Urnik/Pfeil (Hrsg)Betriebliche Altersvorsorge in der Krise

Manz Verlag, Wien 2013, X, 136 Seiten, broschiert, € 28,80

MICHAELREINER (WIEN)

Der Sammelband gibt die Beiträge einer Tagung an der Universität Salzburg wieder, die im März 2012 vom Schwerpunktbereich Recht, Wirtschaft und Arbeitswelt veranstaltet wurde. Das Thema Betriebspensionen war gut gewählt: Seit 2009 liefen schwierige Verhandlungen zu einer PKG- und BPG-Novelle, die Veranlagungsergebnisse der Pensionskassen waren – gelinde gesagt – volatil (zB: 2008: -12,93 %; 2009: +9,00 %) und die betriebliche Altersvorsorge erlebte eine mediale Renaissance.

Der Band enthält folgende Beiträge:

Thomas Url zu volkswirtschaftlichen Aspekten, Josef Wöss zum Verhältnis von erster und zweiter Pensionssäule, Elias Felten zu Gestaltungsmöglichkeiten in Krisenzeiten, Susanne Mayer zu Gleichbehandlungsfragen, Gudrun Fritz-Schmied zu Bilanzierung von Betriebspensionszusagen, Sabine Urnik zu den steuerlichen Rahmenbedingungen und Claudia Wöhle zur Bedeutung des Kapitalmarktes. Welche der vielen von den AutorInnen heraufgeführten Aspekte sind in dieser kurzen Besprechung zu erwähnen?

Url erinnert daran, dass zur betrieblichen Altersvorsorge in Österreich kaum systematisch Daten erhoben werden (außer von ihm selbst). Bedenkt man, dass der Staat die betriebliche Altersvorsorge durch Steuererleichterungen in beträchtlichem Ausmaß subventioniert (dazu Url, Durchführungswege und Kosten für die öffentliche Hand [2011]), würde man eigentlich mehr staatliche Aufmerksamkeit hinsichtlich der tatsächlichen Ausprägungen und Folgen betrieblicher Altersvorsorge erwarten. Wöss wirft in seinem Beitrag einige zentrale Fragen zum Verhältnis von erster und zweiter Säule auf: Welche Säule ist kostengünstiger? Welche Säule ist sicherer? Und, so sollte mE ergänzt werden: Welche Säule wirft mehr Ertrag ab? Wöss geht infolge jedoch eher auf andere Aspekte ein. Tatsächlich gibt es zu diesen Fragen in Österreich – soweit zu sehen – keine Untersuchung (so aber für andere Länder etwa Davies, Pension Funds: Retirement Income Security and Capital Markets [1995] 27 ff). Beachtenswert ist in diesem Zusammenhang die Andeutung von Felten, wonach eine Änderung eines Schemas der zweiten Säule ähnlichen Schranken unterliege wie in der ersten Säule. Ansonsten ist Felten aber durchaus kritisch hinsichtlich der Leistungsfähigkeit der betrieblichen Altersvorsorge. Wie viele andere AutorInnen (so auch aus jüngerer Zeit Risak, Rechtsgrundlagen der Betriebspension und deren Änderung, in

Drs
[Hrsg], Betriebspensionsrecht [2008] 13 f) spricht sich Felten mit beachtlichen Argumenten für die Erfassung der Leistungsberechtigten durch die Betriebliche Altersvorsorge-BV aus. Dies sollte mE jedenfalls bei den mittelbaren Zusagen über einen externen Versorgungsträger gelten, weil hier hinsichtlich Leistungsberechtigten ohnehin weder ein Widerruf noch eine Einschränkung der Leistung möglich ist (§ 6 BPG). Dort ist die Nichterfassung der Leistungsberechtigten durch die BV äußerst unglücklich und im Ergebnis wohl zum Nachteil aller Beteiligten. S. Mayer arbeitet zum allgemeinen arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz die interessante Judikaturentwicklung heraus, wonach der OGH sich 90auf dem Weg zu einem allgemeinen Sachlichkeitsgebot befindet. Die Autorin begrüßt diese Entwicklung. Soweit Sozialleistungen stark an eine (frühere) Erwerbstätigkeit anknüpfen und Wohlfahrt damit wesentlich durch Teilnahme und Erfolg am Arbeitsmarkt vermittelt wird, halte ich diese Tendenzen grundsätzlich für unterstützenswert. Dogmatisch ist aber zu fragen, wie eine solche Entwicklung mit den bestehenden speziellen Gleichbehandlungsvorschriften zusammenpasst.

Damit sind einige für mich besonders interessante Aspekte des Sammelbandes angesprochen. Die AutorInnen und HerausgeberInnen haben sehr verdienstvoll ein wichtiges Thema aufgegriffen und durch verschiedene Perspektiven zum besseren Verständnis der betrieblichen Altersvorsorge beigetragen. Die exzellenten Beiträge sind erfrischend kritisch, was zu weiterer Diskussion einlädt. Soweit man sich für die Zukunft noch etwas wünschen darf, dann dieses: Zusätzlich einen Blick und Fokus auf die inneren Mechanismen von Vorsorgeinstitute (so etwa für UK Deakin, Inside pension scheme governance, in

Thornton/Fleming
[Hrsg], Good Governance for Pension Schemes [2011] 289 ff).