Auf die Dienstverhältnisse der bei der Bekl beschäftigten rund 1.900 Angestellten sind die Dienstordnung A für Verwaltungsangestellte, Pflegepersonal und zahntechnische Angestellte bei den Sozialversicherungsträgern Österreichs (DO.A) und die Dienstordnung B für die Ärzte und Dentisten bei den Sozialversicherungsträgern Österreichs (DO.B) anzuwenden. Beide Dienstordnungen enthalten zum Urlaubsentgelt (§ 59a DO.A und § 51a DO.B), zum Entgelt für Feiertage und Ersatzruhe (§ 59b DO.A und § 51b DO.B) sowie für Bezüge bei Erkrankung (§ 60 DO.A und § 52 DO.B) inhaltsgleiche Bestimmungen. Die für das vorliegende Verfahren relevanten Regelungen lauten:

„Während des Urlaubes [an Feiertagen oder während der Ersatzruhe; ist der Angestellte durch Krankheit oder Unglücksfall an der Leistung seiner Dienste verhindert] werden die Dienstbezüge weitergezahlt, und zwar

[1.] im vollen Ausmaß

[a) die Verwendungszulage, b) die Ausbildungszulage ...]

[2.] die nachstehend angeführten Dienstbezüge unter Zugrundelegung des Durchschnittes des dem Urlaubsjahr [dem Feiertag bzw der Ersatzruhe; der Dienstverhinderung] vorangegangenen Kalenderjahres und [errechnet] nach dem zum Auszahlungszeitpunkt [zum Zeitpunkt des Arbeitsausfalles; im Verhinderungszeitraum] geltenden Gehaltsschema und Stundenlohn (§ 59 Abs 2), wobei Zeiten, für die kein Anspruch auf Dienstbezüge bestand, außer Acht zu lassen sind:

a) die Erschwerniszulage [...], e) die Schichtzulage [...], h) die Vergütung für geleistete Mehrstunden im Rahmen einer Teilzeitbeschäftigung [...], k) die Abgeltung der Reisebewegung bei Dienstreisen [...]; soweit die in lit a bis k angeführten Dienstbezüge nach dieser Bestimmung [...] weitergezahlt wurden, sind sie bei der Bemessung der weiterzuzahlenden Dienstbezüge nicht zu berücksichtigen; ...“

Die Bekl bringt das fortzuzahlende Entgelt für Urlaubs-, Krankenstands- und Feiertage (pro Urlaubstag etc) nach folgender Formel zur Abrechnung, wobei sich das Berechnungsbeispiel nur auf das Urlaubsentgelt im Hinblick auf Überstunden bezieht: 324

Überstunden des Vorjahres × Wert einer Überstunde
360

Bei den übrigen hier in Rede stehenden besonderen Dienstbezügen (zB Erschwerniszulagen, Nachtdienstzulagen etc) wird die Berechnung des weiterzuzahlenden Entgelts pro Urlaubs-, Krankenstands- und Feiertag bzw Ersatzruhetag in gleicher Weise vorgenommen. Die für Tage eines Urlaubs- oder Krankenstands- oder für Feiertage im Beobachtungszeitraum fortgezahlten besonderen Dienstbezüge (zB für Überstunden) werden nicht in die Bemessungsgrundlage einbezogen. Es gibt keine Mindestzahl von Überstunden (oder anderen Leistungen), die erreicht werden müssen, um in die Bemessungsgrundlage nach der beschriebenen Formel eingerechnet zu werden. Ebenso wenig kommt es darauf an, wie sich die Überstunden (bzw sonstigen Leistungen) im Beobachtungszeitraum verteilen.

Der Kl, der Angestelltenbetriebsrat der *Gebietskrankenkasse (GKK), begehrte die Feststellung, dass die Bekl, die *GKK, verpflichtet sei, ihren Angestellten das Urlaubsentgelt gemäß [den oben angeführten Regelungen der] DO.B in der Höhe zu gewähren, die sich jeweils ergibt, wenn bei der in diesen Bestimmungen vorgesehenen Durchschnittsberechnung die jeweils im Beobachtungszeitraum liegenden Urlaubs-, Krankenstands- und Feiertage der Angestellten bei der Ermittlung des Teilers in Abzug gebracht werden. Den Bestimmungen in der DO folgend würden zwar die Krankenstands-, Urlaubs- und Feiertagsentgelte nicht in die Durchschnittsberechnung einbezogen, die darauf fallenden Tage bei der Ermittlung des Teilers aber voll berücksichtigt. Dies habe einen niedrigeren Durchschnittswert zur Folge. Bei richtiger Vorgangsweise müsste das summenmäßige Entgelt für die tatsächlichen Beschäftigungstage im Beobachtungszeitraum herangezogen werden. Im Teiler dürften daher nur die tatsächlichen Beschäftigungstage Berücksichtigung finden.

