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Fallweise Beschäftigung als zulässige Kettenbefristung

MARTINRISAK (WIEN)
  1. Grundsätzlich sind Kettendienstverträge wegen der immanenten Gefahr einer Beeinträchtigung wesentlicher AN-Interessen sehr restriktiv zu beurteilen. Sie sind nur dann rechtmäßig, wenn die Aneinanderreihung einzelner auf bestimmte Zeit abgeschlossener Arbeitsverträge im Einzelfall durch besondere soziale oder wirtschaftliche Gründe, die in der Person des AN liegen müssen, gerechtfertigt ist. Es bedarf einer Interessenabwägung iSd beweglichen Systems, bei der nicht nur das Ausmaß der Unterbrechungszeiten, sondern auch das der zwischen diesen Unterbrechungszeiten liegenden Beschäftigungszeiten zu berücksichtigen ist.

  2. Übersteigt die Dauer der Zeiten der Unterbrechung erheblich die der Beschäftigung, spricht dies tendenziell gegen eine unzulässige Vertragskette.

  3. Der Umstand, dass der AN fallweise gebeten wurde, für andere Mitarbeiter „einzuspringen“ ist für eine Aushilfstätigkeit geradezu charakteristisch. Da er nicht verpflichtet war, solchen Ersuchen nachzukommen und im Weigerungsfall auch keine Sanktionen zu erwarten hatte, kann daraus kein Argument für ein durchgehendes Dienstverhältnis abgeleitet werden.

  4. 4. Nach der Rahmenvereinbarung trug die AG das Risiko des Ausfalls einer Hilfskraft. Dagegen kam sie dem Interesse des AN an einem Zusatzverdienst durch eine Beschäftigung entgegen, der er nach Bedarf neben seiner Vollzeitbeschäftigung bei einem anderen Unternehmen nachgehen konnte. Auch wenn der AN im Rückblick regelmäßig im Einsatz war, kommt es doch wesentlich darauf an, dass er dazu – im Unterschied zu einem durchgehend teilzeitbeschäftigten AN – nicht verpflichtet gewesen wäre.

  5. Der Umstand, dass ein kurzfristiges Absagen eines vereinbarten Termins beim AN nur ein einziges Mal vorgekommen ist, deutet angesichts dessen, dass er sich seine Einsatztage immer auf wenige Wochen im Voraus selbst ausgesucht hat und schon dabei etwaige Verhinderungsgründe berücksichtigen konnte, nicht auf eine weitergehende vertragliche Bindung hin.

  6. Da die Jahresremuneration nach Pkt 14 lit a des KollV für Arbeiter im Hotel- und Gastgewerbe nur den AN, die mindestens zwei Monate ununterbrochen im selben Betrieb beschäftigt sind, gebührt, haben fallweise beschäftigte Aushilfskräfte keinen Anspruch auf diese. Im Ergebnis 346wird diese AN-Gruppe aber dennoch nicht entgeltmäßig schlechter gestellt (§ 2b AVRAG) als unbefristet Beschäftigte, weil ihnen statt dessen ein auf 120 % erhöhter kollektivvertraglicher Mindeststundenlohn gebührt.

  7. Auch fallweisen Beschäftigten iSd § 471b ASVG steht ein Urlaubsanspruch zu, der (zugunsten des AN) auch stundenweise in Anspruch genommen werden kann.

  8. Eine Einbeziehung der Urlaubsersatzleistung in eine „All-In-Vereinbarung“ verstößt gegen das Ablöseverbot des § 7 UrlG und ist nichtig.

  9. Die Verfallsbestimmung nach Pkt 7 lit e des KollV für Arbeiter im Hotel- und Gastgewerbe bezieht sich nur auf das laufende Entgelt.

Der in seinem Hauptberuf bei einem anderen Unternehmen als Maschinist beschäftigte Kl war bei der Bekl, die eine Diskothek betreibt, als Aushilfskraft beschäftigt. Auf das Vertragsverhältnis war der KollV für das Hotel- und Gastgewerbe anzuwenden.

Der Kl arbeitete bei der Bekl als „Fasser“, der die Kellner mit frischen Getränken zu versorgen hat. Im Rahmen des Bewerbungsgesprächs erklärte der Betriebsleiter M L dem Kl, dass er „fallweise Beschäftigter“ sei und dafür jeweils nach Ende der Schicht einen Lohn von 7,50 € netto pro gearbeiteter Stunde ausbezahlt erhalten werde. Diese Abmachung wurde eingehalten. Die Lohnabrechnungen wurden jeweils für einen Monat im Nachhinein erstellt.

