Unverbindliche Entgeltbestandteile
Unverbindliche Entgeltbestandteile
Gegenstand dieses Beitrages sind freiwillige, rechtsgrundlose Leistungen der AG, auf welche auch bei mehrmaliger Gewährung kein Rechtsanspruch seitens der AN besteht. Hier muss zunächst darauf hingewiesen werden, dass „regelmäßig gewährte Arbeitgeberleistungen, mit denen [AN] rechnen können, als Offert [der AG] auf die Einräumung eines Anspruchs auf zukünftige Zahlungen anzusehen [sind], sofern [die AG] den unverbindlichen Charakter der Zuwendung nicht ausdrücklich betont“.* Will die AG das konkludente Entstehen eines Anspruchs verhindern, muss dies also gegenüber der AN klar zum Ausdruck gebracht werden, um jegliches Vertrauen auf eine zukünftige Leistung zu verhindern (zur Sonderform der „entgeltfernen Leistungen“ siehe Kap 1.1.). Dies erfolgt idR durch sogenannte Unverbindlichkeitsvorbehalte bzw Unverbindlichkeitsklauseln.* Die sich somit häufig ergebende Vorfrage, wann, wie oft oder in welcher Form ein Unverbindlichkeitsvorbehalt erklärt werden muss, um wirksam zu sein, würde den Rahmen dieses Beitrages sprengen.* Im Folgenden wird daher eine entsprechende Erklärung/Vereinbarung vorausgesetzt.
Nach nunmehr wohl hRsp* muss – insb im Hinblick auf eine etwaige Ausübungskontrolle (siehe Kap 3.) – überdies streng zwischen Widerrufs- oder Änderungsvorbehalt einerseits und Unverbindlichkeitsvorbehalt andererseits unterschieden werden. Bei Ersterem besteht dem Grunde nach ein Anspruch der AN, welchen die AG jedoch berechtigt ist, durch einseitige Willenserklärung zu beseitigen bzw abzuändern.*601Bei Leistungen im Rahmen von Unverbindlichkeitsvorbehalten besteht dagegen zu keinem Zeitpunkt ein Rechtsanspruch der AN.*
Abschließend muss noch festgehalten werden, dass AN auf betriebliche Wohlfahrtseinrichtungen, selbst wenn diese jahrelang bestehen, keinen individuellen Rechtsanspruch erwerben.* Deren Auflösung unterliegt grundsätzlich nur den Bestimmungen und Mitwirkungsrechten des § 95 ArbVG. Es handelt sich hierbei – sehr grob gesprochen – um institutionalisierte Leistungen allen AN gegenüber, welche ein Mindestmaß an innerer Organisation aufweisen.* Beispiele sind etwa Betriebskantinen, Betriebskindergärten sowie Sport- und Fitnesseinrichtungen. Hier sei jedoch darauf hingewiesen, dass sehr wohl ein Rechtsanspruch auf jene (eigenständigen) Leistungen entstehen kann, welche lediglich „anlässlich“ der Wohlfahrtseinrichtung erbracht werden:* So besteht zwar idR kein Individualanspruch auf die Fortführung einer Werkskantine, uU jedoch auf einen zusätzlich (auch bereits während des Bestehens der Werkskantine) gewährten Zuschuss zu den Essenskosten.* Dies setzt allerdings ein berechtigtes Vertrauen der AN auf einen Verpflichtungswillen der AG voraus. Eine nähere Auseinandersetzung mit betrieblichen Wohlfahrtseinrichtungen kann jedoch in diesem Beitrag nicht erfolgen.