Die Bekl entgegnete, dass nach den Dienstordnungen kein Durchschnitt vom Durchschnitt gebildet werden solle. Auf den Teiler beziehe sich die Anordnung, dass Zeiten, für die kein Anspruch auf Dienstbezüge bestanden habe, außer Acht zu lassen seien. Für die Tage entgeltpflichtiger Fehlzeiten wie Urlaub, Krankenstand und Feiertage bestehe aber ein Fortzahlungsanspruch. Daraus folge, dass diese Tage in den Teiler einzubeziehen seien. Außerdem seien die einschlägigen Gesetzesbestimmungen (§ 8 AngG, § 6 Abs 5 UrlG, § 9 Abs 4 ARG) kollektivvertragsdispositiv, sodass es auf einen Günstigkeitsvergleich zwischen den Dienstordnungen und den gesetzlichen Regelungen nicht ankomme. [...]

Das Erstgericht gab dem Feststellungsbegehren statt. Mit der Wendung „wobei Zeiten, für die kein Anspruch auf Dienstbezüge bestand, außer Acht zu lassen sind“, werde der Teiler der Durchschnittsberechnung geregelt. Bei diesen Zeiten könne es sich nur um solche handeln, in denen faktisch nicht gearbeitet worden sei, wie im Urlaub, im Krankenstand oder an Feiertagen. In die Bemessung des fortzuzahlenden Entgelts seien daher nur Zeiten einzubeziehen, in denen der AN tatsächlich gearbeitet habe. Nur in diesen Zeiten habe die Möglichkeit bestanden, Überstunden, Mehrstunden, Nachtdienst, Arbeits- oder Rufbereitschaft zu leisten und dafür entsprechende Vergütungen zu erhalten. Daraus folge, dass der Teiler um die Tage der Nichtarbeit, also des Urlaubs, des Krankenstands bzw der Feiertage zu verringern sei. Dass die von der Bekl gewählte Berechnung mit einem fixen Teiler von 360 für die Angestellten weniger günstig sei als der verminderte Teiler, bedürfe keiner Erörterung. [...]

Das Berufungsgericht bestätigte diese E. Der Wortlaut der zugrunde liegenden Regelungen lasse eine Interpretation iSd Standpunkts des Kl zu, wonach von der Wendung „wobei Zeiten, für die kein Anspruch auf Dienstbezüge bestand, außer Acht zu lassen sind“ nur solche Zeiten erfasst sein sollten, für die kein originärer (aufgrund tatsächlich geleisteter Arbeit) Anspruch auf Dienstbezüge bestanden habe. Bei der Berechnung müssten Nichtarbeitstage somit vom Teiler in Abzug gebracht werden. [...] Aus dem Ausfallsprinzip ergebe sich, dass Zeiten, in denen im Beobachtungszeitraum nicht gearbeitet worden sei, neutralisiert werden müssten.

Der idente Wortlaut der in Rede stehenden Regelungen führe zu einem einheitlichen Auslegungsergebnis für alle hier in Rede stehenden Fortzahlungsfälle. [...]

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der Bekl ist zulässig, [...] aber nicht berechtigt.

1. Bei den DO.A und DO.B für die Angestellten bei den Sozialversicherungsträgern Österreichs handelt es sich um Kollektivverträge (RIS Justiz RS0054394; 9 ObA 163/08y; 9 ObA 146/12d). Nach stRsp hat die Auslegung normativer Bestimmungen eines KollV objektiv nach den Regeln der §§ 6 und 7 ABGB zu erfolgen (RIS Justiz RS0010088). Dabei ist in erster Linie der Wortsinn – auch im Zusammenhang mit den übrigen Regelungen – zu erforschen und die sich aus dem Text des KollV ergebende Absicht der Kollektivvertragsparteien zu berücksichtigen (RIS Justiz RS0010089). Führt der Wortsinn der Bestimmung zu keinem eindeutigen Ergebnis, so ist zu unterstellen, dass die Kollektivvertragsparteien eine vernünftige, zweckentsprechende und praktisch durchführbare Regelung treffen sowie einen gerechten Ausgleich der sozialen und wirtschaftlichen Interessen herbeiführen und eine Ungleichbehandlung der Normadressaten vermeiden wollten (8 ObA 22/12m). Unter Zugrundelegung dieses Verständnisses ist mittels objektiv teleologischer Interpretation nach dem Sinn und Zweck zu fragen, den die Regelung vernünftigerweise haben kann (9 ObA 2/09y).

