In der Literatur* ist jüngst die Forderung nach einer zweiten Alterspension erhoben worden. Nämlich für all jene Fälle, die während des Bezugs ihrer Alterspension ab dem 65. Lebensjahr weitere 15 Jahre erwerbstätig sind und dann mit dem 80. Lebensjahr noch einmal die Wartezeit für eine Alterspension erfüllen. Untermauert wird diese Forderung damit, dass die Höherversicherung gem § 248c ASVG, die derzeit einen Zuverdienst zur Alterspension durch eine besondere Pensionserhöhung honoriert, wegen ihrer geringen Höhe im Verhältnis zur Beitragslast gar nicht als Leistung im wirtschaftlichen Sinn angesehen werden könne. Wenn Pensionsbeiträge geleistet werden, aus denen keine wirkliche Leistung resultiere, sei dies verfassungsrechtlich schwer bedenklich und rechtfertige einen zweiten Pensionsanspruch. Diese Argumentation beruht jedoch – wie zu zeigen sein wird – auf107 einem schlichten Irrtum über die pensionserhöhende Wirkung der Höherversicherung gem § 248c. Errare humanum est. Eine irrtümliche Darstellung in der Literatur ist an und für sich nicht weiter schlimm und kann durch eine Gegendarstellung behoben werden. Nicht ganz so einfach ist es, wenn, wie in diesem Fall, der OGH die Schlussfolgerungen aus dem Irrtum übernommen hat; denn dann lautet die Frage: Wäre die E des OGH – ohne die auf dem Irrtum beruhende Begründung – anders ausgefallen? Konkret hat der OGH in der E 10 ObS 127/12t(ARD 6291/4/2013) ausgesprochen, dass gem § 248c bei AN nicht die gesamten Beiträge im Ausmaß von 22,8 % in die Höherversicherung fließen, sondern nur der konkret vom Versicherten geleistete Beitragsteil im Ausmaß von 10,25 % der Beitragsgrundlage. Begründet hat der OGH die E wesentlich mit dem nicht bestehenden Äquivalenzverhältnis zwischen Beitrag und Leistung. Zur Verstärkung dieses Arguments hat der OGH bedauerlicherweise die auf einer irrtümlichen Annahme beruhenden Ausführungen von Kietaibl* übernommen.
Mit dem BugetbegleitG 2003* wurde mit § 248c ASVG, § 143 GSVG und § 134 BSVG eine besondere Höherversicherung für erwerbstätige Pensionsbezieher geschaffen. Wird neben dem Bezug einer Alterspension eine die Pflichtversicherung begründende Erwerbstätigkeit nach dem ASVG, GSVG oder dem BSVG ausgeübt, so wirkt dies pensionserhöhend, indem die entrichteten Beiträge als Beiträge zur Höherversicherung gewertet werden. Damit soll die Bereitschaft älterer Personen weiterhin berufstätig zu sein, auch pensionsrechtlich honoriert werden. Obwohl keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen eine solidarische Beitragsleistung parallel zum Pensionsbezug ohne direkte Leistungsauswirkung bestünden, wollte der Gesetzgeber die Bereitschaft älterer Personen über das Regelpensionsalter hinaus erwerbstätig zu sein, auch pensionsrechtlich honorieren.*
Für die Bemessung des besonderen Steigerungsbetrages – das ist der Betrag, um den sich die monatliche Pension durch die Höherversicherung erhöht – werden die geleisteten Beiträge mit einem Faktor vervielfacht. Die Faktoren zur Höherversicherung sind gem § 248c ASVG nach versicherungsmathematischen Grundsätzen festzusetzen. Die VO gem § 248c* hat altersbezogene Faktoren vom 60. Lebensjahr bis zum 85. Lebensjahr festgelegt, mit denen die geleisteten Beiträge zu multiplizieren sind, wobei die Faktoren mit zunehmendem Alter höher werden, was sich versicherungsmathematisch aus der kürzer werdenden Restlebenserwartung ergibt. Zahlt ein 65-Jähriger parallel zu seinem Pensionsbezug aus einer pflichtversicherten Erwerbstätigkeit Beiträge, werden diese mit dem Faktor 0,00395 vervielfacht, bei einer Beitragszahlung im 66. Lebensjahr lautet der Faktor 0,00410. Bis zum 85. Lebensjahr steigt der Faktor auf 0,01198 an.
