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Monate der Pflichtversicherung nach § 8 Abs 1 Z 2 lit a bis g ASVG – keine Beitragsmonate für die Erfüllung einer „Ewigen Anwartschaft“

BARBARAFÖDERMAYR (LINZ)
§§ 8 Abs 1 Z 2 lit a bis g, 236 ASVG
OGH 12.9.2013 10 ObS 109/13xOLG Wien 24.4.2013 10 Rs 216/12aASG Wien 15.5.2012 24 Cgs 22/11t

Zeiten, die vor dem Inkrafttreten des APG als Ersatzzeiten qualifiziert wurden und seither der Teilversicherung nach § 8 Abs 1 Z 2 lit a bis g ASVG unterliegen, sind für die Erfüllung der Wartezeit nach § 236 Abs 4 Z 1 ASVG nicht zu berücksichtigen.

Mit Bescheid vom 2.12.2010 lehnte die Bekl den Antrag der Kl vom 11.10.2010 auf Zuerkennung der Invaliditätspension ab.

Mit der dagegen erhobenen Klage begehrt die Kl, die Bekl zur Leistung einer Invaliditätspension im gesetzlichen Ausmaß ab 1.11.2010 zu verpflichten. [...]

Das Erstgericht erkannte der Kl die Invaliditätspension im gesetzlichen Ausmaß für den Zeitraum 1.11.2010 bis 31.5.2011 zu und wies das Mehrbegehren auf Gewährung der Invaliditätspension über den 31.5.2011 hinaus ab. [...]

Das Erstgericht legte seiner E zusammengefasst folgende Feststellungen zu Grunde:

„Die am 23.4.1955 geborene Kl hat zum Stichtag 1.11.2010 insgesamt 274 Versicherungsmonate erworben, davon 160 Beitragsmonate der Pflichtversicherung aufgrund einer Erwerbstätigkeit, 94 Monate einer Ersatzzeit und 20 Monate der Pflichtversicherung in der Teilversicherung nach § 8 Abs 1 Z 2 lit b ASVG infolge Bezugs von Arbeitslosengeld oder infolge des Fehlens eines Anspruchs auf Notstandshilfe mangels Notlage gem § 34 Abs 1 AlVG. Sie hat den Lehrberuf Damenkleidermacherin erlernt, diesen Beruf aber in den letzten 15 Jahren vor dem Stichtag 1.11.2010 nicht ausgeübt. Im Zeitraum vom 1.11.2010 bis 31.5.2011 war sie arbeitsunfähig; ab dem 1.6.2011 ist sie in der Lage, leichte körperliche Tätigkeiten überwiegend im Sitzen oder Stehen (mit im Einzelnen festgestellten weiteren Einschränkungen) zu verrichten. Mit diesem Leistungskalkül kann sie den Beruf einer Buchbinderhelferin oder einer Tagportierin ausüben.“ [...]

Das Berufungsgericht gab der gegen den klagestattgebenden Teil der erstinstanzlichen E gerichteten Berufung der Bekl Folge und sprach aus, dass die ordentliche Revision aufgrund Vorliegens einer Rechtsfrage von einer über den Einzelfall hinausgehenden Bedeutung zulässig sei. [...]

Rechtliche Beurteilung

Dazu ist auszuführen:

1. Sowohl das Entstehen eines Anspruchs als auch dessen Höhe hängt von den Versicherungszeiten ab. Vor dem Inkrafttreten des Allgemeinen Pensionsgesetzes (APG) am 1.1.2005 wurden unter dem Oberbegriff „Versicherungszeiten“ sowohl Beitragszeiten verstanden (§§ 225, 226, 251 Abs 4 ASVG) als auch Ersatzzeiten, in denen keine Erwerbstätigkeit vorlag (§ 224 ASVG; Tomandl, Grundriss des Österreichischen Sozialrechts6 Rz 131). Bei Ersatzzeiten handelt es sich um Zeiten, die, ohne dass für sie ein Beitrag entrichtet wurde, als leistungswirksam berücksichtigt werden. Es sind in der Regel Zeiten, während derer der Versicherte aus verschiedenen vom Gesetzgeber als berücksichtigungswürdig anerkannten Gründen nicht in der Lage war, Beiträge zu entrichten (RIS-Justiz RS0084574).

