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Krankheit unterbricht nicht Zeitausgleich

CHRISTOPHKLEIN (WIEN)
  1. Erkrankungen in der Zeitausgleichsphase bei geblockter Altersteilzeit sind ohne rechtliche Relevanz, weil AN in diesem Zeitraum zwar faktisch krank, nicht aber arbeitsunfähig im Rechtssinne sein können, weil keine Arbeitspflicht mehr besteht. Die für den Fall der geblockten Altersteilzeit dargelegten Grundsätze sind auch für den Fall vereinbarten Zeitausgleichs für Überstunden tragfähig.

  2. Die Vereinbarung von Zeitausgleich hat zwar auch Entgeltcharakter, führt aber letztlich nur zu einer anderen Verteilung der Arbeitszeit. Erkrankt der AN in einem Zeitpunkt, in dem er nicht zur Arbeitsleistung verpflichtet oder bereits durch andere Umstände als durch Krankheit an der Arbeitsleistung verhindert ist, so besteht kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung. Nicht die Erkrankung des AN bewirkt den Entfall der Arbeitsleistung, sondern die mangelnde Verpflichtung zur Arbeitsleistung infolge Vorleistung von Arbeit durch den AN.

  3. Eine Verletzung der zwingenden Bestimmung des § 10 Abs 1 AZG liegt nicht vor, wenn dem AN für seine vorgeleistete Arbeitszeit tatsächlich Zeitausgleich im gesetzlich vorgesehenen Ausmaß gewährt wurde. Hatte der AN bereits aus diesem Grund für den Zeitausgleichszeitraum keine Arbeitspflicht, dann ist ein weiterer Grund (Krankheit), der es ihm erlaubt hätte, von der Arbeit fern zu bleiben, nicht mehr von Bedeutung.

Der Kl war bei der Bekl vom 19.4.2011 bis 31.12.2011 als angestellter Konstrukteur tätig. Auf das Dienstverhältnis war der KollV für Angestellte im Metallgewerbe (kurz: KollV) anzuwenden. Der Bruttomonatslohn des Kl betrug 2.861,60 €. Das Dienstverhältnis endete durch einvernehmliche Auflösung. Am 14.12.2011 vereinbarten die Streitteile, dass der Kl am 20.12.2011 Urlaub haben und im Zeitraum vom 21.12.2011 bis 31.12.2011 sein Überstundenguthaben durch Zeitausgleich abbauen sollte.

Vom 20.12.2011 bis 23.12.2011 war der Kl krank gemeldet. Seine Normalarbeitszeit hätte am 21. und 22.12.2011 je 8,5 Stunden und am 23.12.2011 4,5 Stunden, insgesamt daher 21,5 Stunden betragen.

Der Kl begehrt von der Bekl den der Höhe nach unstrittigen Betrag von 430,14 € brutto an ausständigem Überstundenentgelt. Durch seine Erkrankung während des Zeitausgleichs sei das Überstundenguthaben nicht verbraucht worden. Ihm stünde daher ein Entgelt für 14,33 Überstunden (21,5 Normalarbeitsstunden) zu.

Die Bekl bestritt, beantragte Klagsabweisung und wandte ein, dass eine Erkrankung den Zeitausgleich nicht unterbreche.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Bereits in der E 9 ObA 182/05p habe der OGH für den Fall einer Erkrankung während einer aufgrund einer Vereinbarung über eine geblockte Altersteilzeit zustehende „Freizeitphase“ ausgeführt, dass eine solche Erkrankung keine Relevanz für das Arbeitsverhältnis habe und daher keine nachträgliche Aufhebung oder Abänderung der Zeitausgleichsvereinbarung bewirken könne. Sowohl bei der Vereinbarung über die geblockte Altersteilzeit als auch bei einer „herkömmlichen“ Zeitausgleichsvereinbarung handle es sich lediglich um eine Verlagerung der Arbeitspflicht.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Kl Folge und gab dem Klagebegehren statt. Bei Erkrankung des AN während des für den Verbrauch von Zeitausgleich vereinbarten Zeitraums werde das Guthaben an Überstunden nicht verbraucht. Es widerspräche sowohl dem einseitig zwingenden Charakter des § 10 AZG (und hier § 4a KollV) als auch des § 8 AngG bzw § 2 EFZG, vom Verbrauch von Gutstunden während der Erkrankung auszugehen.

In ihrer dagegen gerichteten Revision beantragt die Bekl die Abänderung des Berufungsurteils iS einer Klagsabweisung [...]. [...]

Die Revision ist zulässig und berechtigt. [...]

Dazu ist Folgendes auszuführen:

Für Überstunden gebührt

  1. ein Zuschlag von 50 % oder

  2. eine Abgeltung durch Zeitausgleich. Der Überstundenzuschlag ist bei der Bemessung des Zeitausgleichs zu berücksichtigen oder gesondert auszuzahlen (§ 10 Abs 1 AZG).