2.1 Die in Rede stehenden Bestimmungen der DO.A und DO.B betreffen die Ansprüche auf Urlaubsentgelt, das Feiertagsentgelt und das Krankenentgelt. Im jeweiligen Einleitungssatz dieser Bestimmungen wird dazu angeordnet, dass für die aus arbeitsrechtlicher Sicht besonderen (arbeitsfreien) Zeiträume (Urlaub, Feiertage, Krankenstand) die Dienstbezüge weitergezahlt werden. Die Bestimmungen betreffen somit Fälle der Entgeltfortzahlung. Den angeführten Zeiträumen ist gemein, dass es sich nicht um Arbeitszeit, sondern um entgeltpflichtige Zeiten ohne Arbeitspflicht handelt. 325

2.2 Hinsichtlich der weiterzuzahlenden Dienstbezüge werden zwei Kategorien unterschieden, nämlich jene, die in vollem Ausmaß weitergezahlt werden (zB die ständigen Bezüge), sowie besondere Dienstbezüge (bestimmte Zulagen und Überstunden), die nach Maßgabe einer Durchschnittsbetrachtung weitergezahlt werden. Die hier konkret auslegungsbedürftigen Regelungen betreffen nur die zweite Kategorie der erwähnten besonderen Dienstbezüge.

Nach den hier auszulegenden Regelungen werden die im Einzelnen angeführten besonderen Dienstbezüge mit dem Durchschnitt berechnet. Beobachtungszeitraum ist dabei das vorangegangene Kalenderjahr.

2.3 Berechnungsgrundlage für die Weiterzahlung der besonderen Dienstbezüge ist der Stundenlohn gem § 59 Abs 2 DO.A bzw § 51 Abs 2 DO.B zum Auszahlungszeitpunkt. Daraus folgt, dass sich die Durchschnittsberechnung nicht auf die besonderen Dienstbezüge, sondern tatsächlich auf die diesen zugrunde liegenden Leistungen bezieht. Ausgangspunkt für die Durchschnittsberechnung sind somit die im vorangegangenen Kalenderjahr erbrachten Durchschnittsleistungen (zB Überstunden).

3.1 Anlass für den Streit zwischen den Parteien ist der erste Halbsatz im letzten Absatz der auszulegenden Bestimmungen („soweit die in lit a bis lit k angeführten [besonderen] Dienstbezüge nach dieser Bestimmung [...] weitergezahlt wurden, sind sie bei der Bemessung der weiterzuzahlenden Dienstbezüge nicht zu berücksichtigen“). Nach dem Wortlaut bleiben (bereits früher) weitergezahlte besondere Dienstbezüge für Durchschnittsleistungen bei der Bemessung der weiterzuzahlenden besonderen Dienstbezüge außer Betracht.

Wie schon erwähnt, bezieht sich die Durchschnittsberechnung nicht auf die besonderen Dienstbezüge, sondern auf die diesen zugrunde liegenden Leistungen. Die in Rede stehende Anordnung ist somit dahin zu verstehen, dass Durchschnittsleistungen (zB Überstunden) im Beobachtungszeitraum, die (nach dem Ausfallsprinzip) für die besonderen arbeitsfreien Zeiten (Urlaub, Feiertage, Krankenstand) anzusetzen wären, ausgeklammert bleiben.

3.2 Der Bekl ist darin zuzustimmen, dass nach den auszulegenden Regelungen für die Berechnung der weiterzuzahlenden besonderen Bezüge zwischen der Bemessungsgrundlage (Stundenanzahl der besonderen Leistungen [zB Überstunden] mal aktuellem Stundenwert) einerseits und dem Zeitfaktor (Tag) andererseits zu unterscheiden ist. Bei der Berechnung geht die Bekl so vor, dass sie die Bemessungsgrundlage durch den Teiler von 360 Kalendertagen dividiert. Der Kl steht in dieser Hinsicht auf dem Standpunkt, dass die Urlaubstage, Krankenstandstage und Feiertage im Beobachtungszeitraum vom Teiler von 360 in Abzug gebracht werden müssten, weil das für diese besonderen Zeiten weitergezahlte Entgelt (für Durchschnittsleistungen) auch in der Bemessungsgrundlage nicht berücksichtigt werde.

3.3 Die Durchschnittsberechnung dient (nur) der Ermittlung der Durchschnittsleistungen (zB Überstunden) im Beobachtungszeitraum. Die oben dargestellte Auslegung führt zum Ergebnis, dass Durchschnittsleistungen für Zeiten des Urlaubs, Krankenstands und der Feiertage (im Beobachtungszeitraum) bei Ermittlung der Bemessungsgrundlage unberücksichtigt bleiben. Der Teiler wird durch die maßgebliche Zeiteinheit bestimmt. Dazu wird normiert, dass Beobachtungszeitraum das vorangegangene Kalenderjahr ist. Zudem enthalten die auszulegenden Regelungen die Bestimmung, dass „Zeiten, für die kein Anspruch auf Dienstbezüge bestand, außer Acht zu lassen sind“. Damit wird keine eindeutige Anordnung über den Teiler getroffen.

4.1 Blieben die Durchschnittsleistungen in den besonderen arbeitsfreien Zeiten (im Beobachtungszeitraum) überhaupt unberücksichtigt, so würden die in Rede stehenden Bestimmungen mit dem Ausfallsprinzip in Konflikt geraten. Die Bekl beruft sich in dieser Hinsicht auf die Kollektivvertragsdispositivität sämtlicher zu Grunde liegender gesetzlicher Bestimmungen, insb auch des § 8 AngG iVm § 40 AngG. Der Kl steht demgegenüber so wie die Vorinstanzen auf dem Standpunkt, dass § 8 AngG auch im Verhältnis zu Kollektivverträgen zwingender Charakter zukomme.

