Becker
Vom Gleichheitssatz zum arbeitsrechtlichen Diskriminierungsverbot

Duncker & Humblot Verlag, Berlin 2015 274 Seiten, € 89,90

DOMINIKSTELLA (WIEN)

Der Aspekt der Gleichbehandlung gewinnt in der Arbeitswelt immer größere Bedeutung. Das vorliegende Werk dazu beruht auf der von der Juristischen Fakultät der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg approbierten Dissertation des Autors, die von Professor Armin Höland betreut wurde. Inhaltlich wird der Schwerpunkt auf das Recht Deutschlands und Italiens sowie hierbei auf Ungleichbehandlungen wegen des Alters gelegt.

Christian Becker nähert sich dem Thema zunächst über eine historische Untersuchung des Gleichheitsbegriffes. Ausgehend von den antiken Grundlagen erörtert er die historischen Begriffe der Gleichheit, wobei er bereits hier einen Schwerpunkt auf die deutsche und italienische Entwicklung legt. Im Anschluss beschäftigt sich das vorliegende Werk in systematischer Weise mit den europäischen Vorgaben zum Antidiskriminierungsrecht. Besonderes Augenmerk legt der Verfasser auf die Rahmen-RL 2000/78/EG, die nähere Bestimmung des Diskriminierungsbegriffes und die Frage der Rechtfertigungsmöglichkeiten von unmittelbaren Ungleichbehandlungen. Im vierten Kapitel erörtert Becker dann die diskriminierungsbezogene Rsp und Gesetzgebung Italiens und Deutschlands.

Grundsätzlich ist zu sagen, dass der Verfasser die für das Thema relevanten Rechtsakte unter Berücksichtigung von Rsp und Lehre geordnet und wohl auf den letzten Stand gebracht darstellt. Die intensive Auseinandersetzung des Autors mit der Thematik wird ebenso deutlich wie das umfangreiche Wissen, das er über die beiden (Arbeits-)Rechtsordnungen erlangt hat. Allerdings ist das Werk größtenteils darstellend und nicht problemorientiert geschrieben. Offene juristische Fragen werden kaum diskutiert, eigene Thesen kaum je entwickelt – dies scheint aber auch nicht Ziel des Autors gewesen zu sein. Die sehr umfangreiche historische Aufarbeitung des Gleichheitsbegriffes und die detaillierte Darstellung der Rechtsgrundlagen bilden einen erheblichen Teil der Arbeit und werden in Österreich wohl nur bei historisch sehr interessierten LeserInnen Interesse finden. Die Ausführungen zum deutschen und italienischen Recht machen das Werk vor allem für Personen interessant, die nach einem systematisch darstellenden Zugang zum Antidiskriminierungsrecht dieser beiden Rechtsordnungen, insb jener Italiens, suchen. Trotz der Genauigkeit wird das Werk PraktikerInnen kaum als Leitfaden dienen können.

Ferner hält sich der Erkenntnisgewinn aus dem Rechtsvergleich der zwei Rechtsordnungen in Grenzen, weil die Arbeit – wie nicht wenige andere auch – nur zwei Rechte in den Blick nimmt und auch diese mehr nebeneinander stellt als wirklich vergleicht. Die ausführliche Darstellung der italienischen Rechtlage kann etwa beim deutschen Leser dazu dienen, einen Handlungsbedarf im nationalen Recht aufzuzeigen – allerdings muss der Leser die dafür nötige Vergleichsarbeit meist selbst leisten. Bei der Lektüre werden auch teilweise Erwartungen geweckt, die anschließend nicht erfüllt werden. Als Beispiel kann die Diskussion zur Bestim-155mung des materiellen Schadenersatzes nach Diskriminierung dienen (S 223 f). Dazu verweist der Verfasser auf das im italienischen Recht enthaltene Ermessen des Richters, die Höhe des Schadens anhand eines Wahrscheinlichkeitskoeffizienten zu bestimmen, und er stellt diesen Ansatz auch knapp der deutschen Rechtslage gegenüber. Es folgt jedoch keine eingehendere Bearbeitung dieser – aus deutscher (und österreichischer) Sicht – gerade bei Diskriminierung praktisch wichtigen wie dogmatisch interessanten Frage.

Abschließend ist festzuhalten, dass das Werk gut lesbar geschrieben ist und eine gut recherchierte Untersuchung darstellt. Übersichtliche Inhalts- und Stichwortverzeichnisse erleichtern das Nachschlagen.