Der besondere Höherversicherungsbetrag gem § 248c ASVG ist für jedes Kalenderjahr der Erwerbstätigkeit neu festzusetzen. Dh, dass sich bei einer Beitragszahlung im 65. Lebensjahr von zB € 10.000,– die monatliche Pension ab dem 66. Lebensjahr um € 39,50 erhöht (€ 10.000,– x 0,00395). Bei einer weiteren Beitragsleistung von € 10.000,– im 66. Lebensjahr erhöht sich die Pension ab dem 67. Lebensjahr um weitere € 41,– (€ 10.000,– x 0,0041), kumuliert also bereits um € 80,50. Gem VO sind noch kalenderjahrbezogene Korrekturen vorzunehmen (vgl 3.1. Beispiel). Die aus der besonderen Höherversicherung zustehende Leistung gebührt jeweils ab dem der Beitragsleistung folgenden Kalenderjahr. Die Wertsicherung der besonderen Pensionserhöhung ist durch die Pensionsanpassung gewähreistet.
3.1.Kietaibl* hat nun verfassungsrechtliche Bedenken gegen § 248c geäußert, weil die Beitragsleistung in keinem auch nur annähernd adäquatem Verhältnis zur damit verbundenen Pensionserhöhung stünde. Als überschlagsmäßige Beispielsrechnung wird ein Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit im Ausmaß der Höchstbeitragsgrundlage 2011 mit einer jährlichen Beitragslast von € 10.300,– angeführt. Diesem Beitrag stünde nur eine Erhöhung des jährlichen Pensionsbezugs von € 40,– gegenüber. Diese Argumentation ist insofern unrichtig als es sich beim Betrag von € 40,– nicht um die jährliche, sondern um die monatliche Leistung handelt. Also ein schlichter, aber maßgeblicher Irrtum über die Häufigkeit der Auszahlung, mit der vermeintlichen Folge, dass der pensionserhöhende Effekt auf ein Vierzehntel des tatsächlichen Betrages reduziert wird.
Im Detail erfolgt die Berechnung des monatlichen Steigerungsbetrages wie folgt: Die VO zum Höherversicherungsbetrag gem § 248c ASVG regelt die Bildung des Faktors, mit dem die geleisteten Beiträge zu vervielfachen sind. Der eigentliche Faktor ist das Produkt von zwei Faktoren. Der erste Faktor bezieht sich auf das Lebensalter, der zweite Faktor berücksichtigt das Kalenderjahr der Bemessung, in dem ausgehend vom Jahr 2005 der erste Faktor reduziert wird.
Beispiel: Für Personen, die das 65. Lebensjahr vollendet haben, beträgt der Faktor zB 0,00395. Für eine Bemessung des Höherversicherungsbetrags im Jahr 2011 beträgt der zweite Faktor (Kürzungsfaktor) 0,97187. Der Faktor, mit dem die geleisteten Beiträge zu vervielfachen sind, ist das Produkt dieser Faktoren, also 0,00395 x 0,97187 = 0,00384. Bei im Jahr108 2011 geleisteten Beiträgen von € 10.300,– beträgt die aus der besonderen Höherversicherung zustehende Leistung ab dem Jahr 2012 € 10.300,– x 0,00384 = € 39,55 monatlich.