Der Kl konnte sich selbst einteilen, wann er arbeiten wollte. Er trug – so wie auch die anderen bei der Bekl beschäftigten Fasser – seine gewünschten Arbeitstage in einem dafür vorgesehenen Kalenderblatt für maximal fünf Wochen im Voraus ein. Im Jahr 2012 wollte er vor allem an Freitagen, zwei bis drei mal pro Monat, arbeiten.

Jene Fasser, die den Dienst antraten, wurden bei der Gebietskrankenkasse (GKK) zunächst avisiert und dann nachträglich für den jeweiligen Tag als „fallweise Beschäftigte“ angemeldet. Es war aber jedem Fasser möglich, auch noch kurzfristig abzusagen; dann musste der Vorgang bei der GKK rückgängig gemacht werden. Diese Mitarbeiter konnten kurz darauf schon wieder andere Dienste übernehmen. Es bestand für sie keine Verpflichtung, einen Vertreter zu entsenden. Der Kl hatte bspw für den 23.12.2011 eine Arbeitstätigkeit vereinbart, die er wegen Erkrankung seiner Tochter nicht einhalten konnte. Die Stornierung dieses Termins war für den Kl sanktionslos.

Der Kl wurde ungefähr drei- bis viermal im Jahr vom Betriebsleiter kurz vor Arbeitsbeginn ersucht, wegen eines Ausfalls anderer Mitarbeiter auszuhelfen.

Gegen Ende Mai 2012 erlitt der Kl einen leichten Bandscheibenvorfall. Er teilte der Bekl mit, dass er aus diesem Grund zur Zeit nicht arbeiten gehen könne, was diese zur Kenntnis nahm. Danach trat er ohne weitere Erklärung keinen Dienst mehr an.

In der Klage wird mit dem Vorbringen, der Kl sei als Aushilfskellner in Wahrheit in einem durchgehenden Dienstverhältnis gestanden, kollektivvertragliche Jahresremuneration sowie Urlaubsersatzleistung für die Zeit vom 1.7.2009 bis 30.4.2012 geltend gemacht.

Die Bekl wandte ein, der Kl sei lediglich fallweise beschäftigt gewesen. Es habe für ihn keine Arbeitspflicht bestanden. Die Diskothek sei idR nur donnerstags bis samstags, gelegentlich auch vor Feiertagen geöffnet worden, deshalb und wegen unregelmäßiger Auslastung habe die Bekl nie durchgehende Dienstverhältnisse gewollt. Wäre dennoch von einem durchgehenden Beschäftigungsverhältnis auszugehen, dann hätte es durch unberechtigten vorzeitigen Austritt des Kl geendet. Der Anspruch auf Jahresremuneration entstehe erst nach einer ununterbrochenen Beschäftigung von mehr als zwei Monaten, die der Kl nie erreicht habe. Für die tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden habe er, wie es der KollV für fallweise Beschäftigte vorsehe, einen erhöhten Mindestlohn erhalten, mit dem sämtliche Ansprüche angemessen abgegolten seien.

Das Erstgericht sprach dem Kl 2.300,47 € brutto unter Abweisung des Mehrbegehrens zu. Es sei angesichts der Häufigkeit seiner Arbeitseinsätze von einem durchgehenden Beschäftigungsverhältnis auszugehen. Einen wichtigen Grund für eine vorzeitige Beendigung habe der Kl nicht nachweisen können, sodass das Arbeitsverhältnis durch seinen unberechtigten Austritt beendet worden sei. Mit Ausnahme der austrittsabhängigen Ansprüche bestehe das Klagebegehren zu Recht.

Das Berufungsgericht gab den von beiden Streitteilen erhobenen Berufungen keine Folge. [...]

Rechtliche Beurteilung

Die gegen dieses Urteil erhobene Revision der Bekl (§ 508a ZPO) ist zulässig, weil das Berufungsgericht in seiner rechtlichen Beurteilung von der Judikatur des OGH zur Beurteilung von Kettenarbeitsverhältnissen abgewichen ist. [...]

Die Revision ist teilweise auch berechtigt.

1. Der Begriff der „fallweise beschäftigten“ Personen stammt aus dem Bereich des Sozialversicherungsrechts. Nach § 471b ASVG sind darunter Personen zu verstehen, die in unregelmäßiger Folge tageweise beim selben DG beschäftigt werden, wenn die Beschäftigung für eine kürzere Zeit als eine Woche vereinbart ist. Aus arbeitsrechtlicher Sicht handelt es sich bei solchen fallweisen Beschäftigungen um aufeinanderfolgende befristete Dienstverhältnisse.

