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BUAG: „Urlaubsgeldvorschuss“ – Wirksamkeit einer Anrechnungs- und Rückzahlungsvereinbarung

MONIKADRS (WIEN)/LISAMARIEBABLER (WIEN)
  1. Eine vom AG vorgegebene Vereinbarung über die Zahlung eines „Urlaubsgeldvorschusses“ – wenngleich sie darauf gerichtet war, dem AG eine Entgeltfortzahlungsverpflichtung nach § 1155 Abs 1 ABGB zu Lasten des AN zu ersparen – weist Züge einer nach § 9a BUAG (Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz) rechtsunwirksamen Urlaubsablöse auf, weil die künftigen Naturalurlaubsansprüche im Ergebnis damit verringert werden.

  2. Nimmt der AN das Arbeitsverhältnis in Folgejahr aus eigenem Willen nicht mehr auf, wird er um den – mangels Urlaubsvereinbarung rechtsgrundlos ausbezahlten – Urlaubszuschuss bereichert. Die Rückforderung folgt den Regeln des § 877 ABGB.

  3. Auf einen gutgläubigen Verbrauch kann sich der AN nicht berufen, da ihm aufgrund der von ihm unterfertigten Vereinbarung bewusst sein musste, dass er auf den – ausdrücklich als Vorschuss bezeichneten – Urlaubszuschuss mangels ausreichender Anwartschaft gegenüber der Bauarbeiter-, Urlaubs- und Abfertigungskasse (BUAK) keinen Anspruch hatte.

Der Bekl war bei der nunmehrigen Insolvenzschuldnerin (Kl) mit Unterbrechungen seit 2009, letztmals vom 27.3.2012 bis 20.12.2012, als Estrichleger beschäftigt. Das Dienstverhältnis unterlag dem BUAG.

Die Beschäftigungsperiode reichte im Betrieb der Kl üblicherweise von März oder April des jeweiligen Jahres bis Anfang oder Mitte Dezember, danach wurden die AN abgemeldet und gingen „stempeln“.

Es kam bei der Kl aus verschiedenen Gründen fallweise vor, dass für den nächsten Tag keine Arbeit vorhanden war. Dies wurde den betroffenen AN dann am Vortag mitgeteilt und auf den Wochenkarten für die ganze Partie ein Urlaubstag eingetragen. Tatsächlich hat aber kein AN, auch nicht der Bekl, an solchen Tagen einen Urlaub gewünscht oder mit dem Geschäftsführer der Kl Urlaub vereinbart. Der Bekl wusste während des aufrechten Dienstverhältnisses nicht, dass an Stelle von Urlaub auch bezahlte Freizeit gewährt werden kann. Im November 2012 wurden ihm von der Kl einseitig 12 Tage, an denen es keine Arbeit für ihn gab, als Urlaub eingetragen.

Der Bekl hatte nach den Feststellungen im November 2012 die zeitliche Anwartschaft für weiteres Urlaubsentgelt nach dem BUAG nicht erfüllt. Die Kl legte ihm deswegen vor der Auszahlung des Novemberlohns folgende Vereinbarung zur Unterschrift vor:

„(...) Da im November 2012 kein Anspruch auf Urlaubsgeld gegeben ist, werden die 12 Urlaubstage in Höhe von € 2.280,– auf freiwilliger Basis und als Entgegenkommen (...) als Urlaubsgeldvorschuss abgerechnet und ausbezahlt. Nach Erreichen des Anspruchs wird der Urlaubsgeldvorschuss mit dem tatsächlichen Urlaubsgeld (wie von der BUAK gemeldet) gegenüber gestellt und der Differenzbetrag in der nächsten Lohnabrechnung berücksichtigt. Da der Urlaubsanspruch erst nächstes Jahr erreicht wird, kann der Urlaub auch erst nächstes Jahr abgerechnet werden. Sollten Sie aus welchen Gründen auch immer nächstes Jahr nicht mehr bei uns arbeiten, muss der Urlaubsgeldvorschuss (netto € 1.065,89) von Ihnen zurückbezahlt werden.“

Der Bekl unterfertigte dieses Schreiben, nachdem ihm erklärt worden war, das sei erforderlich, damit ihm der Novemberlohn ausbezahlt werden könne. Mit 20.12.2012 wurde der Bekl von der Kl abgemeldet.

