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Urlaubs- und Feiertagsentgelt bei Umqualifizierung eines Werkvertrages/freien Dienstvertrages in ein echtes Dienstverhältnis

HELMUTZIEHENSACK
§ § 1, 18a, 27h, 28b und 36 VBG

Auch bei Umqualifizierung eines Werkvertrages/freien Dienstvertrages in ein echtes Dienstverhältnis stehen Ansprüche auf Abgeltung von Urlaub und Feiertagen zu. Aufgrund des im Vordergrund stehenden Erholungseffekts sind Urlaub und Feiertagsruhe zu gewähren und es scheidet daher eine Vorausabgeltung dieses Anspruchs durch ein höheres Honorarentgelt aus.

SACHVERHALT

Die Kl war vom 15.1.2007 bis 30.11.2011 als Rechtsberaterin bei der Bekl beschäftigt. Grundlage ihrer Tätigkeit war ein als freier Dienstvertrag bezeichnetes Rechtsverhältnis, dem ein Bestellungsvertrag zugrunde lag. Der Bestellungsvertrag war für die Dauer von fünf Jahren befristet. Die Entlohnung erfolgte nach tatsächlich verrichteten Arbeitsstunden. Über die erbrachten Leistungen legte die Kl Honorarnoten. Nach der Vereinbarung betrug die Arbeitszeit eines Rechtsberaters pro Woche durchschnittlich 30 bis 35 Stunden. Die Kl schränkte das Klagebegehren auf € 38.753,71 brutto und € 1.665,88 netto sA ein. Zur Begründung brachte sie vor, dass in Wirklichkeit kein freier Dienstvertrag, sondern ein dem VBG unterliegendes echtes Dienstverhältnis vorliege. Der geltend gemachte Bruttobetrag entspreche der Differenz zwischen den Ansprüchen nach dem VBG (vor allem Urlaubsersatzleistung und Feiertagsentgelt) seit November 2008 bis zum Ende des Dienstverhältnisses und den erhaltenen Honoraren.

VERFAHREN UND ENTSCHEIDUNG

Während noch die erste und die zweite Instanz die Klage abwiesen, ließ der OGH die Revision zu und gab ihr teilweise Folge: Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab, da die Kl als juristische Referentin zwar nach dem VBG (in die Entlohnungs- und Bewertungsgruppe v1/1) einzustufen sei, aber unter Berücksichtigung bereits geleisteter höherer Zahlungen (aus der irrigen Einstufung als freie DN) keine Mehransprüche für einen Zuspruch übrig blieben. Das Berufungsgericht bestätigte diese E. Die Kl könne ihre Ansprüche für Arbeitszeit und arbeitsfreie Zeiten (Urlaub, Feiertag und Krankenstand) daher nicht auf eine Entgeltvereinbarung stützen, sondern nur jene Beträge geltend machen, die gesetzlich vorgesehen seien.

ORIGINALZITATE AUS DER ENTSCHEIDUNG

„Das Erstgericht hat die geleisteten Arbeitsstunden um die zu berücksichtigenden Urlaubs- und Feiertagszeiten (Stunden) erhöht und auf diese Weise die tatsächlich zu entlohnenden Präsenzzeiten (‚von in etwa 30 Stunden‘) ermittelt. Sodann hat es für diese Zeiten die fiktiven Entgeltansprüche nach dem VBG berechnet und diese den tatsächlichen erhaltenen Zahlungen gegenübergestellt. Dabei kam es zum Ergebnis, dass die fiktiven Ansprüche der Klägerin nach dem VBG die tatsächlich bezahlten Honorare deutlich (um 22.977,90 EUR) unterschreiten würden. […]

Die Wertungen der dargestellten höchstgerichtlichen Judikatur zur Urlaubsersatzleistung bei Umqualifizierung eines freien Dienstverhältnisses in einen echten Arbeitsvertrag sind im Grundsatz auch auf ein Dienstverhältnis nach dem VBG zu übertragen. Auch im Rahmen eines solchen Dienstverhältnisses soll der Urlaub in erster Linie der Erholung des Vertragsbediensteten dienen. Aufgrund des im Vordergrund stehenden Erholungseffekts hat der Dienstgeber daher darauf zu achten, dass der Erholungsurlaub in zusammenhängenden Teilen in der Regel nach den zeitlichen Wünschen des Dienstnehmers verbraucht werden soll (Ziehensack, VBG § 27e Rz 6 und 7). Da sicherzustellen ist, dass der Vertragsbedienstete den ihm zustehenden Erholungsurlaub auch tatsächlich konsumiert, ist eine Vorausabgeltung des Anspruchs auf arbeitsfreie Zeit wegen Erholungsurlaubs somit unzulässig und unwirksam. Dies hat zur Konsequenz, dass dem Vertragsbediensteten, der aufgrund unrichtiger Qualifikation seines Dienstverhältnisses tatsächlich keinen Erholungsurlaub konsumiert hat, nach Beendigung des Dienstverhältnisses ein prinzipieller Anspruch auf Urlaubsersatzleistung zusteht. […]

