192Kein Feststellungsinteresse im Zusammenhang mit der Statutenänderung und Aberkennung der Kollektivvertragsfähigkeit einer freiwilligen Berufsvereinigung
Kein Feststellungsinteresse im Zusammenhang mit der Statutenänderung und Aberkennung der Kollektivvertragsfähigkeit einer freiwilligen Berufsvereinigung
Der Antragsgegner, eine freiwillige Berufsvereinigung iSd § 4 Abs 2 ArbVG, beschloss am 23.9.2016 eine Änderung seiner Statuten durch Streichung des Verbandszwecks und beantragte am 14.11.2016 beim Bundeseinigungsamt die Aberkennung seiner Kollektivvertragsfähigkeit. Der Antragsteller brachte daraufhin in seinem gem § 54 Abs 2 ASGG gestellten Antrag vor, dass die Statutenänderung des Antragsgegners und der Antrag auf Aberkennung der Kollektivvertragsfähigkeit ausschließlich der Umgehung der Regelung des § 34 im KollV für das grafische Gewerbe dienten und somit rechtsmissbräuchlich erfolgten. (Dieser Paragraf sieht vor, dass bei Kündigung des KollV durch den AG-Verband bereits mit Kündigungsausspruch für gewisse Regelungsbereiche das zum Stichtag 31.3.2012 gültige Kollektivvertragsrecht wieder in Kraft tritt349und der Nachwirkung des KollV unterliegt.) Infolgedessen sei der „inszenierte Wegfall“ der Kollektivvertragsfähigkeit in eine Kündigung umzudeuten, die unter Berücksichtigung einer sechsmonatigen Kündigungsfrist frühestens am 31.3.2017 normative Wirkung entfalte und die zum Wiederaufleben der zum 31.3.2012 geltenden Bestimmungen für die in § 34 des KollV für das grafische Gewerbe genannten Regelungsbereiche führe.
Der OGH wies den Feststellungsantrag mangels Feststellungsinteresses ab und hielt zunächst fest, dass die zu den Feststellungsbegehren iSd § 228 ZPO entwickelten Grundsätze analog auf Anträge gem § 54 Abs 2 ASGG anzuwenden sind. Insofern sind Feststellungsbegehren, wie ein Tatbestand rechtlich zu qualifizieren ist, als unzulässig anzusehen. Deshalb wurde der Antrag, es werde festgestellt, dass die Statutenänderung und das daraus resultierende Erlöschen des KollV in rechtlicher Sicht als Kündigung zu qualifizieren sei, abgelehnt. Diesen Grundsätzen ist auch zu entnehmen, dass das Recht oder Rechtsverhältnis zur Zeit der Klagseinbringung, jedenfalls aber im Entscheidungszeitpunkt, bestehen muss, selbst wenn es auch augenblicklich etwa deswegen nicht wirksam ist, weil die sich daraus ergebenden Folgen an Bedingungen oder an eine Frist gebunden sind. Gegenstand einer Klage kann demnach nicht erst ein künftig entstehendes Rechtsverhältnis oder ein künftiger Anspruch sein. Folglich ist eine Feststellungsklage abzuweisen, wenn die zur Begründung eines Rechtsverhältnisses erforderliche Tatsache noch nicht eingetreten ist, ebenso vor Eintritt der Voraussetzungen, an die das Gesetz das Entstehen eines Anspruchs knüpft.
Die Aberkennung der Kollektivvertragsfähigkeit freiwilliger Interessenvertretungen iSd § 4 Abs 2 ArbVG erfolgt durch rechtsgestaltenden Bescheid des Bundeseinigungsamts. Folglich kann erst dem rechtskräftigen Bescheid, nicht aber schon dem Antrag auf Aberkennung der Kollektivvertragsfähigkeit eine einer Kündigung vergleichbare Wirkung zukommen. (Anmerkung des Bearbeiters: Ein solcher rechtskräftiger Bescheid lag allerdings zum Zeitpunkt der Einbringung des Feststellungsantrags noch nicht vor.) Auch diesbezüglich wurde daher der Antrag mangels Feststellungsinteresses abgewiesen.