KomlosyArbeit – Eine globalhistorische Perspektive

Promedia-Verlag, Wien 2014, 208 Seiten, broschiert, € 17,90

WALTERGEPPERT (WIEN)

Anfang des Jahres 2014 erschien im Promedia-Verlag das hier (von mir) besprochene Buch, mit dem ihre Autorin (Frau Andrea Komlosy), eine Sozial- und Wirtschaftshistorikerin der Wiener Universität, das Phänomen Arbeit, für sie eine Art Chamäleon, im globalen Kontext vor allem während des 13. bis zum 21. Jahrhundert darstellt.

Auf rund 200 Seiten befasst sich Andrea Komlosy – wie sie in der Einführung zum Buch klarstellt – mit der Geschichte der Arbeitsverhältnisse ab dem Mittelalter bis heute (2010). Ein Orientierungsschwerpunkt ist dabei ein sehr breit gefächerter Arbeitsbegriff, der sich nach der Autorin nicht auf den Focus „Erwerbsarbeit“ beschränken darf. Miteinbeziehen muss man ihrer Meinung nach nämlich auch die unbezahlte und unbezahlbare, ehrenamtlich ausgeübte Arbeit sowie das, wofür sich der Begriff Schattenarbeit eingebürgert hat.

Das Buch selbst gliedert sich in zwei Teile. Der erste Teil, fast 70 Seiten, besteht aus der Beschreibung und Erklärung einer Fülle von Begriffen und Konzepten, die vereinfacht jene Grundsatzfragen darstellen, die vor jeder weiteren Problematisierung des Themas Arbeit abzuhandeln waren. Im zweiten Buchtitel listet die Autorin ab der S 85 vor allem jene sechs – für sie relevante – Zeitabschnitte auf, die sich zwischen dem 13. und 21. Jahrhundert auffinden lassen und zur Dokumentation der Entwicklung, Gestaltung und Ausprägung des Phänomens Arbeitsverhältnis besonders eignen. Als Schlüsseljahre in Richtung Offenbarung des ihrer Meinung nach Relevanten nennt Andrea Komlosy die Jahre 1250, 1500, 1700, 1800, 1900 und 2010. Jeder Zeitabschnitt wird mit einer – sehr lesenswerten – Charakterisierung vorgestellt, die im Ergebnis jenes Charakterbild wiedergibt, in dem sich die mitbestimmende Wirklichkeit widerspiegelt.

Das, was die Autorin im Einzelnen auflistet, wird – versehen mit dem von ihr aufgefundenen Pro und Kontra – sicher auch das Verständnis zu den bisher gesellschaftspolitisch notwendig gewesenen Schutzmaßnahmen verbessern. Sorge bereitet im Zusammenhang damit Andrea Komlosy – was nicht verschwiegen werden soll – aber auch die von ihr ökonomisch oder anderswie registrierte, um sich greifende Prekarisierung und Flexibilisierung vieler Arbeitsprozesse, da sie im Ergebnis auf eine Reduzierung des modernen Sozialstaates hinauslaufen, mit dem sich die Autorin – wie ich – jedoch nicht anfreunden kann und sozial wohl auch nicht will. Für mich war und ist mit Tony Judt, einem leider schon verstorbenen, mit dem Kreisky-Buchpreis ausgezeichneten Sozialhistoriker, die Etablierung des Sozialstaates die wohl größte zivilisatorische Leistung des 20. Jahrhunderts.

Falls es, was ich für sehr begrüßenswert halte, zu einer Zweitaufauflage des vorliegenden Buches kommt, empfiehlt sich meiner Meinung nach eine etwas stärkere sozialpolitische Ausrichtung unter Einbeziehung vor allem auch der internationalen Entwicklung, etwa am Beispiel der seit mehr als 90 Jahren bestehenden ILO, deren Hauptaufgabe die Erreichung (und Sicherung) „menschenwürdiger Lebens- und Arbeitsbedingungen“ ist, was auch eine etwas andere – vor allem eine sozialere – Gestaltung des modernen Globalisierungsprozesses erfordert, was die ILO (schon mehrfach erwähnt) für möglich und auch notwendig hält.

Das, was Andrea Komlosy mit ihrem Buch präsentiert und zur Diskussion stellt, ist jedenfalls mehr als nur eine Art Nachschlagewerk, weshalb es auch in keiner Fachbibliothek fehlen sollte.