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  1. Ein Unionsbürger kann sich während seines rechtmäßigen Aufenthalts auf das Unionsrecht so lange berufen, bis der Aufnahmemitgliedstaat den rechtmäßigen Aufenthalt durch eine Entscheidung beendet, die die Verfahrensgarantien insb gem den Art 15, 30 und 31 der RL 2004/38/EG wahrt.

  2. Solange eine solche Entscheidung über die Beendigung des rechtmäßigen Aufenthalts in Österreich durch die dafür zuständige Behörde nicht vorliegt, besteht – bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen – auch für BezieherInnen einer Pension aus einem anderen Mitgliedstaat Anspruch auf Ausgleichszulage.

In Umsetzung der oa E des EuGH hat der OGH die Revision der Bekl keine Folge gegeben und dies wie folgt begründet: [...]

3. Im Revisionsverfahren ist mit Recht nicht mehr strittig, dass der Kl jedenfalls seit 1.4.2001 seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat. Strittig ist jedoch weiterhin die Frage, ob es sich dabei um einen „rechtmäßigen“ Aufenthalt iSd § 292 Abs 1 ASVG handelt.

4. Zutreffend macht die Bekl geltend, dass eine von der Verwaltungsbehörde iSd § 53 NAG ausgestellte Anmeldebescheinigung keine die Gerichte bei der Prüfung des Erfordernisses des „rechtmäßigen Aufenthalts“ iSd § 292 ASVG bindende Wirkung entfaltet. [...].

4.4 Da der Anmeldebescheinigung nach § 53 NAG, wie bereits dargelegt, eine bloß deklaratorische Wirkung zwecks Dokumentation des sich aus dem Unionsrecht abgeleiteten Aufenthaltsrechts und somit kein Bescheidcharakter zukommt, kommt eine Bindung des Gerichts in dem Sinn, dass endgültig und bindend über eine Vorfrage („Rechtmäßigkeit des Aufenthalts in Österreich“) abgesprochen wurde, nicht in Betracht (vgl 3 Ob 206/10f mwN).

4.5 Doch selbst wenn man der Anmeldebescheinigung nach § 53 NAG einen Bescheidcharakter zubilligen wollte, käme eine Bindungswirkung im vorliegenden Fall nicht in Betracht. Es ist nämlich das Gericht an die in einem Bescheid bloß deklarativ zum Ausdruck kommende Rechtsauffassung einer Verwaltungsbehörde nicht gebunden (4 Ob 209/03v mwN). Schließlich erfasst die Rechtskraft eines Bescheids auch im Verwaltungsrecht grundsätzlich nur die Parteien des Verwaltungsverfahrens. War aber ein Dritter – wie hier die bekl PVA – am Verwaltungsverfahren nicht beteiligt, dann wird er nach der jüngeren Rsp des OGH nur von der Gestaltungswirkung und der Tatbestandswirkung des Bescheids erfasst (RIS-Justiz RS0036981 [T18], RS0121545 ua). [...] Tatbestandsvoraussetzung für die Gewährung der Ausgleichszulage im vorliegenden Fall ist nach § 292 Abs 1 ASVG nämlich nicht das Vorliegen einer Anmeldebescheinigung nach § 53 NAG, sondern das Vorliegen eines „rechtmäßigen“ Aufenthalts im Inland.

4.6 Das Gericht hat daher im Rahmen der Beurteilung des Anspruchs eines EWR-Bürgers auf Ausgleichszulage grundsätzlich auch selbständig zu prüfen, ob die für die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts notwendigen Voraussetzungen vorliegen. [...]

5. Es ist daher im Folgenden die Frage zu prüfen, ob der Aufenthalt des Kl in Österreich rechtmäßig ist, was eine Voraussetzung für den Anspruch auf Gewährung der Ausgleichszulage darstellt. Aus den Gesetzesmaterialien zum BudgetbegleitG 2011, BGBl I 2010/111, ergibt sich, dass durch das Abstellen auf den „rechtmäßigen“ Aufenthalt ein Gleichklang der Ausgleichszulagenregelung mit dem europäischen und österreichischen Aufenthaltsrecht hergestellt werden soll (vgl ErlRV 981 BlgNR 24. GP 206). [...]

6. Die [...] österreichische Rechtslage stellt somit einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen den Voraussetzungen für die Gewährung der Ausgleichszulage und den Voraussetzungen für einen rechtmäßigen Aufenthalt eines EWR-Bürgers für einen Zeitraum von über drei Monaten in Österreich her. Es stellte sich daher für den erkennenden Senat vorrangig die Frage, ob die Ausgleichszulage als Sozialhilfeleistung iSd Art 7 Abs 1 der RL anzusehen ist. Der erkennende Senat hat daher mit Beschluss vom 14.2.2012 das Revisionsverfahren gem § 90a Abs 1 GOG ausgesetzt und ein entsprechendes Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der EU gerichtet. [...]

