Bundespflegegeldgesetz
Bundespflegegeldgesetz
Die Antragstellerin, eine österreichische Staatsbürgerin, bezieht eine deutsche und eine belgische Hinterbliebenenleistung und lebt in Österreich. Fraglich war, ob sie Anspruch auf Pflegegeld hat. Denn nach der VO (EG) 883/2004 ist für Geldleistungen bei Krankheit (Pflegebedürftigkeit) nicht Österreich, sondern Belgien zuständig. Ein Anspruch auf Bundespflegegeld wurde vom OGH dennoch bejaht.
Seit 1.1.2012 beruht das österreichische Pflegegeldsystem auf einer einheitlichen gesetzlichen Grundlage. Der Pflegegeldanspruch richtet sich nunmehr ausschließlich nach dem BPGG und besteht gem § 3a auch ohne Grundleistung, wenn der gewöhnliche Aufenthalt im Inland liegt. Der EuGH hat in der Rs C-611/10 und C-612/10, Hudzinskiund Wawrzyniak vom 12.6.2012 ausdrücklich ausgesprochen, dass die Koordinierungsbestimmungen für Familienleistungen dahingehend auszulegen sind, dass sie es einem Mitgliedstaat, der nach diesen Vorschriften nicht als zuständiger Staat bestimmt ist, nicht verwehren, allein nach seinem nationalen Recht einem Wander-AN Leistungen zu gewähren. Auch wenn dieses Urteil Familienleistungen betrifft, sind diese Aussagen des EuGH angesichts ihrer allgemeinen Natur auch für die Kategorie „Leistung bei Krankheit“ anwendbar. Demnach kann ein Mitgliedstaat einen Leistungsanspruch nicht deshalb verneinen, weil er nach Unions recht nicht zuständig ist, wenn der Anspruchswerber alle Anspruchsvoraussetzungen nach nationalem Recht erfüllt.
Die Kl lebt in Österreich, bezieht eine bulgarische Pension und eine (österreichische) Ausgleichszulage. Da sie die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt, besteht Anspruch auf Pflegegeld nach § 3a BPGG. Dieser Anspruch setzt lediglich voraus, dass die Person keine Grundleistung bezieht – weder die ausländische Pension noch die Ausgleichszulage als beitragsunabhängige Sonderleistung sind im Katalog der Grundleistungen gem § 3 Abs 1 Z 1-10 BPGG angeführt. Dem Anspruch steht nicht entgegen, dass nach dem Unionsrecht Bulgarien der für Geldleistungen bei Krankheit zuständige Staat ist; denn nach rein nationalem Recht sind die Voraussetzungen des § 3a BPGG erfüllt. Wenn die betreffende Person bereits pflegebezogene Geldleistungen aus dem anderen pensionsauszahlenden Staat bezieht, wäre Österreich verpflichtet, einen Unterschiedsbetrag auszuzahlen.
Wurde ein befristet gewährtes Pflegegeld in Höhe der Stufe 4 während der Dauer der Befristung mit neuerlichem Bescheid „für die weitere Dauer der Pflegebedürftigkeit“600 wegen einer Besserung des Gesundheitszustands auf die Stufe 1 herabgesetzt, handelt es sich um eine Neubemessung nach § 9 Abs 4 BPGG und nicht um eine Frage der befristeten oder unbefristeten Gewährung nach § 9 Abs 2 BPGG. Im Herabsetzungsbescheid bedarf es keines neuerlichen Ausspruchs über die ohnehin (nur) befristete Gewährung.