Der hier anzuwendende Rahmen-KollV für Arbeiter im Hotel- und Gastgewerbe enthält in seinem Pkt 8.g. eine Sonderregelung für die Entlohnung fallweise beschäftigter Personen iSd sozialversicherungsrechtlichen Definition. Für diese Beschäftigtengruppe wird ein Mindestlohn in Höhe von 120 % des kollektivvertraglichen Mindestlohns der ihrer Tätigkeit entsprechenden Beschäftigtengruppe normiert. Unstrittig ist, dass der mit dem Kl vereinbarte Stundenlohn von 7,50 € netto diesen erhöhten Mindestlohn überschritten hat.

2. Die festgestellte Vereinbarung der Streitteile begründete für den Kl keine Arbeitspflicht. Umgekehrt verschaffte sie ihm aber auch keinen Anspruch auf Beschäftigung zu bestimmten Zeiten oder in einem bestimmten Mindestausmaß. Der Inhalt beschränkte sich auf eine Rahmenvereinbarung über die Art und 347die Höhe der Entlohnung von nebenberuflichen Einsätzen als Aushilfskraft. Zu einem konkreten Arbeitsverhältnis kam es jeweils erst dann, wenn der Kl sich für bestimmte, frei gewählte Tage zum Einsatz bereit erklärte und die Bekl seine Arbeitskraft tatsächlich in Anspruch nahm. Nach der festgestellten jahrelangen Praxis haben die Streitteile eine Serie von befristeten Arbeitsverhältnissen geschlossen.

Grundsätzlich ist diese Art der Vertragsgestaltung wegen der immanenten Gefahr einer Beeinträchtigung wesentlicher AN-Interessen sehr restriktiv zu beurteilen. Kettenarbeitsverträge sind nur dann rechtmäßig, wenn die Aneinanderreihung einzelner auf bestimmte Zeit abgeschlossener Arbeitsverträge im Einzelfall durch besondere soziale oder wirtschaftliche Gründe, die in der Person des AN liegen müssen, gerechtfertigt ist (RIS-Justiz RS0028327 [T2, T6]). Es bedarf einer Interessenabwägung iSd beweglichen Systems, bei der nicht nur das Ausmaß der Unterbrechungszeiten, sondern auch das der zwischen diesen Unterbrechungszeiten liegenden Beschäftigungszeiten zu berücksichtigen ist.

Der vorliegende Sachverhalt lässt keine Gründe erkennen, aus denen die Aneinanderreihung befristeter Arbeitsverhältnisse nach den Umständen des Einzelfalls als sittenwidrig zu beurteilen wäre.

Übersteigt die Dauer der Zeiten der Unterbrechung – wie beim Kl – erheblich die der Beschäftigung, spricht dies tendenziell gegen eine unzulässige Vertragskette (RIS-Justiz RS0021824; RS0110312 = 8 ObA 15/98h).

Nicht nur legte die Rahmenvereinbarung der Streitteile keine Arbeitsverpflichtung des Kl fest, dies entsprach auch den tatsächlichen Gepflogenheiten; weder konnte von verpönter „Arbeit auf Abruf“, noch von einseitig am Bedarf des Unternehmens orientierter, variabler Arbeitszeit (vgl 8 ObA 15/98h) die Rede sein. Der Umstand, dass der Kl fallweise gebeten wurde, für andere Mitarbeiter „einzuspringen“, ist für eine Aushilfstätigkeit geradezu charakteristisch. Da er nicht verpflichtet war, solchen Ersuchen nachzukommen und im Weigerungsfall auch keine Sanktionen zu erwarten hatte, kann daraus kein Argument für ein durchgehendes Dienstverhältnis abgeleitet werden.

Nach der Rahmenvereinbarung trug die Bekl das Risiko des Ausfalls einer Hilfskraft. Dagegen kam sie dem Interesse des Kl an einem Zusatzverdienst durch eine Beschäftigung entgegen, der er nach Bedarf neben seiner Vollzeitbeschäftigung bei einem anderen Unternehmen nachgehen konnte. Auch wenn der Kl im Rückblick in den strittigen zweieinhalb Jahren ziemlich regelmäßig im Einsatz war, kommt es doch wesentlich darauf an, dass er dazu – im Unterschied zu einem durchgehend teilzeitbeschäftigten AN – nicht verpflichtet gewesen wäre. Der Umstand, das ein kurzfristiges Absagen eines vereinbarten Termins bei ihm nur ein einziges Mal vorgekommen ist, deutet angesichts dessen, dass er sich seine Einsatztage immer auf wenige Wochen im Voraus selbst ausgesucht hat und schon dabei etwaige Verhinderungsgründe berücksichtigen konnte, nicht auf eine weitergehende vertragliche Bindung hin.