Der KollV kann festlegen, ob mangels einer abweichenden Vereinbarung eine Abgeltung in Geld oder durch Zeitausgleich zu erfolgen hat. Trifft der KollV keine Regelung oder kommt kein KollV zur Anwendung, kann die BV diese Regelung treffen. Besteht keine Regelung, gebührt mangels einer abweichenden Vereinbarung eine Abgeltung in Geld (§ 10 Abs 2 AZG).

Den Ansprüchen, die § 10 AZG verschafft, kommt unstrittig relativ zwingende Wirkung zu (9 ObA 13/04h; 8 ObA 56/11k; Schrank, AZG2 § 10 Rz 5; Pfeil in Zell-Komm2 § 10 AZG Rz 2 mwN).

Ein vereinbarter Zeitausgleich darf nach den zwingenden Vorschriften des § 3 ArbVG nicht zu einer Verschlechterung der Position des AN gegenüber KollV und Gesetz führen (RIS-Justiz RS0050986).

Zeitausgleich für Leistung von Überstunden oder Feiertagsarbeit bedarf grundsätzlich einer Vereinbarung zwischen AG und AN (RIS-Justiz RS0052428). Auch im Rahmen einer grundsätzlichen Vereinbarung kann der Zeitpunkt der Inanspruchnahme des Zeitausgleichs nicht einseitig vom AG oder AN bestimmt werden (RIS-Justiz RS0051792). Unter den Voraussetzungen des § 19f Abs 2 und 3 AZG kann der AN den Zeitausgleich einseitig in Anspruch nehmen.

Die mit BGBl I 1997/46 novellierte Bestimmung des § 10 AZG macht deutlich, dass die Rechtsnatur des Anspruchs zunächst in einem Entgeltanspruch für geleistete Überstunden besteht, der sodann im Wege einer Hingabe an Zahlungsstatt (§ 1414 ABGB) durch Zeitausgleich abgegolten werden soll (RIS-Justiz 53RS0051632 [T4]). Zeitausgleich stellt nicht bloß das Synonym für eine „entgeltsneutrale Ruhezeit“ dar, sondern ist vielmehr eine bezahlte Freistellung von der Arbeitspflicht (9 ObA 77/98h). Die Vereinbarung, dass Zeitguthaben erwirtschaftet werden können und durch Zeitausgleich abzubauen sind, führt daher letztlich nur zu einer anderen Verteilung der Arbeitszeit, ohne dass die Gewährung eines auf die Normalarbeitszeit anzurechnenden Freizeitausgleichs ein zusätzliches Entgelt für die Zurverfügungstellung der Arbeitskraft darstellen könnte (9 ObA 124/12v).

Der Zeitausgleich verfolgt durchaus ähnliche Zwecke wie der Urlaub (9 ObA 146/11b), der Erholungszweck beim Zeitausgleich ist aber weniger von Bedeutung als beim Urlaub (RIS-Justiz RS0051632). Beim Zeitausgleich wird eine weitgehende Annäherung der durchschnittlichen Arbeitszeit an die Normalarbeitszeit bezweckt (8 ObA 272/94; Adamovic in ZAS 1987, 169 [172]).

Grundsätzlich sind die Parteien des Arbeitsvertrags sowohl an die einmal getroffene Urlaubs- als auch Zeitausgleichsvereinbarung gebunden (RIS-Justiz RS0077424, RS0051624).

Das Urlaubsgesetz enthält eine ausdrückliche Regelung zum Verhältnis Urlaub und Krankheit. § 4 Abs 2 UrlG verbietet den Parteien des Arbeitsvertrags die Vereinbarung des Urlaubsverbrauchs für Zeiträume, während deren ein AN aus einem der im § 2 Entgeltfortzahlungsgesetz 1974, BGBl 1974/399, genannten Gründe an der Arbeitsleistung verhindert ist, während deren er Anspruch auf Pflegefreistellung oder während deren er sonst Anspruch auf Entgeltfortzahlung bei Entfall der Arbeitsleistung hat. Geschieht dies dennoch, gilt der Zeitraum der Arbeitsverhinderung nicht als Urlaub. Erkrankt (verunglückt) ein AN während des Urlaubs, ohne dies vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt zu haben, so werden auf Werktage fallende Tage der Erkrankung, an denen der AN durch die Erkrankung arbeitsunfähig war, auf das Urlaubsausmaß nicht angerechnet, wenn die Erkrankung länger als drei Kalendertage gedauert hat (§ 5 Abs 1 UrlG).

Zum Arbeitsruhegesetz wurde ausgesprochen, dass die Gewährung einer – auf die Normalarbeitszeit anzurechnenden – Ersatzruhezeit (§ 6 Abs 3 ARG) kein (zusätzliches) Entgelt für die Zurverfügungstellung von Arbeitskraft ist. Es kommt dadurch – im Wege eines Zeitausgleichs – nur zu einer anderen Verteilung der Arbeitszeit. Sofern die zunächst erbrachte Mehrleistung und die gewährte Ersatzruhezeit gleichwertige Arbeitszeiten sind, bleibt keine Mehrleistung des DN übrig (9 ObA 8/10g = RIS-Justiz RS0052257 [T3]). Erkrankt der AN zum vereinbarten oder zu dem sich aus dem Gesetz ergebenden Zeitpunkt der Konsumation des Ersatzruheanspruchs, so geht dieser Anspruch verloren, da eine Übertragungsmöglichkeit der Ersatzruhe in eine andere Woche insoweit vom Gesetzgeber nicht vorgesehen ist (RIS-Justiz RS0052407).

