JobstDer Wechsel zwischen Vollzeit und Teilzeit – Auswirkungen auf die Beendigungsansprüche des Arbeitnehmers

Verlag des ÖGB, Wien 2016 144 Seiten, kartoniert, € 24,90

MARKUSSALCHER (INNSBRUCK)

Die durch drei Entscheidungen des EuGH angefochtene Diskussion hinsichtlich der Berechnung des Urlaubsanspruchs und der Urlaubsersatzleistung gelegentlich eines Wechsels zwischen Voll- und Teilzeit sowie die wachsende Verbreitung der Teilzeitbeschäftigung in Österreich wurden von Lisa-Maria Jobst zum Anlass genommen, die rechtlichen Grundlagen eines solchen Umstiegs und dessen Auswirkungen auf Beendigungsansprüche des AN ausführlich zu untersuchen. In der im März 2016 an der WU Wien eingereichten, nun in aktualisierter und überarbeiteter Fassung im ÖGB-Verlag publizierten Masterarbeit widmet sich die Autorin zunächst der Frage, wie die Flexibilisierung des Umstiegs von Vollzeit auf Teilzeit oder umgekehrt im Arbeitsverhältnis umgesetzt werden kann, ob und unter welchen Umständen eine Änderung des Arbeitszeitausmaßes einseitig herbeigeführt werden kann und welche rechtlichen Schutz- und Begleitinstrumentarien hierfür zur Verfügung stehen. Den Ausgangspunkt für die daran anschließende Untersuchung der Auswirkungen eines Umstiegs auf Beendigungsansprüche des AN außerhalb gesetzlicher Sondertatbestände bildet eine umfassende Analyse der zum Urlaubsanspruch und zur Urlaubsersatzleistung ergangenen europäischen und nationalen Rsp sowie der diesbezüglichen Lehrmeinungen. Anschließend wird erörtert, inwiefern daraus Konsequenzen für andere Beendigungsansprüche des AN gezogen werden können, wobei auch die Auswirkungen eines Umstiegs im Rahmen gesetzlicher Sondertatbestände erläutert werden.

Nach einer kurzen Einleitung, in der es gelingt, die zu behandelnden Problemstellungen für den Leser klar aufzuzeigen, wird im zweiten Kapitel dargelegt, dass Änderungen des Arbeitszeitausmaßes regelmäßig einer Umstiegsvereinbarung bedürfen. Eine solche unterliege dem Schriftformgebot des § 19d Abs 2 Satz 2 AZG, wofür ein bloß deklarativ wirkender Dienstzettel nicht ausreiche – eine Ansicht, der mE nicht erst aufgrund des Telos, sondern bereits in Anbetracht des klaren Wortlauts dieser Bestimmung zuzustimmen ist.

Im dritten Kapitel wird die Möglichkeit einer Änderung des Arbeitszeitausmaßes durch Änderungskündigung erläutert. In diesem Zusammenhang gibt Jobst § 5 Z 2 Teilzeitarbeits-RL zu bedenken, welcher ein Verbot beinhalte, Kündigungen ausschließlich aus dem Grund auszusprechen, weil sich der AN geweigert hat, zwischen Voll- und Teilzeit zu wechseln. Zwar sei diese Bestimmung in Österreich mangelhaft umgesetzt, für den Fall einer aus diesem Grund verpönten Änderungskündigung könne dem AN im Rahmen einer richtlinienkonformen Interpretation des § 105 Abs 3 Z 1 lit i ArbVG jedoch entgegen der hM ein Anfechtungsrecht eingeräumt werden. Diese Vorgehensweise halte ich für verfehlt, unterbreitet der AG dem AN doch im Rahmen einer Änderungskündigung ein Änderungsangebot für die Zukunft und stellt sohin gerade keine bestehenden Ansprüche des AN in Frage. Die Unwirksamkeit einer solchen Kündigung könnte mE jedoch durch eine richtlinienkonforme Interpretation des § 879 Abs 1 ABGB oder – wie es die Autorin selbst anspricht – durch eine Einordnung des § 5 Z 2 der Teilzeitarbeits-RL als Konkretisierung des unionsrechtlichen allgemeinen Diskriminierungsverbots erreicht werden, womit eine unmittelbare Anwendbarkeit dieser Bestimmung und damit die Gesetzwidrigkeit einer solchen Kündigung erreicht würde.

In Kapitel vier zeigt Jobst stimmig auf, dass auch eine direktoriale Versetzung hinsichtlich des Wechsels zwischen Voll- und Teilzeit mangels diesbezüglichen Weisungsrechts des AG nicht in Betracht komme. Tiefgreifende Änderungen der Arbeitszeiteinteilung werden mE zurecht unter § 101 ArbVG subsumiert und lösen entsprechende Mitwirkungsrechte des BR aus.