3. Eine Jahresremuneration gebührt nach Pkt 14 lit a des KollV für Arbeiter im Hotel- und Gastgewerbe allen AN, die mindestens zwei Monate ununterbrochen im selben Betrieb beschäftigt sind.

Diese Voraussetzung können fallweise beschäftigte Aushilfskräfte nicht erfüllen. Im Ergebnis wird diese Gruppe von AN durch die kollektivvertragliche Regelung aber dennoch nicht entgeltmäßig schlechter gestellt (§ 2b AVRAG) als unbefristet Beschäftigte, weil ihnen statt dessen ein auf 120 % erhöhter kollektivvertraglicher Mindeststundenlohn gebührt. Der Durchschnittslohn für fortlaufend beschäftigte AN beträgt unter aliquoter Einrechnung der diesen zustehenden Jahresremuneration 119,17 % des allgemeinen Mindestlohnsatzes. Fallweise Beschäftigte haben daher für dieselbe Anzahl an Arbeitsstunden im Ergebnis nicht weniger, sondern (geringfügig) mehr Lohn zu erhalten als durchgehend Beschäftigte.

Auch dem fallweise kurzfristig beschäftigten Kl stand mangels Erfüllung der zeitlichen Voraussetzungen des Pkt 14 des KollV keine Jahresremuneration zu. Die Frage, ob die Bekl mit ihm eine „All-In-Vereinbarung“ treffen wollte, kann aus diesem Grund dahingestellt bleiben (zur Zulässigkeit ua 9 ObA 160/11m; 8 ObA 32/13hje mwN).

4. Anders verhält es sich mit dem Anspruch auf Urlaubsersatzleistung. Mit der Frage des Anspruchs fallweise beschäftigter AN auf Erholungsurlaub sowie der Abgeltung des Urlaubs bei Nichtverbrauch hatte sich der erkennende Senat erst jüngst in seiner E 8 ObA 32/13hzu befassen, die ein gleichartiges Arbeitsverhältnis zur identen Bekl betraf.

Am Ergebnis dieser E ist festzuhalten: Auch fallweisen Beschäftigten iSd § 471b ASVG steht ein Urlaubsanspruch zu, der (zugunsten des AN) auch stundenweise in Anspruch genommen werden kann. Eine Einbeziehung der Urlaubsersatzleistung in eine „All-In-Vereinbarung“ verstößt gegen das Ablöseverbot des § 7 UrlG und ist nichtig. Das in Pkt 8 lit g des KollV für fallweise beschäftigte AN festgelegte erhöhte Mindestentgelt enthält keine anteilige Urlaubsersatzleistung.

Die geltend gemachte Urlaubsersatzleistung steht dem Kl daher für die Dauer seiner befristeten Dienstverhältnisse zu. Die Bekl hat die rechnerische Höhe des Anspruchs unter der Prämisse, dass kein durchgehendes Dienstverhältnis vorlag, nicht substantiiert bestritten, sondern lediglich vorgebracht, dass auf einen Arbeitstag rechnerisch 0,08 anteilige Urlaubstage entfallen würden. Auch auf dieser Grundlage würde sich aber, ausgehend vom Nettolohn des Kl, ein Betrag ergeben, der das (Brutto-)Klagebegehren jedenfalls nicht unterschreitet (§ 273 ZPO; Tageslohn je nach Einsatzdauer 60 bis 75 € netto an insgesamt 120 Arbeitstagen im Anspruchszeitraum).

5. Da der Kl nicht zur Fortsetzung seiner Arbeit verpflichtet war, besteht für die Annahme eines unberechtigten vorzeitigen Austritts kein Raum. Die damit begründete Teilabweisung der eingeklagten Urlaubsersatzleistung durch die Vorinstanzen ist allerdings in Rechtskraft erwachsen und kann vom OGH nicht mehr korrigiert werden.

Die Verfallsbestimmung nach Pkt 7 lit e des KollV bezieht sich, wie die Vorinstanzen zutreffend erkannt haben, nur auf das laufende Entgelt (RISJustiz RS0064834; 8 ObA 32/12h). [...] 348

