OndreasovaDie Gehilfenhaftung

Manz Verlag, Wien 2013, XXXVI, 258 Seiten, broschiert, € 54,–

SilviaDullinger (Linz)

Gegenstand der von Wendehorst und Koziol betreuten Wiener Dissertation ist die haftungsrechtliche Zurechnung von Gehilfenverhalten nach den §§ 1313a und 1315 ABGB. Im Zentrum der Untersuchung stehen die Zwecke dieser Bestimmungen, deren Anwendungsbereich in gewissen Streit- und Zweifelsfragen und insb deren Reformbedarf.

Nach einer Einführung in die Thematik (Teil 1) folgt in Teil 2 eine sogenannte „historische Betrachtung“ (13-27) und daran anknüpfend in Teil 3 eine Erörterung der „Ratio der Gehilfenhaftung“ (29-45). Eine „grundlegende Unterscheidung zwischen deliktischer und vertraglicher Gehilfenhaftung“ ist nach Ansicht von Eva Ondreasova „durch die ratio bloß im engen Bereich der Erfüllungspflichten gerechtfertigt“; bei Verletzung anderer Pflichten der Sonderbeziehung, die zugleich auch deliktische Pflichten darstellen, sei hingegen „eine Sonderbehandlung vertraglicher Gehilfenhaftung nicht mehr so einfach zu rechtfertigen“ (Zusammenfassung 239).

Teil 4 (47-90) behandelt die Zurechnung von Erfüllungsgehilfen gem § 1313a ABGB bei Bestehen einer Sonderbeziehung zwischen Geschäftsherrn und Geschädigtem. Hier werden vor allem der Begriff des Erfüllungsgehilfen und die einzelnen Zurechnungsvoraussetzungen iSd hA zusammenfassend beschrieben. Näher – auch rechtsvergleichend – untersucht werden nur wenige Einzelfragen. So will die Autorin bei der Abgrenzung des zurechenbaren Gehilfenverhaltens im Ergebnis darauf abstellen, „ob nicht nur der Gehilfeneinsatz das Risiko für die Schädigung stark erhöht hat, sondern auch, ob die vertragliche oder sonstige Sonderbeziehung die Gefährdung beeinflusst hat“. Bloß wenn die entsprechende „Gefahr im sonstigen Leben gleich groß“ sei, habe sich „das allgemeine Lebensrisiko verwirklicht und der Geschäftsherr sollte nicht haften“ (Zusammenfassung 241).

Teil 5 (91-95) enthält eine kurze Zusammenfassung des Meinungsstandes über die Analogiefähigkeit jener Spezialvorschriften in Gefährdungshaftungsgesetzen, die (ex delicto) eine gegenüber § 1315 ABGB erweiterte Gehilfenzurechnung anordnen (insb § 19 Abs 2 EKHG).

In Teil 6 (97-155) behandelt Ondreasova Die „Gehilfenhaftung im deliktischen Bereich“ gem § 1315 ABGB. Kernstück dieses Kapitels ist die Untersuchung der Frage, ob unter bestimmten Voraussetzungen auch selbständig handelnde Personen, also solche, die nicht in die Organisation oder den Herrschaftsbereich des Geschäftsherrn eingebunden sind, als Besorgungsgehilfen iSd § 1315 ABGB qualifiziert werden können. Dies wird im Ergebnis vor allem für jene Fallkonstellationen bejaht, in denen die Durchführung von Verkehrssicherungspflichten an selbständige Dritte ausgelagert wird. Der praktische Nutzen dieser ausführlich begründeten Lösung wäre freilich nur gering, wenn man an den zusätzlichen Haftungsvoraussetzungen des § 1315 ABGB – Untüchtigkeit oder dem Geschäftsherrn bekannte Gefährlichkeit des Gehilfen – festhalten würde. Ondreasova versucht daher, das Tatbestandsmerkmal der Untüchtigkeit durch ein Überwachungsverschulden zu ersetzen, wobei betont wird, dass auch tüchtige Gehilfen überwacht werden müssen. Die diesbezüglichen Ausführungen (142-151) sind ebenso wie die entsprechende Zusammenfassung (240 f) sehr unklar und kaum nachvollziehbar.

Nach einem kurzen Exkurs in Teil 7 über die „Haftung für technische Hilfsmittel“ (157-168) folgt ein ausführlicher Teil 8 (169-238) mit dem Titel „Ausblick: Die aktuellen Reformvorschläge“. Hier werden zunächst die verschiedenen Reformvorschläge über die haftungsrechtliche Gehilfenzurechnung eingehend diskutiert. Im Anschluss daran präsentiert Ondreasova ihren eigenen Textentwurf samt Begründung.

Insgesamt handelt es sich um eine mit hohem Engagement verfasste Dissertation zu einem sehr komplexen und anspruchsvollen Thema. Es kann daher nicht verwundern,472 dass nicht jeder Lösungsvorschlag der Autorin zu überzeugen vermag. Der wesentliche Schwerpunkt der Untersuchung liegt – wie schon eingangs erwähnt – in den Überlegungen de lege ferenda, und ein Großteil der Ausführungen zur geltenden Rechtslage dient offenbar bereits der Vor- und Aufbereitung des eigenen Reformvorschlags.