Im März 2013 erklärte der Bekl, keine Beschäftigung bei der Kl mehr aufnehmen zu wollen. Sie forderte ihn daraufhin zur Rückzahlung von insgesamt € 1.362,34 mit der Begründung auf, sein im November vorschussweise bezahltes „Urlaubsgeld“ könne nicht mehr mit der BUAG verrechnet werden, außerdem sei ihm zu viel an Weihnachtsgeld bezahlt worden. Dem Bekl wurde eine entspre-365chend geänderte Gehaltsabrechnung für November 2012 ausgefolgt.

Da er den geforderten Betrag nicht auf einmal zahlen konnte, unterschrieb der Bekl eine von der Kl vorgelegte Ratenvereinbarung mit Terminverlustklausel.

In der Klage wird die Rückzahlung von Urlaubszuschuss und Weihnachtsgeld im Betrag von € 1.362,34 netto begehrt. Die Kl brachte vor, der Bekl habe seine Verpflichtung ausdrücklich anerkannt, jedoch die Ratenvereinbarung nicht eingehalten. Das anteilig rückgeforderte Weihnachtsgeld sei von der Kl aus Versehen überhöht errechnet und ausbezahlt worden. Wegen der ausdrücklichen Widmung als Vorschuss komme ein gutgläubiger Verbrauch der Überzahlungen nicht in Frage.

Der Bekl wandte ein, er sei im November 2012 einseitig wegen Auftragsmangels von der Kl dienstfrei gestellt worden, er habe keinen Urlaub vereinbart und konsumiert. Bei der Vereinbarung über einen Vorschuss auf das Urlaubsentgelt und bei der Ratenvereinbarung habe ihn die Kl über die fehlenden rechtlichen Voraussetzungen in die Irre geführt. Das ausbezahlte Weihnachtsgeld sei richtig berechnet worden, jedenfalls aber habe er es gutgläubig verbraucht.

Die Kl habe ihm seit 2009 insgesamt 33 dienstfreie Tage zu Unrecht als Urlaub angerechnet. Bei richtiger Berechnung habe im November 2012 noch ein Urlaubsanspruch bestanden. Die Kl habe sich lediglich auf Kosten der BUAG ihrer Entgeltpflicht während der Dienstfreistellung entziehen wollen.

Erst- und Berufungsgericht wiesen das Klagebegehren ab.

In der Revision der Kl, wird (nur mehr) die Abweisung des rückgeforderten Urlaubszuschusses von € 1.065,89 netto sA bekämpft.

Die Revision ist zulässig und auch berechtigt.

1. Nach § 8 Abs 1 BUAG gebührt dem AN bei Antritt des Urlaubs ein „Urlaubsentgelt“, das sich zu gleichen Teilen aus Urlaubsgeld und Urlaubszuschuss (= aliquoter Sonderzahlung) zusammensetzt.

Die Revisionswerberin stellt nicht mehr in Frage, dass sie an den Tagen, an denen sie den Bekl wegen Arbeitsmangels nicht beschäftigen konnte, zur Fortzahlung des laufenden Entgelts verpflichtet war.

Sie führt aber ins Treffen, dass – gehe man iSd Bekl-Vorbringens und der Vorinstanzen vom Fehlen einer wirksamen Urlaubsvereinbarung für diesen Zeitraum aus – kein Rechtsgrund für die Zahlung eines Urlaubszuschusses bzw eines Vorschusses auf diese Sonderzahlung bestehe. Der Bekl sei um diesen Urlaubszuschuss, den er ausdrücklich nur unter Vorbehalt der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses vorschussweise erhalten habe, ungerechtfertigt bereichert worden.

