43Mutterschaftskarenz in der Weiterverwendungszeit
Mutterschaftskarenz in der Weiterverwendungszeit
Die gesetzliche Verpflichtung des Lehrberechtigten gem § 18 BAG erstreckt sich auch auf das Recht des Lehrlings, in seinem erlernten Beruf weiterverwendet zu werden. Der Lehrling besitzt daher insoweit ein Recht auf Beschäftigung.
Der Normzweck des § 18 Abs 1 BAG ist offenkundig darauf gerichtet, dem ausgelernten Lehrling eine Vervollkommnung seiner in der Lehrzeit erworbenen Kenntnisse und Erfahrungen sowie das Aufsuchen eines Arbeitsplatzes innerhalb einer angemessenen Zeit zu ermöglichen, falls ihn der Lehrberechtigte nicht weiterhin als AN behält.
Eine Fristenhemmung für die Weiterverwendung von ausgelernten Lehrlingen wurde gesetzlich bei der Leistung des Präsenz-, Ausbildungs- oder Zivildienstes (§ 6 Abs 1 Z 2 APSG) und bei der Bewerbung um die Bestellung zum Mitglied des Jugendvertrauensrates, der Bestellung zum Mitglied des Wahlvorstandes und der Wahl zum Mitglied des Jugendvertrauensrates (§ 130 Abs 2 ArbVG) angeordnet, nicht aber bei Inanspruchnahme einer Karenz iSd §§ 15 ff MSchG oder §§ 2 ff VKG.
Die unterschiedlichen Regelungen sind sachlich gerechtfertigt, da der von § 6 APSG erfasste Hemmungsgrund (Ablegung des Wehr- bzw Zivildienstes) auf einer gesetzlichen Pflicht beruht, während die Mutter- (oder Väter-)Karenz ein einseitiges Gestaltungsrecht des/der AN darstellt.
Die Streitteile hatten mit Lehrvertrag vom 26.9.2012 eine Lehrzeit der Kl von 1.9.2012 bis 31.8.2015 vereinbart und zugleich zur Erfüllung der Weiterverwendungspflicht „für die Dauer der gesetzlichen bzw kollektivvertraglich vorgeschriebenen Behaltezeit ein befristetes Dienstverhältnis abgeschlossen. Dieses befristete Dienstverhältnis beginnt am Tag nach dem Ende der Lehrzeit und endet mit jenem Tag, an dem die Behaltezeit des Berufsausbildungsgesetzes bzw des Kollektivvertrags, unter Berücksichtigung des § 10a Abs 1 Mutterschutzgesetzes bzw des § 6 Abs 1 Z 2 und Abs 3 Arbeitsplatzsicherungsgesetz, endet
“.
Die Kl brachte am 19.7.2014 ein Kind zur Welt. Die Bekl genehmigte mit Schreiben vom 29.10.2014 die von der Kl beantragte Karenz bis 19.5.2016. Die Kl legte während der Karenz am 29.6.2015 die Lehrabschlussprüfung erfolgreich ab.
Die Kl begehrt von der Bekl 7.330,77 € brutto sA an Kündigungsentschädigung samt Sonderzahlungen und Urlaubsersatzleistung für den Zeitraum 20.5.2016 bis 30.9.2016 sowie Schadenersatz (2.000 € netto sA wegen erlittener Beeinträchtigung). Die Weiterverwendungszeit diene der Verfeinerung und der Vervollkommnung der Kenntnisse und Fertigkeiten des Erlernten, somit der praktischen Verwendung im Lehrberuf. Aufgrund der Karenz sei ihr diese Möglichkeit genommen worden. Dies stelle einen Verstoß gegen § 18 BAG und gegen das Gleichbehandlungsgesetz dar.
Rechtliche Beurteilung
Die Vorinstanzen wiesen das Klagebegehren ab. In ihrer dagegen gerichteten außerordentlichen Revision zeigt die Kl keine Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO auf:
1. Dass ihr Lehrverhältnis aufgrund der erfolgreichen Ablegung der Lehrabschlussprüfung am 29.6.2015 gem § 14 Abs 2 lit e BAG mit 5.7.2015 ex lege endete, bestreitet die Kl nicht. An das Ende des Lehrverhältnisses knüpft ihr Recht an, im Rahmen eines vom DG abzuschließenden Arbeitsvertrags für die Dauer der Behaltezeit weiterbeschäftigt zu werden (§ 18 Abs 1 BAG; zur diesbezüglichen Kontrahierungspflicht des Lehrberechtigten siehe nur RIS-Justiz RS0052702 [insb T4, T6]). Diese Vereinbarung haben die Parteien bereits im Zeitpunkt des Abschlusses des Lehrvertrags getroffen, wobei als Beginn des befristeten Dienstverhältnisses der Tag nach dem Ende der Lehrzeit vorgesehen wurde.
