65Kein echter Grenzgänger, obwohl Wohnort und intensive familiäre Bindung in Ungarn vorliegt
Kein echter Grenzgänger, obwohl Wohnort und intensive familiäre Bindung in Ungarn vorliegt
Das Arbeitsmarktservice (AMS) hat den Arbeitslosengeldantrag eines arbeitslosen ungarischen Staatsbürgers mangels Zuständigkeit zurückgewiesen. Das AMS begründete die Entscheidung damit, dass der Arbeitslose seinen Lebensmittelpunkt in Ungarn habe und somit Ungarn zuständig sei. Im davor durchgeführten Ermittlungsverfahren gab der Arbeitslose an, dass er während seines letzten Dienstverhältnisses einmal pro Monat nach Ungarn gefahren sei. Er habe in Österreich eine 28 m2 große Mietwohnung und ein Kraftfahrzeug, welches in Österreich angemeldet sei. Weiters sei er verheiratet und besitze in Ungarn ein Haus und ein Kraftfahrzeug mit ungarischem Kennzeichen.
Gegen den Bescheid brachte der Arbeitslose in seiner Beschwerde vor, dass er nur einmal pro Monat nach Ungarn fahre und er seinen Hauptwohnsitz in Österreich habe. Somit sei die Zuständigkeit des AMS in Österreich gegeben. Mit Beschwerdevorentscheidung wies das AMS die Beschwerde ab und führte dazu aus, dass es zwar richtig ist, dass der Arbeitslose mangels wöchentlicher Heimreise nicht als echter Grenzgänger iSd Art 1 lit f der VO 883/2004 zu qualifizieren sei, dies schließe jedoch nicht aus, dass Art 65 Abs 2 der VO 883/2004 dennoch zur Anwendung komme, zumal der letzte Satz dieser Bestimmung auf AN, die keine echten Grenzgänger sind, Bezug nehme. Das AMS führte weiters aus, dass er trotz seines beruflichen Naheverhältnisses zu Österreich seinen Lebensmittelpunkt in Ungarn gehabt habe und diesen weiterhin dort habe. Somit sei Ungarn für die Zuerkennung einer Arbeitslosenunterstützung zuständig.
Das BVwG gab der Beschwerde statt und hob den Bescheid mit der Begründung auf, dass es völlig unstrittig sei, dass es sich beim Arbeitslosen um keinen echten Grenzgänger iS von Art 1 lit f der VO (EG) 883/2004 handelt, da dieser nur gelegentlich (ca einmal pro Monat) nach Ungarn fuhr bzw fährt. Daran ändert auch der Umstand nichts, sollte sein Wohnort iSd Art 1 lit j VO (EG) 883/2004 aufgrund der unstrittigen intensiven familiären Bindungen (Frau) in Ungarn sein. Der Beschwerdeführer ist vielmehr als „unechter Grenzgänger“ zu qualifizieren. Wenn sich der Beschwerdeführer für einen Verbleib in Österreich entscheidet, hat er daher bei Erfüllung der entsprechenden Voraussetzungen Anspruch auf Leistungen in Österreich. Vor diesem Hintergrund hätte der Antrag des Arbeitslosen auf Arbeitslosengeld bzw Notstandshilfe nicht zurückgewiesen werden dürfen, sondern wäre sein Antrag inhaltlich zu beurteilen gewesen.