2. Diesen Ausführungen kommt im Ergebnis Berechtigung zu.

Das Berufungsgericht hat die im November 2012 unterfertigte Vereinbarung wie eine unzulässige Urlaubsablöse behandelt, weil damit gegen freiwillige Zahlung eines zu diesem Zeitpunkt nicht gebührenden Urlaubszuschusses die Urlaubsanwartschaften des Bekl verkürzt worden wären. Aufgrund des verbotenen Inhalts, die sich ungerechtfertigt zu Lasten des Bekl ausgewirkt hätte, sei eine Rückzahlungsverpflichtung zu verneinen.

Tatsächlich weist die von der Kl vorgegebene Vereinbarung – wenngleich sie darauf ausgerichtet war, der Kl zu Lasten und auf Kosten des AN die Entgeltfortzahlungsverpflichtung für eine nach § 1155 Abs 1 ABGB zu entlohnende Dienstfreistellung zu ersparen – auch Züge einer nach § 9a BUAG rechtsunwirksamen Urlaubsablöse auf, weil die künftigen Naturalurlaubsansprüche des Bekl gegen vorzeitige Zahlung eines „Urlaubszuschusses“ im Ergebnis verringert worden wären.

Diese Umgehungskonstruktion brachte es mit sich, dass der Bekl zwar zunächst insgesamt um den ausbezahlten Urlaubszuschuss (der mangels Urlaubsvereinbarung nicht zustand) zu viel erhalten hat, letzten Endes, wenn er nach der Winterpause wieder ein Arbeitsverhältnis zur Kl begonnen und weitere Urlaubsanwartschaften gegenüber der BUAG (BUAK – Anm der Bearb) erworben hätte, durch die nachträgliche Abwicklung um sein anteiliges Urlaubsgeld gebracht worden wäre. Von einem vereinbarten „reinen Lohnvorschuss“, wie die Revision meint, kann bei diesem Sachverhalt keine Rede sein.

3. Auf die Ungültigkeit einer vereinbarten Urlaubsablöse kann sich nicht nur der AN, sondern auch der AG berufen (RIS-Justiz RS0031534). Dieser kann die Rückzahlung einer gezahlten Urlaubsablöse so lange nicht begehren, als der AN nicht auf einem Verbrauch des Urlaubs besteht oder – nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses – Ansprüche nach §§ 9, 10 UrlG stellt (9 ObA 181/98b mwN). Eine Rückforderung der Ablöse ist aber zulässig, wenn die neuerliche Geltendmachung des unwirksam abgelösten Urlaubs zu einer doppelten Abgeltung und damit zu einer ungerechtfertigten Bereicherung des AN führen würde.

4. Der Bekl hat sich auf die Unwirksamkeit der Urlaubsablösevereinbarung berufen.

Die rechtlichen Konsequenzen dieses Standpunkts müssen allerdings von der Situation ausgehen, dass die Vereinbarung nicht zur Gänze zur Ausführung gelangt ist, sondern nur der erste, den Bekl durch die Auszahlung einer ihm mangels wirksamen Urlaubsverbrauchs nicht gebührenden Sonderzahlung begünstigende Abschnitt verwirklicht wurde. Da das Arbeitsverhältnis nach der Winterpause vom Bekl aus eigenem Willen nicht mehr aufgenommen wurde, kam es zu keinen weiteren verrechenbaren Anwartschaften gegenüber der BUAG (BUAK – Anm der Bearb) mehr, sodass die Kl den für sich geplanten Vorteil endgültig nicht mehr lukrieren konnte.

Im Ergebnis wurde der Bekl damit um den – mangels Urlaubsvereinbarung rechtsgrundlos ausbezahlten – Urlaubszuschuss bereichert.