2.1. Durch das Pensionsharmonisierungsgesetz (BGBl I 2004/142) wurde das APG erlassen und ua das ASVG novelliert. Das APG, mit dem das Pensionskonto eingeführt wurde, enthält in Hinsicht auf die Versicherungszeiten eine wesentliche Änderung. Da es in einem Pensionskonto keine Ersatzzeiten gibt, werden die bisher als solche anerkannten Zeiten bei der Berechnung der Pension künftig wie Beitragszeiten mit einer Beitragsgrundlage behandelt. Entsprechend dem Grundsatz der Beitragswahrheit müssen für sie Beiträge entrichtet werden. Diese Beiträge sind aber nicht von der versicherten Person, sondern vom Bund, vom Arbeitsmarktservice (AMS) oder von einem öffentlichen Fonds zu leisten (§ 3 Abs 1 Z 2 APG; 653 BlgNR 22. GP 16). Ein Vorteil des neuen Systems besteht darin, dass die Finanzierungslast nicht mehr – wie bei den Ersatzzeiten – auf eine künftige Generation übertragen wird (Pinggera/Pöltner/Stefanits, Das neue Pensionsrecht, Rz 128, 132).

2.2. Die früheren Ersatzzeiten wurden ab 1.1.2005 durch entsprechende Teilpflichtversicherungen in der PV abgelöst (§ 8 Abs 1 Z 2 lit a bis g ASVG; 10 ObS 145/10m, SSV-NF 24/72). Die Zeiten, die zu einer Teilversicherung gem § 8 Abs 1 Z 2 lit a bis g ASVG führen, sind als Zeiten der Pflichtversicherung gem § 225 ASVG Beitragszeiten (10 ObS 139/09b; Brodil/Windisch-Graetz, Sozialrecht in Grundzügen6 120). Personen, die – wie die Kl – nach dem 1.1.1955 geboren sind, können nach der seit 1.1.2005 geltenden Rechtslage demnach keine Ersatzzeiten mehr erwerben (10 ObS 162/09k, SSV-NF 23/77; Brodil/Windisch-Graetz, Sozialrecht in Grundzügen6 120).

2.3. Auf Personen, die vor dem 1.1.1955 geboren sind, sind die Regelungen über die Ersatzzeit (§§ 227 und 227a ASVG in der jeweils geltenden Fassung) aber nach wie vor anzuwenden (§ 617 Abs 3 ASVG).

2.4. Seit der Pensionsreform 2003 werden aus systematischen Gründen Zeiten einer Pflichtversicherung in der PV, die aufgrund einer Erwerbstätigkeit erworben wurden (§ 3 Abs 1 Z 1 APG), Zeiten einer Teilversicherung in der PV, für die der Bund, das AMS oder ein öffentlicher Fonds Beiträge zu zahlen hat (§ 3 Abs 1 Z 2 APG), und Zeiten einer freiwilligen Versicherung in der PV (§ 3 Abs 1 Z 3 APG) unterschieden (10 ObS 162/09k, SSV-NF 23/77). Es ist eine „neue Dreiteilung“ der Versicherungszeiten bzw Beitragszeiten vorzunehmen (Pinggera/Pöltner/Stefanits, Das neue Pensionsrecht, Rz 128). Heckenast geht von der Schaffung einer den Ersatzzeiten gleichwertigen neuen Kategorie von Versicherungszeiten aus (Heckenast, Über die Entstehung einer neuen Kategorie von Versicherungsmonaten, SozSi 2010, 286 [288]).

3.1. § 232 Abs 1 ASVG, der die Zuordnung zur Art des Versicherungsmonats bei Vorliegen 330verschiedener Versicherungszeiten innerhalb eines Monats regelt, unterscheidet Beitragszeiten der Pflichtversicherung aufgrund einer Erwerbstätigkeit und Monate einer Pflichtversicherung nach § 8 Abs 1 Z 2 lit a bis g ASVG. Nach der Rsp folgt aus § 232 Abs 1 ASVG, dass der Gesetzgeber in Bezug auf die Feststellung der Leistungen aus der PV Zeiten einer Pflichtversicherung nach § 8 Abs 1 Z 2 lit a bis g ASVG nicht als Beitragsmonate der Pflichtversicherung aufgrund einer Erwerbstätigkeit behandelt, auch wenn sie gem § 225 Abs 1 Z 1 ASVG Beitragszeiten sind (RIS-Justiz RS0125347; Brodil/Windisch-Graetz, Sozialrecht in Grundzügen6 120). Es wurde auch schon ausgesprochen, dass Zeiten, die vor dem 1.1.2005 Ersatzzeiten waren, durch die Umstellung des Pensionsrechts mit dem APG zu „besonderen“ Beitragszeiten mutiert seien, die nicht mit einer aktuellen Erwerbstätigkeit zusammenhängen (10 ObS 145/10m, SSV-NF 24/72; kritisch Heckenast, Über die Entstehung einer neuen Kategorie von Versicherungsmonaten, SozSi 2010, 286 [289];ZAS 2011/182 [185]).