4.2 Es entspricht hM, dass die Rechte des Angestellten gem § 40 AngG auch nicht durch KollV oder BV geschmälert werden dürfen, sofern nicht ausdrücklich eine diesbezügliche Ermächtigung normiert ist (Staudecker in

Reissner
, AngG § 40 Rz 2; Burger in
Reissner
, AngG § 8 Rz 10; Drs in ZellKomm2 § 40 AngG Rz 1; Holzer in
Marhold/G. Burgstaller/Preyer
, AngG § 40 Rz 2). Der OGH hat in der E 9 ObA 83/07g unter Bezugnahme auf § 40 AngG und unter Hinweis auf die Rechtssätze aus der Vorjudikatur ausgesprochen, dass zwingende gesetzliche Bestimmungen weder durch KollV noch durch Betriebsvereinbarungen oder Einzelarbeitsvertrag abbedungen werden können (vgl RIS Justiz RS0050828; 8 ObA 50/05v).

4.3 Der Bekl ist zuzugestehen, dass in § 1164 Abs 1 ABGB mit BGBl I 2000/44ausdrücklich die Wendung aufgenommen wurde, dass die darin angeführten Bestimmungen durch den Dienstvertrag oder durch Normen der kollektiven Rechtsgestaltung nicht aufgehoben oder beschränkt werden können. Nachdem in den Gesetzesmaterialien als Ziel dieser Gesetzesnovelle die arbeitsrechtliche Gleichstellung der Arbeiter mit den Angestellten, insb im Bereich der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und bei Dienstverhinderung aus sonstigen wichtigen Gründen, genannt wird, folgt zu der in Rede stehenden Bestimmung des § 1164 ABGB die Erläuterung, dass die Entgeltfortzahlungsregelungen bei Krankheit (§ 1154b Abs 1 und 2 ABGB) nunmehr iSd geforderten Gleichstellung der Arbeiter mit den Angestellten relativ [einseitig] zwingend ausgestaltet sind.

Aus dieser Formulierung ergibt sich unmissverständlich, dass der Gesetzgeber vom einseitig zwingenden Charakter des § 8 AngG ausgeht. Die Bekl kann sich daher nicht auf eine gewollte Abweichung des § 1164 Abs 1 ABGB zu § 40 AngG und auf eine Besserstellung der Arbeiter berufen. ISd bisherigen Rsp und der hM kommt § 8 AngG iVm § 40 AngG daher keine Kollektivvertragsdispositivität zu.

4.4 Nach dem Regelungsgehalt des § 8 AngG behält der DN für die jeweilige Dauer der Dienstverhinderung seinen Anspruch auf das Entgelt. Allgemein ist davon auszugehen, dass zufolge des in § 8 AngG 326zum Ausdruck kommenden Bezugsprinzips und ebenso des in § 6 Abs 3 UrlG zum Ausdruck kommenden Ausfallsprinzips zu prüfen ist, welcher Entgeltanspruch entstanden wäre, wenn die Arbeitsleistung in dem zu erwartenden Ausmaß erbracht worden wäre. Der AN darf durch die Inanspruchnahme des Urlaubs bzw des Krankenstands keinen Nachteil erleiden (8 ObA 67/02imwN). Es ist daher jenes Entgelt zu zahlen, [das] dem AN gebührt hätte, wenn er die besondere arbeitsfreie Zeit (Urlaub, Krankenstand) nicht angetreten hätte (vgl 8 ObA 253/94). Bei regelmäßiger Überstundenleistung (im Beobachtungszeitraum) ist daher das dafür zustehende Entgelt auch bei der Ermittlung des für die Zeiträume der Nichtarbeit (Urlaub, Krankenstand) zustehenden Entgelts zu berücksichtigen (9 ObA 20/99b; vgl auch RIS Justiz RS0058710). Bei hier in Rede stehenden unregelmäßig gewährten Entgeltbestandteilen (Prämien, Zulagen) oder wechselnder Höhe des Entgelts wird in der Regel auch das Durchschnittsprinzip herangezogen (vgl Burger § 8 Rz 66). Diesen Weg beschreiten auch die hier in Rede stehenden DO.A und DO.B, wobei sich der Durchschnitt auf das Ausmaß der erwähnten Leistungen (zB Überstunden) bezieht.