5. Die Rückforderung von Leistungen, die aufgrund eines unwirksamen, verbotenen Rechtsgeschäfts erbracht wurden, folgt den Regeln des § 877 ABGB (Kolmasch in

Schwimann
, TaKomm ABGB2 § 879 Rz 25; Bollenberger in KBB4 § 879 Rz 31), die Rechtsfolgen entsprechen jenen der §§ 1431 und 1437 ABGB (RIS-Justiz RS0016325 [T10]).366

Grundsätzlich sind danach alle Leistungen, die rechtsgrundlos empfangen wurden, zurückzustellen. Bei rechtsgrundlos gezahltem Arbeitsentgelt, dem Unterhaltscharakter zukommt und das gutgläubig verbraucht wurde, verneint die auf Jud 33 neu zurückgehende stRsp grundsätzlich eine Rückforderbarkeit (vgl RIS-Justiz RS0114707; ua Mader in

Schwimann
ABGB3 VI § 1437 Rz 18). Dabei wird der gute Glaube nicht nur durch auffallende Sorglosigkeit des Empfängers ausgeschlossen, sondern schon dann verneint, wenn er zwar nicht nach seinem subjektiven Wissen, aber bei objektiver Beurteilung an der Rechtmäßigkeit des ihm ausgezahlten Betrags auch nur zweifeln musste (RIS-Justiz RS0010271; RS0033826; Mader, aaO Rz 20).

Dem Bekl musste aufgrund der von ihm unterfertigten Vereinbarung bewusst sein, dass er auf den ausdrücklich als Vorschuss bezeichneten Urlaubszuschuss im Zeitpunkt des Empfangs im November 2012 keinen Anspruch hatte. Auch wenn ihm die rechtlichen Voraussetzungen für eine wirksame Urlaubsvereinbarung damals nicht bewusst waren, führte ihm der Text der Vereinbarung doch klar vor Augen, dass er im Zeitpunkt der Auszahlung keine ausreichende Anwartschaft auf diese Leistung gegenüber der BUAG (BUAK – Anm der Bearb) hatte. Auf einen gutgläubigen Verbrauch des deklarierten Vorschusses kann sich der Bekl daher nicht berufen (vgl RIS-Justiz RS0033749).

6. Die mit der Klage angestrebte Rückabwicklung der Vereinbarung verkürzt entgegen den Ausführungen des Berufungsgerichts keine berechtigten Ansprüche des Bekl.

Es hätte die Vereinbarung vom November 2012 dem Bekl zwar insgesamt zum Nachteil gereicht, wenn sie in allen Teilen zur Ausführung gelangt wäre, dazu ist es aber nicht gekommen. Die von der Kl ursprünglich verfolgte verpönte Absicht rechtfertigt es für sich allein nicht, dem Bekl den „Vorschuss“ auf eine Leistung zu belassen, auf die er wegen seines eigenen Entschlusses, das Arbeitsverhältnis nicht mehr aufzunehmen, endgültig keinen Anspruch mehr erwerben konnte.

7. Angesichts dieses Ergebnisses ist auch noch auf das Vorbringen des Bekl einzugehen, die Kl habe ihm seit 2009 insgesamt 33 arbeitsfreie Tage einseitig als Urlaub abgerechnet und dadurch seinen bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses bestehenden Abfindungsanspruch gegenüber der BUAK entsprechend verringert.

Das Berufungsgericht hat dazu bereits zutreffend (§ 510 Abs 3 ZPO; in der Revisionsbeantwortung unbekämpft) ausgeführt, dass sich der Anspruch des AN auf Urlaubsentgelt nach dem BUAG gegen die BUAK richtet und lediglich die Auszahlung der Leistungen über ein Konto des AG erfolgt. Der Anspruch auf Berichtigung einer zu niedrig bemessenen Urlaubsabfindung wäre daher ebenfalls gegenüber der BUAK geltend zu machen, die die Richtigkeit der AG-Meldungen und die Voraussetzungen für eine Urlaubsgewährung im Streitfall selbstständig zu prüfen hätte.