Die monatliche Gewährung des besonderen Steigerungsbetrages ergibt sich aus § 248 Abs 1 ASVG (bzw § 141 Abs 1 GSVG und § 132 Abs 1 BSVG), der vorsieht, dass für Beiträge, die gem § 248c (bzw § 143 GSVG und § 134 BSVG) als geleistet gelten, ein besonderer Steigerungsbetrag zu gewähren ist. Gem § 248 Abs 5 (bzw § 141 Abs 7 und § 132 Abs 7) gebührt der Steigerungsbetrag monatlich. Zur monatlichen Auszahlung des Steigerungsbetrages vgl auch Steiger*, der für eine Beitragsleistung von € 1.350,– im Kalenderjahr 2005 und einem Faktor von 0,00395 gem VO BGBl II 2004/523BGBl II 2004/523 eine monatliche Leistung von € 5,33 ausweist (€ 1.350,– x 0,00395 = € 5,33). Auch der OGH geht in der E 10 ObS 127/12tARD 6291/4/2013 von einer monatlichen Leistung aus. Der Klägerin wurde gem § 248c für eine Beitragsleistung von € 3.982,12 und einem sich aus der VO BGBl II 2004/523BGBl II 2004/523 ergebenden Faktor von 0,0036 monatlich € 14,34 (14 x jährlich) gewährt (€ 3.982,12 x 0,0036 = € 14,34). Kurioserweise übernimmt der OGH jedoch die Schlussfolgerung, die Kietaibl* aus der vermeintlichen jährlichen Gewährung zieht (dazu ausführlich unter 4.).
Eine Überschlagsrechnung – bezogen auf das von Kietaibl* herangezogene Beispiel – zeigt, dass der versicherungsmathematische Auftrag des Gesetzgebers mit den Faktoren der VO BGBl II 2004/523BGBl II 2004/523auch umgesetzt wurde. Für eine Beitragsleistung von € 10.300,– erhält man – wie dargestellt – eine monatliche Leistung von € 40,– 14 x pro Jahr. Das ergibt einen jährlichen Betrag von € 560,–. Bei einer Restlebenserwartung von 20 Jahren ergibt sich ein Betrag von € 11.200,– (€ 560,– x 20). Dieser Betrag ist aufgrund der Pensionsanpassung wertgesichert (vgl § 108h). Berücksichtigt man eine durchschnittliche Inflationsrate von 2 %, steigt dieser Betrag im Laufe von 20 Jahren von € 560,– auf rund € 820,– an.
Eine Rentenberechnung einer Privatversicherung ergibt bei einem Einmalerlag von € 10.000,– – bei einer Rentenbezugsdauer von 20 Jahren bei 3 % Verzinsung eine monatliche Rente von € 54,– – jedoch nur 12 x und nicht wertgesichert. Das ergibt eine jährliche Nominalleistung von € 650,–.*
Würde die VO BGBl II 2004/523BGBl II 2004/523 dem gesetzlichen Auftrag nach versicherungsmathematischer Präzisierung des Gesetzes nicht entsprechen, dann wäre wohl auch höchstens die VO gesetzwidrig und nicht das Gesetz verfassungswidrig. Womit für die von Kietaibl geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken gegenüber der gesetzlichen Regelung grundsätzlich kein Raum bleibt.
Der OGH hat in der E 10 ObS 127/12t(ARD 6291/4/2013), wie schon eingangs erwähnt, ausgesprochen, dass nur der konkret vom Versicherten geleistete Beitragsteil im Ausmaß von 10,25 % der Beitragsgrundlage mit dem Faktor zu vervielfachen ist und nicht auch der für den Versicherten vom DG zu entrichtende Beitragsteil von 12,55 %. Dh, bei einer monatlichen Beitragsgrundlage von € 1.000,– werden nicht € 228,– mit dem Faktor der Höherversicherungs-VO multipliziert, sondern nur € 102,50. Der OGH hat seine E wesentlich mit dem seiner Ansicht nach nicht bestehenden Äquivalenzverhältnis zwischen Beitragspflicht und Leistung begründet. Zum einen argumentiert der OGH, dass ein individuelles Äquivalenzverhältnis zwischen Beitragspflicht und Sozialversicherungsschutz ohnehin nicht bestehe, vielmehr werde mit Hilfe des Beitragssystems das Prinzip des sozialen Ausgleichs verwirklicht. Zum Versicherungsprinzip trete auch der Solidaritäts- und Umverteilungsgedanke. Die in den Gesetzesmaterialien angesprochene Kostenneutralität sei deshalb nur so zu verstehen, dass die Versicherungsgemeinschaft nicht zusätzlich belastet werde.
