53Kündigung mittels WhatsApp erfüllt ein kollektivvertragliches Schriftformgebot nicht
Kündigung mittels WhatsApp erfüllt ein kollektivvertragliches Schriftformgebot nicht
Nach § 15 des KollV für die Zahnarztangestellten Österreichs müssen Kündigungen „bei sonstiger Rechtsunwirksamkeit schriftlich erfolgen“.
Am 31.10.2014 kündigte eine Zahnärztin zunächst telefonisch das Arbeitsverhältnis einer bei ihr beschäftigten Assistentin. Noch am selben Tag verfasste sie weiters ein mit Stempel und Unterschrift versehenes Kündigungsschreiben, das der AN per Post am 4.11.2014 zuging. Darüber hinaus fotografierte sie das Kündigungsschreiben und übermittelte das Foto über „WhatsApp“ noch am 31.10.2014 an die AN, welche die fotografierte Kündigung auch noch am selben Tag zur Gänze, also inklusive Stempel und Unterschrift der bekl AG, durchlas. Das Arbeitsverhältnis sollte bei einer zweimonatigen Kündigungsfrist mit 31.12.2014 enden.
Die AN meint, die Kündigung ihres Arbeitsverhältnisses sei fristwidrig erfolgt, weil ihr die schriftliche Kündigung erst am 4.11.2014 zugegangen ist und klagte ua Kündigungsentschädigung bis 31.1.2015 ein. Der OGH gab der Revision der Zahnarztassistentin in Abänderung des abweisenden Urteils des Berufungsgerichts statt.
Normiert ein KollV ein Formgebot, handelt es sich nach stRsp nicht bloß um eine Ordnungsvorschrift, sondern um eine Wirksamkeitsvoraussetzung. Im Zusammenhang mit Beendigungserklärungen ist Zweck eines Schriftlichkeitsgebots, dass der Empfänger ein Dokument über die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den anderen Vertragsteil zum weiteren Verbleib bei ihm erhält, damit er es einer Überprüfung unterziehen kann. Die physische Verfügungsmöglichkeit über einen Ausdruck des Kündigungsschreibens ermöglicht dem Empfänger nicht zuletzt auch die Anfertigung einer Kopie und Übergabe derselben an eine Beratungsstelle (Gewerkschaft, Arbeiterkammer, Rechtsanwalt). Zudem besitzt die Schriftform ei-86ner Kündigung eine in ihrer Bedeutung nicht zu unterschätzende Beweisfunktion: Es soll verhindert werden, dass über die Existenz einer Kündigung und die daraus resultierende Beendigung des Arbeitsverhältnisses Ungewissheit oder Streit besteht. Ein über „WhatsApp“ übermitteltes Foto der schriftlichen Kündigung erfüllt die vorstehenden Zwecke schon deshalb nicht, weil es für den Empfänger der Nachricht ohne weitere Ausstattungen und technisches Wissen nicht möglich ist, das auf dem Smartphone übermittelte Foto des Kündigungsschreibens auszudrucken. Erhält der Empfänger einer Kündigung aber keinen Ausdruck der Kündigung und kann er auch nicht leicht den Ausdruck vom Foto des Dokuments bewerkstelligen, ist auch nicht ausreichend gewährleistet, dass der Empfänger alleine aus dem auf dem Smartphone ersichtlichen Foto des Schriftstücks den Inhalt der Erklärung, die abgegeben werden soll, und die Person, von der sie ausgeht, hinreichend zuverlässig entnehmen kann.