3.2. In den jeweils den Berufsschutz nach § 255 Abs 2 ASVG (idF vor dem BudgetbegleitG 2011) betreffenden Entscheidungen 10 ObS 139/09b und 10 ObS 162/09k wurde aus § 232 Abs 1 ASVG sowie aus dem Umstand, dass in diesen Zeiten ebenso wie in den Ersatzzeiten, die sie ablösten, eine „Berufstätigkeit“ nicht ausgeübt wurde, abgeleitet, dass unter „Beitragsmonaten“ iSd § 255 Abs 2 ASVG (idF vor dem BudgetbegleitG 2011) nicht Zeiten nach § 8 Abs 1 Z 2 lit a bis g ASVG zu verstehen sind. Würde dies anders gesehen werden, bestünde ein sachlich nicht rechtfertigbarer Unterschied zu jenen (vor dem 1.1.1955 geborenen) Versicherten, für die weiterhin die Ersatzzeitenregelung des § 227 ASVG Anwendung finde (RIS-Justiz RS0125347; idS auch Heckenast, aaO in SozSi 2010, 290).

3.3. Die E 10 ObS 145/10m, SSV-NF 24/72 erging zu § 255 Abs 7 ASVG. Nach dieser Regelung gilt als invalid auch der Versicherte, der schon bei Eintritt in das Erwerbsleben außer Stande war, einem regelmäßigen Erwerb nachzugehen, aber trotz seiner Beeinträchtigung mindestens 120 „Beitragsmonate der Pflichtversicherung nach diesem oder einem anderen Bundesgesetz“ erworben hat. Unter Hinweis auf den Gesetzeszweck (der Bevorzugung von Personen, die trotz ihrer Beeinträchtigung am Erwerbsleben teilgenommen haben) wurde ausgeführt, dass bei Ermittlung der für einen Anspruch nach § 255 Abs 7 ASVG erforderlichen Beitragsmonate Zeiten, die früher als Ersatzzeiten qualifiziert wurden und seit dem Inkrafttreten des APG der Teilversicherung nach § 8 Abs 1 Z 2 lit a bis g ASVG unterliegen, nicht zu berücksichtigen sind (RIS-Justiz RS0126271). Historisch betrachtet könne die Bezugnahme auf das ASVG nicht Zeiten betreffen, die im Jahr 2004 Ersatzzeiten waren und erst durch die Umstellung des Pensionsrechts mit dem APG zu „besonderen“ Beitragszeiten mutiert seien, die nicht mit einer aktuellen Erwerbstätigkeit zusammenhängen.

4. Für den vorliegenden Fall ergibt sich:

4.1. § 236 Abs 4 ASVG, der auch nach dem Inkrafttreten des APG weiterhin maßgeblich ist (RIS-Justiz RS0125346), regelt die Wartezeit bei Vorliegen einer bestimmten Anzahl von Versicherungsmonaten unabhängig von deren zeitlichen Lagerung (sogenannte „ewige Anwartschaft“). Gem § 236 Abs 4 Z 1 ASVG ist die „ewige Anwartschaft“ erfüllt, wenn bis zum Stichtag

  1. mindestens 180 Beitragsmonate, ausgenommen Zeiten einer Selbstversicherung gem § 16a, soweit sie zwölf Versicherungsmonate überschreiten, oder

  2. ... erworben worden sind.