Beim Einarbeiten von Fenstertagen gem § 4 Abs 3 AZG wird folgende Ansicht vertreten: Tritt die Erkrankung an dem „eingearbeiteten“, also arbeitsfreien Tag ein, so ist keine Arbeitsverhinderung und deshalb auch kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung gegeben (Kallab/Hauser, EFZG5 § 2 Erl 4).

In der bereits mehrfach erwähnten E 9 ObA 182/05p hat sich der OGH mit dem Problem der Erkrankung während der „Freizeitphase“ bei geblockter Altersteilzeit auseinandergesetzt. Dazu wurde ausgeführt, dass Erkrankungen in der Zeitausgleichsphase ohne rechtliche Relevanz seien. AN könnten nämlich in diesem Zeitraum zwar faktisch krank sein, nicht aber arbeitsunfähig im Rechtssinne, weil keine Arbeitspflicht mehr bestehe. Der Begriff der Arbeitsverhinderung infolge Krankheit enthalte vielmehr schon nach seinem Wortlaut den Sinn, dass AN durch die eingetretene Erkrankung an der Arbeitsleistung gehindert seien. Dieser Fall könne aber in der Zeitausgleichsphase nicht mehr eintreten. Allfällige Erkrankungen während des Verbrauchs von Zeitausgleich hätten daher keinerlei Auswirkungen auf das Arbeitsverhältnis und begründeten demnach auch keine Ansprüche auf Krankengeld aus der gesetzlichen SV.

Die Oberlandesgerichte Linz (12 Ra 117/95, ARD 4755/23/96) und Wien (34 Ra 132/94, ARD 4623/13/95) vertreten die Ansicht, dass der Krankenstand nicht zur Abdeckung des Überstundenguthabens herangezogen werden könne, wenn ein AN während eines Zeitraums, in dem er vertragsgemäß Zeitausgleich für Überstunden konsumiere, erkrankt sei. Das OLG Linz begründet dies vor allem damit, dass beim Zeitausgleich für Überstunden nicht der Erholungszweck das Wesentliche sei, sondern der Ausgleich bereits vorweggenommener Arbeitszeit und in diesem Fall daher der Entgeltcharakter überwiege. Das OLG Wien stellt ebenfalls auf einen Konnex zwischen Arbeitsleistung und Arbeitsentgelt ab und meint, dass mangels anderer Vereinbarung zwischen AG und AN unterstellt werden müsse, dass Zeiträume, während deren der AN ohnedies Anspruch auf Entgelt auch ohne Arbeitsleistung hätte, nämlich Urlaub und Krankenstand in der in § 8 AngG vorgesehenen Dauer, zur Abdeckung eines Überstundenguthabens des AN nicht herangezogen werden dürften.

Im Schrifttum und in der Lehre wird die gegenständliche Frage kontroversiell diskutiert:

Mayr (Zeitausgleich und Krankenstand, ecolex 1996, 186) begründet die Unzulässigkeit des Verbrauchs von Zeitausgleich trotz Krankenstand damit, dass § 10 AZG nur die Abgeltung von Überstunden vorsehe. Aufgrund des relativ zwingenden Charakters dieser Norm müsse eine Zeitausgleichsvereinbarung günstiger als die Abgeltung der Überstunden sein. Dies wäre bei einem Zeitausgleichsverbrauch trotz Krankenstand nicht gegeben. Auch die gem § 40 AngG zwingende Regelung des § 8 AngG stehe einem Verbrauch von Zeitausgleich während des Krankenstands entgegen.

Sulzbacher (

) und Kallab/Hauser (EFZG5 § 2 Erl 4) stimmen den oben genannten Entscheidungen der Oberlandesgerichte zu und verweisen zudem auf den Aufsatz von Mayr.

Rauch (Kommentar zum EFZG § 2 Rz 6.7) verweist ebenfalls auf die Entscheidungen der Oberlandesgerichte Linz und Wien.

Klein (AZG3 Erl 3 zu § 10) hält in seiner Kritik zu 9 ObA 213/88, wonach sich die Überstundenabgeltung in Form von Zeitausgleich in entgeltfortzahlungspflichtigen Zeiten in keiner Weise niederzuschlagen 54hat, weil es im Wege des Zeitausgleichs lediglich zu einer anderen Verteilung der Arbeitszeit kam, fest, dass auch bezahlte Freizeit einen geldwerten Vorteil darstelle, der nach dem Ausfallsprinzip dem AN während entgeltfortzahlungspflichtiger Zeiten nicht vorenthalten werden dürfe. Die Entscheidung laufe auch Grundwertungen des Arbeitszeitgesetzgebers entgegen, stelle sie doch einen negativen Anreiz für die AN dar, sich auf Zeitausgleichsvereinbarungen einzulassen.