7. Der OGH hat iSd bindenden Rechtsansicht (krit zu dieser Rechtsansicht R. Rebhahn, Der Einfluss der Unionsbürgerschaft auf den Zugang zu Sozialleistungen – insb zur Ausgleichszulage [EuGH-Urteil Brey], wbl 2013, 605) des EuGH davon auszugehen, dass grundsätzlich nichts dem entgegensteht, dass die Gewährung von Sozialleistungen an Unionsbürger, die wirtschaftlich nicht aktiv sind, von dem Erfordernis abhängig gemacht wird, dass diese die Voraussetzungen für einen rechtmäßigen Aufenthalt im Aufnahmemitgliedstaat erfüllen. Es ist jedoch erforderlich, dass die Bedingungen, denen die Gewährung eines solchen Aufenthaltsrechts unterliegt – wie die im Ausgangsverfahren fragliche, dass ausreichende Existenzmittel zur Verfügung stehen müssen, so dass die Ausgleichszulage nicht beantragt wird –, selbst im Einklang mit dem Unionsrecht stehen (vgl Rn 44 f des Urteils des EuGH). [...]

8. Nach § 51 Abs 1 Z 2 NAG hängt das Recht eines Unionsbürgers auf Aufenthalt in Österreich ua davon ab, dass er keine Ausgleichszulage erhält. Nach § 292 Abs 1 ASVG wird die Ausgleichszulage nur den Personen gewährt, die ua ihren rechtmäßigen Aufenthalt in Österreich haben. Diese Bestimmungen sollen daher Unionsbürger, die sich in Österreich für mehr als drei Monate aufhalten wollen, von der Inanspruchnahme der Sozialleistungen in Österreich sowie von einer Leistung wie der Ausgleichszulage ausschließen.

8.1 Eine solche Verknüpfung zwischen dem Zugang zu Sozialleistungen und dem Aufenthaltsrecht trifft aber, auch wenn nicht unmittelbar nach der Staatsangehörigkeit differenziert wird, typischerweise Unionsbürger, die erst einen Aufenthalt im Inland begründen müssen. Damit haben Unionsbürger eine Hürde zu nehmen, die für Inländer in der Regel wegfällt. Es liegt daher eine mittelbare Diskriminierung von Unionsbürgern vor. 306Zwar werden auch mittelbare Diskriminierungen vom Verbot des Art 18 AEUV erfasst, jedoch sind mittelbare Diskriminierungen einer sachlichen Rechtfertigung zugänglich, wenn die gesetzte nationale Maßnahme auf objektiven, von der Staatsangehörigkeit der Betroffenen unabhängigen Erwägungen beruht und in einem angemessenen Verhältnis zu dem Zweck steht, der mit den nationalen Rechtsvorschriften zulässigerweise verfolgt wird (E. Felten, Sozialtourismus in der EU – Möglichkeiten und Grenzen der Optimierung von Sozialleistungen nach dem Unionsrecht, DRdA 2012, 461 [465] mwN).

8.2 Anhaltspunkte für die Zulässigkeit nationaler Beschränkungen zur Vermeidung von Sozialtourismus lassen sich direkt dem Primärrecht entnehmen. Gem Art 21 AEUV ist das Freizügigkeitsrecht von Unionsbürgern nur „vorbehaltlich der in den Verträgen und in den Durchführungsvorschriften vorgesehenen Beschränkungen und Bedingungen“ gewährleistet. Die in Art 21 AEUV angesprochenen „Beschränkungen und Bedingungen“ ergeben sich in erster Linie aus der Aufenthalts-RL 2004/38/EG und haben auch Auswirkungen auf den Zugang zu Sozialleistungen. Die RL sieht nämlich die Möglichkeit vor, das Aufenthaltsrecht von Unionsbürgern davon abhängig zu machen, dass sie keine unverhältnismäßige finanzielle Belastung für den Aufenthaltsstaat bedeuten. Diese Beschränkung zielt damit auf inaktive Unionsbürger ab. Umso länger jedoch der Aufenthalt im Inland besteht, desto weniger dürfen finanzielle Erwägungen eine Rolle für den weiteren Verbleib spielen. Es ist maW davon auszugehen, dass sich mit fortlaufender Zeit die Beziehung zum Aufnahmestaat verfestigt. Daher sieht die RL ein abgestuftes System vor, das von der Dauer des Aufenthalts abhängt. In den ersten drei Monaten verfügen zwar inaktive Unionsbürger über ein nahezu unbedingtes Aufenthaltsrecht (Art 6), der Aufnahmestaat ist aber in diesem Zeitraum gem Art 24 Abs 2 der RL nicht verpflichtet, Sozialhilfe oder Studienbeihilfe zu gewähren. Bei einem Aufenthalt von mehr als drei Monaten besteht hingegen gem Art 24 Abs 1 ein allgemeines Gleichbehandlungsgebot, das sich grundsätzlich auch auf Sozialleistungen erstreckt. Jedoch darf gem Art 7 Abs 1 lit b der RL ein Aufenthalt inaktiver Personen von mehr als drei Monaten bis zu fünf Jahren davon abhängig gemacht werden, dass sie über ausreichende Existenzmittel verfügen und folglich während des Aufenthalts keine Sozialhilfe des Aufnahmemitgliedstaats in Anspruch nehmen müssen. Erst ab einem Aufenthalt von mehr als fünf Jahren besteht das Aufenthaltsrecht unabhängig vom Nachweis ausreichender finanzieller Mittel (vgl E. Felten, Sozialtourismus in der EU – Möglichkeiten und Grenzen der Optimierung von Sozialleistungen nach dem Unionsrecht, DRdA 2012, 461 [465] mwN).