Zur Verstärkung dieses Arguments übernimmt der OGH bedauerlicherweise ungeprüft die auf dem beschriebenen Irrtum beruhenden Ausführungen von Kietaibl*, indem er von einer „massiven Schieflage“ zwischen der Höhe des Höherversicherungsbetrags und der jährlichen Beitragspflicht spricht und Kietaibl zitierend ausführt: „Wegen seiner geringen Höhe könne der Höherversicherungsbetrag im Verhältnis zur Beitragslast in Wahrheit gar nicht mehr als Leistung im wirtschaftlichen Sinn angesehen werden, sondern stelle im Ergebnis bloß eine ‚symbolische‘ Leistung dar
“.
Der OGH verkennt in seiner Argumentation, dass der Gesetzgeber in der gesetzlichen PV versicherungsmathematische Leistungsbestandteile vorgesehen hat, gerade weil diese Leistungsteile von der sozialen und solidarischen Umverteilung ausgenommen sein sollen. Eine versicherungsmathematische Umlegung von Beiträgen in Leistungshöhen ist in der gesetzlichen PV bei den Risikofaktoren beim Nachkauf von Schul- und Studienzeiten gem § 227 Abs 3 und eben bei den Regelungen zur Höherversicherung gem §§ 248 und 248c vorgesehen. Die Versicherungsgemeinschaft und der Steuerzahler sollen in diesen Fällen nicht belastet werden, der Einzelne jedoch die Möglichkeit haben, eine zusätzliche Absicherung nach den Regeln der Versicherungsmathematik zu erhalten, deren Wesen die Verzinsung der Beiträge bei Berücksichtigung des Einzahlungszeitpunkts und des Sterblichkeitsrisikos ist.*
Bei den versicherungsmathematisch konzipierten besonderen Steigerungsbeträgen handelt es sich um „Leistungsteile, die sich selbst finanzieren sollen, ohne dass ein Gewinn oder ein Verlust entsteht
“.* Es ist109ein Widerspruch in sich, versicherungsmathematisch berechneten Leistungen ein individuelles Äquivalenzverhältnis zwischen Beitrag und Leistung absprechen zu wollen.
Der Gesetzgeber selbst hat gerade in den §§ 248 und 248c ASVG ein strenges individuelles Äquivalenzverhältnis zwischen Beitrag und Leistung angeordnet. In der versicherungsmathematischen Festsetzung der Faktoren zur Berechnung des besonderen Steigerungsbetrags kommt das Versicherungsprinzip uneingeschränkt zur Geltung. Auch die finanziellen Erläuterungen zur RV zu § 248c sind in diesem Punkt eindeutig. Zur Möglichkeit der Erwerbstätigkeit während des Bezugs einer Pension nach dem Regelalter wird ausgeführt: „... hier kommt es nach Beendigung der Tätigkeit zu einer versicherungsmathematisch adäquaten Erhöhung der Leistung, die durch die einbezahlten Beiträge gedeckt ist. Daher ist diese Maßnahme kostenneutral
“.*
Die zitierte Argumentation des OGH, dass grundsätzlich kein Äquivalenzverhältnis bestehe, bezieht sich allgemein auf das Pflichtversicherungsverhältnis und stammt aus Tomandl.* Dieses Generalargument zur Beschreibung des sozialen Ausgleichs in der SV kann nicht auf Leistungsteile angewendet werden, die vom Gesetzgeber selbst gezielt und bewusst vom sozialen Ausgleich ausgenommen sind und den Regeln der Versicherungsmathematik unterworfen werden.