2. Es trifft zu, dass der Zweck der Behaltefrist darin liegt, dem ausgelernten Lehrling den Einstieg in das Arbeitsleben zu erleichtern, ihn erste praktische Erfahrungen als AN im erlernten Beruf sammeln zu lassen und ihm eine Vervollkommnung seiner in der Lehrzeit erworbenen Kenntnisse und Erfahrungen sowie erforderlichenfalls das Aufsuchen eines Arbeitsplatzes innerhalb einer Zeit zu ermöglichen (RIS-Justiz RS0051281; RS0052872 [T2]; Aust in Aust/Gittenberger/Knallnig-Prainsack/Strohmayer, Berufsausbildungsgesetz2 [2017] § 18 Rz 5; Preiss/Spitzl in ZellKomm2 § 18 BAG Rz 2). Für den Standpunkt der Kl, dass die Behaltefrist erst zu dem Zeitpunkt zu laufen beginne, zu dem sie ihre Arbeit nach dem Ende der Karenz wiederaufgenommen habe, ist jedoch keine gesetzliche Grundlage ersichtlich.
3. Die Weiterverwendungspflicht des § 18 Abs 1 BAG schließt von Gesetzes wegen auch bei einer Beendigung des Lehrverhältnisses durch erfolgreiche Ablegung der Lehrabschlussprüfung an das Ende des Lehrverhältnisses an (vgl Strohmayer in Aust/Gittenberger/Knallnig-Prainsack/Strohmayer, Berufsausbildungsgesetz2 § 14 BAG Rz 103; Aust in Aust/Gittenberger/Knallnig-Prainsack/Strohmayer, Berufsausbildungsgesetz2 § 18 Rz 7).
4. Eine Fristenhemmung für die Weiterverwendung von ausgelernten Lehrlingen wurde gesetzlich bei der Leistung des Präsenz-, Ausbildungs- oder Zivildienstes (§ 6 Abs 1 Z 2 APSG) und bei der Bewerbung um die Bestellung zum Mitglied des Jugendvertrauensrates, der Bestellung zum Mitglied des Wahlvorstandes und der Wahl zum Mitglied des Jugendvertrauensrates (§ 130 Abs 2 ArbVG) angeordnet, nicht aber bei Inanspruchnahme einer Karenz iSd §§ 15 ff MSchG oder §§ 2 ff VKG.
5. Ein befristetes Dienstverhältnis endet grundsätzlich mit Ablauf der Zeit, für die es eingegangen wurde, ohne dass es einer Kündigung bedarf (§ 1158 Abs 1 ABGB). Für befristete Dienstverhältnisse – zu denen auch ein mit der Dauer der Weiterverwendungspflicht befristetes Dienstverhältnis zählt – sieht § 10a MSchG nur eine Ablaufhemmung430für die Zeit von der Meldung der Schwangerschaft bis zu dem Beginn des Beschäftigungsverbots nach § 3 Abs 1 oder dem Beginn eines auf Dauer ausgesprochenen Beschäftigungsverbots nach § 3 Abs 3 vor; diese Ablaufhemmung entfällt nur dann, wenn die Befristung aus sachlich gerechtfertigten Gründen erfolgt oder gesetzlich vorgesehen ist (Langer in Ercher/Stech/Langer, MSchG und VKG § 10a MSchG Rz 10 ff; Burger-Ehrnhofer in Burger-Ehrnhofer/Schrittwieser/Thomasberger, MSchG und VKG2 § 10a MSchG Erl 3; vgl dazu auch Aust in Aust/Gittenberger/Knallnig-Prainsack/Strohmayer, Berufsausbildungsgesetz2 § 18 Rz 40). Eine der Bestimmung des § 6 Abs 1 Z 2 APSG entsprechende Fortlaufhemmung (Spitzl/B. Gruberin ZellKomm2 § 6 APSG Rz 1 ff) kann dem Mutterschutzgesetz dagegen nicht entnommen werden (Aust in Aust/Gittenberger/Knallnig-Prainsack/Strohmayer, Berufsausbildungsgesetz2 § 18 Rz 41).