8.3 Der in § 51 Abs 1 Z 2 NAG iVm § 292 Abs 1 ASVG vorgesehene automatische Ausschluss der wirtschaftlich nicht aktiven Staatsangehörigen anderer Mitgliedstaaten von der Gewährung einer bestimmten Sozialhilfeleistung (Ausgleichszulage) durch den Aufnahmemitgliedstaat steht jedoch im Widerspruch zu den Anforderungen, die sich insb aus den Art 7 Abs 1 lit b und Art 8 Abs 4 der RL sowie dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ergeben (vgl Rn 77 des Urteils des EuGH). Art 8 Abs 4 der RL verlangt nämlich eine individuelle Beurteilung der persönlichen Situation des Unionsbürgers. Art 14 Abs 2 der RL bestimmt, dass nur, wenn begründete Zweifel bestehen, ob der Unionsbürger noch das Erfordernis der ausreichenden Existenzmittel gem Art 7 erfüllt, der Aufnahmemitgliedstaat in nicht systematischer Weise prüfen kann, ob diese Voraussetzungen für den Aufenthalt erfüllt sind. Ebenfalls verbietet Art 14 Abs 3 der RL die automatische Ausweisung eines Unionsbürgers wegen der Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen im Aufnahmemitgliedstaat. Nach dem 10. Erwägungsgrund der RL vermag auch nicht jede Inanspruchnahme einer Sozialhilfeleistung den Verlust des Aufenthaltsrechts zu begründen, sondern nur eine unangemessene Inanspruchnahme. Mitgliedstaaten müssen eine bestimmte finanzielle Solidarität der Angehörigen des Aufnahmemitgliedstaats mit denen der anderen Mitgliedstaaten zulassen. Vorschriften wie § 51 Abs 1 Z 2 NAG, die das Aufenthaltsrecht davon abhängig machen, dass Sozialleistungen des Aufnahmemitgliedstaats nicht in Anspruch genommen werden, und die keine individuelle Beurteilung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Unionsbürgers vorsehen, sind daher mit den Art 8 Abs 4 und 14 Abs 3 der RL nicht vereinbar. Der bloße Antrag auf Sozialhilfe (Ausgleichszulage) kann für sich genommen keine unverhältnismäßige Inanspruchnahme der Sozialhilfeleistungen eines Mitgliedstaats darstellen und zum Verlust des Aufenthaltsrechts führen (vgl die Schlussanträge des Generalanwalts Wahl vom 29.5.2013 im gegenständlichen Verfahren Rs C-140/12, Rn 75 ff mwN).

8.4 Ein Mitgliedstaat kann jedoch der Ansicht sein, dass ein Unionsbürger, der Sozialhilfeleistungen in Anspruch nimmt, die Voraussetzungen seines Aufenthaltsrechts nicht mehr erfüllt, und er kann – innerhalb der vom Unionsrecht vorgegebenen Grenzen – Maßnahmen in die Wege leiten, um den Aufenthaltstitel dieser Person zu widerrufen. Der Wegfall ausreichender Existenzmittel stellt nämlich immer ein latentes Risiko dar. Der Aufnahmemitgliedstaat kann daher nach Art 14 der RL prüfen, ob Unionsbürger die in Art 7 aufgestellten Voraussetzungen noch erfüllen. In derartigen Fällen ist es jedoch die Auffassung des EuGH, dass ein Unionsbürger, solange er sich rechtmäßig nach Unionsrecht in einem anderen Mitgliedstaat aufhält, sich auf das Unionsrecht einschließlich des Grundsatzes der Gleichbehandlung berufen kann, um Sozialleistungen zu erhalten, auch wenn dies später sein Aufenthaltsrecht beeinträchtigen kann (vgl die Schlussanträge des Generalanwalts Wahl vom 29.5.2013 im gegenständlichen Verfahren Rs C-140/12, Rn 94 mwN).

9. Im vorliegenden Fall wurde dem Kl am 22.3.2011 von der Bezirkshauptmannschaft Deutschlandsberg als zuständige Behörde nach der Abweisung seines Antrags auf Ausgleichszulage durch die Bekl eine Anmeldebescheinigung für EWR-Bürger iSd § 53 NAG ausgestellt. Damit hat die zuständige Behörde das (damalige) Vorliegen der Voraussetzungen für einen rechtmäßigen Aufenthalt des Kl in Österreich dokumentiert.