Die Verstärkung dieses Arguments mit den Ausführungen von Kietaibl ist wegen dessen grundsätzlichen Irrtums unbeachtlich. Auch die Ausführungen des OGH zur Kostenneutralität in den Finanziellen Erläuterungen sind nicht nachvollziehbar. Eine versicherungsmathematische Erhöhung der Leistung ist nicht mehr, aber auch nicht weniger als eine solche. Man kann damit keinesfalls eine nichtadäquate Erhöhung der Leistung begründen. Im Ergebnis kann das strenge Äquivalenzprinzip zwischen Beitrag und Leistung des § 248c ASVG aufgrund des zwingenden versicherungsmathematischen Zusammenhangs nicht in Frage gestellt werden.
Eine andere Frage ist jedoch, ob der DG-Anteil als Beitrag des Versicherten zu werten ist. Dabei handelt es sich um eine Vorfrage zur Äquivalenzbeurteilung. Denn offenbar könnte der Gesetzgeber gewollt haben, dass der DG-Beitrag nicht als Beitrag im Kontext des § 248c gilt. Damit wäre ein Beitragsteil von der Höherversicherung ausgenommen, nämlich jener, der vom DG für den DN entrichtet wird (der deshalb materiell gemäß der Inzidenztheorie* den DN zuzuordnen ist).* Dem entsprechend definieren auch die Statistik Austria oder die OECD AN-Entgelte als die Summe der Bruttolöhne und -gehälter und der AG-Beiträge zur SV.*
Die eigentliche Frage lautet also: Wollte der Gesetzgeber einen klar abgegrenzten Beitragsteil der Leistungswirksamkeit entziehen und wenn ja, dürfte er das? Mit zu berücksichtigen ist dabei, dass bei Selbstständigen der gesamte Beitragssatz (18,5 %) in die Höherversicherung einfließt, obwohl Selbstständige insgesamt einen geringeren Eigenbeitrag leisten (18,5 % versus 22,8 %). Wenn sowohl ein Selbstständiger wie auch ein Unselbstständiger eine monatliche Beitragsgrundlage von € 1.000,– haben, zahlt der Unselbstständige € 228,– an Pensionsbeiträgen (22,8 %), von denen laut OGH nur € 102,50 (10,25 %) für die Höherversicherung gem § 248c gelten sollen; der Selbstständige hingegen zahlt € 185,– (18,5 %) als Pensionsbeitrag, die gem § 143 GSVG zur Gänze für die Höherversicherung berücksichtigt werden. Die vom Gesetzgeber in § 248c Abs 2 ASVG (bzw § 143 Abs 2 GSVG und § 134 Abs 2 BSVG) gewählte Formulierung „geleistete[n] Beiträge zur Pensionsversicherung, die auf den (die) Versicherte(n) entfallen, mit einem Faktor zu vervielfachen
“ ist nicht eindeutig. Das Berufungsgericht hat ausführlich begründet, dass schon auf Ebene der Wortinterpretation die Beiträge im Ausmaß von 22,8 % dem DN zuzuordnen sind. „Die grammatikalische Auslegung des § 248c ASVG ergebe, dass das Verb ‚entfallen‘ im zu beurteilenden Kontext die Bedeutung von ‚einen bestimmten Anteil jemandem zuordnen, etwas als Anteil von oder an etwas zukommen lassen‘ habe. Wie sich aus der Rechtsprechung zu den Lohnfortzahlungsfällen ergebe, würden die Sozialversicherungsbeiträge im Interesse des Arbeitnehmers erbracht, damit dieser in den Genuss der entsprechenden Leistung komme, weshalb sie im weiteren Sinn zum Erwerb zählten. Sowohl die von der Klägerin selbst als auch die von ihrem Dienstgeber erbrachten Beiträge zur Pensionsversicherung hingen somit grundsätzlich davon ab, dass die Klägerin überhaupt erwerbstätig sei, sodass sowohl die von ihr als auch ihrem Dienstgeber bezahlten Beiträge zur Pensionsversicherung auf sie ‚entfallen‘.