4.5 Aus diesen Grundsätzen folgt, dass konkret die durchschnittliche Zahl der Überstunden im Beobachtungszeitraum zu ermitteln ist, wobei auch die besonderen Zeiten des Urlaubs, des Krankenstands und der Feiertage zu berücksichtigen sind. Dies bedeutet, dass nach dem Ausfallsprinzip die Durchschnittsleistungen im Beobachtungszeitraum auch für die besonderen arbeitsfreien Zeiten (Urlaub, Krankenstand bzw Feiertage) anzusetzen sind. Die Anordnung in den auszulegenden Regelungen, wonach die Bezüge für die Durchschnittsleistungen in den besonderen Zeiten unberücksichtigt bleiben, verstößt daher gegen den zwingenden Charakter des § 8 AngG, sofern kein sonstiger Ausgleich erfolgt.

4.6 Das von der Bekl für die angebliche Günstigkeit (siehe dazu 8 ObA 50/05v) der Regelungen in den DO.A und DO.B ins Treffen geführte Argument überzeugt nicht. [...]

5.1 Die Bekl ist auch mit der Ansicht nicht im Recht, dass sich eine allfällige Gesetzeswidrigkeit zufolge der Kollektivvertragsdispositivität von § 6 Abs 5 UrlG und § 9 Abs 4 ARG nur auf die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall beziehen könnte. Wie oben dargestellt wurde, enthalten die hier auszulegenden Regelungen der DO.A und DO.B über den Teiler keine eindeutige Aussage.

Die Berechnung der weiterzuzahlenden Dienstbezüge für die besonderen Durchschnittsleistungen nach den in Rede stehenden Regelungen ist im Wege der Auslegung daher noch nicht vollständig geklärt. Dabei ist zu beachten, dass die DO.A und die DO.B für sämtliche weiterzuzahlenden Entgelte idente Regelungen vorsehen. Dieser Aspekt ist im Rahmen der sinn- und zweckorientierten Auslegung ebenfalls zu berücksichtigen.

5.2 In der E 9 ObA 20/99b hat der OGH auch zur Frage Stellung genommen, wie Überstunden im Beobachtungszeitraum nach dem Ausfallsprinzip zu berücksichtigen sind. Danach sind in Fällen, in denen der AN aus welchem Grund auch immer in diesem Beobachtungszeitraum nicht arbeitete, die Nichtarbeitszeiten zu neutralisieren. Für die Ermittlung des für die Zeit der Nichtarbeit zu berücksichtigenden gebührenden Überstundenentgelts ist das für die Überstunden, die während des Beobachtungszeitraums geleistet wurden, gebührende Entgelt durch die Zahl der Normalarbeitsstunden, die während der Zeit der tatsächlichen Arbeitstätigkeit im Beobachtungszeitraum angefallen sind, zu teilen (vgl auch Burger § 8 Rz 66).

Diese Vorgangsweise findet im Wortlaut der hier auszulegenden Bestimmungen durchaus Deckung. Diese ordnen in Bezug auf den Teiler nämlich auch an, dass Zeiten, für die kein Anspruch auf Dienstbezüge bestand, außer Acht zu lassen sind. Diese Anordnung kann ohne weiteres dahin verstanden werden, dass im Teiler nur echte Arbeitstage gemeint sind. Für diese Ansicht kann ins Treffen geführt werden, dass die Dienstbezüge in § 35 DO.A und DO.B definiert sind und Entgeltfortzahlungsbestandteile nicht darunter fallen.

Diese Überlegungen sprechen für das Auslegungsergebnis der Vorinstanzen, wonach unter die Wendung „Anspruch auf Dienstbezüge“ nur originäre, aufgrund tatsächlich geleisteter Arbeit gebührende Ansprüche zu verstehen sind. Wird von diesem Auslegungsergebnis ausgegangen, so sind die Durchschnittsleistungen im Beobachtungszeitraum während der besonderen arbeitsfreien Zeiten (Urlaub, Krankheit, Feiertage) zutreffend nicht zu berücksichtigen, weil sonst zu Gunsten der DN eine Doppelberücksichtigung stattfinden würde. Mit diesem Ergebnis könnte somit der gesamte Normenbestand der auszulegenden Regelungen erhalten werden. Eine solche geltungserhaltende Interpretation liegt dem Willen der Kollektivvertragsparteien am nächsten, weshalb ihr im Zweifelsfall der Vorzug zu geben ist.

Für dieses Auslegungsergebnis spricht noch ein weiterer Umstand. Überschlagsmäßige Vergleichsrechnungen zeigen, dass die Variante des Kl einerseits und die zu korrigierende Variante der Bekl (Anpassung der Bemessungsgrundlage durch Einbeziehung der Durchschnittsleistungen in Zeiten von Urlaub, Krankheit und Feiertagen im Beobachtungszeitraum) zu einem annähernd gleichen Ergebnis führen. Sind mehrere Berechnungsmethoden annähernd gleichwertig, so ist ebenfalls jener der Vorzug zu geben, die eine Aufrechterhaltung der Normen des KollV ermöglicht.