Eine Besonderheit stellen sogenannte „entgeltferne Leistungen“ dar. Bei diesen bedarf es nämlich nach nunmehr wohl hM* auch bei mehrmaliger Leistungserbringung keines Unverbindlichkeitsvorbehaltes, um das (konkludente) Entstehen eines Anspruches zu verhindern. Hierbei handelt es sich um „ganz verpflichtungsferne Leistungen“,* bei welchen der AN von vornherein klar sein muss, dass sich die AG nicht verpflichten will.* Als Beispiele finden sich in der Judikatur etwa verbilligte Konzert- und Theaterabonnements* oder die ermäßigte Nutzung der (hier) städtischen Einrichtungen.* Um etwaigen Missverständnissen vorzubeugen, muss an dieser Stelle jedoch ausdrücklich hervorgehoben werden, dass es sich bei „entgeltfernen Leistungen“ de iure gar nicht um Entgelt im arbeitsrechtlichen Sinn handelt: Die – mE – Leitentscheidung des OGH zu diesem Thema betraf Ermäßigungen für städtische Einrichtungen, welche die Stadt Innsbruck neben den eigenen Bediensteten ua auch dem Blindenverband, Studenten, Schülern, Senioren oder auch den Mitgliedern der Wasserrettung gewährte. Der OGH entschied hier, dass diese „nicht als Entgelt [...] anzusehen“ sind, sondern es sich vielmehr um „Begünstigungen [...] im Rahmen der Tarifgestaltung“ handelt.*
ME ist daher bei der Prüfung, ob „entgeltferne Leis tungen“ vorliegen, ein strenger Maßstab anzulegen. Leistungen, welche die AG ausschließlich ihren AN gewährt, können von vornherein nicht als „entgeltferne Leistungen“ qualifiziert werden, da in diesem Fall das Bestehen des Arbeitsverhältnisses notwendige Voraussetzung für den Erhalt der Leistung ist. Aber auch dann, wenn die Leistung anderen Personengruppen zugänglich ist, darf der offensichtliche Zweck der Leistung gerade nicht die Vergütung der Arbeitsleistung sein.* Daher wird es sich – insb bei nichtstaatlichen AG – im Zweifel nicht um „entgeltferne Leistungen“, sondern vielmehr um Entgelt handeln, bei welchem ohne Unverbindlichkeitsvorbehalt jedenfalls ein Individualanspruch der AN entsteht.
Da zur Frage der grundsätzlichen Zulässigkeit von Unverbindlichkeitsvorbehalten bereits umfangreiche Literatur vorliegt, würde eine detaillierte und vollstände Darstellung sämtlicher Lösungsansätze und Argumentationslinien den vorliegenden Beitrag sprengen. Es soll daher lediglich ein Überblick über die mE wichtigsten Punkte, ohne Anspruch auf Vollständigkeit, geboten werden. Es sei hier auch darauf hingewiesen, dass die in der Literatur vertretenen Rechtsfolgen (insb bei unzulässigen Vereinbarungen) uneinheitlich sind (siehe dazu auch Kap 3.).
Gegen die grundsätzliche Zulässigkeit spricht sich etwa Schindler*aus. Er räumt zwar ein, dass602 eine einmalige, nicht vorangekündigte, rechtsgrundlose Zahlung ohne Entstehen eines Rechtsanspruches möglich sei. ME zutreffend argumentiert Schindler jedoch, dass eine Vereinbarung, welche das faktische Verhalten in Zukunft als rechtlich irrelevant qualifiziere, der unwirksame Versuch sei, § 863 ABGB abzubedingen. Die AG könne ebenso wenig erklären, die Arbeitsleistung nur rein faktisch entgegenzunehmen und nur rein faktisch Beträge auszuzahlen.* Der wahre Wille der AG richte sich auf die Erlangung eines Rechts zur willkürlichen Entgeltfestsetzung. Dies sei jedoch kein zulässiger Vertragsinhalt, da das Willkürverbot als Grundwertung der Rechtsordnung dies verbiete.* Andernfalls würde dem Arbeitsrecht – und hier insb den Entgeltfortzahlungsregeln, § 1152 ABGB (welcher Bestimmbarkeit der Entgelthöhe verlange) und dem IESG – seine Schutzfunktion genommen. Im Ergebnis sei Beliebigkeit bei Entgeltänderungen somit als (unbeachtliche) Fehlbezeichnung zu qualifizieren.*
Dagegen tritt etwa Risak* für die Zulässigkeit von Unverbindlichkeitsvorbehalten ein. Mangels Bindungswillen der AG entstehe kein Rechtsanspruch und die AN dürfe aufgrund der eindeutigen (nicht auslegungsbedürftigen) Erklärung der AG gerade nicht auf eine zukünftige Leistung vertrauen. Da somit eben keine Vereinbarung vorliege, könne deren Inhalt auch nicht unzulässig (iSd oben genannten Willkürverbots) sein. Eine allfällige Sittenwidrigkeit könne überdies auch nicht allein durch die verdünnte Willensfreiheit aufgrund des Ungleichgewichts bei Vertragsabschluss entstehen, werde diese doch bereits durch die Geltung eines KollV entsprechend ausgeglichen.* Ein etwaiger Rückgriff auf die Vertragsgerechtigkeit iSd (subjektiven) Äquivalenz scheide ebenfalls aus, da unverbindliche Entgeltbestandteile idR nicht in das Synallagma miteinbezogen würden.