Ob der Bekl eventuell mit seinem Vorbringen zum Ausdruck bringen wollte, dass ihm die Kl die vorenthaltene Entgeltfortzahlung für Freistellungstage schulde, die sie in der Vergangenheit mit der BUAK fälschlich als Urlaub abgerechnet habe, kann mangels Geltendmachung im Revisionsverfahren nicht geprüft werden. Der AN hat zudem nicht nur keine ziffernmäßig bestimmte (RIS-Justiz RS0034059) Gegenforderung eingewendet, sondern ausdrücklich vorgebracht, dass er keine Forderungen an die Kl stelle (ON 15 S 2).

8. Der Revision war daher Folge zu geben. [...]

ANMERKUNG

Der Sachverhalt, der dieser E zugrunde liegt, wirft mehrere Fragen auf, wobei in dem Beitrag nur auf folgende eingegangen wird:

  1. Ob eine wirksame Urlaubsvereinbarung vorliegt und damit verbunden auch die Frage nach der Zulässigkeit eines Urlaubsvorgriffs für die dem BUAG unterliegenden AN,

  2. ob die vorliegende Vereinbarung als unzulässige Urlaubsablöse zu qualifizieren ist,

  3. ob bzw inwieweit eine Rückzahlungsverpflichtung insb bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses vor Entstehung des Urlaubsanspruchs besteht.

1.
Wirksame Urlaubsvereinbarung?

Für eine wirksame Urlaubsvereinbarung bedarf es übereinstimmender Willenserklärungen von AG und AN, die allerdings auch konkludent (zB durch Urlaubsantritt) erfolgen können. Ein einseitiges „auf Urlaub schicken“ ist auch nach dem BUAG (§ 7 Abs 2; entspricht insoweit § 4 Abs 1 UrlG) unzulässig (vgl ua Wiesinger, BUAG [2017] § 7 Rz 8 ff).

Zu klären ist auch, ob es sich bei der fraglichen „Vereinbarung“ überhaupt um eine Urlaubsvereinbarung handelt oder ob es nur um die Vorschussleistung auf das im Urlaub zustehende Entgelt geht, während der Urlaubsanspruch erhalten bleiben sollte. Dabei ist allerdings zu bedenken, dass es Zielsetzung des AG war, den Entgeltfortzahlungsanspruch des § 1155 ABGB zu umgehen und durch den des BUAG anlässlich eines Urlaubs zu ersetzen, und dass der (bezahlte) Urlaubsanspruch nicht vom Entgeltanspruch getrennt werden kann (vgl ua Adametz/Schenk/Tschepl, BUAG [1988] § 9a Rz 2).

Selbst wenn man nun von einer Zustimmung des AN zum Verbrauch des Urlaubs ausgehen sollte, ist noch zu prüfen, ob ein Verstoß gegen zwingende Bestimmungen des BUAG vorliegt, der zur Unwirksamkeit der Vereinbarung führen könnte (gem § 3b BUAG handelt es sich um einseitig zwingendes Recht; soweit allerdings auch die BUAK betroffen ist, spricht Einiges für zweiseitig zwingendes Recht).

In diesem Zusammenhang ist zunächst § 7 Abs 3 BUAG (entspricht § 4 Abs 2 UrlG) von Interesse, wonach Urlaub nicht wirksam für Zeiten mit Entgeltfortzahlungsanspruch bei gleichzeitigem Entfall der Arbeitsleistung vereinbart werden kann, soweit dieser Umstand bereits bei Abschluss der367Urlaubsvereinbarung bekannt war. Eine dennoch getroffene Vereinbarung ist (teil-)nichtig; dh der betreffende Zeitraum gilt dann nicht als Urlaub. Dadurch soll verhindert werden, dass sich der AG durch eine Urlaubsvereinbarung bestehender Entgeltfortzahlungsverpflichtungen nach anderen Bestimmungen entzieht. Es ist allerdings umstritten, ob darunter nur arbeitnehmerseitige Dienstverhinderungsgründe fallen (zB Krankenstand, Pflegefreistellung und andere wichtige, die Person des AN betreffende Dienstverhinderungsgründe gem § 1154b ABGB) oder auch der arbeitgeberseitige Dienstverhinderungsgrund des § 1155 ABGB (idS zB Cerny, Urlaubsrecht10 [2011] § 4 Erl 10; aA Basalka in