Bevor sich Jobst dem eigentlichen Kernthema der Arbeit widmet, legt sie in Kapitel fünf jene gesetzlichen Sondertatbestände dar, die insb den temporären423Umstieg von Vollzeit auf Teilzeit nicht nur ermöglichen, sondern durch Begleitmaßnahmen auch sozial verträglich gestalten und vielfach Sonderregelungen für die anschließend behandelten Beendigungsansprüche beinhalten.

Anschließend wird die Grundlage für die rechtliche Beurteilung der Auswirkungen eines Umstiegs auf Beendigungsansprüche des AN geschaffen. Aus einer Untersuchung der zum Urlaubsanspruch ergangenen Rsp des EuGH nach einem Wechsel zwischen Voll- und Teilzeit leitet die Autorin zunächst überzeugend die grundsätzliche Anwendbarkeit des Pro-rata-temporis-Prinzips für Beendigungsansprüche des AN ab. Dies dürfe jedoch nicht nachträglich zu einer Kürzung bereits erworbener durchsetzbarer Ansprüche führen, obgleich es dem AN bei deren Geltendmachung selbstverständlich verwehrt sei, rechtsmissbräuchlich vorzugehen. Demgegenüber sei eine Besserstellung des AN iS einer Nachberechnung bereits erworbener Ansprüche unionsrechtlich unbedenklich. Anders judiziere der OGH in stRsp, dass offene Urlaubsansprüche im Fall eines Umstiegs dann auf das neue Beschäftigungsausmaß umzurechnen seien, wenn der Urlaub bisher in Tagen verbraucht wurde, was bei einem Umstieg von Vollzeit auf Teilzeit zu einer Reduzierung des Urlaubsanspruchs in Arbeits-, nicht jedoch in Werktagen führen könne – ein Umstand, der mE genauer auf seine Unionsrechtskonformität hin zu prüfen wäre.

In Kapitel sieben stellt sich die Autorin der anspruchsvollen Aufgabe, die Auswirkungen eines Umstiegs auf die sonstigen Beendigungsansprüche des AN zu analysieren, wobei sie im Einzelnen auf die Kündigungsentschädigung, die Abfertigung alt und neu, das offene Entgelt, Sonderzahlungen, die Freizeit während der Kündigungsfrist und das Dienstzeugnis eingeht. Jobst gelangt dabei etwa zum mE nachvollziehbaren Schluss, dass zwar eine Berechnung der Kündigungsentschädigung anhand des fiktiven Arbeitszeitausmaßes während der fiktiven Kündigungsfrist mangels Kürzung bereits entstandener Ansprüche europarechtskonform sei, nicht hingegen die unterschiedlichen Kündigungsfristen für Vollzeitbeschäftigte einerseits und bestimmte Teilzeitkräfte andererseits. Die grundsätzliche Berechnung der Abfertigung alt auf Basis des zuletzt zustehenden Entgelts wird mE zurecht als dem vom EuGH aufgestellten Grundsatz, Anspruchsberechnungen für jede Beschäftigungsphase getrennt durchzuführen, widersprechend erkannt. Die Autorin gesteht zwar ein, dass der Abfertigungsanspruch erst bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses unter bestimmten Voraussetzungen entsteht, sodass es dadurch im Grunde zu keiner Kürzung bereits erworbener, durchsetzbarer Ansprüche komme. Jobst bezweifelt jedoch, dass der EuGH diese Differenzierung tatsächlich als bedeutsam erachtet, was mE angesichts der zu vermeinenden Diskriminierung zweifelsfrei seine Berechtigung findet. Nach nationaler Rsp sei auch die Urlaubsersatzleistung stets auf Grundlage des zum Zeitpunkt der Beendigung gebührenden Entgelts zu berechnen. Diese Rechtsansicht wird aufgrund der Gefahr einer nachträglichen Kürzung bereits erworbener Ansprüche jedoch folgerichtig als unionsrechtlich bedenklich bewertet.

Indem die Autorin im achten und letzten Kapitel die wichtigsten Ergebnisse ihrer Arbeit zusammenfasst, bietet sie dem Leser einen ausgezeichneten Gesamtüberblick.

Lisa-Maria Jobst setzt sich auf hohem wissenschaftlichem Niveau mit einer anspruchsvollen und zunehmend praxisrelevanten Problematik auseinander und gelangt unter Berücksichtigung des Europarechts zu teilweise zwar von der hM abweichenden, jedoch nachvollziehbaren Ergebnissen. Die Arbeit ist nicht nur für mit dieser Thematik befasste ExpertInnen und Betroffene, sondern auch für allgemein am Arbeitsrecht Interessierte absolut lesenswert und sollte daher in den Bestand jeder arbeitsrechtlichen Bibliothek Aufnahme finden.