Ergänzend wird als Argument von beiden Seiten § 1 Abs 3 Z 3 BPG zitiert. Je nach Sichtweise wird aus der Tatsache, dass der Gesetzgeber Unverbindlichkeitsvorbehalte im Bereich des BPG für zulässig erklärt hat, abgeleitet, dass diese im restlichen Arbeitsrecht unzulässig* (iS einer Ausnahmegenehmigung durch das BPG) oder eben zulässig* (iSd argumentum a minori ad maius) seien.
Qualifizierte der OGH in älteren Entscheidungen noch Vereinbarungen, in welchen der AG das Recht zur einseitigen, beliebigen Änderung des Entgelts eingeräumt wurde, als klar sittenwidrig,* so ist die Rechtslage heute wohl anders. In seiner Leitentscheidung des OGH vom 24.2.2009 zu 9 ObA 113/08wsprach der OGH aus, dass Unverbindlichkeitsvorbehalte (ebenso wie Widerrufsvorbehalte) dem Grunde nach für gewisse Entgeltbestandteile (Details siehe Kap 2.3.) zulässig sind. Nach nunmehr wohl hRsp* kann daher das Entstehen eines Rechtsanspruches, auch bei mehrmaliger Gewährung der Leistung, ausgeschlossen werden und die AG somit laufend freiwillige, unverbindliche Leistungen erbringen. Will die AG die Leistung einstellen oder abändern, liegt keine Willenserklärung (iS eines Widerrufs), sondern eine rein faktische Handlung vor. Dies erscheint umso bemerkenswerter, als der oben genannten E ein Sachverhalt zugrunde lag, bei welchem ein ursprünglich bestehender Anspruch durch Vertragsänderungen (unter Kündigungsandrohung) zunichte gemacht und in eine unverbindliche, freiwillige Leistung umgewandelt wurde.*
Nicht abschließend geklärt ist jedoch bis dato, welche Entgeltbestandteile einem Unverbindlichkeitsvorbehalt zugänglich sind.
In der oben genannten E hat der OGH Unverbindlichkeitsvorbehalte für Sonderzahlungen im kollektivvertragsfreien Raum zwar ausdrücklich gebilligt,* gleichzeitig jedoch festgehalten, dass den „vorgetragenen Argumenten [...] im Zusammenhang mit den wesentlichen Teilen des laufenden monatlichen Entgelts erhebliches Gewicht“ zukomme und AN auf eine gewisse Beständigkeit des Entgelt vertrauen können müssten. Für Entgeltbestandteile, welche jedoch nicht zum „wesentlichen Teil des Grundentgelts gehören oder die nur unregelmäßig bzw. aus besonderem Anlass gewährt werden“, sei ein Unverbindlichkeitsvorbehalt unbedenklich.
Risak schließt daraus, dass entweder entsprechend lange Abstände zwischen den Fälligkeitsterminen (zB Sonderzahlungen) liegen oder die Entgeltbestandteile unwesentlich sein müssen, räumt jedoch603 ein, dass die Grenze offen bleibe.* Dagegen weist Grillberger mE zutreffend darauf hin, dass die Begründung im Kern wohl auf den Bedarf der AN abstelle und es daher nicht auf die Zahlungstermine, sondern auf die Höhe des Entgelts ankommen müsse.*
Die Formulierung des OGH erscheint umso problematischer, als dass sie die Auslegung zulässt, Entgeltteile, welche zwar zum wesentlichen Teil des Grundentgelts gehören, aber unregelmäßig ausbezahlt werden, könnten ebenfalls unverbindlich gewährt werden (Arg: „nicht zum [...] Grundentgelt gehören oder [...] unregelmäßig [...] gewährt werden“). Dies erscheint jedoch keinesfalls nachvollziehbar, wäre doch die AG, welche laufend ein möglichst geringes Entgelt und dafür hohe, aperiodische Zahlungen leistet (und so länger über das Kapital verfügen kann), grundlos (insb gegenüber anderen AG) besser gestellt.