9.1 Nach der unter Pkt 8.4 dargelegten Auffassung des EuGH kann sich ein Unionsbürger wie der 307Kl während seines rechtmäßigen Aufenthalts auf das Unionsrecht so lange berufen, bis der Aufnahmemitgliedstaat den rechtmäßigen Aufenthalt durch eine Entscheidung beendet, die die Verfahrensgarantien insb gem den Art 15, 30 und 31 der RL wahrt.

9.2 Nach Art 14 Abs 2 erster Satz der RL steht den Unionsbürgern und ihren Familienangehörigen das Aufenthaltsrecht nach den Art 7, 12 und 13 NAG zu, solange sie die dort genannten Voraussetzungen erfüllen. Diese Regelung wurde in § 55 Abs 1 NAG übernommen, wonach das Aufenthaltsrecht von EWR-Bürgern und deren Angehörigen für mehr als drei Monate nur so lange besteht, als die Voraussetzungen erfüllt bleiben. Die in Art 14 Abs 2 zweiter Satz der RL eingeräumte Möglichkeit, den Fortbestand der Ausstellungsvoraussetzungen zu überprüfen, wurde durch § 55 Abs 2 NAG umgesetzt. Besteht das Aufenthaltsrecht gem §§ 51, 52 und 54 NAG nicht, weil eine Gefährdung aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit vorliegt, die Nachweise nach § 53 Abs 2 oder § 54 Abs 2 NAG nicht erbracht werden oder die Voraussetzungen für dieses Aufenthaltsrecht nicht mehr vorliegen, hat die Behörde gem § 55 Abs 3 NAG unverzüglich, spätestens jedoch gleichzeitig mit dem Antragsteller, auch die zuständige Fremdenpolizeibehörde vom Vorliegen eines solchen Umstands zu verständigen, damit diese im Hinblick auf eine mögliche Beendigung des Aufenthalts des betreffenden EWR-Bürgers oder dessen Angehörigen tätig werden kann. Wird eine Ausweisung bzw ein Aufenthaltsverbot durchsetzbar oder rechtskräftig, ist damit der Verlust des Aufenthaltsrechts verbunden (§ 10 Abs 1 NAG). Unterbleibt hingegen eine Aufenthaltsbeendigung, bleibt auch das Aufenthaltsrecht des EWR-Bürgers bestehen (vgl Kutscher/Völker/Witt, Niederlassungs- und Aufenthaltsrecht2 [2010] 188).

9.3 Solange eine solche Entscheidung über die Beendigung des rechtmäßigen Aufenthalts des Kl in Österreich durch die dafür zuständige Behörde nicht vorliegt, hat der Kl nach den dargelegten Ausführungen Anspruch auf Ausgleichszulage. Da sonstige Einwendungen gegen den von den Vorinstanzen für den Zeitraum ab 1.4.2011 als zu Recht bestehend beurteilten Anspruch des Kl auf Ausgleichszulage in der Revision der Bekl nicht geltend gemacht wurden, musste das Rechtsmittel im Ergebnis erfolglos bleiben.

Anmerkung
1.
Problemstellung

Die beiden vorliegenden Entscheidungen berühren eine Frage, die in den letzten Monaten nicht nur in Europa- bzw Sozialrechtskreisen, sondern in Politik und Öffentlichkeit, und zwar in einer Reihe von Mitgliedstaaten für Aufsehen, wenn nicht sogar für heftige Debatten (über tatsächlichen oder auch nur vermeintlichen „Sozialtourismus“) gesorgt hat. Im Kern geht es darum, ob Personen, die bisher keine Beziehung zu einem Mitgliedstaat hatten, ohne Weiteres auch die Vergünstigungen des dortigen Sozialsystems in Anspruch nehmen können sollen, oder ob die Solidarität doch von einem gewissen Naheverhältnis zum betreffenden Mitgliedstaat abhängig gemacht werden darf. Umgelegt auf die im Ausgangsfall strittige Ausgleichszulage aus der PV bedeutet das, ob diese im Ergebnis ein Mindesteinkommen für PensionistInnen gewährleistende Leistung auch Personen gebührt, die lediglich über eine (zumal niedrige) Pension aus einem anderen Mitgliedstaat verfügen, und sich vielleicht sogar nur wegen der Ausgleichszulage nach Österreich begeben haben.

Nach nationalem Recht soll das seit BGBl I 2010/111 nicht mehr möglich sein. Der Anspruch auf Ausgleichszulage setzt seither nicht mehr nur einen gewöhnlichen Aufenthalt voraus, dieser muss vielmehr auch rechtmäßig sein; und für diese Rechtmäßigkeit wird nach §§ 11 Abs 5 bzw 51 Abs 1 Z 2 NAG der Nachweis ausreichender Existenzmittel verlangt, die eine Inanspruchnahme von Sozialhilfe oder eben der Ausgleichszulage nicht erforderlich machen (vgl dazu nur Pfeil, SV-Komm, § 292 ASVG Rz 12 ff).