4.2. Die Wartezeit als sekundäre Leistungsvoraussetzung soll sicherstellen, dass nur solche Leistungsbezieher in den Genuss von Leistungen kommen, die der Versichertengemeinschaft bereits eine bestimmte Zeit angehören und durch ihre Beiträge zur Finanzierung der Leistungsverpflichtungen dieser Gemeinschaft beigetragen haben (RIS-Justiz RS0106536; RS0084485). Dagegen bestehen auch keine verfassungsmäßigen Bedenken (RIS-Justiz RS0056550).

4.3. Dem Rechtsstandpunkt der Revisionswerberin, aus dem in § 236 Abs 4 Z 1 lit a ASVG verwendeten Begriff „Beitragsmonat“ ergebe sich, dass darunter sämtliche Versicherungszeiten zu verstehen seien, in welchen der Versichertengemeinschaft Beiträge (nach dem 1.1.2005 auch durch den Bund, das AMS oder einen öffentlichen Fonds) geleistet wurden, ist nicht zu folgen. Wie bereits das Berufungsgericht erkannt hat, findet dies seine Begründung vor allem darin, dass andernfalls eine sachlich nicht rechtfertigbare Differenzierung zu den vor dem 1.1.1955 geborenen Versicherten bestünde, für die weiterhin gem § 617 Abs 3 ASVG die Ersatzzeitenregelung der §§ 227, 227a ASVG Anwendung findet und die daher auch nach dem 1.1.2005 nur Ersatzmonate, aber keine Beitragsmonate iSd § 236 ASVG erwerben können (siehe auch Heckenast, ZAS 2011, 182 [186, FN 11]). Diese Versicherten wären allein aufgrund ihres Geburtsdatums vor dem 1.1.1955 gegenüber den nach diesem Datum geborenen Versicherten erheblich benachteiligt. Eine derartige, sachlich nicht begründbare Ungleichbehandlung aufgrund des Alters kann dem Gesetzgeber aber nicht zugesonnen werden. Vielmehr muss die Absicht des Gesetzgebers gefolgert werden, dass Zeiten der neuen Teilversicherung nach § 8 Abs 1 Z 2 lit a bis g ASVG in der PV leistungsrechtlich nicht die Wirkung von Beitragsmonaten iSd § 236 Abs 4 Z 1 ASVG haben sollen. Zeiten, die vor dem Inkrafttreten des APG als Ersatzzeiten qualifiziert wurden und seither der Teilversicherung nach § 8 Abs 1 Z 2 lit a bis g ASVG unterliegen, sind demnach für die Erfüllung der Wartezeit nach § 236 Abs 4 Z 1 ASVG nicht zu berücksichtigen.

5. Die von der Kl erworbenen 20 Monate der Pflichtversicherung in der Teilversicherung nach § 8 Abs 1 Z 2 lit b ASVG infolge des Bezugs von Arbeitslosengeld und Krankengeld bzw infolge des Fehlens eines Anspruchs auf Notstandshilfe mangels Notlage gem § 34 Abs 1 AlVG können demnach für die Erfüllung der Wartezeit nach § 236 Abs 4 Z 1 lit a ASVG nicht herangezogen werden; die Wartezeit ist nicht erfüllt.

Die Revision ist somit nicht berechtigt. [...]

Anmerkung
1.
Einleitung

Ohne der Anmerkung ihre Spannung nehmen zu wollen, ist gleich einleitend festzuhalten, dass 331der – angesichts der in vergleichbaren Fällen bereits vorhandenen Vorjudikatur wenig überraschenden – E des OGH – jedenfalls im Ergebnis – vollinhaltlich zuzustimmen ist. Wie die folgenden Ausführungen zeigen werden, ist in der Begründung des OGH eine feine Differenzierung vorzunehmen, um dogmatisch noch klarer zu argumentieren. Allerdings mutet die Kritik an der Begründung beinahe so an, als würde man eine – kleine – Mangelhaftigkeit in der Argumentation wie die berühmte „Nadel im Heuhaufen“ suchen und pedantisch auf dem bekannten „i-Tüpfelchen“ reiten, um an der E doch tatsächlich auch etwas „anmerken“ zu können.

