Allgemeines Sozialversicherungsgesetz

§ 4 Abs 2:
Dienstnehmereigenschaft eines Gesellschafters VwGH 26.5.2014, 2013/08/0194

Auch eine 40 %-ige Beteiligung des Gesellschafters einer GmbH schließt seine DN-Eigenschaft iSd ASVG nicht598 aus, solange er nicht – insb als Mehrheitsgesellschafter – einen beherrschenden Einfluss ausübt. Wesentlich ist, ob der Gesellschafter tatsächlich in wirtschaftlicher und persönlicher Abhängigkeit tätig wird.

Abgrenzung zwischen Gefälligkeitsdienst und Dienstverhältnis VwGH 20.5.2014, 2012/08/0257

Für die Abgrenzung zwischen einem Gefälligkeitsdienst und einer Beschäftigung (hier beim Verkauf von Christbäumen) ist eine Würdigung aller Umstände des Einzelfalls vorzunehmen. Es ist Sache der Partei, entsprechende konkrete Behauptungen aufzustellen und Beweise anzubieten. Vom Vater der Lebensgefährtin des Sohnes kann ohne das Vorliegen außergewöhnlicher Umstände nicht erwartet werden, dass er im Rahmen eines Gewerbebetriebes Gefälligkeitsdienste leistet, es besteht auch keine familiäre Beistandspflicht.

Frage der Versicherungspflicht von Prostituierten VwGH 26.5.2014, 2013/08/0052

Gegenstand des Verfahrens war der Strafbescheid wegen Nicht-Anmeldung mehrerer in einem Nachtlokal beschäftigter Personen beim zuständigen Krankenversicherungsträger. Der Lokalbetreiber brachte vor, er vermiete nur Arbeitszimmer an Prostituierte. Sie hätten keine Anwesenheitspflicht und könnten die Preise selbst bestimmen, sie erhielten kein Fixum. Er erteile keine Weisungen. Die Prostituierten seien nicht gehalten, die Kunden zum Getränkekonsum zu animieren und erhielten keine Provision. Der Bescheid wurde wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben: Die Behörde muss sich näher mit der Ausgestaltung der Tätigkeit auseinandersetzen und insb die Bindung der Prostituierten in Bezug auf Arbeitszeit, Arbeitsort und arbeitsbezogenes Verhalten sowie die organisatorische und wirtschaftliche Eingliederung in den Betrieb prüfen.

§ 4 Abs 4:
Freier Dienstvertrag als Masseur VwGH 11.6.2014, 2012/08/0245

Der Begriff der „wesentlichen eigenen Betriebsmittel“, der für die Beurteilung der DN-Eigenschaft iSd § 4 Abs 4 ASVG maßgeblich ist, ist nach den wirtschaftlichen Verhältnissen beim freien DN zu beurteilen. Es ist stets vorausgesetzt, dass es sich um ein Sachmittel handelt, welches für die konkret in Rede stehende Tätigkeit des freien DN wesentlich ist. Weder die Fertigkeiten noch die Arbeitskraft eines Masseurs können „Betriebsmittel“ iSd § 4 Abs 4 ASVG sein. Die ihm zur Verfügung gestellten Räumlichkeiten und Massage utensilien sind als wesentliche Betriebsmittel anzusehen.

§ 131 Abs 4:
Kosten der Beförderung ins Tal OGH 19.5.2014, 10 ObS 52/14s

Gegen die Bestimmung des § 131 Abs 4 ASVG, dass Bergungskosten und die Kosten der Beförderung bis ins Tal bei Unfällen in Ausübung von Sport und Touristik nicht zu ersetzen sind, bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Es muss dem Gesetzgeber freistehen, dort Leistungsbegrenzungen einzuführen, wo die Übernahme des Risikos und der damit regelmäßig verbundenen hohen Kosten durch die Versichertengemeinschaft nicht mehr vertretbar erscheint; dies insb dann, wenn es dem Einzelnen zumutbar ist, für die ihm bekannten und kalkulierbaren Risiken im privaten Bereich Vorsorge zu treffen.