Adametz ua
, UrlG § 4 Rz 17 und ihm folgend Kuderna, UrlG2 § 4 Rz 25; Reissner in
Neumayr/Reissner
[Hrsg], ZellKomm2 [2011] § 4 UrlG Rz 25 sieht hierzu eine differenziertere Lösung vor: nur soweit § 1155 abdingbar und die Erholungsmöglichkeit gegeben ist; siehe auch Naderhirn, Zum Verhältnis ausgewählter Entgeltfortzahlungstatbestände zueinander, ZAS 2007, 116 f).

Unabhängig davon ist aber noch § 7 Abs 2a BUAG zu beachten, wonach sich eine Urlaubsvereinbarung nur auf bereits bestehende Urlaubsansprüche beziehen kann. Damit sind im Gegensatz zum UrlG Urlaubsvorgriffe ausgeschlossen. (Wiesinger, BUAG § 7 Rz 31: er sieht darin einen Anwendungsfall der rechtlichen Unmöglichkeit iSd § 878 ABGB; der OGH [8 ObA 85/08wArb 12.811; 8 ObA 86/10wArb 13.025] qualifizierte eine davon abweichende Vereinbarung als freiwillige vertragliche Vereinbarung über die Freistellung des AN von der Arbeitsleistung unter Fortzahlung des Entgelts.) Dh spätestens aus diesem Grund ist die Urlaubsvereinbarung für die zwölf Tage im November nicht wirksam zustande gekommen.

Das setzt allerdings voraus, dass es sich im Anlassfall tatsächlich um einen Urlaubsvorgriff handelt, was wiederum voraussetzt, dass der ganze Urlaub verbraucht wurde. Dies verneint der AN in Bezug auf 33 seit 2009 als Urlaubstage verrechnete, nach § 1155 ABGB entgeltfortzahlungspflichtige Tage (ob diese Urlaubstage nicht bereits verfallen sind – siehe § 7 Abs 6 iVm § 11 Abs 1 BUAG – kann mangels entsprechender Angaben nicht überprüft werden). Diesbezüglich wäre auch noch zu prüfen, ob ein tageweiser Urlaubsverbrauch auf Wunsch des AG einen Verstoß gegen die Teilungsregelung des § 7 Abs 1 BUAG darstellt, wie dies der hM zur Teilungsregelung des UrlG entspricht (Cerny, Urlaubsrecht10 § 4 Erl 15; Reissner in

Neumayr/Reissner
[Hrsg], ZellKomm2 § 4 UrlG Rz 27 f mwN). Ursprünglich sah das BUAG (ebenso wie das UrlG in § 4 Abs 3) vor, dass der Urlaub maximal in zwei Teilen verbraucht werden konnte. Diese Einschränkung wurde durch das Arbeitsrechts-Änderungsgesetz 2000 (ARÄG, BGBl I 2000/44) gestrichen. Damit kann der Urlaubsanspruch nach dem BUAG inzwischen auch auf mehrere Teile gesplittet werden. Voraussetzung ist nur, dass ein Teil mindestens sechs Werktage beträgt und der Urlaub in ganzen Tagen verbraucht wird. Im Ausschussbericht ist dementsprechend zu lesen, dass – soweit nur ein Teil eine Woche umfasst – der restliche Urlaubsanspruch auch tageweise verbraucht werden darf (AB 189 BlgNR 21. GP 22; siehe auch Klinger, BUAG [2006] § 7 Erl 3; Wiesinger, BUAG § 7 Rz 4).