2.
Versicherungszeiten
2.1.
Allgemeines

Wie vom OGH ausgeführt, hat das PensionsharmonisierungsG BGBl I 2004/142im Bereich der Qualifikation von „Pensionszeiten“ eine nachhaltige Änderung bewirkt. Durch die Einführung des Pensionskontos ab 1.1.2005 für ab 1.1.1955 geborene Versicherte (so wie die Kl) wurde für diese Versichertengruppe ein Abgehen vom System der Splittung von Versicherungszeiten in Beitragszeiten und Ersatzzeiten erforderlich. Das Pensionskonto kennt „Ersatzzeiten“ in diesem Sinne nicht mehr und daher musste auch im Bereich des ASVG entsprechend reagiert werden (Resch, DRdA 2011, 541 [542] spricht in seiner Anm zu OGH 19.10.2010, 10 ObS 145/10m allerdings von „fehlender Kompatibilität der mit dem PensionsharmonierungsgG erfolgten Änderungen des ASVG im Verhältnis zum „Altbestand“ des ASVG“): Anstelle der „Ersatzzeiten“ wurde für die betroffenen jüngeren Versicherten eine Kategorie von Pensionszeiten mit einer besonderen, bis dahin nicht bekannten, Qualität eingeführt, nämlich sogenannte Beitragszeiten aufgrund einer Teilpflichtversicherung. Für die Gruppe der „älteren“ Versicherten gelten hingegen auch die „alten“ Bestimmungen weiter (vgl § 617 Abs 3 ASVG; zur Interpretation der Norm vgl Heckenast, Über die Entstehung einer neuen Kategorie von Versicherungsnormen, SozSi 2010, 286 [287]).

Wie den Materialien (ErläutRV 653 BlgNR 22. GP 7, 17 f) zu entnehmen ist – und wie sich dies auch aus dem System der Regelung von Zeiten im Bereich des Pensionsversicherungsrechts grundsätzlich logisch ergibt – lösen diese Zeiten einer Teilpflichtversicherung die bisherigen Ersatzzeiten ab und folgen nach § 232 ASVG und – optisch noch deutlicher zu erkennen – § 3 APG in der Rangordnung den Zeiten einer Pflichtversicherung aufgrund einer Erwerbstätigkeit.

Bereits aus diesen Überlegungen ergibt sich klar, dass der Gesetzgeber des PensionsharmonierungsG keine Vereinheitlichung aller „Pensionszeiten“ erreichen wollte. Aufgrund der Erfassung auf dem Pensionskonto sind nunmehr für alle Zeiten Beiträge zu entrichten (die Beiträge werden also nunmehr von jener Generation von Erwerbstätigen getragen, der der Versicherte angehört und nicht mehr auf nachfolgende Generationen übergewälzt; vgl Teschner/Pöltner, APG § 3 Anm 4) und damit alle Zeiten als Beitragszeiten zu qualifizieren, jedoch mit drei Untergruppen, je nachdem, ob der Versicherte aufgrund einer Erwerbstätigkeit selbst Beiträge entrichtet, die Last der Beitragszahlung den Bund bzw einen öffentlichen Fonds trifft oder der Versicherte eine freiwillige Versicherung beantragt hat (vgl Teschner/Pöltner, APG § 3 Anm 1). Es erfolgt also eine klare Trennung der unterschiedlichen Kategorien von Beitragszeiten. Teschner/Widlar führen aus, dass durch die Bezeichnung der ehemaligen Beitragsmonate einer Pflichtversicherung als Beitragszeiten aufgrund einer Erwerbstätigkeit die Abgrenzung zu Beitragszeiten aufgrund einer Teilpflichtversicherung verdeutlicht werden sollte (vgl Teschner/Pöltner, APG § 3 Anm 3).

Die Berücksichtigung der 20 Monate einer Beitragszeit aufgrund Teilpflichtversicherung ist daher im Rahmen des § 236 Abs 1 Z 2 ASVG schon wegen der Systematik der Pensionszeiten nicht möglich. Es sollte durch die Qualifikation als Beitragszeit keine Gleichsetzung mit der Diktion des „Altrechts“ (dem Beitragsmonat) erfolgen. Einer Bezeichnung als „besondere Beitragszeiten“ bedarf es hier nicht. Im Gegenteil – mit einer solchen, nicht im Gesetz vorhandenen Bezeichnung einer Pensionszeit stiftet man zusätzlich Verwirrung.

Allein diese Begründung mit der Systematik der Zeiten hätte eigentlich genügt, um den Anspruch der Kl mangels Erfüllung der Wartezeit abzuweisen. Der OGH ist aber tiefer in die Materie eingetaucht und hat sich zudem mit der Bestimmung des § 236 Abs 4 ASVG noch konkreter auseinandergesetzt.

