Die Geltung des B-GlBG für Beschäftigte in ausgegliederten Rechtsträgern des Bundes

RUTHETTL WIEN

Da es in der Rechtsberatungspraxis regelmäßig zu Unklarheiten in Bezug auf die Anwendbarkeit des BG über die Gleichbehandlung im Bereich des Bundes (Bundes-Gleichbehandlungsgesetz [B-GlBG])* bei Ausgliederungen aus dem öffentlichen Bereich kommt, soll dieser Beitrag eine erste Orientierung bieten und die Beratung erleichtern. Materiell-rechtlich mag dies auf den ersten Blick als nicht von großer Bedeutung erscheinen, da der Diskriminierungsschutz im B-GlBG und dem Gleichbehandlungsgesetz für die Privatwirtschaft (Gleichbehandlungsgesetz [GlBG])* mittlerweile inhaltlich nahezu gleich stark ausgestaltet ist. Relevant ist die Frage der Anwendbarkeit in der Praxis jedoch im Hinblick auf die zuständigen Institutionen und auf Regelungen von positiven Maßnahmen wie etwa die sogenannte „Quote“ und verpflichtende Frauenförderungspläne.

1.
Geltungsbereiche des B-GlBG sowie des GlBG

In Österreich regeln auf Bundesebene vor allem zwei Gesetze Gleichbehandlungsfragen in der Arbeitswelt. Zum einen das B-GlBG grundsätzlich für den Bereich des Bundes und das GlBG für die Privatwirtschaft.

Das GlBG normiert seinen Anwendungsbereich in der Arbeitswelt in den §§ 1und 16 vor allem für privatrechtliche privatrechtliche Arbeitsverhältnisse. Ausgenommen sind ua* Arbeitsverhältnisse zum Bund. Das B-GlBG hingegen umfasst durch § 1 in seinem Geltungsbereich – „soweit im Folgenden nicht anderes bestimmt wird“ – Bedienstete, die in einem öffentlich-rechtlichen oder privatrechtlichen Dienstverhältnis zum Bund stehen.*

Welches der beiden Gesetze zur Anwendung gelangt, ist in der Praxis wichtig im Hinblick auf die Zuständigkeit der Institutionen, die bei Verstößen gegen die Gleichbehandlungsgebote angerufen werden können* – vor allem deswegen, damit von Diskriminierung Betroffene wissen, an wen sie sich wenden können, da in beiden Gesetzen normiert ist, dass ein Antrag an die jeweiligen Institutionen die Fristen zur gerichtlichen Rechtsdurchsetzung der Ansprüche aus dem Gleichbehandlungsrecht hemmt.*

2.
Ausgewählte Unterschiede zwischen GlBG und B-GlBG
2.1.
Institutionen

Hinsichtlich der mit Gleichbehandlungsfragen befassten Institutionen lassen sich einige Unterschiede ausmachen:

Im B-GlBG sind ua Gleichbehandlungsbeauftragte und Frauenbeauftragte zur Unterstützung von Personen, die sich als diskriminiert erachten, zuständig. Diese sind jeweils auf fünf Jahre bestellt, selbstständig und unabhängig.* Zudem sieht das B-GlBG vor, dass ihnen aus ihrer Tätigkeit keinerlei Nachteil erwachsen darf.

Im Bereich des GlBG ist die Gleichbehandlungsanwaltschaft (GAW) installiert, deren AnwältInnen zum einen unbefristet bestellt und zum anderen nicht nur selbstständig und unabhängig, sondern auch explizit weisungsfrei gestellt sind.*

2.2.
Instrumente im Bereich der Rechtsdurchsetzung

Im Bereich der Rechtsdurchsetzung sehen das GlBG und das GBK/GAW-G Klagsrechte für die GAW vor: die Klage auf Feststellung einer Diskriminierung, wenn einem Auftrag der Gleichbehandlungskommission (GBK) nicht entsprochen wird* sowie für den Fall, das sich die Auffassung der GAW nicht mit einer Entscheidung der GBK deckt.* Derartige Rechte sind dem B-GlBG jedoch fremd.

Das GlBG sieht die Möglichkeit einer Feststellungsklage, falls einem Auftrag der GBK nicht 73entsprochen wird, auch für die in der GBK vertretenen Interessenvertretungen vor.* Im B-GlBG fehlt eine entsprechende Ermächtigung.

