Der „Zweite Meldezeitpunkt“ im Mutterschutz- und Väter-Karenzgesetz

BIANCASCHRITTWIESER
Am 1.1.2016 sind einige Neuerungen im Mutterschutz- und Väter-Karenzgesetz in Kraft getreten.* Es handelt sich dabei um Maßnahmen (in Umsetzung des Regierungsprogramms 2013 bis 2018*), die die Vereinbarkeit von Beruf und Familie verbessern und den Bedürfnissen der betrieblichen Praxis entgegenkommen sollen. Die gesetzliche Verankerung eines sogenannten „Zweiten Meldezeitpunktes“ im MSchG und VKG ist eine davon. Er ermöglicht Eltern, eine Elternkarenz flexibler in Anspruch zu nehmen und unterstützt damit eine partnerschaftliche Teilung der Kinderbetreuung. Die Änderung ist mit 1.1.2016 in Kraft getreten.
1.
Der „Zweite Meldezeitpunkt“: Ein Instrument für eine partnerschaftliche Teilung der Karenz (§ 15 Abs 3 MSchG und § 2 Abs 5 VKG)

Eine Elternkarenz kann entweder im Anschluss an ein Beschäftigungsverbot der Mutter* nach der Geburt eines Kindes oder im Anschluss an die Karenz des jeweils anderen unselbstständig erwerbstätigen Elternteils angetreten werden. Bei einer Teilung der Karenz muss der Karenzteil der Mutter unmittelbar an die Karenz des Vaters anschließen und umgekehrt. Die Elternkarenz kann zweimal geteilt und abwechselnd in Anspruch genommen werden. Eine gleichzeitige Inanspruchnahme der Karenz für dasselbe Kind ist aus Anlass des erstmaligen Wechsels in der Dauer von einem Monat möglich. AN müssen den Teil der Karenz, der im Anschluss an das Beschäftigungsverbot beginnt, dem AG bekannt geben: die Mutter bis zum Ende des Beschäftigungsverbotes nach der Geburt des Kindes und der Vater innerhalb von acht Wochen nach der Geburt. Bei Teilung der Karenz hat nach § 15a MSchG/§ 3 VKG der zweite Elternteil grundsätzlich drei Monate* vor Ende der Karenz des ersten Elternteiles beim AG die Karenz zu melden (siehe Beipspiel 1).

2.
Problem in der Praxis

Diese Rechtslage führte in der Praxis zu folgendem Problem: Betreute beispielweise eine Mutter, die sich in Ausbildung befand oder selbstständig erwerbstätig war (und daher keinen Anspruch auf Karenz nach MSchG hatte), ihr Kind im ersten Lebensjahr, dann konnte der unselbstständig erwerbstätige Vater im zweiten Lebensjahr de facto keine Karenz in Anspruch nehmen,* weil für so einen Fall kein Meldezeitpunkt (mangels Karenzanspruchs der Mutter) im Gesetz vorgesehen war.

3.
Neu seit 1.1.2016

Seit 1.1.2016 ist nun klargestellt (MSchG § 15 Abs 3 und auch das VKG § 2 Abs 5), dass einem Elternteil die Inanspruchnahme der Karenz auch dann zu einem späteren Zeitpunkt ermöglicht wird, wenn der andere Elternteil keinen Karenzanspruch hat. Der Elternteil kann damit innerhalb des zeitlichen Rahmens zwischen Ende des Beschäftigungsverbotes und vollendetem zweiten Lebensjahr des Kindes eine Karenz nach MSchG/VKG bekannt geben und in Anspruch nehmen, wobei die Bekanntgabe spätestens drei Monate vor dem geplanten Antritt erfolgen muss. Der besondere Kündigungs- und Entlassungsschutz gilt in einem solchen Fall117frühestens vier Monate vor Antritt der Karenz (siehe Beipspiel 2).

Eine spätere Inanspruchnahme der Karenz durch den zweiten unselbstständig erwerbstätigen Elternteil ist nach dem Gesetz aber nur möglich, wenn der andere Elternteil keinen Anspruch auf Karenz hat, also beispielsweise selbstständig erwerbstätig, arbeitslos, Hausfrau/-mann ist oder sich in Ausbildung befindet. Hat der erste Elternteil vom Anspruch auf Karenz lediglich keinen Gebrauch gemacht, dann besteht nach dem Wortlaut des Gesetzes kein Anspruch auf eine spätere Inanspruchnahme durch den zweiten Elternteil.

4.
Karenz/Elternteilzeit und „Zweiter Meldezeitpunkt“ für Adoptiv- und Pflegeeltern (§ 15c Abs 1, 2 Z 1, 3 MSchG und § 5 Abs 1, 2, 4 und 5 VKG)

Seit 1.1.2016 gibt es auch Verbesserungen für Pflegeeltern und Adoptiveltern: Bisher hatten Pflegeeltern nur dann einen Anspruch auf Karenz bzw Elternteilzeit, wenn sie ein Kind in Adoptionsabsicht in unentgeltliche Pflege nahmen. Dh es musste sich um ein zur Adoption freigegebenes Kind handeln* und es darf aus der Übernahme der Pflege kein Entgelt bezogen werden.

Die neuen Bestimmungen, insb § 15c Abs 1, 2 Z 1, 3 MSchG und § 5 Abs 1, 2, 4 und 5 VKG sehen diesbezüglich wesentliche Verbesserungen für erwerbstätige Pflegeltern vor. Es wurde ein Anspruch auf Karenz und Elternteilzeit für jene Pflegeeltern geschaffen, die ein Kind in unentgeltliche Pflege auch ohne Adoptionsabsicht übernehmen. Die Änderungen sind mit 1.1.2016 in Kraft getreten und gelten für Pflegeeltern, die ab diesem Zeitpunkt ein Kind in unentgeltliche Pflege übernommen haben. Auch für Adoptiv- und Pflegeeltern wurde ein zweiter Meldezeitpunkt im MSchG und VKG verankert. Demnach beginnt die Karenz nach den §§ 15 und 15a mit dem Tag der Annahme an Kindes Statt, oder der Übernahme in unentgeltliche Pflege, oder im Anschluss an eine Karenz des anderen Elternteils bzw zu einem späteren Zeitpunkt, wenn der andere Eltern-/Pflegeelternteil keinen Anspruch auf Karenz hat.

5.
Conclusio

Die Neuregelung zum zweiten Meldezeitpunkt für die Elternkarenz im MSchG/VKG ist eine wichtige Änderung, denn sie ermöglicht insb Vätern, Karenz flexibler in Anspruch zu nehmen. Sie haben nun die Möglichkeit, im zeitlichen Rahmen zwischen Ende des Beschäftigungsverbotes und vollendetem zweiten Lebensjahr den Karenzzeitpunkt frei zu wählen, wenn die Mutter keinen Anspruch auf Karenz hat. Ist die Mutter des Kindes daher beispielsweise selbstständig erwerbstätig, eine Studentin oder auf Arbeitssuche, dann wird dem Vater die Inanspruchnahme einer Väterkarenz erleichtert.

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