Darüber hinaus bedarf es auch für diese Tage einer (zumindest konkludenten) Urlaubsvereinbarung, die laut Sachverhalt aber nicht vorlag. Wiesinger (Rechtsmissbräuchlicher Urlaubsvorgriff unter dem BUAG, ZAS 2017/30 [170]) führt dazu aus, dass ein konsumierter Urlaub nicht mehr rückabwickelbar ist, da der Urlaub tatsächlich konsumiert wurde und der AN bloß mit der Lage des Urlaubs unzufrieden war. Dabei übersieht er allerdings, dass der AG den AN einseitig nach Hause geschickt hat, weil er keine Arbeit für den AN hatte. Dh nicht, dass der AN Urlaub konsumiert, wenn er daraufhin zu Hause bleibt. Solange der AN nicht irgendwelche Handlungen setzt, die darauf hindeuten, dass er Urlaub konsumiert, kann diese Zeit ebenso als Zeit iSd § 1155 ABGB gedeutet werden (ohne dass es einer Rückabwicklung bedarf), auch wenn der AG diese Tage einseitig als Urlaubstage eingetragen und verrechnet hat.

2.
Unzulässige Urlaubsablöse?

Nicht nachvollziehbar ist die rechtliche Qualifikation der vorliegenden Vereinbarung als unzulässige und damit unwirksame Urlaubsablöse gem § 9a BUAG (entspricht § 7 UrlG), da im konkreten Fall keine Bezahlung dafür geleistet werden sollte, dass der Urlaub nicht verbraucht wird, sondern ganz im Gegenteil ein Urlaubskonsum stattfinden sollte, wenn auch früher als nach dem BUAG zulässig bzw möglich (idS auch Wiesinger, ZAS 2017/30 [170]). Der AN sollte also nicht auf den Urlaubsverbrauch, sondern auf die Entgeltfortzahlung gem § 1155 ABGB verzichten.

3.
Rückzahlungsverpflichtung?

Die vorliegende Vereinbarung sieht vor, dass der bereits vor Entstehung des Urlaubsanspruchs ausbezahlte Urlaubsgeldvorschuss mit dem im nächsten Jahr neu entstehenden Urlaubsanspruch „abgerechnet“ werden soll und für den Fall, dass eine solche „Abrechnung“ aufgrund der Nichtaufnahme der Arbeit im nächsten Jahr nicht mehr in Betracht komme, der AN den Urlaubsgeldvorschuss zurückzuzahlen hätte. Im Folgejahr nahm der AN das Arbeitsverhältnis aus eigenem Willen nicht mehr auf, wodurch er keine neuen Anwartschaften mehr beim AG erwerben konnte und er um den Urlaubszuschuss bereichert wurde.

Der OGH anerkennt daher einen Rückforderungsanspruch des AG gem § 877 ABGB, da eine wirksame Vereinbarung über einen Urlaubsvorgriff nach dem BUAG nicht möglich ist und dem AN aufgrund der Bezeichnung „Vorschuss“ auch klar sein musste, dass er auf diese Leistung keinen Anspruch hatte und er sich daher nicht auf einen gutgläubigen Verbrauch berufen kann. Nicht thematisiert wurde, dass in der Vereinbarung nur vom „Urlaubsgeldvorschuss“ die Rede war, nicht aber vom Urlaubszuschuss.368

Dem AN gebührt bei Antritt des Urlaubs ein Urlaubsentgelt von der BUAK (Schuldner des Urlaubsentgelts ist also – anders als nach dem UrlG – nicht der AG, sondern ein Dritter, die BUAK), das sich zu gleichen Teilen aus Urlaubsgeld (darunter versteht das BUAG die Entgeltfortzahlung, die dem Grunde nach dem Urlaubsentgelt des § 6 UrlG entspricht, auch wenn sich die Höhe der Entgeltfortzahlung nach den gem § 13o BUAG vom AG zu entrichtenden Zuschlägen richtet und nicht nach dem Ausfallsprinzip – siehe ua Wiesinger, BUAG § 8 Rz 8 ff; Wiesinger, Das Urlaubsrecht des BUAG – Eine Einführung, JAP 2016/2017/18 [238]) und Urlaubszuschuss (= aliquote Sonderzahlung, auf die nach dem BUAG ein gesetzlicher Anspruch besteht – siehe ua Wiesinger, BUAG § 8 Rz 8 ff) zusammensetzt.