2.2.
Wartezeit

Um Anspruch auf eine Leistung aus einem Versicherungsfall der PV zu haben, müssen die Versicherten eine Wartezeit erfüllen, die – je nachdem um welche Pensionsart es sich handelt – unterschiedlich lange ist (vgl § 236 ASVG). Ein Versicherter, der einen Arbeitsunfall hatte oder an einer Berufskrankheit leidet, muss nach § 235 Abs 3 lit a ASVG für den Anspruch auf Pension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit ausnahmsweise keine Wartezeit erfüllen. Dies gilt in diesen Fällen auch für eine Leistung aus dem Versicherungsfall des Todes.

Durch diese Wartezeitbestimmungen wird sichergestellt, dass nur Versicherte Anspruch auf eine Leistung haben, die zur Risikogemeinschaft der Versicherten in einem gewissen Naheverhältnis stehen (vgl nur RIS-Justiz RS0084845).

2.3.
„Ewige Anwartschaft“

Im Bereich der Versicherungsfälle des Alters wurde mit BGBl I 1984/484eine besondere „ewige Anwartschaft“ eingeführt: Versicherte, die 180 Beitragsmonate nachweisen können, erfüllen nach § 236 Abs 4 Z 1 lit a ASVG die Wartezeit jedenfalls. Mit dieser Bestimmung schuf der Gesetzgeber die Möglichkeit, dass jene Versicherten, die 15 Jahre lang gearbeitet haben, unabhängig von der Lage der Erwerbstätigkeit, bei Erreichen des Regelpensionsalters eine Alterspension in Anspruch nehmen können. Im Gegensatz dazu stellt die Wartezeitbestimmung des § 236 Abs 1 Z 2 lit a ASVG lediglich auf den Nachweis von „180 Monaten“ ab, die 332allerdings in einem Rahmenzeitraum von 360 Kalendermonaten vor dem Stichtag liegen müssen. Aus dieser unmittelbaren Gegenüberstellung wird klar ersichtlich, welchen Zweck der Gesetzgeber mit Einführung dieser „ewigen Anwartschaft“ verfolgt hat (in den Materialien zur 40. Novelle ErläutRV 327 BlgNR 16. GP findet sich diesbezüglich leider nichts Näheres): Jene Versicherte, die Beitragsmonate aufgrund einer Erwerbstätigkeit iSd laut „Altrecht“ vorzunehmenden Splittung der Versicherungsmonate in Beitrags- und Ersatzmonate in einem bestimmten Ausmaß erworben haben, müssen nicht fürchten, dieser verlustig zu gehen, nur weil sie unmittelbar vor dem Stichtag längere Zeit keine Versicherungsmonate mehr erworben haben.

Diese „ewige Anwartschaft“ stellt also eine Begünstigung jener Versicherten dar, die für eine gewisse Zeit – nämlich über 180 Monate – aktiv Beiträge in das System einbezahlt haben.

Dem eben erläuterten Gesetzeszweck wird die Argumentation der Kl nicht gerecht. Wie der OGH völlig schlüssig ausführt, sind die neuen Beitragszeiten nicht solche, die den „traditionellen“ Beitragsmonaten aufgrund Erwerbstätigkeit gleichzusetzen sind (zur Abgrenzung vgl etwa Heckenast, Über die Entstehung einer neuen Kategorie von Versicherungsnormen, SozSi 2010, 286 [289 f]) und können auch aus dem Blickwinkel des Normzweckes, der hinter der „ewigen Anwartschaft“ steht, nicht zu den 180 Beitragsmonaten gezählt werden.