ME wird man die Terminologie des OGH („laufenden monatlichen Entgelts“) dahingehend verstehen müssen, dass monatlich wiederkehrende Zahlungen einem Unverbindlichkeitsvorbehalt nicht zugänglich sind, es sei denn, sie können als „unwesentlich“ qualifiziert werden.* Dabei kann es nicht auf die Bezeichnung durch die Parteien ankommen und selbst die Ausgestaltung als Zulagen/Zuschläge führt nicht per se zu „unwesentlichen“ Entgeltbestandteilen. Vielmehr werden sich derartige Entgelte den „entgeltfernen Leistungen“ (siehe Kap 1.1.) annähern müssen, wie etwa (geringfügige) freiwillige Kostenzuschüsse oder sonstige Vergünstigungen (Essensgutscheine).
Weiters wäre es mE auch falsch, von einem „Freischein“ des OGH für alle nur unregelmäßig, oder in langen Zeitabständen gewährten Leistungen auszugehen, da auch diese im Einzelfall zum „wesentlichen Teil des Grundentgelts“* gehören können (zB Jahresprovisionen). Vielmehr wird das Augenmerk eher auf den „besonderen Anlass“ zu legen sein. Der hier anzusetzende Maßstab wird jedoch im Lichte der oben zitierten Rsp deutlich weniger streng sein müssen als bei monatlichen Leistungen, wenngleich mE eine sachliche Begründung für diese Differenzierung nicht ersichtlich ist.
In der Literatur wird diskutiert, ob Unverbindlichkeitsvorbehalte der Kontrolle des § 879 Abs 3 ABGB unterliegen (Judikatur liegt zu dieser Frage – soweit überblickbar – noch nicht vor). Danach sind Bestimmungen in Vertragsformblättern, welche nicht die Hauptleistungspflichten betreffen und eine Vertragspartei gröblich benachteiligen, nichtig.
Risak* etwa verneint die Anwendung des § 879 Abs 3 leg cit in Bezug auf Unverbindlichkeitsvorbehalte (iS einer Erklärung der AG), da es sich um reine Wissenserklärungen handle. Bei Unverbindlichkeitsklauseln (iS einer Vereinbarung im Einzelvertrag) sei eine Kontrolle zwar per se denkbar, soweit jedoch nicht Entgelt, welches zur Sicherung der laufenden Lebensbedürfnisse diene, betroffen sei, seien derartige Klauseln jedoch zulässig. Dagegen wird für eine Überprüfbarkeit auch von Unverbindlichkeitsvorbehalten vorgebracht, dass die zu beurteilende Vereinbarung eben gerade den Ausschluss der Anspruchsentstehung zum Inhalt habe.*Grillberger* geht davon aus, dass Unverbindlichkeitsvorbehalte generell in Widerrufsvorbehalte umzudeuten seien, welche unstrittig § 879 Abs 3 ABGB unterliegen und schlägt weiters, unter Hinweis auf die Rsp zum allgemeinen Kündigungsschutz, einen geschützten Kernbereich des Entgelts bei etwa 20 % vor.*
Nach hM* unterliegt bei Widerrufsvorbehalten deren konkrete Ausübung einer Billigkeitskontrolle. Hier kann daher selbst bei rechtskräftig eingeräumten Gestaltungsrechten die Ausübung im Einzelfall gerichtlich überprüft werden. Dagegen sollen, nach wohl aktuellem Stand der Judikatur,* Leistungen im Rahmen von Unverbindlichkeitsvorbehalten keiner solchen Ausübungskontrolle unterliegen: „Auf einen [...] aus unsachlichen Motiven überschrittenen Ermessenspielraum kann [sich] der Kläger [...] nicht stützen, weil ein derartiger Ermessenspielraum hier gar nicht vereinbart wurde.“*
Wie strikt dies jedoch in Zukunft judiziert werden wird, erscheint unklar, fährt doch der OGH in oben genannter E wie folgt fort: „Abgesehen davon lässt der festgestellte Sachverhalt auch jegliche Anhaltspunkte für eine willkürliche und völlig unsachliche Behandlung [...] vermissen.“ Ähnlich auch im Obiter Dictum zu OGH 29.4.2014, 9 ObA 8/14p: „Dass [die AG die freiwillige Leistung einstellte], um sich die Zahlung einer höheren Abfertigung zu ersparen, hat [die AN] auch nie behauptet.“ All dies legt mE nahe, dass der OGH auch bei Unverbindlichkeitsvorbehalten von einer gewissen604 Grenze der Ausübungsfreiheit der AG ausgeht. Wo diese genau liegt, bleibt freilich im Dunkeln.