Im BUAG ist also zwischen den Begriffen Urlaubsentgelt, Urlaubsgeld und Urlaubszuschuss zu unterscheiden. Während in der fraglichen Vereinbarung nur von Urlaubsgeldvorschuss und Urlaubsgeld die Rede ist (also der Entgeltfortzahlung) und der AG anlässlich des Nichtantritts der Arbeit durch den AN die Rückzahlung des vorschussweise bezahlten „Urlaubsgeldes“ forderte, wird in der Klage des AG die Rückzahlung des Urlaubszuschusses (also der aliquoten Sonderzahlung) begehrt (das irrtümlich zu hoch berechnete Weihnachtsgeld hat der AN – wenn es ihm auffallen musste – wohl gutgläubig verbraucht; dementsprechend wurde in der Revision des AG nur mehr die Abweisung des rückgeforderten Urlaubszuschusses bekämpft). Im Verfahren geht es also nur um die Sonderzahlung und nicht um den Entgeltfortzahlungsanspruch (dieser ist dem AN in der fraglichen Zeit gem § 1155 ABGB zugestanden, auch wenn die Anspruchshöhe uU nicht ident ist, da sich der Entgeltfortzahlungsanspruch des § 1155 ABGB – anders als nach dem BUAG – nach dem Ausfallsprinzip richtet).

In einer früheren Entscheidung prüfte der OGH (8 ObA 85/08wArb 12.811) den Rückforderungsanspruch des AG anlässlich eines „Urlaubsvorgriffs“ noch auf Basis des § 1435 ABGB (nachträglicher Wegfall des Leistungszwecks) und verneinte diesen damals mangels entsprechender Rückzahlungsvereinbarung. Fraglich ist allerdings, ob die Rückerstattungsverpflichtung einer ausdrücklichen Vereinbarung bedarf und nicht bereits in der Vereinbarung über einen Urlaubsvorgriff miterfasst ist (im Wege ergänzender Vertragsauslegung). § 1435 ABGB setzt aber einen nachträglichen Wegfall der Verbindlichkeit voraus, während im Anlassfall von Anfang an keine wirksame Vereinbarung über einen Urlaubsvorgriff zustande gekommen ist. In diesem Fall ist § 877 und nicht § 1435 ABGB heranzuziehen (vgl ua Lurger in ABGB-ON1.03 § 1435 Rz 1 f, 4).

Wiesinger (ZAS 2017/30 [170]) verweist noch auf den Rückforderungsanspruch des § 1431 ABGB (irrtümliche Zahlung einer Nichtschuld). Ob beim AG ein Irrtum vorgelegen ist, ist angesichts des Umstandes, dass er genau wusste, dass dem AN kein Urlaub mehr zugestanden ist und wohl auch, dass ein Urlaubsvorgriff nach dem BUAG nicht zulässig ist, zu hinterfragen.

Wiesinger zeigt überdies noch auf, dass auch bei Wiederantritt der Arbeit und Erwerb neuer Anwartschaften eine Gegenverrechnung auf rechtlich korrekte Weise nicht möglich gewesen wäre, da die BUAK das Urlaubsentgelt nur bei tatsächlichem Urlaubsantritt auszahlt. Der AG hätte der BUAK im neuen Jahr daher einen „Scheinurlaub“ melden müssen, um eine Gegenverrechnung vornehmen zu können, während der AN weiterarbeiten hätte müssen.