Schrank (Arbeitszeitgesetze Kommentar2 § 4 AZG Rz 111 und § 10 AZG Rz 42) vertritt hingegen die Regel „Krankheit bricht Urlaub, aber nicht Zeitausgleich“. Was für einen im Anlassfall (9 ObA 182/05p) sogar sehr langen Krankenstand in der emotional ebenfalls sicher sensiblen langen Freizeitphase geblockter Altersteilzeit gelte, müsse umso eher bei den eher kürzeren Überstundenzeitausgleichen gelten, sei doch kein Wertungsgesichtspunkt ersichtlich, der eine abweichende Beurteilung tragen könnte. Wie in allen Fällen im Zusammenhang mit Krankenständen bei flexibler Arbeitszeitverteilung, die zu anlassbezogenen (zB beim Einarbeiten iVm Feiertagen) oder sonstigen Verschiebungen von Normalarbeitszeit mit höheren Normalarbeitszeiten gegen häufige auch mehrtägige oder längere Zeitausgleiche (sonstige Durchrechnungsmodelle) führe, gehe es auch im Fall, dass der AN die Arbeitsspitzen voll gearbeitet habe und dann in der sich daraus ergebenden Zeitausgleichszeit im Krankenstand sei, nur um eine arbeitszeitrechtliche Verschiebung der Normalarbeitszeit. Es sei freizeitmäßig nicht anders, als wenn jemand ausgerechnet und allein an seinem arbeitsfreien Samstag erkranke. Auch ein derartiger AN erhalte dafür unstrittig keinen anderen Wochentag frei.

Der erkennende Senat schließt sich dieser Rechtsansicht von Schrank an. Die in 9 ObA 182/05p für den Fall der geblockten Altersteilzeit dargelegten Grundsätze sind auch für den vorliegenden Fall tragfähig.

Die Vereinbarung von Zeitausgleich hat zwar auch Entgeltcharakter, führt aber letztlich nur zu einer anderen Verteilung der Arbeitszeit. Der – relativ zwingende (vgl RIS-Justiz RS0030044) – Entgeltfortzahlungsanspruch des § 8 AngG bzw § 2 EFZG setzt aber voraus, dass der AN durch Krankheit an der Leistung seiner Arbeit verhindert, also unfähig ist, seine Arbeitspflicht zu erfüllen. Eine Arbeitsverhinderung durch Krankheit oder Unfall kann nur in Zeiten bestehen, in denen der AN zur Arbeitsleistung überhaupt verpflichtet ist. Erkrankt der AN in einem Zeitpunkt, in dem er nicht zur Arbeitsleistung verpflichtet oder bereits durch andere Umstände als durch Krankheit an der Arbeitsleistung verhindert ist, so besteht kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung. Nicht die Erkrankung des AN im Zeitausgleichszeitraum bewirkt den Entfall der Arbeitsleistung, sondern die mangelnde Verpflichtung zur Arbeitsleistung infolge Vorleistung von Arbeit durch den AN.

Eine Verletzung der zwingenden Bestimmung des § 10 Abs 1 AZG liegt nicht vor, weil dem Kl für seine vorgeleistete Arbeitszeit tatsächlich Zeitausgleich im gesetzlich vorgesehenen Ausmaß gewährt wurde. Hatte der Kl daher bereits aus diesem Grund für den Zeitausgleichszeitraum keine Arbeitspflicht, dann ist ein weiterer Grund (Krankheit), der es ihm erlaubt hätte, von der Arbeit fern zu bleiben, nicht mehr von Bedeutung (vgl 8 ObA 28/12v, wonach ein Anspruch nach § 22 AngG insb auch für die Dauer des vereinbarten Erholungsurlaubs nicht in Betracht kommt, weil eine zusätzliche „Freistellung“ begrifflich nicht möglich ist, wenn der AN bereits aus anderen Gründen bezahlte Freizeit konsumiert).

Ein Günstigkeitsvergleich der (relativ) zwingenden Regelungen der § 10 AZG, § 8 AngG bzw § 2 EFZG mit einer Vereinbarung über den Verbrauch von Gutstunden auch bei Erkrankung im festgelegten Zeitausgleichszeitraum, wie ihn das Berufungsgericht vorgenommen hat, ist hier nicht durchzuführen, weil die Parteien eine derartige Vereinbarung nicht abgeschlossen haben und weder eine Vertragslücke behauptet noch Umstände für eine ergänzende Vertragsauslegung vorgebracht wurden. Die vom Kl in seiner Revisionsbeantwortung vorgetragenen Überlegungen zum Stufenbau der Rechtsquellen und im Ergebnis daher ebenfalls zum zwingenden Anspruch des § 8 AngG lassen außer Betracht, dass die Voraussetzungen für einen Entgeltfortzahlungsanspruch deshalb nicht vorliegen, weil der Kl während seiner Krankheit nicht zur Arbeitsleistung verpflichtet war.