Diese Einschränkung gerät freilich in Widerspruch zu den Gleichbehandlungsgeboten der (Koordinierungs-)VO 883/2004 (insb deren Art 4 im Hinblick auf UnionsbürgerInnen), in deren Geltungsbereich die Ausgleichszulage spätestens seit der EuGH-E in der Rs Skalka (EuGH 29.4.2004, C-160/02, Slg 2004, I-5613 = DRdA 2005, 204 [Pfeil]) unstrittig fällt. Auf der anderen Seite erlaubt die (Aufenthalts-)RL 2004/38 in ihrem Art 7 Abs 1 lit b Einschränkungen des Aufenthaltsrechts für wirtschaftlich inaktive UnionsbürgerInnen, um zu vermeiden, dass diese Sozialhilfeleistungen im Aufenthaltsstaat unangemessen in Anspruch nehmen. Da Leistungen der sozialen Fürsorge aber eigentlich nicht der VO 883/2004 zu unterstellen sind (vgl deren Art 3 Abs 5), stellte sich für den OGH im Ausgangsfall die Frage nach dem Verhältnis der EU-Aufenthalts- bzw -Koordinierungsregelungen und deren Auswirkungen auf die österreichische Rechtslage. Die folgerichtig beim EuGH beantragte Vorabentscheidung brachte jedoch nicht die erhoffte Klärung, sondern hat fast noch mehr Fragen aufgeworfen, wie bereits die ersten Reaktionen zeigen (vgl neben dem bereits vom OGH zitierten Beitrag von Rebhahn, wbl 2013, 605 ff, Windisch-Graetz, Ausgleichszulage für Unionsbürger, in

Kietaibl ua
[Hrsg], Rechtswissenschaft und Rechtskunde. Liber Amicorum für Robert Rebhahn [2014] 185 ff; bzw Felten, Zugang zu Sozialleistungen für Unionsbürger und Auswirkungen auf ihren aufenthaltsrechtlichen Status, FABL 1/2014-1, 1 ff; aber etwa auch Verschueren, Free movement or benefit tourism: The unreasonable burden of Brey, European Journal of Migration and Law, 2014/2, 147 ff). Zu diesen Fragen können in der Folge nur einige grundsätzliche Aspekte (2.) und Probleme (3.) angesprochen werden. Auch die endgültige (recht pragmatische, aber gut nachvollziehbare) Sachentscheidung durch den OGH kann im vorliegenden Rahmen nur kurz kommentiert werden (4.)

2.
Ausgleichszulage unterliegt der VO 883/2004, ist aber auch „Sozialhilfeleistung“ nach der RL 2004/38

Zunächst seien noch einmal die komplexen (und nicht widerspruchsfreien) Kernaussagen der EuGH-Vorabentscheidung zusammengefasst: (1) Bei der 308Ausgleichszulage handelt es sich um eine beitragsunabhängige Sonderleistung, die zwar in den Anwendungsbereich der VO 883/2004 fällt, für die aber die Sonderregelungen nach deren Art 70 gelten, womit insb ein Export in andere Mitgliedstaaten nicht erforderlich ist. Das ergibt sich aus Abs 4 dieser Bestimmung, welcher (2) nach Auffassung des EuGH nur als Kollisionsnorm zu sehen ist, die nicht ausschließt, dass der Anspruch auf eine beitragsunabhängige Sonderleistung nach nationalem Recht vom rechtmäßigen Aufenthalt im betreffenden Mitgliedstaat abhängig gemacht wird. Diese Bedingung muss freilich (3) ihrerseits mit dem Unionsrecht in Einklang stehen. Dafür ist (4) vor allem Art 7 Abs 1 lit b der RL 2004/38 maßgebend, wobei (5) der dortige Begriff „Sozialhilfeleistungen“ – wegen der unterschiedlichen Regelungszwecke – nicht deckungsgleich mit den „sozialen Fürsorgeleistungen“ ist, die nach Art 3 Abs 5 lit a der VO 883/2004 gerade nicht in deren Anwendungsbereich fallen.

Nach einer Umschreibung der „Sozialhilfeleistungen“ iSd Art 7 Abs 1 lit b RL 2004/38 folgert der EuGH (6), dass es sich bei der Ausgleichszulage um eine solche handelt. Die Berechtigung zu deren Bezug durch einen wirtschaftlich nicht aktiven Angehörigen eines anderen Mitgliedstaats kann (7) einen Anhaltspunkt dafür darstellen, dass diese Person nicht über ausreichende Existenzmittel verfügt, die iSd Art 7 Abs 1 lit b RL 2004/38 ausschließen würden, dass die Sozialhilfeleistungen dieses Staates unangemessen in Anspruch genommen werden.

