Horvath/Lebesmühlbacher/Lehne/Lütte/Murer (Hrsg)Ungleichheit im aktuellen Diskurs – Tagung der Österreichischen Assistentinnen und Assistenten Öffentliches Recht, Bd 3

Jan Sramek Verlag, Wien 2013, XIX, 265 Seiten, € 59,90

ROBERTREBHAHN (WIEN)

Der Band enthält acht Beiträge zum Thema Gleichheit, von denen aus der Sicht von DRdA drei von besonderem Interesse sind.

Sebastian Scholz erörtert „Die Drittwirkung der gesellschaftspolitischen Diskriminierungsverbote“ der Art 21 und 23 Grundrechtecharta (GRC). Diese verbieten nicht nur, dass Union und Mitgliedstaaten im Anwendungsbereich des Unionsrechts nach „personenbezogenen Merkmalen“ diskriminieren. Das Urteil Test Achats des EuGH (zu geschlechtsbezogenen Versicherungstarifen) zeige, dass Art 21 GRC auch verbiete, solche Diskriminierungen durch Private zuzulassen. Aus dem Urteil selbst kann man mE aber nur ableiten, dass der Unionsgesetzgeber solche Diskriminierungen nicht legitimieren darf. Die Frage, ob Private durch die Diskriminierungsverbote unmittelbar (ohne Vermittlung gesetzlicher Vorschriften) verpflichtet werden, wird von Scholz breit diskutiert und bejaht. Das erst 2014 ergangene EuGH-Urteil Association de médiation sociale (EuGH 15.1.2014, C-176/12, Rn 47) könnte für diese Auffassung sprechen.

Christopher Frank behandelt die „Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung im 370Beschäftigungsverhältnis“. Probleme sieht Frank heute weniger im materiellen Recht als im Zugang zum Rechtsschutz. Zum materiellen Recht wird darauf hingewiesen, dass das Verbot auch die Benachteiligung aufgrund des sexuellen Verhaltens erfasse. Zum Rechtsschutz weist Frank primär auf den – mE pathologischen – Zustand hin, dass in Österreich 35 (!) Materiengesetze des Bundes und der Länder die Vorgaben der RL 2000/43/EG umsetzen. An diesen Wildwuchs der gesetzlichen Regelungen knüpfen dann die Rechtsschutzmöglichkeiten an (auch bei anderen Diskriminierungstatbeständen), mit unterschiedlichen Rechtsschutzwegen und Fristen. Frank frägt, ob dies dem Gebot zur Umsetzung der RL entspricht. ME ist dies zu verneinen, weil es die „praktische Wirksamkeit“ des Unionsrechts deutlich beeinträchtigt. Kuriositäten der Kompetenzverteilung und Ausgliederungspraktiken können dies nicht entschuldigen.

Doris Wakolbinger befasst sich mit „Auswirkungen des Antidiskriminierungsrechts auf die Loyalitätsobliegenheiten religionsgemeinschaftlicher Arbeitsverhältnisse“. Im Anschluss an ihre Dissertation behandelt Wakolbinger konzis und umsichtig die heiklen Fragen, die insb § 20 Abs 2 GlBG („Anforderungen angesichts des Ethos der Organisation“) für Forderungen nach einem „ethosadäquaten“ Lebenswandel aufwirft. Der Anwendungsbereich dieser Ausnahmebestimmung wird weit gezogen, nur rein kommerzielle Betätigen seien ausgeschlossen. Deutlich restriktiver sieht Wakolbinger das Erfordernis, dass sich das Ethos der Organisation auf die Tätigkeit der AN auswirkt. Dabei werden Kern- und Randbereich ethosbezogener Tätigkeiten unterschieden; zum ersten zählen Verkündungsarbeit und wohl auch Einrichtungen der sozialen Arbeit (zB mit Kindern und Alten), zum zweiten administrative Tätigkeit und die Arbeit von Ärzten und Pflegepersonal in Krankenhäusern. Die Loyalitätsobliegenheiten seien nur je nach der Nähe der Tätigkeit zum Kernbereich abgestuft zulässig. Zusätzliche Schranken sollen bestehen, wenn die Benachteiligung aufgrund eines ausdrücklich verbotenen Differenzierungsmerkmales erfolgt (zB Geschlecht – Schwangerschaft; sexuelle Orientierung). Man darf gespannt sein, wieweit Gerichte diese Überlegungen aufgreifen.

Andere Beiträge behandeln Quoten im Wahlrecht, Fremdenrecht, Gesundheitsakte, regionale Selektivität im Beihilfenrecht, und die Zugangsbeschränkungen zu Universitäten. Der Eröffnungsvortrag von Lienbacher widmet sich dem „Assistentenbild in der Gegenwart“. Ein Bericht über die Podiumsdiskussion „Ungleichheit in der Wissenschaft“ beschließt den ertragreichen Band.