Anmerkung

Der OGH behandelt in dieser E mit überzeugenden Ergebnissen zahlreiche Aspekte der sogenannten „fallweisen Beschäftigung“, worunter sehr kurzfristige, aneinandergereihte Arbeitsverhältnisse zum selben AG zu verstehen sind. Zwar beinhaltet das ASVG einen eigenen Abschnitt über diese AN-Gruppe mit Sondervorschriften betreffend das Melde- und Beitragsrecht, das Arbeitsrecht kennt diesen Begriff hingegen nicht. Deshalb ist in einem ersten Schritt zu fragen, welche Auswirkungen diese sozialversicherungsrechtlichen Regelungen auf das Arbeitsrecht haben (Pkt 1). Nicht nur für die vorliegende E zentral ist die Frage, unter welchen Voraussetzungen eine derartige „fallweise Beschäftigung“ überhaupt zulässig ist und wie diese von einer unzulässigen Kettenbefristung abzugrenzen ist (Pkt 4). Davor ist jedoch noch die, vom OGH nicht angesprochene vorgelagerte Frage aufzuwerfen, warum nicht schon der Rahmenvertrag als durchgängiges (freies) Dienstverhältnis beurteilt wurde (Pkt 2 und 3). Auf die Auswirkungen der fallweisen Beschäftigung auf die im anwendbaren KollV speziell geregelten Sonderzahlungen und die Urlaubsersatzleistung (dazu OGH8 ObA 32/13hwbl 2013/236; Shubshitzky, Arbeitsrechtliche Aspekte einer fallweisen Aushilfe im Gastgewerbe, ASoK 2013, 488; Braun, Einbeziehung der Urlaubsersatzleistung in eine All-in-Vereinbarung verstößt gegen das Ablöseverbot des § 7 UrlG, ASoK 2013, 219) wird hier aus Platzgründen nicht weiter eingegangen.

1.
„Fallweise Beschäftigung“ – Begriff und Zulässigkeit

Das ASVG enthält im neunten Teil („Sonderbestimmungen“) einen Abschnitt Ia, der der fallweisen Beschäftigung gewidmet ist und mit der 29. ASVG-Novelle BGBl 1973/31eingeführt wurde. Er enthält im Wesentlichen Sonderbestimmungen betreffend die An- und Abmeldung sowie damit im Zusammenhang stehende Fragen der Geringfügigkeitsgrenze sowie der Beitragsgrundlage. Zur Begründung führen die Materialien „ein dringendes praktisches Bedürfnis nach Einführung vereinfachter An- und Abmeldungen für Dienstnehmer, die in unregelmäßiger Folge tageweise beschäftigt werden“ (ErläutRV 404 BlgNR 13. GP 129), an. Diese Sonderregelungen gelten für jene Personen, „die in unregelmäßiger Folge tageweise beim selben Dienstgeber beschäftigt werden, wenn die Beschäftigung für eine kürzere Zeit als eine Woche vereinbart ist“ (§ 471b ASVG).

Das ASVG geht somit davon aus, dass es bei demselben DG zu einer Aneinanderreihung von befristeten Dienstverhältnissen kommen kann. Dies setzt deren arbeitsrechtliche Zulässigkeit voraus, worauf Schrank (Komm zu OGH8 ObA 116/04yZAS 2016/13) zu Recht hinweist. Ohne die Sonderregelungen der §§ 471a ff ASVG müsste jedes Dienstverhältnis einzeln hinsichtlich der Versicherungspflicht (Überschreiten der Geringfügigkeitsgrenze) beurteilt werden und würde jeweils eine eigene An- und Abmeldepflicht auslösen. Durch die Spezialbestimmungen erfolgt eine Art sozialversicherungsrechtlicher Zusammenlegung dieser in arbeitsrechtlicher Hinsicht ansonsten gesondert zu Das ASVG geht somit davon aus, dass es bei demselben DG zu einer Aneinanderreihung von befristeten Dienstverhältnissen kommen kann. Dies setzt deren arbeitsrechtliche Zulässigkeit voraus, worauf Schrank (Komm zu OGH8 ObA 116/04yZAS 2016/13) zu Recht hinweist. Ohne die Sonderregelungen der §§ 471a ff ASVG müsste jedes Dienstverhältnis einzeln hinsichtlich der Versicherungspflicht (Überschreiten der Geringfügigkeitsgrenze) beurteilt werden und würde jeweils eine eigene An- und Abmeldepflicht auslösen. Durch die Spezialbestimmungen erfolgt eine Art sozialversicherungsrechtlicher Zusammenlegung dieser in arbeitsrechtlicher Hinsicht ansonsten gesondert zu beurteilender Dienstverhältnisse. Aus deren Vorliegen ist – im Einklang mit den Materialien – auch abzuleiten, dass es sich arbeitsrechtlich weiterhin um gesondert zu beurteilende befristete Dienstverhältnisse handelt, ansonsten die sozialversicherungsrechtliche Sonderbehandlung sinnlos wäre. In dieselbe Richtung weist in dem der E zu Grunde liegenden Sachverhalt auch die Sonderregelung hinsichtlich des Entgelts für „fallweise beschäftigte“ Personen im KollV für ArbeiterInnen im Hotel- und Gastgewerbe.

