196Entbindung von ärztlicher Schweigepflicht verweigert – kein Entlassungsgrund
Entbindung von ärztlicher Schweigepflicht verweigert – kein Entlassungsgrund
Gem § 14 der Dienst- und Besoldungsordnung für die Bediensteten der österreichischen Privatbahnen (DBO) ist der Bedienstete verpflichtet, sich auf Anordnung unverzüglich einer ärztlichen Untersuchung zu unterziehen. Im Zuge einer schriftlichen Aufforderung zu einer solchen wurde der Kl von der Bekl darauf hingewiesen, dass der beauftragte Arzt „selbstverständlich der ärztlichen Schweigepflicht unterliegt“. Der Kl hat den bekanntgegebenen Termin wahrgenommen und auch erklärt, sich einer ärztlichen Untersuchung zu unterziehen. Er hat sich jedoch geweigert, den Arzt von seiner Verschwiegenheitspflicht zu entbinden, weshalb dieser letztlich keine Untersuchung durchführte. Daraufhin wurde die Entlassung wegen besonders schwerer Verletzung der Dienstpflicht und daraus resultierender Vertrauensunwürdigkeit (§ 39 Abs 2 lit b DBO) ausgesprochen.
Der über einen besonderen Kündigungsschutz verfügende Kl begehrte mangels Vorliegens eines Entlassungsgrundes die Feststellung des aufrechten Dienstverhältnisses. Das Berufungsgericht gab dem Kl Recht, der OGH wies die dagegen eingebrachte außerordentliche Revision der Bekl zurück.
Selbst unter der Annahme der Wirksamkeit einer Verpflichtung nach § 14 DBO verwirklicht das Verhalten des Kl jedenfalls keine schwere Dienstpflichtverletzung. Zu einer Untersuchung war er bereit, zu einer Entbindung von der ihm zuvor zugesicherten Verschwiegenheit bestand grundsätzlich keine Veranlassung. Ob aus § 14 DBO eine Verpflichtung abgeleitet werden kann, den vom AG namhaft gemachten Arzt zur Weitergabe von (ausschließlich) Beginn, Dauer und Ursache der Arbeitsunfähigkeit zu ermächtigen, muss schon deshalb nicht geprüft werden, weil die Bekl den Kl dazu nie aufgefordert hat. Vielmehr hat sie ihm gegenüber überhaupt nicht offengelegt, welche Informationen sie benötigt. Außerdem konnte der Kl aufgrund vorhergehender angeordneter Untersuchungen, bei denen nach einer Entbindung detaillierte Diagnosen eingefordert und samt entsprechendem Befund auch bekanntgegeben wurden, nicht damit rechnen, dass sich bei einer Entbindung ohne Einschränkung eine Informationsweitergabe im Rahmen des § 4 Abs 1 Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG) hält, also lediglich Beginn, voraussichtliche Dauer und Ursache der Arbeitsunfähigkeit betrifft.355
Die Rechtsfrage, ob die Verpflichtung des AN, sich von einem vom AG namhaft gemachten Arzt untersuchen zu lassen, zulässig ist oder ob § 14 DBO gegen die zwingenden Normen des § 8 Abs 8 AngG und § 4 Abs 1 EFZG verstößt, stellt sich im konkreten Fall daher nicht.