Die Frage, ob die Erkrankung des AN einen wichtigen Grund darstellt, welcher ihn nach allgemein bürgerlich-rechtlichen Grundsätzen zum Rücktritt von der Zeitausgleichsvereinbarung berechtigen würde, kann dahingestellt bleiben, weil der Kl keinen Rücktritt erklärt hat.

Da beim Urlaub der Erholungszweck im Vordergrund steht, beim Zeitausgleich aber eine weitgehende Annäherung der durchschnittlichen Arbeitszeit an die Normalarbeitszeit bezweckt wird, ist auch eine analoge Anwendung der §§ 4, 5 UrlG nicht geboten.

Zusammengefasst hält der OGH daher an seiner bereits in 9 ObA 182/05p vertretenen Rechtsansicht fest, dass Erkrankungen während des Verbrauchs von Zeitausgleich keine Auswirkungen auf das Arbeitsverhältnis haben. [...]

Anmerkung

Der OGH hat also judiziert, dass dann, wenn der vereinbarte Konsum von Zeitausgleich (unabhängig von dessen Entstehungsquelle) und krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit zeitlich zusammenfallen, der Zeitausgleich trotz der Erkrankung verbraucht wird. Der neunte Senat hat sich ausführlich mit Vorjudikatur und Literatur auseinandergesetzt, und die E erscheint wohlbegründet. Bei näherer Analyse erweist sich jedoch der auf den ersten Blick plausibel wirkende Ansatz, Zeitausgleich aus unterschiedlichen Quellen im Rahmen der genannten Fragestellung gleich zu behandeln, als unzulässig – insb im Hinblick auf einen Aspekt, der in der E (ebenso wie in den Urteilen der Vorinstanzen) unberücksichtigt geblieben ist. Den Gerichten kann daraus allerdings kaum ein Vorwurf gemacht werden, hat doch auch die Literatur das später noch ausführlich zu erörternde Problem bis jetzt völlig übersehen.

1.
Stabile (Um-)Verteilung der vereinbarten Arbeitszeit

Völlig zutreffend sind Analyse und Schlussfolgerungen des OGH für all jene Konstellationen, in denen der „Zeitausgleich“ aus einer im Vorhinein fixierten 55Verteilung oder Umverteilung der vertraglich geschuldeten Arbeitszeit stammt. Die reguläre Arbeitszeit als vertraglich geschuldete Hauptleistung des AN kann vollkommen gleichmäßig verteilt werden (zB von Montag bis Freitag täglich acht Stunden und das Woche für Woche), sie kann aber auch aufgrund unterschiedlicher Rechtsvorschriften so verteilt werden, dass in bestimmten Zeiteinheiten (Tag, Woche, Monat, Jahr) eine über dem der jeweiligen Zeiteinheit entsprechenden Durchschnitt liegende Arbeitszeitmenge geleistet wird, was durch ebenfalls im Vorhinein fixierte Unterschreitungen dieses Durchschnitts („Zeitausgleich“) wieder wett gemacht wird, sodass insgesamt das vereinbarte Arbeitszeitvolumen erreicht wird. Solche Arbeitszeitverteilungen sind nicht gleichmäßig, aber regelmäßigin dem Sinne, dass sie durch einen im Vorhinein definierten Rhythmus bestimmt sind. Das einfachste Beispiel dieser Art ist die Umverteilung der Normalarbeitszeit innerhalb der Kalenderwoche gem § 4 Abs 2 AZG, zB in Form eines Freitag-Frühschlusses: Von Montag bis Donnerstag werden etwa jeweils neun Stunden geleistet, am Freitag vier Stunden; die so am Freitagnachmittag gewonnene Freizeit kann untechnisch als „Zeitausgleich“ bezeichnet werden. (Der Gesetzgeber selbst spricht bei diesen starren Modellen umverteilter Arbeitszeit bezeichnenderweise nicht von „Zeitausgleich“, hingegen sehr wohl beim verfahrensgegenständlichen Zeitausgleich gem § 10 Abs 1 Z 2 AZG.) Diesem Muster gleichmäßiger Verteilung folgen die beiden in der OGH-E vergleichsweise angeführten Arbeitszeitmodelle des Einarbeitens von Fenstertagen gem § 4 Abs 3 AZG sowie der geblockten Altersteilzeit gem § 27 AlVG. Den genannten Modellen (aber auch anderen, wie etwa der Schichtarbeit gem § 4a AZG) ist gemein, dass es dabei stets um die zeitliche Fixierung der vertraglichen Hauptpflicht des AN geht, der im Synallagma die Hauptpflicht des AG, nämlich das regelmäßige Entgelt zu leisten, symmetrisch gegenübersteht. Tritt nun außerhalb der vordefinierten Zeiträume, in denen die Arbeitspflicht besteht, ein Ereignis ein, das grundsätzlich als Leistungsstörung zu qualifizieren wäre (Erkrankung; sonstiger Dienstverhinderungsgrund), so ist dies – wie vom OGH zutreffend festgestellt – für das Arbeitsverhältnis schlicht irrelevant. Da den AN zu den betreffenden Zeiten seine Hauptleistungspflicht gerade nicht trifft, liegt eben keine Leistungsstörung vor, und auch der AG erbringt davon völlig unbeeinflusst seine Hauptleistungspflicht, nämlich die Zahlung des fortlaufenden Entgelts (natürlich einschließlich von Entgeltfortzahlung bis zur gesetzlich vorgesehenen Dauer, wenn der AN während der wie beschrieben zeitlich fixierten Arbeitspflicht krankheitshalber oder aus anderen Gründen dienstverhindert ist).