Mit dieser grundsätzlichen Zulässigkeit sehr kurzfristiger Arbeitsverhältnisse iSd „fallweisen Beschäftigung“, wie sie zB auch von Chr. Klein (Möglichkeiten und Grenzen flexibler Teilzeitarbeit, in FS Cerny [2001] 219 [221]), wenngleich ohne Rückgriff auf das Sozialversicherungsrecht vertreten wird, ist noch nichts darüber ausgesagt, wann diese überhaupt zulässig sind. Im Lichte der das Vertragsrecht beherrschenden Privatautonomie ist von deren grundsätzlicher Zulässigkeit auszugehen, wenn diese nicht zum Schutze einer der Vertragsparteien oder der Allgemeinheit eingeschränkt ist. Im konkreten Fall geht es in erster Linie um den Schutz der typischerweise beim Aushandeln der Vertragsbedingungen schwächeren Partei, dem/der AN, die eine derartige Aneinanderreihung von befristeten Arbeitsverträgen immer mit demselben AG, unzulässig erscheinen lassen können. Der OGH hat idS daher auch die Frage, ob zulässige Kettendienstverträge vorliegen, in den Vordergrund gerückt. Offen gelassen wurde hingegen, ob der hier vorliegende Rahmenvertrag selbst nicht schon als durchgängiges Arbeitsverhältnis angesehen werden kann, wie dies in der umstrittenen OGH-E „Peek & Cloppenburg“ (OGH8 ObA 116/04yDRdA 2005/33 [B. Schwarz], idF kurz P&C-E) der Fall war. Da diese – vom OGH ausgesparte – Problematik jener der aneinandergereihten Befristungen logisch vorgelagert ist, soll sie zuerst kurz auch iSe Abgrenzung der vorliegenden E von der P&C-E behandelt werden, bevor auf die Kettenbefristung einzugehen ist.

2.
Der Rahmenvertrag als unbefristetes Arbeitsverhältnis?

Auffällig an der vorliegenden E ist, dass die in Praxis und Wissenschaft heftig diskutierte P&C-E (zur Diskussion in der Literatur siehe neben den Kommentaren von Schrank, ZAS 2006/13 und B. Schwarz, DRdA 2005/33 zB Friedrich, Rahmendienstvertrag und Arbeitszeit, ASoK 2006, 12; Gerhartl, Probleme der Beschäftigung nach Bedarf, RdW 2005/840) an keiner Stelle erwähnt wird, und somit auch keine Abgrenzung zur dort vertretenen Beurteilung bereits des Rahmenvertrages als durchgängiges unbefristetes Arbeitsverhältnis unternommen wird. Zur Erinnerung: Der OGH vertrat in der mE nicht immer sehr klar argumentierten P&C-E, dass im Falle eines Rahmenvertrages, bei dem die einzelnen Arbeitseinsätze nach beiderseitigem Bedarf-“Konsens“-Prinzip festgelegt werden, von einem durchgehenden Arbeitsvertrag, bei dem es – entgegen § 19c AZG – an der Vereinbarung der Normalarbeitszeit fehlte, auszugehen ist. Warum ist der vorliegende Fall nun so anders gelagert, dass es der OGH gar nicht für notwendig erachtete, auf die P&C-E einzugehen? 349

In der P&C-E nimmt der OGH eine Abgrenzung zur „fallweisen Beschäftigung“, die er als eine „andere Form flexibler Teilzeitarbeit“ als das strittige Bedarfsarbeitsverhältnis bezeichnet, dadurch vor, dass es dort an einer „bewussten umfassenden vertraglichen Vereinbarung“ fehle. Im vorliegenden Fall des Fassers lag nach den Sachverhaltsfeststellungen lediglich eine mündliche, sehr rudimentäre Rahmenvereinbarung vor, die sich auf „die Art und Höhe der Entlohnung von nebenberuflichen Einsätzen als Aushilfskraft“ beschränkte. Dazu kam wohl auch eine Vereinbarung über die Art der Tätigkeit als Fasser, nämlich die Versorgung von KellnerInnen mit frischen Getränken. Somit lag keine „bewusste umfassende vertragliche Vereinbarung“ iSd P&C-E vor, die zu einer intensiveren Bindung des/der AN geführt hätte.

