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Schon zuvor entstandene Ansprüche unterliegen neuer Kollektivvertragsverfallsfrist – Fristbeginn aber erst mit Inkrafttreten des KollV

CHRISTOPHKLEIN
§ Kundmachungspatent zum ABGB – Abs 6

Eine Arbeiterin klagte vor dem 31.12.2012 fällig gewordene Ansprüche ein, gegen die der AG Verfall auf der Grundlage einer erst ab 1.1.2013 geltenden zwölfmonatigen Verfallsfrist des KollV für Arbeiter in der Denkmal-, Fassaden- und Gebäudereinigung einwendete. Davor hatte der KollV eine dreijährige Verfallsfrist normiert.

Laut Abs 6 Satz 2 des Kundmachungspatents zum ABGB (JGS 1811/946, abgedruckt in Rummel, ABGB I3 [2000] 1 f) gilt bei Verkürzung einer bereits laufenden Verjährungsfrist durch ein neues Gesetz zwar die kürzere Verjährungsfrist gemäß der Neuregelung, diese (kürzere) Frist beginnt aber erst mit dem Inkrafttreten des neuen Gesetzes zu laufen.

Die Vorinstanzen haben diese Norm sinngemäß auf die gegenständlichen kollektivvertraglichen Verfallsfristen übertragen. Damit gelangt die verkürzte, einjährige Verfallsfrist auch für die schon vor dem 1.1.2013 fällig gewordenen Ansprüche der Kl zur Anwendung, dafür setzt der Fristlauf aber erst ab Wirksamkeitsbeginn des neuen KollV mit 1.1.2013 neu ein.

Gegen den damit bewirkten Anspruchsverlust durch Verfall wandte sich die Revision der Kl, die vom OGH aber mangels erheblicher Rechtsfrage zurückgewiesen wurde: Entgegen dem Revisionsvorbringen, wonach Abs 6 Satz 2 Kundmachungspatent zum ABGB (KPABGB) nicht auf Kollektivverträge anwendbar sei, ist diese Sonderbestimmung verallgemeinerungsfähig. In der Rsp wurde auch bereits die analoge Anwendung auf Präklusivfristen (Verfallsfristen, Anm des Bearbeiters) bejaht. Der Vertrauensschutz wird dadurch gewahrt, dass zwar die neue, kürzere Präklusionsfrist auch für „alte“ Ansprüche zur Anwendung gelangt, dass sie aber nicht vor Inkrafttreten der neuen Regelung zu laufen beginnen kann.