2.3.
Positive Maßnahmen

Im Bereich der aktiven Gleichstellungsmaßnahmen hingegen ist das B-GlBG viel stärker ausgestaltet als das GlBG. Das B-GlBG beinhaltet die sogenannte Quotenregelung,* die im GlBG nicht geregelt ist. Nur das B-GlBG sieht verpflichtende Frauenförderpläne* vor – im Bereich der Privatwirtschaft gibt es lediglich die Möglichkeit des BR, auf den Abschluss einer BV hinzuwirken –, erzwingbar ist eine solche jedoch nicht.*

3.
Ausgliederung, Überleitung von Beschäftigten und verschiedene Arten von Beschäftigungsverhältnissen in ausgegliederten Rechtsträgern

Im Zuge der mittlerweile gängigen Vorgehensweise des Bundes bestimmte Aufgaben an Rechtsträger auszulagern,* stellt sich die Frage, welches der beiden Gesetze auf Beschäftigte (BeamtInnen, vormalig Vertragsbedienstete [VB] sowie AN) dieser Rechtsträger anzuwenden ist.

Der Gesetzgeber war sich der Problematik zwar bewusst, er ging aber bei Ausgliederungen hinsichtlich der Anwendbarkeit der Gleichbehandlungsgesetze sehr unterschiedlich vor.* Teils finden sich umfassende Verweisungen auf das B-GlBG, teils mit Ausnahmen und oft findet das B-GlBG auch keine Erwähnung in den Ausgliederungsgesetzen.

3.1.
Drei Gruppen von Beschäftigten – generelle Unterscheidung
3.1.1.
BeamtInnen

Die Rechtslage für in diesen ausgegliederten Rechtsträgern eingesetzten BeamtInnen ist klar: Diese werden in der Regel dem Rechtsträger zur Dienstleistung „zugewiesen“, der Bund bleibt jedoch der AG. Hier ist somit das B-GlBG anwendbar* und zwar unabhängig davon, ob dessen Anwendbarkeit in einem Ausgliederungsgesetz speziell normiert ist oder nicht.

3.1.2.
Vertragsbedienstete

In Bezug auf ehemals VB ist die Lage etwas komplexer.* Diese wurden auf Bundesebene in der Regel zu AN des ausgegliederten Rechtsträgers.* Im Falle einer ausdrücklich im Ausgliederungsgesetz geregelten Anwendbarkeit des B-GlBG gilt dieses. Problematischer erscheint die Rechtslage bei Fehlen einer ausdrücklichen Normierung des B-GlBG. Bei der Überleitung von VB auf die ausgegliederten Rechtsträger behalf sich der Gesetzgeber mit sogenannten und unterschiedlich ausgestalteten „Rechtswahrungsklauseln“, die vorsehen, dass ein Teil der bzw alle bis zur Ausgliederung bestehenden Rechte erhalten bleiben.* Es drängt sich die Frage auf, ob dies auch für Rechte gilt, die dem B-GlBG entspringen.

3.1.3.
ArbeitnehmerInnen

Grundsätzlich gilt für sie das GlBG. Falls in einem Ausgliederungsgesetz speziell die Anwendbarkeit des B-GlBG auch für AN normiert ist, geht dieses vor.

3.2.
Sonderfall: Ausgliederungen vor 1993

Für Ausgliederungen vor Inkrafttreten des ersten B-GlBG (BGBl 1993/100) kommt auf vormalige Verordnungen das GlBG zur Anwendung:

4.
Problem: Fehlende Regelung der Geltung des B-GlBG in Ausgliederungsgesetzen

Bei jenen Rechtskonstellationen, bei denen das B-GlBG im Zeitpunkt der Ausgliederung bereits in Geltung stand, stellen sich mE noch diverse, je nach Ausgestaltung der Ausgliederungsklauseln, bis dato ungeklärte Rechtsfragen.