Die genannte Voraussetzung für die Verlängerung der Verfallsfrist ist im Anlassfall gegeben, weil der Klägerin nach dem Bestellungsvertrag kein Urlaub zustand. Der Verfall des Anspruchs auf Erholungsurlaub trat daher erst zwei Jahre nach Ende des Kalenderjahres ein, in dem der Urlaubsanspruch entstanden ist. Damit sind die geltend gemachten Ansprüche auf Urlaubser-92satzleistung ab dem Jahr 2009 nicht verfallen. Zudem wäre die Verjährungsfrist von drei Jahren nach § 18a VBG zu berücksichtigen.“

ERLÄUTERUNG

In manchen Fällen ergibt sich die Konstellation, dass Personen bloß als Werkunternehmer bzw freie DN vom Bund oder von anderen Rechtsträgern angestellt werden, sich aber im Nachhinein ergibt, dass es sich tatsächlich um echte DN gehandelt hat. Auf Grund des AsylG in der damaligen Fassung wurden von einem Fonds Asylrechtsberater beschäftigt. Von Auftraggeber- bzw Beschäftigerseite wurde davon ausgegangen, dass es sich um Werkverträge bzw freie Dienstverträge handelt. Erst langwierige (Arbeits-)Gerichtsverfahren ergaben, dass doch echte Dienstverhältnisse (und zwar nach dem VBG, da es sich beim Fonds um einen Rechtsträger nach § 1 Abs 2 VBG gehandelt hatte; vgl aber jetzt die Ausnahmebestimmung in § 1 Abs 3 Z 13 VBG) vorgelegen hatten. Wenn es sich dann um den Bund oder um Rechtsträger nach § 1 Abs 2 VBG handelt, kommt auf deren (echte) Dienstverhältnisse dann in der Vergangenheit wie auch in der Zukunft das VBG zur Anwendung. Selbst wenn die Dienstverhältnisse schon beendet worden sein sollten, kann dies Auswirkungen äußern, etwa für noch nachzubezahlende Restansprüche. Nicht immer müssen sich dabei aber Mehransprüche ergeben. Wenn das als Werkunternehmer bzw freier DN bezogene Entgelt höher gewesen sein sollte, als es nach dem VBG gebührt hätte, besteht dann kein Raum mehr für Mehransprüche, sondern es würden in Wirklichkeit Überzahlungen vorgelegen haben. Diese mögen nicht rückforderbar sein, dies im Hinblick auf gutgläubigen Empfang und Verbrauch. In derartigen Fällen wird der DN-Seite oft kein Vorwurf gemacht werden können, dass sie nicht gleich erkannt hat, dass es sich um ein VBG-Dienstverhältnis handelt und daher Bezüge teilweise nicht gebührt haben. Wenn nämlich sogar auf Bundesseite oder Seiten des sonstigen Rechtsträgers iSd § 1 Abs 2 VBG nicht erkannt werden konnte, dass es sich um VBG-Dienstverhältnisse handelt, dann wird ein derartiger Vorwurf auch nicht dem einzelnen DN gemacht werden können.

Selbst in diesem Fall kann es aber sein, dass noch aushaftende AN-Mehransprüche bestehen. Dies gilt etwa für Ansprüche auf Urlaubsersatzleistung und Feiertagsabgeltung. Diesbezüglich darf keine Aufrechnung stattfinden, da dem das gesetzliche Verbot entgegensteht. Um den Urlaubsverbrauch wie auch die Feiertagsinanspruchnahme in natura zu ermöglichen, lässt der Gesetzgeber nämlich nicht zu, dass sie dem DN in Geld abgelöst werden. Ist es dann faktisch zur Unmöglichkeit des Urlaubs- und Feiertagsverbrauches gekommen, stehen hierfür dann sehr wohl Ersatzleistungen zu.