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Anrechnung zwischenzeitlich verdienter Einkünfte bei rechtsunwirksamer Kündigung: Aufwendungen des Arbeitnehmers abzugsfähig

MARTINACHLESTIL

Der kl AN war ab März 2008 als Diplomsozialarbeiter in der Jugendwohlfahrt einer Landeshauptstadt (bekl AG) tätig. Diese kündigte ihn gem § 32 Abs 4 VBG wegen Organisationsänderung per Ende November 2009. Der kl AN bekämpfte die Kündigung erfolgreich, der aufrechte Bestand des Arbeitsverhältnisses wurde mit April 2012 – knapp zweieinhalb Jahre später – rechtskräftig festgestellt. Mit April 2012 nahm der kl AN seine Arbeit wieder bei der bekl AG auf, die ihm das seit der rechtsunwirksamen Beendigung zustehende Entgelt nachzahlte, dabei aber das inzwischen bezogene Arbeitslosengeld und bei einem anderen AG verdiente Entgelt anrechnete. Der kl AN begehrt von der bekl AG zusätzlich als Schadenersatz jene Kosten, die ihm für die längeren Fahrtstrecken von seinem Wohnort zu dem anderen Arbeitsort und zurück entstanden waren.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab, das Berufungsgericht gab dem kl AN Recht und hob das Urteil auf, weil eine rechtswidrige Kündigung auch Schadenersatzansprüche zur Folge haben könne. Der OGH ließ den Rekurs der bekl AG zur Klarstellung der Rechtslage zu, erachtete ihn jedoch als nicht berechtigt.

Ist ein AN erfolgreich gegen seine Kündigung vorgegangen, womit das Arbeitsverhältnis weiter aufrecht ist und die bekl AG das Entgelt nachzuzahlen hat, so besteht nach §§ 17 Abs 3, 30 Abs 4 VBG eine weitgehend dem § 1155 ABGB entsprechende Anrechnungsverpflichtung für anderweitig erworbene Bezüge. Der AN soll bei Nichtleistung seiner vereinbarten Dienste nicht besser gestellt sein als bei ihrer Erbringung. Musste er allerdings zusätzliche Aufwendungen tragen, um eine andere Erwerbsquelle nutzen zu können, so würde die uneingeschränkte Anrechnung des aus der anderen Erwerbsquelle bezogenen Entgelts letztlich auf eine von § 1155 Abs 1 ABGB bzw §§ 17 Abs 3, 30 Abs 4 VBG nicht intendierte Schlechterstellung des DN hinauslaufen. Solche Aufwendungen sind daher bei der Anrechnung iS eines Abzugs vom anzurechnenden Entgelt zu berücksichtigen.

Dass der kl AN sein Begehren auf einen Schadenersatz gestützt hat, schadet nicht. Klagegrund ist das tatsächliche Vorbringen, nicht die rechtliche Beurteilung dieses Vorbringens. Nur wenn das Klagebegehren ausdrücklich und ausschließlich auf einen bestimmten Rechtsgrund beschränkt wurde, was im Zweifel nicht anzunehmen ist, ist es dem Gericht verwehrt, dem Begehren aus anderen Gründen stattzugeben.75