Allerdings müssten (8) die zuständigen nationalen Behörden die Frage, welche Belastung dem nationalen Sozialhilfesystem in seiner Gesamtheit aus der Gewährung dieser Leistung nach Maßgabe der individuellen Umstände entstünde, umfassend prüfen. Es dürfe daher kein a-priori-Ausschluss erfolgen, vielmehr sei (9) insb Höhe und Regelmäßigkeit der dem/der Betreffenden verfügbaren Einkünfte, der Umstand, dass diese Einkünfte die nationalen Behörden zur Ausstellung einer Anmeldebescheinigung bewogen haben, und der Zeitraum, in dem die beantragte Leistung voraussichtlich zu zahlen sein wird, sowie der Anteil derjenigen EmpfängerInnen dieser Leistung zu berücksichtigen, die UnionsbürgerInnen und EmpfängerInnen einer Altersrente in einem anderen Mitgliedstaat sind.

Dieser Argumentationskette kann zu Beginn grundsätzlich gefolgt werden (Windisch-Graetz in

Kietaibl ua
[Hrsg] 187 ff, spricht in diesem Zusammenhang von „Zuckerbrot ...“). Sie bemüht sich erkennbar um Auflösung des Widerspruchs zwischen der Sozialrechtskoordination, die zumindest ursprünglich vor allem der Flankierung der AN-Freizügigkeit diente, und dem Aufenthaltsrecht, das sich (nur) aus der Unionsbürgerschaft ableitet. Angesichts dieser beiden unterschiedlichen Ansätze ist es auch plausibel, dass „Sozialhilfeleistungen“ iSd Art 7 Abs 1 lit b der RL 2004/38 nicht mit „sozialer Fürsorge“ iSd Art 3 Abs 5 VO 883/2004 gleichgesetzt werden. Damit wäre an sich der Weg frei, eine Leistung wie die Ausgleichszulage trotz ihrer grundsätzlichen Zugehörigkeit zu den von der Koordinierungs-VO erfassten Leistungen Beschränkungen zu unterwerfen, die an das Aufenthaltsrecht anknüpfen.

Die Zulässigkeit solcher zusätzlichen (!) Beschränkungen auch im Rahmen der VO 883/2004 war bisher freilich nicht anerkannt. Wie jüngst bereits Felten (FABL 1/2014-I, 6) gezeigt hat, setzt sich der EuGH hier über seine bisher gegenteilige Judikatur hinweg (vgl insb EuGH 25.2.1999, C-90/97, Swaddling, Slg 1999, I-1075, Rn 30), ohne diese auch zu erwähnen, während die von ihm (in Rn 44) angeführten Vorentscheidungen nicht als Beleg für diesen „Schwenk“ dienen können. Diese neue Sichtweise könnte allenfalls in der damals noch nicht verankerten Unionsbürgerschaft (vgl Art 20 und 21 AEUV) und der Konkretisierung der daraus resultierenden Rechte insb durch die RL 2004/38 begründet sein. Selbst in deren Anwendungsbereich sind solche Beschränkungen aber nicht beliebig möglich, wobei der EuGH bisher ein gewisses Mindestmaß an Verbundenheit mit dem Staat, in dem Leistungen in Anspruch genommen werden sollen, unterstellt hat, wie Rebhahn (wbl 2013, 607 f, und ihm folgend Windisch-Graetz in

Kietaibl ua
[Hrsg], Rechtswissenschaft und Rechtskunde 190) unter Berufung insb auf die Urteile in der Rs Förster (EuGH 18.11.2008, C-158/07, Slg 2008, I-08507) bzw Rs Kommission gegen Österreich (EuGH 4.10.2012, C-75/11, Slg 2012, I-00000) deutlich gemacht hat.

Von dieser Linie einer leistungsspezifisch und insb im Hinblick auf die Dauer und Höhe der Leistung differenzierten Abstufung der Verbundenheit, die mit Rebhahn (wbl 2013, 609) zu begrüßen wäre, ist der EuGH nun aber abgegangen. Damit bleibt auch der Grund für den Zuzug ausgeblendet, der vorliegend gerade nicht in der Nutzung der AN-Freizügigkeit oder der Absolvierung einer Ausbildung im anderen Mitgliedstaat liegt. Dieser Richtungswechsel zeigt sich bereits in der „Definition“der Sozialhilfeleistungen iSd Art 7 Abs 1 lit b RL 2004/38, die in Rn 61 der vorliegenden E zunächst denkbar weit gefasst ist („sämtliche von öffentlichen Stellen eingerichteten Hilfssysteme ..., die auf nationaler, regionaler oder örtlicher Ebene bestehen und die ein Einzelner in Anspruch nimmt, der nicht über ausreichende Existenzmittel zur Bestreitung seiner Grundbedürfnisse und derjenigen seiner Familie verfügt“). Der zweite Teil der Umschreibung dieser Leistungen stellt dann aber nicht auf deren Funktion, sondern (vgl auch Rn 60: „anhand des mit dieser Bestimmung verfolgten Ziels“) auf die Rechtfertigung für die Beschränkung des Aufenthaltsrechts ab („deshalb während seines Aufenthalts möglicherweise die öffentlichen Finanzen des Aufnahmemitgliedstaats belasten muss, was Auswirkungen auf das gesamte Niveau der Beihilfe haben kann, die dieser Staat gewähren kann“).

