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Berechnung der Abfertigung alt nach Teilzeitarbeit zur Kinderbetreuung

BIANCASCHRITTWIESER

Die AN war von 15.4.1991 bis 18.12.2008 beim AG im Ausmaß von 40 Stunden pro Woche beschäftigt. Sie befand sich dann in Mutterschutz und Karenz und vereinbarte in der Folge mit dem AG ab 2.11.2009 eine Teilzeitarbeit im Ausmaß von 15 Wochenstunden, um ihre Tochter betreuen zu können. Die Herabsetzung der Arbeitszeit wurde zeitlich nicht befristet. Der AG aber ging davon aus, dass die AN bekanntgeben wird, wenn sie entsprechend der Betreuungssituation wieder länger arbeiten kann. Ab 23.8.2013 war die AN neuerlich in Mutterschutz und anschließend in Karenz. Das Arbeitsverhältnis endete schließlich per 1.10.2015 durch einvernehmliche Auflösung.

Die AN hatte einen Anspruch auf eine Abfertigung in der Höhe von 9 Monatsentgelten. Der AG zahlte diese auf Basis des Entgelts der Teilzeitbeschäftigung aus. Dagegen erhob die AN Klage. Sie begehrte die Differenz zu einer Abfertigung, die sie auf Basis eines Durchschnitts der während der für die Abfertigung maßgeblichen Dienstjahre geleisteten Arbeitszeit berechnete und berief sich dabei auf § 14 Abs 2 Z 2 Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz (AVRAG). Nach dieser Bestimmung können AG und AN eine Herabsetzung der Arbeitszeit vereinbaren, wenn der/die AN „nicht nur vorübergehende Betreuungspflichten“ für einen „nahen Angehörigen“ hat, die sich „aus der familiären Beistandspflicht354ergibt“. Hat die Herabsetzung der Normalarbeitszeit zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses länger als zwei Jahre gedauert, so ist gem § 14 Abs 4 AVRAG – sofern keine andere Vereinbarung abgeschlossen wird – bei der Berechnung einer Abfertigung „für die Ermittlung des Monatsentgelts vom Durchschnitt der während der für die Abfertigung maßgeblichen Dienstjahre geleisteten Arbeitszeit auszugehen“.

Die Vorinstanzen gaben dem Klagebegehren der AN statt. Die außerordentliche Revision des AG wurde mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage zurückgewiesen. Bezugnehmend auf die bereits bestehende Judikatur des OGH (12.7.2006, 9 ObA 38/06p und 9 ObA 60/06y) führt der Gerichtshof das Verhältnis einer Teilzeitbeschäftigung nach AVRAG zu einer solchen nach MSchG (Elternteilzeit) nochmals aus: § 14 Abs 2 Z 2 AVRAG regelt den Fall von „nicht nur vorübergehenden Betreuungspflichten von nahen Angehörigen, die sich aus der familiären Beistandspflicht ergeben“. Vom Anwendungsbereich ist auch die Betreuungspflicht für gesunde Kinder erfasst. Zudem schließe weder das MSchG noch das Väter-Karenzgesetz (VKG) die Anwendung des § 14 AVRAG aus. Somit können sich Eltern, die ein Kind betreuen, immer dann, wenn die (engeren) Voraussetzungen des MSchG bzw VKG (Elternteilzeit) nicht vorliegen, auf § 14 AVRAG berufen. Hinsichtlich der Dauer und der Voraussetzungen einer Pflicht der Eltern zur Betreuung des Kindes wurde bereits klargestellt, dass Eltern auch bei Vorhandensein geeigneter Betreuungseinrichtungen nicht verpflichtet sind, die Betreuung Dritten zu übertragen. Bei noch nicht schulpflichtigen Kindern und damit jener Altersgruppe („bis zum Ablauf des siebenten Lebensjahrs“), für die der Gesetzgeber im MSchG bzw VKG (Elternteilzeit) die Betreuungsbedürftigkeit unterstellt, kann jedenfalls auch ohne Hinzutreten weiterer Umstände von einer iSd § 14 Abs 2 Z 2 AVRAG relevanten Betreuungspflicht der Eltern ausgegangen werden.

Im konkreten Fall steht jedenfalls fest, dass beiden Parteien bewusst war, dass die AN Teilzeit zur Betreuung ihres Kindes wünschte und benötigte. Das ist für die Annahme einer Vereinbarung nach § 14 Abs 2 Z 2 AVRAG aus Sicht des OGH als ausreichend anzusehen (vgl 12.7.2006, 9 ObA 38/06p). Die AN hatte daher einen Anspruch auf eine höhere Abfertigung ausgehend von der Arbeitszeit, die sie während der für die Abfertigung maßgeblichen Dienstjahre durchschnittlich geleistet hatte.