6.1 Zusammenfassend ergibt sich:

Nach den einschlägigen Regelungen [der Dienstordnungen] der Sozialversicherungsträger Österreichs bleiben bei der Berechnung des Urlaubs-, Feiertags- und Krankenentgelts die Durchschnittsleistungen (zB Überstunden) im Beobachtungszeitraum (Kalenderjahr) von der Bemessungsgrundlage ausgeklammert. Der Teiler (Divisor) für die Berechnung wird durch die maßgebliche Zeiteinheit (Tag) bestimmt. Dazu wird in der DO.A und DO.B keine eindeutige Anordnung getroffen. Um dem nach § 8 AngG iVm § 40 AngG auch im Verhältnis zu einem KollV zwingenden Ausfallsprinzip Rechnung zu tragen, sind die Nichtarbeitstage im Beobachtungszeitraum derart zu neutralisieren, dass der Teiler (von 360) um diese Tage vermindert wird. Die Wendung „Zeiten, für die kein Anspruch auf Dienstbezüge bestand, [sind] außer Acht zu lassen“ ist daher dahin auszulegen, dass 327sie sich auf alle Nichtarbeitstage bezieht. Im Zweifel ist einer geltungserhaltenden Interpretation der Vorzug zu geben.

6.2 Die Entscheidungen der Vorinstanzen stehen mit diesen Grundsätzen im Einklang. Der Revision der Bekl war daher der Erfolg zu versagen. [...]

Anmerkung

Dem OGH ist vom Ergebnis her zuzustimmen. Die folgenden Ausführungen werden daher in der gebotenen Kürze lediglich drei Aspekte der Begründung der E näher beleuchten. Es sind dies die zwingende Wirkung des § 40 AngG, die Frage von Bezugs- oder Ausfallsprinzip sowie die methodische Argumentation des OGH.

1.
Einseitig zwingende Wirkung des § 40 AngG

Aufgrund des Vorbringens der bekl GKK hatte der OGH zunächst auf die Kollektivvertragsdispositivität des § 40 AngG näher einzugehen. § 40 AngG bestimmt, dass die Rechte, die dem Angestellten auf Grund der Bestimmungen der §§ 6 Abs 3, 8, 20 etc AngG zustehen, „durch den Dienstvertrag“ weder aufgehoben noch beschränkt werden können. Aus dem Wortlaut allein ist deshalb nicht ableitbar, ob von den Regelungen des AngG auch durch KollV oder BV zum Nachteil der AN abgewichen werden darf. Zu berücksichtigen ist dabei jedoch, dass das AngG aus dem Jahr 1921 stammt, dh einer Zeit, in welcher kollektive Rechtsgestaltungsmittel gerade erst Eingang in verschiedene Gesetze gefunden hatten. Überdies wurde der KollV damals zusammengefasst als Bestandteil des Arbeitsvertrages aufgefasst (vgl § 14 Abs 2 EAG 1919; siehe auch schon OGH 26.9.1923, Arb 3163 = Judikat 10), was eine eigenständige Erwähnung im AngG wohl überflüssig erscheinen ließ. Unter Bedachtnahme auf die historische Rechtslage sowie das Ziel von § 40 AngG ist der Begriff „Dienstvertrag“ daher weit auszulegen, sodass darunter auch „kollektive Dienstverträge“ bzw Gesamtvereinbarungen wie der KollV und die BV fallen. Dieses umfassende Verständnis entspricht der seit langem herrschenden Auffassung (grundlegend dazu bereits – wenn auch vom OGH in der aktuellen E kurioserweise völlig übersehen – Martinek/Schwarz, Angestelltengesetz [1965] § 40 Erl 1; auf diese Autoren Bezug nehmend sowie im Übrigen ebenfalls zum Verhältnis zwischen der zwingenden Wirkung des § 8 AngG und den Regelungen der DO.A schon OGH4 Ob 64/70ZAS 1971/8 [Tomandl]; weiters OGH2 Ob 102/69Arb 8662; Grillberger, Kollektivvertragsdispositives Recht,

; ebenso zum – bis zur Novelle BGBl I 2000/44 – vergleichbaren Wortlaut des § 1164 ABGB Adler/Höller in
Klang
, ABGB V2 [1954] 365; differenzierend jedoch Tomandl, Ist das Angestelltengesetz kollektivvertragsdispositiv? in FS Hämmerle [1972] 411).

Bei den in § 40 AngG angeführten Bestimmungen handelt es sich demnach um einseitig zwingende Regelungen; Abweichungen zum Nachteil der AN können sich nur ausnahmsweise aus den verwiesenen Bestimmungen des AngG selbst ergeben. So lässt etwa § 20 Abs 3 AngG eine Erhöhung der in Abs 2 leg cit mit den vier Quartalsenden beschränkten Kündigungstermine auf bis zu 24 Kündigungstermine pro Jahr zu. § 8 AngG zur Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall bzw zu den sonstigen wichtigen, in der Person des AN gelegenen Dienstverhinderungsgründen enthält derartige Ermächtigungen allerdings nicht; er ist als Ganzes einseitig zu Gunsten des/der Angestellten zwingendes Recht. Bei der Berechnung des fortgezahlten Entgelts ist ein pauschalierender Teiler von 360 aber ungünstiger für den/die AN als die gesetzliche Regelung, da er zu einer niedrigeren Durchschnitts-Entgelthöhe führt als jene Berechnungsmethode, wonach die bloß „weitergezahlten“ Tage herausgerechnet werden und den Teiler verkleinern.