“
Die Gesetzesstelle kann aber auch – zumindest nach der reinen Wortinterpretation – so wie vom OGH verstanden werden, nämlich, dass nur der DN-Anteil, also 10,25 % heranzuziehen sind. Unmissverständlich ist jedoch der in den finanziellen Erläuterungen zur RV* geäußerte Wille des Gesetzgebers, der auf eine „adäquate Erhöhung der Leistung, die durch die einbezahlten Beiträge gedeckt ist
“ gerichtet war. Diesem Willen wird eindeutig nicht entsprochen, wenn mehr als die Hälfte (12,55 % von 22,8 %) der Beiträge, die zur Leistungsdeckung einbezahlt werden, nicht berücksichtigt wird.
Ob der Gesetzgeber den DG-Anteil unberücksichtigt lassen dürfte, ist unter zwei Aspekten verfassungsrechtlich zu prüfen: Zum einen, ob es verfassungsrechtlich zulässig ist, bestimmte Beitragsteile von einer versicherungsmathematischen Verrentung auszunehmen. Zum anderen, und diese Frage erscheint wesentlicher, ob nicht der unterschiedlichen Behandlung110selbstständiger und unselbstständiger Erwerbstätiger Verfassungsschranken entgegenstehen.
Prinzipiell liegt es im Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers, eine Beitragspflicht auch für Erwerbstätigkeiten von Alterspensionsbeziehern vorzusehen. Gleichzeitig erscheint es in einem solchen Fall rechtspolitisch durchaus begründbar, Ruhensbestimmungen oder sonstige Beschränkungen vorzusehen. Der Gesetzgeber ist dabei jedoch an das Sachlichkeitsgebot gebunden, das im konkreten Fall verletzt scheint. Denn § 148c ASVG, § 143 GSVG und § 132 BSVG regeln wortident die Höherversicherung für alle drei Berufsgruppen mit wechselseitiger Berücksichtigung der aus einer pflichtversicherten Erwerbstätigkeit heraus geleisteten Beiträge für die Höherversicherung. Die Formulierung „Beiträge zur Pensionsversicherung, die auf den Versicherten entfallen“ im jeweiligen Abs 2 der drei genannten Bestimmungen stellt offenbar eine Abgrenzung von jenen Beitragsteilen in der Selbstständigen- PV dar, die nicht auf den Versicherten entfallen. Darunter ist im GSVG die Partnerleistung gem § 27 Abs 2 Z 2 und im BSVG gem § 24 Abs 2 Z 2 zu verstehen, die als Beitrag zur PV eine Leistung aus dem Steueraufkommen der Pflichtversicherten im Ausmaß von 4,3 % der Beitragsgrundlage im GSVG bzw 6,3 % im BSVG vorsieht. Während es sich beim DG-Beitrag zur PV um einen Lohnbestandteil handelt, der dem DN zuzuordnen ist, weil er im unmittelbaren Zusammenhang mit seiner Tätigkeit Teil der Wertschöpfungskette ist und auch als AN-Entgelt definiert wird, handelt es sich bei der aus allgemeinen Steuermitteln finanzierten Partnerleistung um eine Transferleistung ohne direkten Zusammenhang mit der Erwerbstätigkeit des Versicherten. Die Unterschiede bei der Höherversicherung zwischen der SV der Unselbstständigen und der der Selbstständigen bezogen auf den Aspekt, „welche Beiträge auf den Versicherten entfallen“ beschränken sich mA auf die Partnerleistungen der Selbstständigen, die nicht zu berücksichtigen sind. Gerade im Zusammenhang mit der Interpretation des Berufungsgerichtes, die auch von der OECD, der Statistik Austria und durch die Inzidenztheorie gestützt wird, nämlich dass AG-Beiträge zur SV einen Teil des ANEntgeltes und damit der Wertschöpfungskette darstellen, erscheint es unsachlich, bei Selbstständigen 18,5 % und bei Unselbstständigen lediglich 10,25 % zu berücksichtigen.