4.1.
VBG als Vertragsschablone

Vor allem in älteren Ausgliederungsgesetzen wurde hinsichtlich der Überleitung der VB angeordnet, dass die Rechte und Pflichten der VB zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Ausgliederung gewahrt bleiben74 („schlichte Rechtswahrungsklauseln“).*, * Dies führt laut OGH dazu, dass das VBG lediglich als Vertragsschablone gilt und den zwingenden Bestimmungen des Arbeitsrechts nur vorgeht, wenn es günstiger ist.*

Bezugnehmend auf das B-GlBG stellt sich somit die Frage, ob dieses auch „Rechte und Pflichten“ normiert, die den VB gewahrt bleiben sollten. Falls dies bejaht wird, könnte im Falle der Konstruktion als Vertragsschablone von einer Anwendbarkeit des GlBG ausgegangen werden, wobei günstigere Bestimmungen des B-GlBG jedoch vorgehen. Was dies im Hinblick auf den vom OGH in der Judikatur zu Ausgliederungsgesetzen präferierten Einzelvergleich beim Günstigkeitsvergleich* (hier zwischen B-GlBG und GlBG) bedeuten würde, ist schwer vorherzusagen.

4.2.
Weitergeltung des VBG

In neueren Ausgliederungsgesetzen wird häufig bestimmt, dass „die Bestimmungen des Dienst- und Besoldungsrechts insbesondere des VBG 1948* – teils auch in der jeweils geltenden Fassung* – weitergelten und somit der Ausschluss des allgemeinen Arbeitsrechts normiert („qualifizierte Rechtswahrungsklauseln“).*, * Im Urteil 8 ObA 190/02b vom 24.4.2003 zählte der OGH beispielsweise das Arbeitszeitrecht aber nicht zum Dienst- und Besoldungsrecht ieS und ging im gegenständlichen Fall von einer Geltung des Arbeitszeitgesetzes (AZG) für die vormalig VB aus.

Fraglich ist hier, ob das B-GlBG Teil des „Dienstund Besoldungsrechts“ ist. In Regelungen, die die Weitergeltung des Dienst- und Besoldungsrechts vorsehen, könnte man meinen, dass dies auch für das B-GlBG gilt. Dafür spräche, dass das B-GlBG auch Verhaltensanordnungen trifft, indem es etwa in § 9 Diskriminierung als Dienstpflichtverletzung definiert und bestimmt, dass eine solche nach dienst- und disziplinarrechtlichen Verfahren zu verfolgen ist.

Unklar ist ebenso, ob etwa die im B-GlBG normierten positiven Maßnahmen der §§ 11 bis 11d als Rechte eines/einer Einzelnen angesehen werden können, die ihm/ihr gewahrt bleiben sollen.*

Zusammenfassend bleibt diesbezüglich für die Praxis die Rechtsunsicherheit bestehen.

5.
Explizite Verweisungen auf das B-GlBG in Ausgliederungsgesetzen*, *, *

Einfacher gestaltet sich die Klärung der Anwendbarkeit in Fällen der ausdrücklichen Normierung des B-GlBG in Ausgliederungsgesetzen.

5.1.
In folgenden Ausgliederungsgesetzen* wird die Anwendbarkeit des B-GlBG in der jeweils geltenden Fassung ausdrücklich und uneingeschränkt normiert:
5.2.
In folgenden Regelungen* wurde prinzipiell die Anwendbarkeit der B-GlBG normiert – jedoch mit Ausnahmen:
  • § 25 Wasserstraßengesetz, BGBl I 2004/177BGBl I 2004/177 (ausgenommen sind: Arbeitsgruppen für Gleichbehandlungsfragen, Interministerielle Arbeitsgruppe für Gleichbehandlungsfragen)

  • § 28 Abs 2 Bundesimmobiliengesetz, BGBl I 2000/141 (ausgenommen sind: Arbeitsgruppen 75für Gleichbehandlungsfragen, Interministerielle Arbeitsgruppe für Gleichbehandlungsfragen)

  • § 20 Bundesmuseen-Gesetz 2002, BGBl I 2002/14 (ausgenommen sind: Arbeitsgruppen für Gleichbehandlungsfragen, Interministerielle Arbeitsgruppe für Gleichbehandlungsfragen, Sonderbestimmungen für LandeslehrerInnen)

  • § 18 Entwicklungszusammenarbeitsgesetz (EZA-G), BGBl I 2002/49 (ausgenommen sind: Arbeitsgruppen für Gleichbehandlungsfragen, Interminis terielle Arbeitsgruppe für Gleichbehandlungsfragen, Sonderbestimmungen für LandeslehrerInnen)