3.
Vergleichbare Fallkonstellationen
3.1.
Besondere Wartezeit bei Pensionen wegen geminderter Arbeitsfähigkeit für Versicherte mit eingebrachter Krankheit (§ 255 Abs 7 ASVG)

Ähnlich wie die Erfüllung einer „ewigen Anwartschaft“ eine besondere Qualität von Versicherungsmonaten in einem bestimmten Ausmaß voraussetzt, müssen für die Inanspruchnahme einer Pension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit nach § 255 Abs 7 ASVG mindestens 120 Beitragsmonate der Pflichtversicherung nach diesem oder einem anderen Bundesgesetz nachgewiesen werden. Der Versicherte muss also auch hier eine besondere Wartezeit erfüllen, um in den „Genuss“ (die Diktion erfolgt im Bewusstsein, dass die Wortwahl im gegenständlichen Zusammenhang unpassend erscheinen mag) einer besonderen Leistung zu gelangen. Bei Erfüllung der „ewigen Anwartschaft“ wird ausnahmsweise nicht auf das Vorliegen der Monate innerhalb eines gewissen Zeitraums abgestellt, da der Versicherte über einen entsprechend langen Zeitraum Beiträge ins System einbezahlt hat. Vergleichbar mit dieser Situation sieht § 255 Abs 7 ASVG dann eine Ausnahme vom Grundsatz vor, dass ein Anspruch auf Pension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit nur dann besteht, wenn der Versicherte ursprünglich nicht gemindert arbeitsfähig war. Wenn der ursprünglich bereits gemindert arbeitsfähige Versicherte über einen sehr langen Zeitraum Beiträge ins System der PV einbezahlt und dadurch eine gewisse Sonderstellung erlangt hat, hat er bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen dennoch einen Anspruch.

Der OGH verweist in seiner Begründung im gegenständlichen Fall – erneut völlig schlüssig – auf seine Rsp, dass die neuen Beitragszeiten einer Teilversicherung bei Ermittlung der Erfüllung der besonderen Wartezeit nach § 255 Abs 7 ASVG nicht zu berücksichtigen sind (vgl RIS-Justiz RS0126271). Insoweit ist dem OGH gänzlich zu folgen.

3.2.
Erwerb von Berufsschutz (§ 255 Abs 2 ASVG)

Etwas anders stellt sich mE die Rechtslage im Zusammenhang mit der Frage dar, ob ein Versicherter Berufsschutz erworben hat. Hier ist nicht allein eine besondere Wartezeit zu beurteilen, in der eine gewisse Anzahl einer bestimmten Art von Versicherungsmonaten – nämlich Beitragsmonate aufgrund einer Pflichtversicherung – erworben wurden; es ist überdies erforderlich, dass diese Beitragsmonate aufgrund einer Pflichtversicherung in einem erlernten oder angelernten Beruf nachgewiesen werden können.

Hier setzt auch die einzige Kritik an der gegenständlichen E an, da der Vergleich mit der Vorjudikatur zu § 255 Abs 2 ASVG betreffend der Berücksichtigung von Beitragszeiten aufgrund einer Teilpflichtversicherung (vgl etwa RIS-Justiz RS0125347; erst kürzlich OGH 19.11.2013, 10 ObS 143/13d) nur bedingt geeignet ist, die Begründung der gegenständlichen E zu stützen. Sinn des § 255 Abs 2 ASVG ist, dass die Versicherten nur durch die tatsächliche Ausübung des erlernten oder angelernten Berufes Berufsschutz erwerben oder erhalten können. Hier ist noch naheliegender, dass eine Zeit, in der die Versicherten den Beruf nicht ausüben, nicht zu berücksichtigen ist. Es kommt eigentlich weniger auf die Entrichtung von Beiträgen ins System der PV an – dies ist in diesen Fällen ein „Nebeneffekt“, der sich zwingend ergibt –, sondern es ist einzig entscheidend, dass die Versicherten qualifiziert tätig waren.

Diese Beurteilung bedeutet aber mE nicht automatisch, dass auch im Fall einer Wartezeitbestimmung – wie jener des § 236 Abs 4 ASVG – nur Zeiten, wo die Versicherten aufgrund einer Erwerbstätigkeit Beiträge geleistet haben, berücksichtigt werden können. In solchen Fällen ist eben wie unter 2. ausgeführt, der Gesetzeszweck dieser Wartezeitbestimmungen einschlägig und nicht auf die Sonderfrage der Beurteilung von Zeiten im Rahmen des Berufsschutzes zurückzugreifen.

4.
Resümee

Wie bereits einleitend ausgeführt, ist die E des OGH sowohl vor dem Lichte des Gesetzeszweckes der Wartezeitbestimmungen, als auch aus dem Blickpunkt der Systematik der „Pensionszeiten“ im ASVG und APG und damit der bisher dazu ergangenen Rsp völlig konsequent und schlüssig. 333