Düwell (Hrsg)Betriebsverfassungsgesetz – Handkommentar
4. Auflage, Nomos Verlag, Baden-Baden 2014, 1908 Seiten, gebunden, € 98,–
Düwell (Hrsg)Betriebsverfassungsgesetz – Handkommentar
Der Handkommentar zum deutschen Betriebsverfassungsgesetz (Hako-BetrVG) unter der Herausgeberschaft von Prof. Franz Josef Düwell erscheint in einem Vierjahresturnus. Der Erscheinungsrhythmus ist natürlich nicht zufällig gewählt. Denn während in Österreich die vierjährige Funktionsdauer des BR mit jeder Wahl idR neu zu laufen beginnt, finden in Deutschland flächendeckend regelmäßige Betriebsratswahlen statt; nämlich zwischen 1.3. und 31.5. jeden vierten Jahres. Das bedeutet, dass die Amtszeit im Falle einer Wahl außerhalb der regelmäßigen Wahlzeit (zB nach erfolgreicher Wahlanfechtung) bis zu den nächsten regelmäßigen Betriebsratswahlen verkürzt bzw bis spätestens zum 31.5. des übernächsten regelmäßigen Wahljahres verlängert wird (HaKo-BetrVG/Düwell, § 21 Rz 4). Die ersten regelmäßigen Wahlen für eine vierjährige Amtszeit des BR wurden im Jahre 1990 abgehalten. Somit ist auch die aktuelle Auflage des Hako-BetrVG „pünktlich wie ein Uhrwerk“ zum Wahljahr 2014 erschienen.
An der Verfassung bzw Überarbeitung des HK war eine Vielzahl bedeutender Wissenschaftler und Praktiker beteiligt. Vor allem die präzisen praktischen Hinweise machen den Kommentar wertvoll. Mit jeder Auflage wird der Hako-BetrVG umfangreicher, seit dem ersten Erscheinen hat er knapp 1000 Seiten zugelegt. Im Umgang ist er aber trotz seines Umfangs sehr handlich und übersichtlich; insb das Stichwortverzeichnis ist besonders hilfreich, zumal es durch eine kurze Benützungsanleitung eingeleitet wird. Im Gegensatz zu anderen Kommentaren wird hier der Normtext des BetrVG nicht unkommentiert vorangestellt. Ob man das wie Weiß (DRdA 2014, 176) zum 2014 beim C.H. Beck Verlag erschienenen BetrVG-Kommentar von Richardi als Erleichterung empfindet oder nicht, ist Geschmackssache.
Der Gesetzestext des BetrVG wurde seit der letzten Auflage des Hako-BetrVG nur an einer Stelle novelliert. In Umsetzung des Seearbeitsübereinkommens 2006 der Internationalen Arbeitsorganisation erfuhren die besonderen Vorschriften für einzelne Betriebsarten im Bereich der Seeschifffahrt eine Änderung hinsichtlich der Definition der Besatzungsmitglieder: In der ab 1.8.2013 geltenden Fassung verweist § 114 Abs 6 BetrVG nicht mehr auf das Seemannsgesetz, sondern definiert den Begriff nun selbst. Ein Bedarf an der Überarbeitung des Hako-BetrVG bestand aber vor allem wegen des zwischenzeitlichen Inkrafttretens einiger Gesetze, die auf das Betriebsverfassungsrecht ausstrahlen, wie zB das „Erste Gesetz zur Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes“, welches in Umsetzung der Leiharbeits-RL erlassen wurde. Darüber hinaus wurde die Rsp, die zu einigen Neuerungen geführt hat, eingearbeitet; so vor allem hinsichtlich der Berücksichtigung von Leih-AN bei Wahlen und der Erreichung von Schwellenwerten (zB Zahl der Betriebsratsmitglieder; siehe HaKo-BetrVG/Brors, § 9 Rz 3 und 6 ff). Hervorzuheben ist im Besonderen die von Düwell selbst kommentierte Rsp-Änderung hinsichtlich der Un- bzw Zulässigkeit eines sogenannten Vertragsstrafenversprechens für die Verletzung von Mitbestimmungsrechten (siehe HaKo-BetrVG/Düwell, § 23 Rz 81).
Im Anschluss an die Kommentierung der §§ 1-132 BetrVG finden sich im Anhang die Wahlordnung, das Gesetz über Europäische Betriebsräte und die RL 2002/14/EG abgedruckt und kommentiert. Ergänzend setzt sich Sick in Form einer Abhandlung mit dem SE-BR, der Europäischen Aktiengesellschaft (SE) und der AN-Beteiligung bei der grenzüberschreitenden Verschmelzung von Kapitalgesellschaften auseinander.
Aus österreichischer Sicht lohnt der Blick in den deutschen Kommentar grundsätzlich immer, aktuell insb wegen der Möglichkeit der rechtsvergleichenden Untersuchung der Auseinandersetzung mit der Frage der Zulässigkeit (nicht) vorübergehender Leiharbeit und deren zeitlicher Begrenzung. Denn während in Österreich § 10 Abs 1a AÜG auf die471 Zulässigkeit einer über vier Jahre andauernden Überlassung schließen lässt, werden in Deutschland zum Teil sechsmonatige oder zweijährige Obergrenzen als zulässig erachtet (siehe HaKo-BetrVG/Kreuder, § 99 Rz 17).