6. Zur sachlichen Rechtfertigung der unterschiedlichen Regelungen wiesen schon die Vorinstanzen darauf hin, dass der von § 6 APSG erfasste Hemmungsgrund (Ablegung des Wehr- bzw Zivildienstes) auf einer gesetzlichen Pflicht beruht, während die Mutter- (oder Väter-)Karenz in Anspruch genommen werden muss. Das entsprechende Verlangen nach § 15 MSchG bzw § 2 VKG ist ein einseitiges Gestaltungsrecht (Thomasberger in Burger-Ehrnhofer/Schrittwieser/Thomasberger, MSchG und VKG2 § 15 MSchG Erl 4 und § 2 VKG Erl 2). Danach kann aber auch nicht von einer planwidrigen gesetzlichen Lücke (vgl RIS-Justiz RS0008866; RS0008870) ausgegangen werden.
7. Auch die Regelung des § 13 Abs 3 BAG stützt den Standpunkt der Kl nicht: Nach dieser Bestimmung ist, wenn der Lehrling in einem zusammenhängenden Zeitraum von über vier Monaten aus in seiner Person gelegenen Gründen verhindert ist, den Lehrberuf zu erlernen, die vier Monate übersteigende Zeit nicht auf die für den Lehrberuf festgesetzte Lehrzeit anzurechnen. Liegt ein solcher persönlicher Hinderungsgrund – zu der auch eine Karenz wegen Mutterschaft zählt – vor, ist der Lehrberechtigte verpflichtet, eine „Nachlehre“ (Ergänzungslehrvertrag) für die Fehlzeit zu vereinbaren (Preiss/Spitzl in ZellKomm2 § 13 BAG Rz 14a, 15; Knallnig-Prainsack in Aust/Gittenberger/Knallnig-Prainsack/Strohmayer, Berufsausbildungsgesetz2 § 13 Rz 57 ff). Die Bestimmung bezieht sich schon nach ihrer Überschrift ausdrücklich auf die Dauer des Lehrverhältnisses, damit aber gerade nicht auf ein erst daran anschließendes, auf die Dauer der Weiterbeschäftigungspflicht befristetes Dienstverhältnis. Anderes wird auch in der Literatur nicht vertreten (siehe Spitzl, Nachlehre wegen nicht auf die Lehrzeit anrechenbarer Zeiten, ecolex 2009, 700 ff [703]; Aust in Aust/Gittenberger/Knallnig-Prainsack/Strohmayer, Berufsausbildungsgesetz2 § 18 BAG Rz 17).
8. Die Kl meint, dass ihre Strebsamkeit bestraft würde, weil sie dann, wenn sie die Lehrabschlussprüfung nicht abgelegt hätte, einen Anspruch auf Abschluss eines Ergänzungslehrvertrags gehabt hätte. Der Ergänzungslehrvertrag zielt aber nur darauf ab, die Erreichung des Lernziels (Lehrabschluss) auch dann sicherzustellen, wenn es sich durch einen persönlichen Hinderungsgrund verzögert. Diese Sicherstellung war bei der Kl nicht erforderlich, weil sie den Lehrabschluss erreichte.
9. Ein Vergleich mit der Rechtslage bei der Weiterverwendung in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis ist hier nicht anzustellen, weil dort von vornherein eine Hemmung des Fortlaufs oder Ablaufs der Behaltezeit nicht in Frage kommt.
10. Sowohl das Erstgericht als auch das Berufungsgericht verwiesen zu den gleichbehandlungsrechtlichen Erwägungen der Kl darauf, dass diese in erster Instanz (trotz qualifizierter Vertretung) nicht ausreichend substanziiert worden seien. Ein näheres Eingehen des Berufungsgerichts auf die erst in der Berufung angestellten konkreteren Ausführungen der Kl zu § 3 GlBG unterblieb daher. Die Frage, inwieweit das Vorbringen einer Partei ausreichend substanziiert wurde, kann naturgemäß nur nach dem konkreten Vorbringen im Einzelfall beurteilt werden, dessen Auslegung regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage darstellt (RIS-Justiz RS0042828 ua). Ein Problem der Auslegung des Prozessvorbringens kann daher nur dann eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO begründen, wenn dem Berufungsgericht eine unvertretbare Beurteilung unterlaufen ist. Davon kann hier aber nicht gesprochen werden. In der außerordentlichen Revision wird auch weder eine Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens geltend gemacht noch eine damit zusammenhängende erhebliche Rechtsfrage aufgezeigt.