2.
Zeitausgleich, der aus der Erbringung flexibel eingesetzter (Zusatz-)Leistung resultiert

Der Zeitausgleich, der im gegenständlichen Fall strittig war, ist rechtsdogmatisch jedoch anders einzuordnen. Während sich die unter Pkt 1. geschilderten Modelle ausschließlich im Rahmen der arbeitsvertraglichen Hauptpflichten bewegen, tritt in diesem Fall ein neues Element hinzu: eine abhängig vom Arbeitsanfall flexibel eingesetzte Zusatzleistung des einen Vertragspartners, der ein zwingender Anspruch auf Gegenleistung (§ 10 Abs 1 AZG) gegenübersteht. Auch der OGH sieht durchaus den zwingenden Charakter des aus der Überstundenleistung resultierenden AN-Anspruchs, erwähnt auch ausdrücklich dessen Entgeltnatur, kommt dann aber dennoch etwas unvermittelt zum Schluss, der Mehrleistungsfall sei den unter Pkt 1. geschilderten Fällen ungleichmäßiger, jedoch regelmäßiger Verteilung der vereinbarten Arbeitszeit gleichzuhalten. Originalzitat des OGH: „Die Vereinbarung von Zeitausgleich hat zwar auch Entgeltcharakter, führt aber letztlich nur zu einer anderen Verteilung der Arbeitszeit.“ Natürlich gehört zum Zeitausgleich ieS auchdas Element einer Umverteilung von Arbeitszeit; das darf aber nicht dazu verleiten, beträchtliche Unterschiede in der Wirkungsweise flexibel platzierter und flexibel in Freizeit abgegoltener Zusatzleistungen gegenüber Systemen stabiler Verteilung der Grundarbeitszeit zu negieren und enthebt uns jedenfalls nicht der sorgfältigen Prüfung, inwieweit der zwingende Entgeltanspruch tatsächlich erfüllt wurde.

Die Frage lautet: Hat der AG, indem er mit dem AN für einen Zeitraum, während dessen nach der regulären Arbeitszeiteinteilung Arbeitspflicht bestehen würde, den Konsum von Zeitausgleich vereinbart hat, allein damit schuldbefreiend geleistet oder nicht? Worin die geschuldete Leistung besteht, ist unstrittig: in „bezahlter Freizeit“ (Felten in

Grillberger
, AZG3 [2011] § 10 Rz 42) oder – wie die vorliegende E formuliert – in „bezahlter Freistellung von der Arbeitspflicht“. Die Frage, ob der AG seine Leistung „bezahlte Freistellung von der Arbeitspflicht“ schon durch seine Einwilligung in die konkrete Vereinbarung über den Zeitraum erbracht hat, während dessen die bezahlte Freistellung stattfinden soll, ist nun angesichts der Tatsache zu beantworten, dass zwei Sachverhalte, die eine derartige bezahlte Freistellung von der Arbeitspflicht zwingend auslösen, zeitgleich aufeinander treffen: Auf der einen Seite ist der AN während eines Zeitraumes, in dem er gemäß seiner regulären Arbeitszeiteinteilung zur Arbeitsleistung verpflichtet ist, durch Erkrankung an der Arbeitsleistung gehindert und hat daher gem § 8 AngG bzw § 1154b ABGB einen Anspruch auf bezahlte Dienstfreistellung. Auf der anderen Seite hat er gleichzeitig einen Anspruch auf bezahlte Dienstfreistellung, weil sich die Vertragsparteien geeinigt haben, den aus der Mehrleistung resultierenden Anspruch auf Zeitausgleich gem § 10 Abs 1 Z 2 AZG zu eben dieser Zeit zu realisieren.

Der OGH geht nun – allerdings auf der Grundlage einer wie dargelegt problematischen rechtsdogmatischen Einordnung des Geschehens – davon aus, dass die bezahlte Dienstfreistellung unter dem Titel des Zeitausgleichskonsums Vorrang genießt, dieser Anspruch also tatsächlich verbraucht wird, während der Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankenstand ungeschmälert in seinem zu diesem Zeitpunkt vorliegenden Ausmaß erhalten bleibt. Der entscheidende Gesichtspunkt, aus dem der OGH im Ergebnis die Nachrangigkeit der aus der Erkrankung resultierenden bezahlten Dienstfreistellung schlussfolgert, ist offensichtlich der der zeitlichen Aufeinanderfolgeder beiden 56maßgeblichen Sachverhaltselemente – zuerst erfolgt die Vereinbarung über die zeitliche Lage des Zeitausgleichs, dann erst tritt der Krankenstand ein. Ist der AN „bereitsdurch andere Umstände als durch Krankheit an der Arbeitsleistung verhindert ..., so besteht kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung“ (Hervorhebung durch den Autor), umreißt der OGH die Erkrankung gleichsam als post festum eingetretenen und damit nicht mehr relevanten potentiellen Auslöser einer bezahlten Dienstverhinderung. Diese Logik der zeitlichen Abfolge vermag jedoch nur auf den ersten Blick zu überzeugen. Die konkretisierende Vereinbarung des Erfüllungstermins darf nicht mit der Anspruchserfüllung selbst gleichgesetzt werden; die Vertragserfüllung verwirklicht sich vielmehr erst in der „tatsächlichen Ausführung“ (Gschnitzer in