Rechtlich erscheint bei einer Gesamtwürdigung jedenfalls die Einbeziehung der DG-Beiträge in die Höherversicherung geboten. Selbst wenn man den Wortlaut als unbestimmt ansieht, sprechen die Materialien und der Zweck eindeutig für eine Einbeziehung des DG-Anteils. Zudem ist – vor dem Hintergrund auch der ökonomischen Funktion der DG-Beiträge als AN-Entgelt – kein sachlicher Grund für die Ungleichbehandlung von Pflichtbeiträgen zur PV von Selbstständigen und Unselbstständigen erkennbar, sodass auch eine verfassungskonforme Interpretation die (Mit-)Berücksichtigung der DG-Anteile gebietet. IdS ist zu hoffen, dass der OGH bei richtiger Würdigung des dem § 248c ASVG innewohnenden Versicherungsprinzips und der skizzierten gleichheitsrechtlichen Überlegungen seine E revidiert.
Der VfGH argumentiert in der E B 418/90(SVSlg 37.136 = ARD 4312/21/91), dass bei Ausübung einer pflichtversicherten Erwerbstätigkeit von Personen, die bereits eine Alterspension beziehen, dem Erwerb einer weiteren Alterspension, sofern die Wartezeit erfüllt werde, grundsätzlich nichts im Wege stünde. Kietaibl* nimmt diese E zum Anlass und bezeichnet es als äußerst fraglich, ob § 248c den vom „VfGH an sich verlangten Anspruch auf eine weitere Pension
“ ersetzen kann. Diese Überlegung beruht freilich – wie dargelegt – auf der irrtümlichen Annahme, bei der Monatsleistung handle es sich um einen Jahresanspruch. Wie sich zeigen lässt, ist die Höherversicherung nach § 248c ASVG im Ergebnis nicht nur ein würdiger Ersatz für das Konzept einer zweiten Alterspension, sondern eine in jeder Hinsicht überlegene Lösung.
Bei der Höherversicherung nach § 248c handelt es sich vom Ziel um eine streng versicherungsmathematische Leistungsbemessung, die so festgesetzt ist, dass sich die Höherversicherung gerade selbst finanziert, dass also aus ihr weder ein Gewinn noch ein Verlust entsteht. Was sollte eine zweite Alterspension mehr leisten? Im Gegenteil ist es so, dass ein weiterer Pensionsanspruch aufgrund des Versicherungsprinzips, das auch der sozialen und solidarischen PV grundsätzlich innewohnt, überhaupt nicht geeignet ist, ein adäquates Verhältnis zwischen Beiträgen und Leistung herzustellen, weil die Restlebenserwartung nach Erfüllung der Wartezeit zum 80. Lebensjahr dafür idR nicht ausreicht.
Bei einer Erwerbstätigkeit parallel zur Alterspension müsste diese ausgehend vom 65. Geburtstag bis mindestens zum 80. Lebensjahr ausgeübt werden. Die fernere (oder restliche) Lebenserwartung von 80-jährigen Männern liegt bei rund acht Jahren, die Wahrscheinlichkeit, das Alter von 80 Jahren auch zu erreichen,* liegt bei rund 65 %. Dh 35 % der 65-Jährigen sterben vor dem 80. Lebensjahr. Der Erwartungswert des weiteren Pensionsanspruches, also die Wahrscheinlichkeit, dass ich das Pensionsalter 80 auch erreiche, um die Leistung überhaupt in Anspruch nehmen zu können, wäre im Vergleich zur Beitragsleistung unangemessen gering. Gerade dadurch würde das auch der gesetzlichen PV innewohnende Versicherungsprinzip ad absurdum geführt. Abhängig von der jeweils konkreten Lebenserwartung würden Personen, die das 80. Lebensjahr vollenden, die Leistung nur für einen relativ kurzen Zeitraum beziehen und Personen, die vor dem 80. Lebensjahr versterben, würden erst gar keinen Anspruch erwerben. § 248c ASVG gewährleistet hingegen eine kontinuierliche Leistungserhöhung ab dem 66. Lebensjahr (wie in 2.2. dargestellt).111
Wenn man das Beispiel von 2.2. erweitert, indem man annimmt, jemand ist vom 65. Geburtstag bis zum 80. Lebensjahr parallel zu einer Alterspension auf Basis der Höchstbeitragsgrundlage selbstständig tätig, würde sich die monatliche Pension ausgehend von rund € 40,– schrittweise über 15 Jahre Jahr für Jahr erhöhen, und zwar um einen immer größeren Betrag, weil die Beitragszahlung einer immer kürzer werdenden Lebenserwartung gegenübersteht. Insgesamt sind die Faktoren so festgesetzt, dass sich die monatliche Pension – nach 15-jähriger Pflichtversicherung auf Basis der Höchstbeitragsgrundlage – in Summe um € 943,– pro Monat 14 x pro Jahr erhöhen würde. Das ergibt eine jährlich Pensionserhöhung ab dem 81. Lebensjahr von € 13.208,–. Die Summe an Pensionserhöhungen aus der Höherversicherung, die sich bis zum 80. Geburtstag über einen Zeitraum von 14 Jahren kumuliert, beträgt rund € 77.446,–. Bis zum 85. Lebensjahr könnten weitere € 66.039,–,- bezogen werden (5 x € 13.208,–). Die Gesamtsumme an besonderen Steigerungsbeträgen bis zum 85. Lebensjahr beträgt daher rund € 143.500,–.