11. Zusammenfassend besteht für den Standpunkt der Kl keine gesetzliche Grundlage, sodass ihre außerordentliche Revision mangels einer Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen ist.
Im vorliegenden Fall geht es um einen weiblichen Lehrling, der während des Lehrverhältnisses schwanger wird, ein Kind zur Welt bringt und dann eine Karenz in Anspruch nimmt. Sie legt während der Karenz die Lehrabschlussprüfung ab und möchte im Anschluss an die Karenz die Weiterverwendungszeit gem § 18 BAG absolvieren. Die Gerichte verneinen mangels gesetzlicher Grundlage – im Unterschied zu § 6 APSG – eine Hemmung der Frist und lehnen eine Beurteilung anhand des GlBG mangels ausreichendem Vorbringen in erster Instanz ab. Obwohl die fehlende gesetzliche Grundlage betreffend Weiterverwendung eine Tatsache ist, sollen im Folgenden einige Ausführungen zum Thema der Geschlechtsdiskriminierung gemacht werden. Für jene, die sich schon länger mit dem Gleichbehandlungsrecht beschäftigen, wird dieses Urteil zu einem Déjà-vu, da der EuGH bereits 2004 in der C-220/02 (Commission/United Kingdom) entschieden hat, dass die unterschiedliche Anrechnung von Präsenz- und Zivildienst im Unterschied zur kinderbedingten Karenz bei der Abfertigung alt unionsrechtlich gerechtfertigt ist. Ich war damals Rechtsvertreter der Kl und habe diese formale431Beurteilung der Gleichheit statt einer materiellen massiv kritisiert und gehofft, dass sich die Rsp diesbezüglich weiterentwickelt. Ob dies der Fall gewesen wäre, kann hier mangels ausreichenden Vorbringens nicht abschließend gesagt werden. Die Tatsache, dass derzeit wieder ein Frauenvolksbegehren notwendig ist, um auf weiter bestehende unterschiedliche Behandlungen von Männern und Frauen hinzuweisen, zeigt aber, dass Gesetzgeber und auch Judikatur weiterhin gefordert sind, um eine tatsächliche Gleichbehandlung von Männern und Frauen herbeizuführen.
§ 6 Abs 1 Z 2 APSG normiert eine Fortlaufhemmung der Frist für die Weiterverwendung von ausgelernten Lehrlingen gem § 18 BAG. § 130 Abs 2 ArbVG sieht eine Ablaufhemmung für Wahlwerber des Jugendvertrauensrates, Mitglieder des Wahlvorstandes und Mitglieder des Jugendvertrauensrates vor. § 10a Abs 1 MSchG sieht zwar eine Ablaufhemmung infolge Schwangerschaft vor, doch endet diese mit Beginn des Beschäftigungsverbotes.
Das VKG kennt keine solche Bestimmung für Väter in einem befristeten Arbeitsverhältnis. Der EuGH (vgl 8.6.2004, C-220/02, ECLI:EU:C:2004:334) hat bereits 2004 entschieden, dass ein AN mit der Ableistung eines Wehr- oder Zivildienstes eine im Gesetz vorgesehene staatsbürgerliche Pflicht erfülle und damit kein privates Interesse verfolge. Die kinderbedingte Karenz sei freiwillig, um das eigene Kind aufzuziehen und beruhe nach Ansicht des Gerichtshofs auf dem Interesse des AN und seiner Familie. Diese Beurteilung führte zwangsläufig zu dem Ergebnis, dass beide Fälle nicht miteinander vergleichbar sind. In diesem Verfahren wurden natürlich auch Beispiele über die Absolvierung des Zivildienstes in einer Kinderbetreuungseinrichtung vorgebracht, bei welcher dem Mann dann diese Zeit für die Abfertigung gem § 8 APSG anzurechnen ist. Einer Mutter, die dieselbe Tätigkeit für ihr Kind erbringt, wird diese Zeit nicht angerechnet. Der große rechtliche Unterschied ist die Erfüllung der Staatsbürgerpflicht beim Präsenz- oder Zivildienst im Unterschied zur Freiwilligkeit der Geburt eines Kindes, die bloß zur Erhaltung des Staatsvolkes beiträgt.