Anderes gilt jedoch bezüglich der beiden sonstigen Bereiche der Entgeltfortzahlung für arbeitsfreie Zeiten – Feiertagsentgelt und Urlaubsgeld –, die ebenfalls Gegenstand dieser E sind: Das jeweilige Sondergesetz selbst ordnet für seine Regelungen grundsätzlich einseitig zwingende Wirkung an (vgl § 12 UrlG). Es erlaubt allerdings gleichzeitig im KollV – im vorliegenden Fall in der DO.A und der DO.B – eine davon abweichende Regelung über die Berechnungsart für die Ermittlung der Höhe des Entgelts (vgl § 9 Abs 4 ARG, § 6 Abs 5 UrlG). Dies schließt auch Abweichungen zum Nachteil der AN ein. Anderen Rechtsgestaltungsmitteln als dem ausdrücklich genannten KollV ist eine Abweichung zuungunsten der AN hingegen versagt. Sowohl die gesetzlichen Regelungen zur Berechnungsart des Urlaubsgeldes als auch jene des Feiertagsentgelts sind daher grundsätzlich kollektivvertragsdispositiv.

Zusammengefasst gilt, dass bei einseitig zwingenden Regelungen der Entgeltfortzahlung gem § 8 AngG eine ungünstigere Regelung in der DO.A bzw der DO.B unzulässig wäre, bei den kollektivvertragsdispositiven Bestimmungen zum Urlaubs- und Feiertagsentgelt käme auch eine für den/die AN nachteilige Berechnungsart in den Dienstordnungen in Frage.

2.
Bezugsprinzip – (fiktives) Ausfall(s)prinzip

Bemerkenswert ist an dieser E vor allem die Verschmelzung von Bezugs- und (fiktivem) Ausfallsprinzip. Ersteres bezeichnet im Wesentlichen eine Orientierung der Entgeltfortzahlung am zuletzt erhaltenen Entgelt. Unter zweiterem wird verstanden, dass sich die Entgeltfortzahlung nach jenem Entgelt bemisst, das dem AN gebührt hätte, wenn keine Arbeitsverhinderung eingetreten wäre (Näheres zu den Begriffen siehe Löschnigg, Arbeitsrecht11 [2011] 466 f). Eine Anwendung des Bezugsprinzips in Reinform bedeutet im Ergebnis, dass bei Anfall außergewöhnlich vieler Überstunden im Unternehmen aufgrund guter Auftragslage während einer Krankheit oder bei anderen Dienstverhinderungsgründen des/der AN diese Überstunden nicht in das fortgezahlte Entgelt einzubeziehen wären (siehe dazu auch OGH4 Ob 6/81

); dies gilt auch für die allenfalls erfolgende kollektivvertragliche Erhöhung des Mindestgehalts in dieser Zeit.

Die Lehre ist bezüglich der Frage, ob zur Berechnung des fortgezahlten Entgelts das Bezugs- oder 328das Ausfallsprinzip zur Anwendung kommt, gespalten: Der überwiegende Teil geht davon aus, dass der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall eines/r Angestellten das Bezugsprinzip zugrunde liegt, wobei dieses im Falle von unregelmäßigen Entgeltbestandteilen mit dem Durchschnittsprinzip zu kombinieren ist (Drs in ZellKomm2 [2011] § 8 AngG Rz 102; Melzer-Azodanloo in

Löschnigg
, AngG8 § 8 Rz 113 f; Löschnigg, Arbeitsrecht11 467; Marhold/Friedrich, Arbeitsrecht [2012] 187 f). Ebenso soll das Bezugsprinzip für die ArbeiterInnen gem EFZG und sonstige AN-Gruppen gem ABGB in Hinblick auf das nach Wochen, Monaten etc zu bemessende Entgelt zur Anwendung kommen (Löschnigg, Arbeitsrecht11 467; weiters Reissner, Lern- und Übungsbuch Arbeitsrecht [2011] 250). Andere Lehrmeinungen wiederum wollen – trotz des unterschiedlichen Wortlauts der betreffenden Bestimmungen – ohne Differenzierung zwischen den AN-Gruppen (ArbeiterInnen, Angestellte) oder in Hinblick auf den Grund der arbeitsfreien Zeit (Dienstverhinderung, Urlaub, Feiertag) das Ausfallsprinzip anwenden (siehe schon Spielbüchler/Grillberger, Arbeitsrecht I [1998] 257, 294, 297; weiters Jabornegg/Resch, Arbeitsrecht4 [2011] Rz 445, 484; Windisch-Graetz, Arbeitsrecht II [2013] 184, 188).