Den Berechnungen ist, ausgehend von einer Beitragsleistung von € 10.290,– auf Basis der Höchstbeitragsgrundlage im Jahr 2011 – der Wert, von dem Kietaibl* ausgeht –, eine jährliche reale Steigerung von 1,5 % und ein ab dem Jahr 2013 stabiler Beitragssatz von 18,5 % bei Selbstständigen unterstellt, sodass die im 80. Lebensjahr geleistete Beitragssumme rund € 13.750,– beträgt. Die ausgewiesenen Beträge sind inflationsbereinigt, also real dargestellt. Als Vergleichsalter für die Gesamtleistung, die aus einer zweiten Pension zu erwarten wäre, ist der 85. Geburtstag heranzuziehen, weil bei 65-jährigen Personen von einer ferneren Lebenserwartung von rund 20 Jahren auszugehen ist. Der Vergleichsdarstellung der Pensionsleistung im Pensionskonto zum 80. Geburtstag sind dieselben Annahmen unterlegt; als Beitragsgrundlage für die Gutschriftsbildung im Pensionskonto wurde ebenfalls die Höchstbeitragsgrundlage herangezogen.
Bei einer weiteren Pension ab dem 80. Geburtstag – nach 15 Jahren selbstständiger Erwerbstätigkeit auf Basis der Höchstbeitragsgrundlage – würde sich eine Monatspension von ca € 1.390,– und eine Jahresleistung von € 19.456,– ergeben. Bei einem Pensionsbezug von fünf Jahren ergibt sich eine Gesamtsumme von rund € 97.280,– (5 x € 19.456,–). Dieser Betrag liegt deutlich unter dem Ergebnis der Höherversicherung. Damit die weitere Pensionsleistung versicherungsmathematisch äquivalent wird, also jenen Betrag erreicht, der mit der besonderen Höherversicherung erreicht wird, müsste die Pension im Durchschnitt bis zum 93. Lebensjahr bezogen werden. Denn im Alter von 93 Jahren beträgt der kumulierte Betrag der besonderen Pensionserhöhung aus der Höherversicherung rund € 250.000,– und der kumulierte „weitere“ Pensionsbezug ab dem 80. Geburtstag € 252.000,–.*
§ 248c ist – abgesehen vom Vorteil, dass keinerlei Wartezeit erfüllt werden muss – gerade wegen seiner versicherungsmathematischen Konzeption für Zuverdienste auch im hohen Alter eine passende Lösung, weil die mit zunehmendem Alter immer größer werdende Sterbewahrscheinlichkeit berücksichtigt wird. Eine weitere Alterspension hingegen ist immer auf einen etwa 20-jährigen Bezug abgestellt, unabhängig davon, mit welchem Alter die Beitragszahlung erfolgt. Damit wird auch der Unterschied zwischen der sozialen und solidarischen Pension und einer versicherungsmathematischen Zusatzleistung deutlich.