Diese etwas eigenartige Begriffsbildung soll offenbar eine stärkere Legitimation für die in der Folge (Rn 76 und 77) zur Zulässigkeit einer derartigen Beschränkung geforderte doppelte Prüfung dafür schaffen, ob die Inanspruchnahme der Leistung „unangemessen“ ist, wie es die Erwägungsgründe 10 und 16 der RL 2004/38 umschreiben. Diese Prüfung habe zwar mit Blick auf die individuellen Verhältnisse im konkreten Einzelfall zu erfolgen, müsse (oder dürfe) aber die Gesamtbelastung des Systems ebenfalls berücksichtigen, sei also auch systembezogen (so plakativ Rebhahn, wbl 2013, 610) vorzunehmen. 309

Eine solche pauschale Betrachtungsweise liegt der Rechtslage in § 292 Abs 1 ASVG iVm §§ 11 bzw 51 NAG zu Grunde. Durch den Bezug auf die Ausgleichszulage, die mit ihren Richtsätzen nicht nur zwischen Alleinstehenden und Ehepaaren (eingetragenen Partnerschaften) bzw Voll- und Halbwaisen differenziert, sondern auch Erhöhungen für Kinder vorsieht (vgl § 293 ASVG), werden auch die individuellen Verhältnisse eigentlich schon sehr gut berücksichtigt. Das reicht dem EuGH aber nicht, da nach Art 8 Abs 4 RL 2004/38 keine Fixbeträge als Vorgabe für die (Un-)Angemessenheit zulässig sind und nach deren Art 10 Abs 3 die Inanspruchnahme derartiger Leistungen nicht automatisch zu einer Ausweisung führen darf. Da weitergehende individuelle Prüfungen nicht vorgesehen sind (und auch kein Spielraum dafür ersichtlich ist), ist mit Felten (FABL 1/2014-I, 7) davon auszugehen, dass § 292 Abs 1 ASVG insoweit nicht dem Unionsrecht entspricht (daher spricht Windisch-Graetz in

Kietaibl ua
[Hrsg], Rechtswissenschaft und Rechtskunde 189, dann auch von „... und Peitsche“).

3.
Konkrete Prüfung

Die dennoch zulässigen Beschränkungen des Aufenthaltsrechts dürfen vielmehr (so Rn 78 der vorliegenden E) nur auf Grund einer individuellen Prüfung insb der Höhe und Regelmäßigkeit der dem/der Betreffenden verfügbaren Einkünfte, des Umstands, dass diese Einkünfte die nationalen Behörden zur Ausstellung einer Anmeldebescheinigung bewogen haben, und des Zeitraums, in dem die beantragte Leistung voraussichtlich zu zahlen sein wird, sowie unter Berücksichtigung des Anteils derjenigen EmpfängerInnen dieser Leistung erfolgen, die UnionsbürgerInnen und EmpfängerInnen einer Altersrente in einem anderen Mitgliedstaat sind. Diese Kriterien wurden bereits – und zu Recht – heftig problematisiert, weil sie überaus widersprüchlich und zudem nicht administrierbar sind. Die gegen die praktische Umsetzbarkeit dieser Vorgaben erhobenen Einwände (vgl noch einmal Rebhahn, wbl 2013, 610 f, bzw Felten, FABL 1/2014-I, 7) brauchen hier nicht wiederholt werden. Der Verdacht Feltens (aaO), diese hohen Anforderungen sollten die Behörden von Prüfungen abhalten (siehe auch unten 4.) und so die Leistungsgewährung sicherstellen, scheint nicht unberechtigt.

Auch im Hinblick auf die Tragfähigkeit der konkreten Kriterien wurden die wichtigsten Widersprüche schon genannt: Ganz abgesehen davon, dass die Inanspruchnahme der Ausgleichszulage im Einzelfall nie das Gesamtsystem gefährden kann, stellt sich die Frage, ob wirklich nach dem Lebensalter und dem Geschlecht der eine Ausgleichszulage beanspruchenden Person oder danach unterschieden werden darf bzw soll, ob sie aus einem Land mit höherem oder niedrigem Pensionsniveau stammt (vgl Rebhahn, wbl 2013, 610). Und warum sollte dem Angehörigen eines anderen Mitgliedstaates, der nach langjähriger Erwerbstätigkeit in Österreich in seine Heimat zurückkehrt, die Ausgleichszulage vorenthalten werden (dürfen), während sie sein Landsmann, der erst als Pensionist nach Österreich kommt, sofort bekommen müsste? Diese ebenfalls von Rebhahn (wbl 2013, 611) zutreffend geortete Diskrepanz könnte sogar dazu führen, dass auch die Ausgleichszulage exportiert werden muss, weil die Wohnortklausel eine nicht zu rechtfertigende Beschränkung der Freizügigkeit darstellt (so die nicht abwegige Schlussfolgerung aus der Brey-E, die Verschueren, EJML 2014, insb 164, in den Raum stellt). Dann dürfte sich aber niemand mehr wundern, wenn der österreichische Gesetzgeber die Ausgleichszulage gleich ganz abschaffte!