Klang
, ABGB VI 369). Dass die bloße Einwilligung des AG zu einer bestimmten zeitlichen Lage des Zeitausgleichs noch nicht die Erfüllung des zwingenden Anspruchs selbst sein kann, erhellt auch daraus, dass man diesfalls ja auch unterstellen müsste, dass jede Abänderung der Modalitäten eines einmal vereinbarten Zeitausgleichskonsums (durch Änderungsvereinbarung oder zB Rücktritt des AG aus zwingenden betrieblichen Gründen, vgl OGH9 ObA 132/88) als gleichsam zu spät kommend ausgeschlossen wäre.

Wenn der zeitliche Verlauf ausschlaggebend sein soll, dann spricht er weit eher für die Nichterfüllung des Zeitausgleichsanspruchs während der Erkrankung des AN, denn die Gefahr für die Unmöglichkeit der Leistungserbringung trägt bis zum vereinbarten Erfüllungszeitpunkt der Schuldner (Aicher in

Rummel
, ABGB3 §§ 1048–1051 Rz 5). Daraus ergibt sich für unseren Fall: Die Erfüllung iSd Verschaffung bezahlter Freizeit ist durch die (aufgrund der Entgeltfortzahlungsregeln im Verantwortungsbereich des AG liegende) Erkrankung vordem vereinbarten Erfüllungszeitpunkt unmöglich geworden, weshalb die Freistellung als Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und nicht als Erfüllung der Zeitausgleichsschuld zu sehen ist.

Tatsächlich kann daher für den Standpunkt des AG günstigstenfalls Gleichzeitigkeit zwischen den konkurrierenden Tatbeständen argumentiert werden: In ein und derselben juristischen Sekunde, in der die reguläre Dienstzeit beginnt, beginnt auch die bezahlte Dienstfreistellung aufgrund der Zeitausgleichsvereinbarung sowie die bezahlte Dienstfreistellung aufgrund der durch Krankheit eingetretenen Arbeitsunfähigkeit. Selbst wenn diese Gleichzeitigkeit – statt wie soeben dargestellt: Erkrankung vor Erfüllung des Zeitausgleichsanspruchs – vorausgesetzt wird, spricht aber schließlich der folgende, wie schon eingangs erwähnt in Judikatur und Lehre bisher unbeachtete, Aspekt für den Vorrang der Dienstfreistellung wegen Krankheit vor dem Zeitausgleichskonsum.

3.
Die Verteilung des Dienstverhinderungsrisikos

Es geht bei diesem Aspekt um die Auswirkungen, die die in der vorliegenden E gewählte Lösung auf die Risikoverteilung im Arbeitsverhältnis hat. Werfen wir dazu noch einmal einen Blick zurück auf die ungleichmäßige Verteilung der vereinbarten Arbeitszeit (oben unter Pkt 1.) und ziehen als Beispiel das Einarbeiten von Fenstertagen heran. Erkrankt der AN im Rahmen eines solchen Arbeitszeitmodells an Tagen, an denen jene zusätzlichen Arbeitszeitmengen fixiert sind, die durch die dienstfreien Fenstertage wett gemacht werden, hat er sozusagen „Glück gehabt“; das Versäumen seiner Einarbeitungsstunden hat keinerlei negative Auswirkungen auf seinen einfach der Arbeitszeitverteilung geschuldeten freien Fenstertag. Erkrankt der AN hingegen umgekehrt „unglücklich“ gerade am Fenstertag, ändert dies wiederum nichts an seiner Arbeitspflicht an den Einarbeitungstagen: Die zwecks Erlangung der Zusatzfreizeit am Fenstertag eingeteilten zusätzlichen Arbeitsstunden, mögen sie nun vor oder nach dem missglückten Fenstertag liegen, muss der AN jedenfalls leisten, das Erkrankungsrisiko trifft in diesem Fall ihn. In den Konstellationen nach Pkt 1. ist die Risikoverteilung daher ausgewogen – frei nach dem Rechtssprichwort „guter Tropfen – böser Tropfen“. Daher hat der OGH für diese Konstellationen auch völlig zutreffend die Unbeachtlichkeit der Erkrankung in den durch die Umverteilung der Arbeitszeit arbeitsfrei gemachten Zeiten festgestellt.

