75Rückforderung von Ausgleichszulage
Rückforderung von Ausgleichszulage
Gewinne aus einer Vermietung von Wohnungen können nicht mit den Verlusten aus anderen Mietobjekten gegengerechnet werden, wenn die Bewirtschaftung der Objekte „Liebhaberei“ iSd EStG darstellt.
Die Kl bezog eine Ausgleichszulage und hatte im Lauf der letzten Jahre zehn Liegenschaften erworben, die teilweise Gewinne durch Vermietung abwarfen und teilweise Verluste mit sich brachten. Die Bewirtschaftung der verlustbringenden Objekte (vier Wohnungen in Wien) ließen auch in nächster Zeit keine Gewinne erwarten. Von der Finanzbehörde wurden diese Wohnungen daher als Liebhaberei qualifiziert.
Die Pensionsversicherungsanstalt stellte in Anbetracht der Einnahmen aus der Vermietung durch Bescheid einen Überbezug von Ausgleichszulage fest. Sie führte deshalb eine Neubemessung der Ausgleichszulage durch und forderte den Rückersatz des Überbezugs. Die Kl erhob daraufhin Klage. Sie begehrte die Bekl schuldig zu erkennen, ihr Ausgleichszulage im gesetzlichen Ausmaß – insb unter Berücksichtigung der Ausgaben aus Vermietung und Verpachtung aller zehn Objekte – ab dem Tag der Antragstellung zu zahlen.
Das Erstgericht wies die Klage ab. Die Verluste aus der Wohnungsvermietung seien nicht mit dem Gewinn aus der Vermietung anderer Wohnungen gegenzurechnen, weil die verlustbringenden Wohnungen als Liebhaberei zu qualifizieren seien. Das Berufungsgericht bestätigte diese E und billigte die Rechtsansicht des Erstgerichtes. Die verlustbringenden Objekte seien ausgleichszulagenrechtlich als neutrales Vermögen zu sehen. Die Aufwendungen für Vermögensobjekte, die nicht als Einkommensquelle dienen, können wie andere Aufwendungen eines Pensionsbeziehers die Gewinne aus der Vermietung anderer Wohnungen nicht schmälern.
Die ordentliche Revision sei zulässig, weil oberstgerichtliche Rsp zu der über den Einzelfall hinaus bedeutsamen Rechtsfrage fehle, ob die Einnahmen übersteigenden Ausgaben aus Betätigungen, die steuerrechtlich als „Liebhaberei“ zu qualifizieren seien, im Ausgleichszulagenrecht mit Gewinnen aus anderen Einkunftsquellen gegenzurechnen seien.
Der OGH bestätigte die Entscheidungen der Vorinstanzen.
„Vermögenswerte, die keinen Ertrag abwerfen, werden im Ausgleichszulagenrecht nicht berücksichtigt, und der Pensionist ist nicht gehalten, sein Vermögen so einzusetzen, dass daraus Einkünfte erzielt werden können. […] In gleicher Weise ist er nicht verpflichtet, sich auf Einkunftsarten zu beschränken, die ausschließlich Erträge abwerfen, sofern nicht in rechtsmissbräuchlicher Weise eine Tätigkeit nur betrieben wird, um Gewinne aus anderen Einkunftsarten aufzufangen und dadurch die Voraussetzungen für die Gewährung der Ausgleichszulage zu schaffen. […] Hat der Pensionsberechtigte Einkünfte aus steuerrelevanten Einkunftsarten, so spricht grundsätzlich nichts dagegen, im Ausgleichszulagenrecht vom steuerrechtlichen Einkunftsbegriff auszugehen. […]
Aus der Umschreibung der Einkünfte als Gewinn bzw als Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten wird im Steuerrecht abgeleitet, dass nur eine Tätigkeit, die auf Dauer ein positives wirtschaftliches Gesamtergebnis erbringt, als Einkunftsquelle in Betracht kommt und bei der Einkommensteuer zu berücksichtigen ist. Wirft dagegen die Tätigkeit auf Dauer Verluste ab, dann ist zu prüfen, ob der Steuerpflichtige die Verluste nicht aus privaten Motiven in Kauf nimmt. Im Fall einer solchen privaten Verursachung wird die Tätigkeit nicht als Einkunftsquelle anerkannt mit der weiteren Folge, dass die Verluste steuerlich nicht verwertet werden können, also nicht mit anderen positiven Einkünften ausgeglichen werden können (‚Liebhaberei‘). […]107
Nach Auffassung des Senats ist auch im Ausgleichszulagenrecht eine Tätigkeit, die auf Dauer Verluste abwirft, analog den steuerrechtlichen Bestimmungen nicht als Einkunftsquelle anzuerkennen und daher bei der Ermittlung des Nettoeinkommens (§ 292 Abs 3 ASVG) nicht zu berücksichtigen. Es setzt daher auch im Ausgleichszulagenrecht ein Verlustausgleich zwischen verschiedenen Einkünften im laufenden Jahr entsprechend dem Steuerrecht voraus, dass der konkrete Verlust nicht als Liebhaberei qualifiziert wird.“
Die E des OGH ist nachvollziehbar. Die (steuerfinanzierte) Ausgleichszulage als Annexleistung zu einer Pension aus der SV dient der Existenzsicherung. Wer Einkommen aus einer Tätigkeit bezieht, kann die Existenz aus eigenen Mitteln sichern. Nach ständiger Judikatur kann unter „der Summe sämtlicher Einkünfte […] nach Ausgleich mit Verlusten“ nur das verstanden werden, was einer Person letztlich zur Verfügung steht. Verluste aus einer Einkunftsquelle können ausgeglichen werden, wenn mehrere Einkunftsquellen bestehen. Ist eine Vermietung allerdings als Liebhaberei im steuerrechtlichen Sinn zu qualifizieren, so liegt gerade keine Einkunftsquelle vor. Die Verluste aus dieser Vermietung sind demnach auch nicht ausgleichszulagenrelevant. Dh, sie können nicht mit anderen Einkünften gegengerechnet werden.
Der Rückgriff auf das Steuerrecht im vorliegenden Fall erscheint angemessen. Dass die Steuerzahler, die letztlich auch die Kosten für die Ausgleichszulage übernehmen, auch für Verluste, die aufgrund von „Liebhaberei“ entstehen, aufkommen sollen, ist weder im Steuerrecht noch im Sozialversicherungsrecht nachvollziehbar.