4.
Umsetzung durch den OGH und weitere Perspektiven

Der OGH hat diese Probleme und Widersprüche offenkundig erkannt und versucht sie – auf kurzem Weg, aber nicht unelegant – zu vermeiden. Das nationale Höchstgericht stellt in seiner Sachentscheidung sehr formal auf das Bestehen des Aufenthaltsrechts für EU-BürgerInnen (bzw EWR-Staatsangehörige und SchweizerInnen), das erst durch eine (rechtskräftige) gegenteilige E der zuständigen Fremdenpolizeibehörde (also grundsätzlich des Landeshauptmanns/der Landeshauptfrau bzw bei entsprechender Ermächtigung durch Verordnung die jeweilige Bezirksverwaltungsbehörde, § 3 NAG) endet. Blendet man die Frage der Rechtswirkung der Anmeldebescheinigung nach § 53 NAG aus, die hier nicht näher erörtert werden kann (dazu aber Windisch-Graetz in

Kietaibl ua
[Hrsg], Rechtswissenschaft und Rechtskunde 190 ff), ist dem OGH in der Auffassung zu folgen, dass die PV den Anspruch auf Ausgleichszulage – bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen – nicht verweigern darf, solange keine dem Aufenthaltsrecht entgegenstehende Entscheidung vorliegt. Der Pensionsversicherungsträger muss vielmehr (und darf) den daraus resultierenden Bezug der nach NAG zuständigen Behörde melden, die ihrerseits prüfen muss, ob die Voraussetzungen für aufenthaltsbeendende Maßnahmen vorliegen, um dann gegebenenfalls ein Aufenthaltsverbot zu verhängen oder gar eine Ausweisung zu verfügen. Dabei sind dann wohl insb jene Kriterien zu beachten, die der EuGH wie ausgeführt als maßgebend erachtet.

Mit dieser Sichtweise vermeidet der OGH zunächst das Risiko von unterschiedlichen Beurteilungen durch die für das Aufenthaltsrecht zuständigen Behörden und die für die Zuerkennung von Sozialleistungen zuständigen Träger. Dass er dabei die Beurteilung (primär) aufenthaltsrechtlicher Fragen bei der dafür (auch im materiellen Sinn) kompetenten Stelle belässt, entspricht auch der früheren Judikatur des 10. Senates (vgl nur die von mir besprochenen Entscheidungen unmittelbar vor Inkrafttreten der Rechtslage nach BGBl I 2010/111, DRdA 2012, 497 ff). Damit erspart der OGH den Gerichten (und sich selbst) wie den Pensionsversicherungsträgern die Auseinandersetzung mit „sachfremden“ Materien.

Das eigentliche Problem, mag seine durch empirische Daten belegbare Dimension nach wie vor sehr gering sein (laut BMASK bezogen im März 2014 ca 1100 Personen eine Ausgleichszulage zu einer Pension aus einem anderen EU/EWR-Staat, davon hatten aber über 400 BezieherInnen die österreichische Staatsbürgerschaft), wird damit freilich nur verschoben. Diese Frage kann aber nicht durch Gerichte oder 310Behörden und auch nicht durch die nationale Gesetzgebung gelöst werden. Es wäre vielmehr Aufgabe der europäischen Rechtsetzung, hier klarzustellen (bzw nationale Vorkehrungen in diese Richtung zuzulassen), dass allein durch die Unionsbürgerschaft keine dauerhaften Sozialleistungsansprüche in einem Mitgliedstaat entstehen können, zu dem die betreffende Person bisher keine (besondere) Beziehung hatte. Ein möglicher und wohlbalancierter Ansatz hierfür könnte sein, eine Wartefrist etwa in Form eines mehrmonatigen rechtmäßigen Aufenthalts vorzusehen, vor deren Ablauf eine Ausgleichszulage (oder andere beitragsunabhängige Sonderleistungen iSd Art 70 VO 883/2004) von neu zugezogenen Personen nicht beansprucht werden könnte (vgl jüngst den Vorschlag bei Van Overmeiren/Eichenhofer/Verschueren, Social Security Coverage of Non-Active Persons Moving to Another State, in

Guild ua
[Hrsg], The Reconceptualization of European Union Citizenship [2014] 258 ff). Das würde den Anreiz, nur wegen der Ausgleichszulage nach Österreich zu ziehen, wesentlich reduzieren. Vor allem würde das dazu beitragen – und insofern muss ich den Schlusssatz aus meiner letzten einschlägigen Entscheidungsbesprechung (DRdA 2012, 511) wiederholen, eine nachhaltige Überforderung der Solidarität zwischen den Mitgliedstaaten zu vermeiden und damit die Akzeptanz und Legitimation des Gesamtsystems Europa zu sichern.