§§ 131 und 149:
Kostenerstattung für Behandlung in Wahleinrichtung OGH 23.4.2014, 10 ObS 25/14w

Nimmt ein Versicherter eine Wahleinrichtung (privates Ambulatorium) in Anspruch, kommt als entsprechender Vertragspartner iSd § 131 ASVG wiederum ein selbständiges Ambulatorium oder eine Spitalsambulanz in Betracht. Für die Frage der Höhe der Kostenerstattung ist eine vergleichbare (Sach-)Leistung in einer Vertragseinrichtung heranzuziehen. Es sind daher Feststellungen erforderlich, wieviel der Krankenversicherungsträger für eine vergleichbare ambulante Krankenbehandlung (hier: tageschirurgische mikroskopische Bandscheibensequestrektomie) zu entrichten gehabt hätte.

§ 133:
Keine Kostenerstattung für Außenseitermethoden OGH 23.4.2014, 10 ObS 26/14t

Es trifft zwar zu, dass die Entscheidung über die konkrete Wahl der Behandlungsmethode grundsätzlich im Einvernehmen zwischen Arzt und Patient zu treffen ist, der Leistungsanspruch des Versicherten gegenüber dem Krankenversicherungsträger wird jedoch nach stRsp im Streitfall letztlich durch die Gerichte im Rahmen der bestehenden Gesetze konkretisiert; die Entscheidung des Gerichts erfolgt in der Regel aufgrund der Ergebnisse der eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten. Bei der Krankenbehandlung besteht ein Vorrang der wissenschaftlich anerkannten schulmedizinischen Behandlungsmethoden. Ist eine Krankheit durch schulmedizinische Methoden gut zu behandeln, gibt es keinen Anlass für die Finanzierung von „Außenseitermethoden“ iS einer komplementärmedizinischen bzw alternativen Behandlung.

§ 144:
Keine Kostenerstattung für medizinisch nicht indizierten Rettungstransport OGH 15.7.2014, 10 ObS 72/14g

Krankenhaustransportkosten sind Teil der Anstaltspflege; der Transport ist eine akzessorische Leistung, er muss medizinisch indiziert sein. Fordert ein Versicherter selbst die Rettung an, ohne dass er glaubhaft Symptome bezeichnen kann und ohne das Vorliegen einer Krankheit ernstlich für möglich zu halten, muss die KV die Kosten für den dennoch durchgeführten Rettungstransport nicht übernehmen.

§ 175:
Kein Unfallversicherungsschutz auf Umwegen OGH 23.4.2014, 10 ObS 45/14m

Nach § 175 Abs 2 Z 1 ASVG ist (nur) der mit der Beschäftigung zusammenhängende direkte Weg zu oder von der Arbeits- bzw Ausbildungsstätte versichert, der in der Absicht zurückgelegt wird, die versicherte Tätigkeit aufzunehmen bzw nach ihrer Beendigung wieder in den privaten Wohnbereich zurückzukehren. Allein oder überwiegend im599 privaten Interesse gewählte Abweichungen vom kürzesten Weg (Umwege, Abwege) sind in der Regel, also mangels besonderer Umstände, nicht versichert. Der Unfallversicherungsschutz ist daher zu verneinen, wenn sich der Unfall auf einer Phase des Weges ereignet, der ausschließlich eigenwirtschaftlichen (persönlichen) Interessen dient (hier: fünf Minuten dauernde Unterbrechung der Heimfahrt für den Einkauf von Lebensmitteln).

§ 258 Abs 4:
Keine Witwenpension für geschiedene Ehegattin OGH 19.5.2014, 10 ObS 47/14f

Der Witwenpensionsanspruch nach § 258 Abs 4 lit d ASVG setzt voraus, dass mindestens während der Dauer des letzten Jahres vor dem Tod tatsächlich Unterhalt geleistet wurde. Wenn nach dem plötzlichen Ausbleiben früher geleisteter Unterhaltszahlungen in einem eingeleiteten Gerichtsverfahren ein Urteil (nach dem Tod des früheren Ehegatten während des Verfahrens) gegen die Verlassenschaft erwirkt wurde, rückwirkend Unterhalt zu leisten, ist diese Voraussetzung nicht erfüllt, weil es sich dann nicht um tatsächliche Zahlungen des früheren Ehegatten handelt.