Der OGH prüft in der vorliegenden E nach dem „in § 8 AngG zum Ausdruck kommenden Bezugsprinzip und ebenso de(m) in § 6 Abs 3 UrlG zum Ausdruck kommenden Ausfallsprinzip, ... welcher Entgeltanspruch entstanden wäre, wenn die Arbeitsleitsung in dem zu erwartenden Ausmaß erbracht worden wäre“. In seinen zusammenfassenden Ausführungen spricht der OGH dann überhaupt von dem „nach § 8 AngG ... zwingenden Ausfallsprinzip“, davor kombiniert er zur Berechnung regelmäßiger und unregelmäßiger Entgeltbestandteile immer nur das Ausfallsprinzip mit dem Durchschnittsprinzip. Der OGH vermengt damit allerdings die einzelnen Prinzipien miteinander – ohne jegliche Begründung oder Auseinandersetzung mit den (noch dazu unterschiedlichen) Auffassungen in der Lehre und vor allem auch ohne Bedachtnahme auf Rechtsfolgen oder Günstigkeitserwägungen.

Unter Berücksichtigung vergleichbarer Ausführungen der Vorjudikatur (vgl zB OGH8 ObA 67/02iDRdA 2003/45 [Kallab]; darauf hinweisend auch schon Holzer in

Marhold/Burgstaller/Preyer
, AngG [2013] § 8 Rz 16) finden sich in dieser E daher deutliche Ansätze, denen eine Auflösung der bisherigen Abgrenzung zwischen Bezugs- und Ausfallsprinzip zu entnehmen ist: Dies scheint ein vereinheitlichtes Verständnis der verschiedensten Regelungen zur Entgeltfortzahlung zu implizieren. Die gegenständliche E spricht zwar explizit nur AngG, UrlG und ARG an; das vereinheitlichte Verständnis der Bestimmungen ließe sich – aufgrund der vergleichbaren Inhalte – auch auf die Dienstverhinderung nach dem EFZG und damit auf die teilweise noch immer unterschiedliche Behandlung von ArbeiterInnen und Angestellten übertragen.

Derartige Gleichstellungsambitionen der Rsp trotz des unterschiedlichen Wortlauts der Bestimmungen sind durchaus zu begrüßen; sie müssen mE allerdings viel deutlicher und jedenfalls in Auseinandersetzung mit der gesamten Lehre erfolgen, um für die NormanwenderInnen auch endlich Rechtsklarheit und Rechtssicherheit zu schaffen.

3.
Methodischer Ansatz – Geltungserhaltende Auslegung?

Besonderes Interesse verdient die Lösung des OGH auch aus methodischer Sicht: Kernpunkt seiner Auslegung ist der Wortlaut der kollektivvertraglichen Bestimmungen zur Berechnung des fortzuzahlenden Entgelts im Falle von Dienstverhinderung, Urlaub und Feiertag, der – trotz unterschiedlicher Formulierung und Rechtswirkung der gesetzlichen Grundlagen – ident ausgefallen ist. IVm der zwingenden Wirkung des § 8 AngG ergibt sich für den OGH weiters, dass all diese (gleich lautenden) Entgeltfortzahlungsregelungen in der für den/die AN günstigeren Variante auszulegen sind und (zusammengefasst) der kleinere Teiler zur Anwendung kommen muss; dies wird auch für das Feiertags- und Urlaubsgeld angenommen, obwohl diesbezüglich eine ungünstigere kollektivvertragliche Regelung ebenfalls zulässig gewesen wäre. Mit diesem Ergebnis, dass jedenfalls auch vom Wortlaut getragen ist, hat der OGH zudem vermieden, dass die kollektivvertraglich festgelegte Berechnungsmethode für die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall gegen zwingendes Gesetzesrecht verstößt und gem § 879 ABGB nichtig wäre.

Dem ist soweit durchaus zuzustimmen. Es wird Bedacht darauf genommen, dass der normative Teil des KollV als Gesetz im materiellen Sinne nach §§ 6 f ABGB auszulegen ist und dem Wortlaut dabei besondere Bedeutung zukommt (siehe nur Strasser in

Strasser/Jabornegg/Resch
, ArbVG [2002] § 2 Rz 57). Deshalb wäre es freilich naheliegend gewesen, den Regelungen über die Entgeltfortzahlungsfälle aufgrund ihrer wörtlichen Übereinstimmung und ihres Sinnzusammenhangs einen einheitlichen Interpretationsmaßstab anzulegen und ihnen dieselbe Berechnungsart zu unterstellen. Das Ergebnis wäre dann schon mit dem gängigen Interpretationskanon – nämlich mit einer Wortlautinterpretation – zu erzielen gewesen; die Einführung des Begriffs „geltungserhaltende Interpretation“ – eventuell als Vermengung von „verfassungskonformer Interpretation“ und „geltungserhaltender Reduktion“ gedacht – war zur Begründung wohl nicht erforderlich. 329