Der OGH hebt in der P&C-E an mehreren Stellen die „umfassende, unbefristete Vereinbarung“ hervor und betont den Unterschied zu „Rahmenkonditionsvereinbarungen“, bei denen überhaupt keine Integration in den Betrieb des Vertragspartners/der Vertragspartnerin vorgesehen war (mit Verweis auf OGH9 ObA 52/88ZAS 1989, 136 [Schöffl]– hier lag deshalb grundsätzlich auch gar kein Arbeitsverhältnis vor) oder es an einem Willen zu einer dauerhaften, durchgehenden Vereinbarung fehle (mit Verweis auf OGH8 ObA 15/98h

[Krapf]
– Blutspendedienst). Die Beurteilung als durchgehendes unbefristetes Arbeitsverhältnis mit einer fehlenden Vereinbarung des Arbeitszeitausmaßes wird somit bereits auf den „schriftlichen Rahmendienstvertrag (im Zusammenhang mit den bei seinem Abschluss abgegebenen Erklärungen des zuständigen Mitarbeiters der beklP [Anm: der AG] über das zu erwartende durchschnittliche Beschäftigungsanbot, das weit über eine fallweise Beschäftigung hinausging)“ gegründet.

Im vorliegenden Fall fehlt es sowohl an einer umfassenden Rahmenvereinbarung als auch an einer von Seiten der AG ausgelösten Erwartung des AN eines bestimmten Mindestausmaßes der Arbeitsleistung. Außerdem wurden die Arbeitseinsätze nicht von der AG angeboten, was auf eine Arbeitszeiteinteilung hauptsächlich nach deren Interessen hindeuten würde, sondern der AN trug seine gewünschten Kalendertage selbst in ein dafür vorgesehenes Kalenderblatt ein. Es liegt somit kein Erklärungsverhalten der AG vor, das auf ein durchgängiges Vertragsverhältnis hindeutet. Der OGH betont daher zu Recht, dass im vorliegenden Fall weder verpönte „Arbeit auf Abruf“ noch eine einseitig am Bedarf des Unternehmens orientierte, variable Arbeitszeit vorliege (dies unter Berufung auf die Blutspende-E OGH8 ObA 15/98h

[Krapf]
und nicht auf die P&C-E). Ebenso spricht die einseitige, nicht begründungspflichtige Ablehnungsmöglichkeit bereits vereinbarter Arbeitseinsätze gegen ein durchgängiges Vertragsverhältnis in persönlicher Abhängigkeit, womit aber eine weitere – vom OGH nicht angesprochene – Frage kurz aufzuwerfen ist, nämlich jene, ob überhaupt ein Arbeitsverhältnis vorliegt.

3.
Arbeitsvertrag oder freier Dienstvertrag?

Schwierig in Einklang zu bringen ist die vorliegende E auch mit jener des OGH (9 ObA 10/99g

; vgl Karl, Zur rechtlichen Qualifikation von Sprachlehrern, ASoK 1999, 277) zu einem Sprachlehrer, der keine Fixstundenverpflichtung hatte und spätestens am Vortag durch Eintragung in ein Blocking-Buch Zeiträume bekannt geben konnte, innerhalb derer er für Unterrichtszwecke zur Verfügung stand. Am Nachmittag eines jeden Tages wurde dann zwischen der Sprachschule und dem Sprachlehrer telefonisch festgelegt, zu welchen Stunden nun tatsächlich unterrichtet werden sollte. Die Abhaltung fix vereinbarter Unterrichtsstunden konnte aus bestimmten Gründen abgelehnt werden, etwa, wenn SchülerInnen zudringlich wurden. Unbegründete Ablehnung oder unbegründete Absage bzw Nichterscheinen zu bereits vereinbarten Unterrichtsstunden hatte Konsequenzen zur Folge; sei es, dass ein derart unverlässlicher Mitarbeiter nicht mehr im gleichen Ausmaß betraut wurde wie bisher oder dass ihm überhaupt keine Stunden mehr zugeteilt wurden. Im zu beurteilenden Fall hatte sich der Sprachlehrer nicht von Tag zu Tag, sondern meistens für größere Zeiträume von zwei bis drei Wochen oder mehr durch Eintragung ins Blocking-Buch als verfügbar erklärt.

Der Gerichtshof beurteilte dies als durchgängiges Vertragsverhältnis, das aber wegen der starken Ingerenz des Arbeitenden auf das Ausmaß und die Lage der Arbeitszeit sowie der Absagemöglichkeiten bereits vereinbarter Einsätze kein „echtes“, sondern ein freies Dienstverhältnissei. Aus meiner Sicht spricht vieles dafür, dass die Sprachlehrer-E verfehlt ist und eigentlich von einer „fallweise Beschäftigung“ als AN auszugehen gewesen wäre und nicht von einem, dem Schutz des Arbeitsrechts nicht unterliegenden, freien Dienstverhältnis.