  • § 14 BG über die Errichtung der Gesellschaft „Familie & Beruf Management GmbH“ BGBl I 2006/3BGBl I 2006/3 (ausgenommen sind: Arbeitsgruppen für Gleichbehandlungsfragen, Interministerielle Arbeitsgruppe für Gleichbehandlungsfragen, Sonderbestimmungen für LandeslehrerInnen)

  • § 16 BB-GmbH-G, BGBl I 2001/39 (ausgenommen sind: Arbeitsgruppen für Gleichbehandlungsfragen, Interministerielle Arbeitsgruppe für Gleichbehandlungsfragen, Kontaktfrauen, Sonderbestimmungen für LandeslehrerInnen, Frauenförderungspläne)

  • § 23 IEF-Service-GmbH-G, BGBl I 2001/88 (ausgenommen sind: Arbeitsgruppen für Gleichbehandlungsfragen, Interministerielle Arbeitsgruppe für Gleichbehandlungsfragen, Sonderbestimmungen für LandeslehrerInnen)

  • § 23 Justizbetreuungsagentur-Gesetz (JBA-G), BGBl I 2008/101BGBl I 2008/101 (ausgenommen sind: Arbeitsgruppen für Gleichbehandlungsfragen, Interministerielle Arbeitsgruppe für Gleichbehandlungsfragen, Frauenförderungspläne, Bericht an die Bundesministerin oder den Bundesminister für Frauen, Medien und öffentlichen Dienst sowie Bericht an den Nationalrat)

  • § 10 SIVBEG-Errichtungsgesetz (SIVBEG-EG), BGBl I 2005/92BGBl I 2005/92 (ausgenommen sind: Arbeitsgruppen für Gleichbehandlungsfragen, Interministerielle Arbeitsgruppe für Gleichbehandlungsfragen, Kontaktfrauen, Frauenförderungspläne)

  • § 44 Universitätsgesetz 2002 (UG), BGBl I 2002/120 (ausgenommen sind: Arbeitsgruppen für Gleichbehandlungsfragen, Interministerielle Arbeitsgruppe für Gleichbehandlungsfragen).

6.

Das Poststrukturgesetz BGBl 1996/201 enthält keine Regelung zur Anwendbarkeit des B-GlBG, sondern bestimmt in § 8 Abs 1 lediglich allgemein zur Überleitung von VB, dass diesen „die am Tag vor dem Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes bestehenden Rechte gewahrt“ bleiben.

Hinsichtlich aller sich in einem privatrechtlichen Dienstverhältnis befindlichen Personen normiert ein Gesetz, von dem man nicht annehmen würde, dass es eine solche Regelung beinhaltet, nämlich § 76a Post- Betriebsverfassungsgesetz, BGBl 1996/326, dass auch für diese der 3. Teil (Mit der Gleichbehandlung und Frauenförderung befaßte Personen und Institutionen) und der 4. Teil (Besondere Fördermaßnahmen für Frauen) des B-GlBG, BGBl 1993/100 gelten. Der Ausschussbericht stellt klar, dass dies sowohl alle neu eintretenden AN als auch die übernommenen VB betrifft.*

Ungeklärt ist jedoch auch nach Befassung durch den OGH,* ob trotz der ausdrücklichen Normierung der Zuständigkeit der Institutionen des B-GlBG (bspw der Bundesgleichbehandlungskommission) in § 76a Post-Betriebsverfassungsgesetz, AN sich nicht auch an die Gleichbehandlungsanwaltschaft* und die Gleichbehandlungskommission wenden könnten.*

7.
Fazit

Um all den vorangegangen beschriebenen Rechtsunsicherheiten entgegenwirken zu können, empfiehlt sich einerseits die Vereinheitlichung des Gleichbehandlungsrechts – mit transparent geregelten Zuständigkeiten und andererseits der umfassenden Normierung von positiven Maßnahmen (bspw verpflichtende Frauenförderpläne und Quoten) auch für die Privatwirtschaft.

Das Spannungsverhältnis, das Ausgliederungen durch grundlegend unterschiedliche Regelungswerke (BeamtInnen-Dienstrecht, VBG, allgemeines Arbeitsrecht) zwischen den dort Beschäftigten erzeugen, wird sich dadurch jedoch auch im Hinblick auf das Gleichbehandlungsrecht nicht umfassend auflösen lassen.76