In der Literatur dürfte hingegen die nunmehr hM* sein, dass die Erbringung (bzw die Einstellung) von unverbindlichen Leistungen jedenfalls im Hinblick auf Diskriminierungen nach dem GlBG (inklusive mittelbarer Diskriminierungen), dem BEinstG und dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz (in diesem Sinne wohl auch OGH 16.12.1975, 4 Ob 60/75) einer gerichtlichen Kontrolle unterliegt.
ME ist hier überdies das Diskriminierungsverbot von Teilzeitarbeitskräften (§ 19d Abs 6 AZG) hervorzuheben und die Liste um das Benachteiligungsverbot von Betriebsratsmitgliedern (§ 115 Abs 3 ArbVG) zu ergänzen. Ebenso muss die Gewährung/Einstellung der Leistung jeglichen Anschein vermeiden, auf die tatsächliche Anwesenheit der AN abzustellen (zB Leistungseinstellung im Krankheitsfall, Anwesenheitsprämien, udgl), da dies ansonsten den Wertungen der Entgeltfortzahlungsregeln widersprechen würde und damit unzulässig wäre.*
Darüber hinaus wird – mE zutreffend – vertreten, dass auch Unverbindlichkeitsvorbehalte der gleichen Ausübungskontrolle (Billigkeitskontrolle) wie Widerrufsvorbehalte unterliegen sollen.* Da eine gerichtliche Kontrolle (im oben genannten Umfang) ohnedies zu bejahen sei, verschwimme die Grenze zum Widerrufsvorbehalt* und es sei nicht nachvollziehbar, dass es ausschließlich auf Nuancen der Formulierung ankomme, welche oft nicht einmal beabsichtigt seien.* Überdies ergebe sich die Billigkeitskontrolle nach zutreffender Rechtsansicht nicht aus dem Einzelvertrag, sondern aus der unabdingbaren Fürsorgepflicht,* welche damit sämtliche Entscheidungen und faktische Handlungen der AG begrenze.*
Man denke nur daran, dass eine AG an sich unzulässige Eingriffe in das Privatleben ihrer AN durch die Drohung, bei Verstößen die unverbindliche Leistung einzustellen, absichert. Auch wenn dies ein Extrembeispiel sein mag, so zeigt es doch, dass Sachverhalte auftreten können, bei welchen eine Ausübungskontrolle (iS einer Billigkeitskontrolle) unumgänglich erscheint. Weshalb sich diese aber dann von jener bei Widerrufsvorbehalten unterscheiden soll, ist mE nicht nachvollziehbar.
Die Judikatur hat diese Punkte bis dato noch nicht aufgegriffen (siehe jedoch die oben zitierten Obiter Dicta). In der Literatur vertritt insb Risak die Gegenmeinung: Mangels Anspruchs der AN gebe es eben „keinen Ansatzpunkt für eine wie auch immer geartete Ausübungskontrolle“.*
Jedenfalls noch weitgehend unklar sind die Rechtsfolgen einer unzulässigen Ausübung des Unverbindlichkeitsvorbehalts. Unstrittig scheint mE hier lediglich, dass der AN (jedenfalls im konkreten Einzelfall) ein Anspruch auf Gewährung der Leistung erwächst.*
Nach der aktuellen Rsp des OGH sind Unverbindlichkeitsvorbehalte grundsätzlich zulässig, soweit sie nicht „wesentliche Teile des laufenden monatlichen Entgelts“ betreffen. Was darunter genau zu verstehen ist, bleibt unklar. Nach der hier vertretenen Auffassung nähert sich jener Teil des monatlichen Entgelts, welcher einem Unverbindlichkeitsvorbehalt überhaupt zugänglich ist, jedoch den „entgeltfernen Leistungen“ an. Weiters unterliegt die Gewährung von Leistungen im Rahmen von Unverbindlichkeitsvorbehalten nach wohl hM den einschlägigen Diskriminierungsverboten, auch wenn dazu bis dato keine Rsp vorliegt. ME muss hier überdies auch eine Ausübungskontrolle (analog zur Billigkeitskontrolle bei Widerrufsvorbehalten) erfolgen, wenngleich dies bis dato in der Literatur umstritten und vom OGH zuletzt eher abgelehnt, jedoch keinesfalls abschließend geklärt wurde.605