Will man aber an dieser Rsp festhalten und sie mit der vorliegenden E zum Fasser harmonisieren, dann kommt es wohl auf den Willen der Vertragsparteien an, ob eine dauerhafte, durchgängige Beschäftigung mit vom Arbeitenden zu bestimmendem variablen Arbeitszeitausmaß beabsichtigt ist oder tatsächlich eine bloß fallweise Beschäftigung als echte/r AN. Auf letzteres deutet die Möglichkeit hin, dass die vereinbarten Arbeitseinsätze sanktionslos und ohne Verpflichtung zur Entsendung eines Vertreters/einer Vertreterin abgesagt werden konnten. Das ist ein gewichtiges Argument dafür, dass keine durchgängige, sondern tatsächlich eine sehr kurzfristige Beschäftigung ohne weitere Verpflichtungen beabsichtigt war.

Dies schließt aber die persönliche Abhängigkeit während der einzelnen Arbeitseinsätze nicht aus. War der Dienst einmal angetreten, dann konnte der Fasser seinen Arbeitsplatz nicht mehr frei verlassen, sondern war zweifelsohne in den Arbeitsprozess der Diskothek eingegliedert und in seiner persönlichen Freiheit so beschränkt, dass von persönlicher Abhängigkeit während der einzelnen Arbeitseinsätze auszugehen war.

Auf folgenden, sich aus der Rsp ergebenden Widerspruch ist hinzuweisen: Bei einem durchgängigen Vertragsverhältnis als Fasser ist einerseits wegen des sanktionslosen Absagerechts bereits vereinbarter Einsätze ein freies Dienstverhältnis mit geringem Schutz anzunehmen – andererseits ist bei einer fallweisen Beschäftigung, die eine isolierte Betrachtung der einzelnen Einsätze nach sich zieht, von „echten“ Arbeitsverhältnissen auszugehen. Die Rsp, die in 350solchen Konstellationen durchgängige freie Dienstverhältnisse annimmt, sollte deshalb mE noch einmal überdacht werden.

4.
Zur Zulässigkeit der Kettenbefristung

Ist nun klargestellt, dass keine durchgängige Beschäftigung vorliegt, ist die Frage nach der Zulässigkeit der Kettenbefristung zu lösen, für die es in Österreich bekanntlich keine explizite gesetzliche Regelung gibt, was mE der Umsetzungsverpflichtung der Befristungs-RL 1999/70/EG nicht gerecht wird (siehe Jöst/Risak, Aktuelle Neuerungen im Arbeitsrecht, ZAS 2002, 97 [100]). Die Rsp sieht unter Berufung auf § 879 ABGB die Aneinanderreihung einzelner auf bestimmte Zeit abgeschlossener Arbeitsverträge nur dann als zulässig an, wenn dies im Einzelfall durch besondere soziale oder wirtschaftliche Gründe, die in der Person des/der AN liegen, gerechtfertigt ist. Ansonsten liegt ab der zweiten, nicht gerechtfertigten Befristung ein durchgängiges Arbeitsverhältnis vor (zB OGH9 ObA 118/88infas 1989 A 4).

Chr. Klein (Möglichkeiten und Grenzen flexibler Teilzeitarbeit, in FS Cerny 219 [226, 235]) führt bei seiner Untersuchung zu den Möglichkeiten flexibler Teilzeit einen einzigen Grund und ein Indiz für eine zulässige fallweise Beschäftigung an. Als Grund ist lediglich eine Rechtfertigung mit Umständen möglich, die in der Person des/der AN liegen. Als Beispiel sind neben der hier vorliegenden anderweitigen Haupteinkommensquelle des AN auch die Ausbildung (vgl OGH8 ObA 15/98h

– Medizinstudium) oder familiäre Betreuungspflichten zu nennen. Das Indiz, dass die Tätigkeit im Interesse des/der AN nur fallweise stattfinden soll und nicht als durchgängig intendiert ist, ist das Verhältnis zwischen der Gesamtdauer der Arbeitsverhältnisse und der Gesamtdauer der Unterbrechungen andererseits. MaW: Je größer die Abstände zwischen den einzelnen Arbeitsverhältnissen sind, desto mehr spricht dafür, dass es sich tatsächlich um einzelne Arbeitsverhältnisse und keine Umgehungen handelt. Der OGH kommt deshalb unter Zugrundelegung dieser Kriterien im Einklang mit seiner bisherigen Rsp zum Schluss, dass es sich um eine zulässige Kettenbefristung handelt und kein unbefristetes Arbeitsverhältnis vorliegt.