Untersucht man nun die in Pkt 2. dargestellte Konstellation, die dem rezensierten Urteil zugrunde liegt, in diesen beiden Erkrankungsvarianten, erweist sich rasch, dass hier eben gerade nicht „letztlich nur eine andere Verteilung der Arbeitszeit“, sondern ein ganz anderer Wirkmechanismus vorliegt. Erkrankt der AN hier an jenen Tagen, an denen er durch seine Mehrleistung den Zeitausgleichsanspruch generieren würde, also an denen durch Zeitausgleich abzugeltende Überstunden möglich oder vorherzusehen gewesen wären, so bleibt ihm im Gegensatz zu den Fällen nach Pkt 1. der mit den Mehrleistungen verknüpfte Anspruch auf bezahlte Dienstfreistellung nicht erhalten: Zusammen mit den krankheitshalber unterbliebenen Mehrleistungen entfällt die Gegenleistung, also der dafür zustehende Zeitausgleich, und zusätzlich bleiben Überstunden im Rahmen einer Zeitausgleichsvereinbarung – anders als bei mit Geld abgegoltenen Überstunden! – auch bei der Berechnung des Entgeltfortzahlungsanspruchs völlig unberücksichtigt (OGH9 ObA 213/88RdW 1989, 106). Anders als in den Fällen der Kategorie 1 ist damit der AN in der ersten Krankenstandsvariante – Erkrankung in der Phase des Anspruchserwerbs – entgeltfortzahlungsrechtlich ungeschützt. Gleiches soll nun nach dem vorliegenden Urteil auch für die zweite Krankenstandsvariante – Erkrankung in der Freizeitphase – gelten: Auch hier soll der grundsätzlich gegebene Entgeltfortzahlungsanspruch dem Vorrang der Zeitausgleichsvereinbarung weichen und das Erkrankungsrisiko damit dem AN auferlegt werden. Die Asymmetrie ist offensichtlich: Dem richtigen Prinzip guter Tropfen – böser Tropfen bei den Modellen regelmäßig umverteilter Normalarbeitszeit würde ein Prinzip böser Tropfen – böser Tropfen in den Überstunden- und sonstigen Fällen flexibel eingesetzter Mehrleistung gegenüber stehen, obwohl der OGH ja eigentlich auf eine wertungsmäßige Gleichbehandlung beider Fälle abzielte!

Was geschieht hier rechtssystematisch? Im Ergebnis wird (wohl unbeabsichtigt) der Anspruch auf Entgeltfortzahlung für einen bestimmten Typ von 57Arbeitsleistungen generell beseitigt, denn wenn zB gem § 10 Abs 2 AZG Zeitausgleich als Abgeltungsform für Überstundenarbeit festgelegt worden ist, kann aus dem Zusammenspiel von OGH9 ObA 213/88 und der vorliegenden E der AN für diese Überstundenleistungen denkmöglich keinen Entgeltfortzahlungsschutz in Anspruch nehmen: Erkrankt der AN in der Zeit, in der die Mehrleistungen erbracht worden wären, kann nach OGH9 ObA 213/88der Anspruch auf Abgeltung/Entgeltfortzahlung gar nicht entstehen; erkrankt der AN hingegen in jener Zeit, in der der durch seine zusätzliche Leistung erworbene Anspruch erfüllt werden soll, würde der Entgeltfortzahlungsanspruch von dem nunmehr judizierten Vorrang des Zeitausgleichs – der krankheitsbedingt dem AN den entgeltwerten Freizeitvorteil aber gar nicht bringt – verdrängt. Diese Systematik im Zusammenwirken von § 10 Abs 1 Z 2 und Abs 2 AZG und § 8 AngG bzw § 1154b ABGB beabsichtigt zu haben, kann dem Gesetzgeber aber sicher nicht unterstellt werden, zumal gerade die Überstundenarbeit ansonsten seinen besonderen Schutz genießt und ja stets auch unstrittig der Deckung des Risikos für Arbeitsausfälle unterstellt wird, die die Rechtsordnung in der Dauer der Entgeltfortzahlungsansprüche dem AG zugewiesen hat (zB Schrammel, Arbeitsrecht 27 [2011] 144).

Es muss daher gelten: Wenn die Entgeltfortzahlung in der Entstehungsphase eines Zeitausgleichsanspruchs nicht zum Tragen kommt, dann muss sie jedenfalls dessen Bestand gegenüber Arbeitsunfall, Erkrankung und sonstigen Dienstverhinderungsgründen in der Phase des Anspruchskonsums sichern. In solchen Fällen muss daher – anders als bei den Formen regelmäßig umverteilter Arbeitszeit – der Entgeltfortzahlungsanspruch Vorrang vor dem zeitgleich bestehenden Anspruch auf Zeitausgleichskonsum genießen.

Es ist daher zu hoffen, dass der OGH, wenn vergleichbare Sachverhalte (etwa auch Zeitausgleich bei Gleitzeit) wieder an ihn herangetragen werden, im Lichte der hier aufgezeigten systemischen Auswirkungen sein Judikat noch einmal überdenkt.