abs 3 ArbVG kollektivvertragsfähigen Vereins nicht zur Satzung erklärt werden. Auf den ersten Blick erscheint somit die Erklärung des KollV des Roten Kreuzes zur Satzung rechtswidrig. Zu beachten ist jedoch, dass dem österreichischen Roten Kreuz die Kollektivvertragsfähigkeit nicht auf Grundlage des § 4 Abs 3 ArbVG, sondern nach § 4 Abs 2 ArbVG als freiwillige Berufsvereinigung der Landesverbände des Roten Kreuzes zuerkannt wurde. Jedoch sind auch sämtliche nach § 4 Abs 2 ArbVG kollektivvertragsfähigen Berufsvereinigungen – wie schon aus dem Begriff Berufsvereinigung hervorgeht – Vereine. Entscheidend ist somit die Frage, wann einem Verein die Kollektivvertragsfähigkeit nach § 4 Abs 3 ArbVG unmittelbar als Verein oder nach § 4 Abs 2 ArbVG als Verein organisierte freiwillige Berufsvereinigung zuzuerkennen ist und damit auch, wann ein KollV zur Satzung erklärt werden kann. Damit verbunden ist die Frage, ob in der Satzung des KollV des Roten Kreuzes nicht – wie es auch vom BEA gesehen wurde – eine Umgehung des Schutzzwecks des § 18 Abs 6 ArbVG liegt, da der Rote-Kreuz-KollV ein „Quasi-Vereins-KollV“ ist.531

Der Grundsatz, dass Vereinskollektivverträge iSd § 4 Abs 3 ArbVG nicht zur Satzung erklärt werden können, ist in erster Linie darauf zurückzuführen, dass diese die Voraussetzungen für die Erklärung eines KollV zur Satzung nach § 18 Abs 3 ArbVG, insb das Kriterium der überwiegenden Bedeutung, nicht erfüllen (Strasserin

Strasser/Jabornegg/Resch
, ArbVG § 18 Rn 19). Hier ließe sich jedoch noch argumentieren, dass im Bereich der Kranken- und Rettungstransporte dem Roten Kreuz in Österreich eine derartige Bedeutung zukommt. Jedoch muss man mE noch einen weiteren Gedanken berücksichtigen, der es rechtfertigt, dass Vereinskollektivverträge nicht zur Satzung erklärt werden können. Bei Firmenkollektivverträgen, zu denen der Vereins-KollV zählt (vgl nur Holzer/Friedrich, Die Auslegung von § 7 AVRAG aus europarechtlicher Sicht, ASoK 2002, 252; Weiß, Zulässigkeit und Satzungen, RdW 2003/507), verhandelt der einzelne AG die kollektivvertraglichen Arbeitsbedingungen nur für seine eigenen AN aus. Dementsprechend sind die Mindestarbeitsbedingungen des Firmen-KollV anders als bei Branchenkollektivverträgen nur an die Rahmenbedingungen eines einzelnen AG, der zugleich Kollektivvertragspartei ist, und nicht allgemein an die Branche angepasst. Daher sollen Firmenkollektivverträge allgemein nicht zur Satzung erklärt werden können; § 18 Abs 3 Z 3 ist entsprechend auf Firmenkollektivverträge anzuwenden (vgl zum unechten Firmen-KollV auch Schrammel, Probleme der Satzung von Kollektivverträgen, ZAS 1998, 135). Nur bei einem Branchen-KollV lässt sich mE auch die Gleichartigkeit der vom KollV erfassten Arbeitsverhältnisse iSd § 18 Abs 3 Z 3 ArbVG korrekt beurteilen, werden doch nur bei einem Branchen-KollV die Arbeitsbedingungen mehrerer vergleichbarer AG abstrakt beurteilt.

Die Satzung des KollV des Roten Kreuzes ist zudem auch insofern als rechtlich bedenklich anzusehen, als das Rote Kreuz durch das Rotkreuzgesetz (RKG) Rahmenbedingungen der staatlichen Finanzierung hat, die anderen Unternehmen im Bereich der Kranken- und Rettungstransporte in der Form nicht offen stehen. Der Frage der (staatlichen) Finanzierung von AN im Sozialbereich hat die Rsp (OGH 29.3.2012, 9 ObA 70/11a) auch iZm der Zulässigkeit der Satzung des BAGS-KollV (Berufsvereinigung von AG für Gesundheits- und Sozialberufe) für private Pflegeheime keine Bedeutung zukommen lassen, wenn sie das Argument, dass dem BAGS überwiegend non-profit-Organisationen angehören, während private Pflegeheime auf Gewinnerzielung abzielen, nicht als für die Frage der Vergleichbarkeit der Tätigkeiten iSd § 18 Abs 3 Z 4 ArbVG relevant angesehen hat. Auch dies scheint angesichts der vom OGH selbst hervorgehobenen Bedeutung der Wettbewerbsregulierung durch Satzungen bedenklich.

Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass das wirkliche Problem der Satzungserklärung des Roten-Kreuz-KollV darin liegt, dass formell dem Roten Kreuz die Kollektivvertragszugehörigkeit nach § 4 Abs 2 ArbVG als Berufsvereinigung der AG und nicht als Verein zuerkannt wurde. Sofern sich das BEA darauf berufen hat, dass der Rote-Kreuz-KollV ein „Quasi-Vereins-KollV“ sei, muss es sich die Frage gefallen lassen, ob es nicht selbst die Grundlagen hierfür gelegt hat.