Es sei auch noch darauf hingewiesen, dass die Ablaufhemmung beim Jugendvertrauensrat auch zwei Jahre dauern kann, da dessen Tätigkeitsdauer gem § 131c ArbVG zwei Jahre beträgt. Nicht länger dauert auch die maximale Karenz gem § 15 Abs 1 MSchG bzw § 2 Abs 1 VKG. Mangels Hinweisen möchte ich dem Gesetzgeber nicht unterstellen, dass ihm die Jugendvertrauensräte wichtiger als Mütter und Väter in vergleichbarer Situation waren. Ich tendiere daher eher zu einer ungewollten Lücke. Die Frage nach der Lücke behandelt der OGH leider nur im Vergleich zum Wehr- und Zivildienst nach dem APSG, obwohl die Vergleichbarkeit mit dem Jugendvertrauensrat viel eher gegeben ist. Die Geburt eines Kindes sollte ebenso freiwillig sein wie die Wahl zum Mitglied eines Jugendvertrauensrates. Die Karenz dauert maximal zwei Jahre, die Tätigkeitsdauer des Jugendvertrauensrates exakt zwei Jahre. Diese Gemeinsamkeiten müssten mE ausreichend für eine Analogie sein. Es ist zwar auch verständlich, dass der AG nicht endlos an die Weiterverwendungszeit gebunden sein soll, dies ist aber bei einem Zeitraum von bis zu zwei Jahren wohl durchaus zumutbar.
Bestärkt wird diese Rechtsansicht auch durch den Zweck der Behaltefrist. Dadurch soll dem ausgelernten Lehrling der Einstieg in das Arbeitsleben erleichtert werden, erste praktische Erfahrungen als AN im erlernten Beruf zu sammeln und ihm eine Vervollkommnung seiner in der Lehrzeit erworbenen Kenntnisse und Erfahrungen sowie erforderlichenfalls das Aufsuchen eines Arbeitsplatzes innerhalb einer Zeit zu ermöglichen (vgl Aust in Aust/Gittenberger/Knallnig-Prainsack/Strohmayer, Berufsausbildungsgesetz2 [2017] § 18 Rz 5; Preiss/Spitzl in Neumayr/Reissner [Hrsg], ZellKomm2 § 18 BAG Rz 2). Warum dieser Zweck nach der Geburt eines Kindes bzw nach der Karenz nicht mehr gegeben sein soll, ist nicht erkennbar. Vielmehr kommt sogar hinzu, dass es für AN mit einem Kleinkind oft viel schwieriger ist, einen neuen Arbeitsplatz zu finden. Wenn diese zwar formal ihren Lehrabschluss haben, aber tatsächlich keinerlei Berufserfahrung aufweisen, wird die Erlangung eines neuen Arbeitsplatzes massiv erschwert. Auch diese Überlegungen bestärken das Vorliegen einer Lücke, die durch eine analoge Anwendung einer Hemmung zu schließen ist.
Obwohl alle Instanzen zu den gleichbehandlungsrechtlichen Erwägungen der Kl darauf verwiesen haben, dass diese in erster Instanz (trotz qualifizierter Vertretung) nicht ausreichend substanziiert worden seien, möchte ich dennoch eine gleichbehandlungsrechtliche Beurteilung vornehmen.
Halten wir uns daher den Sachverhalt vor Augen: Die Kl hatte eine Lehrzeit von 1.9.2012 bis 31.8.2015 vereinbart. Die Geburt des Kindes erfolgte am 19.7.2014. Die Lehrabschlussprüfung war am 29.6.2015. Die AG genehmigte die Karenz der Kl bis 19.5.2016 und teilte ihr mit, dass sie am 20.5.2016 zur Arbeit erwartet werde. Erst als sie Elternteilzeit beantragte, wurde ihr mitgeteilt, dass das Arbeitsverhältnis bereits seit 31.12.2015 beendet gewesen sei. Die AN wurde also während des Lehrverhältnisses schwanger und gebar auch ihr Kind während dieser Zeit. Obwohl § 10a Abs 1 MSchG grundsätzlich auch bei Lehrverhältnissen und auch bei der Weiterverwendungszeit zur Anwendung kommt (vgl OGH9 ObA 10/06wDRdA 2008/34, 368 [Wolfsgruber]), ist dieser hier nicht zu beachten, da § 10a MSchG nur eine Ablaufshemmung bis zum Beginn des Mutterschutzes vorsieht. Dieser Zeitpunkt war aber hier noch im aufrechten Lehrverhältnis. Wenn man nun – wie der OGH – chronologisch weiterdenkt, folgte an das Lehrverhältnis die fünfmonatige Weiterverwendungszeit. Aufgrund der vorzeitigen Lehrabschluss-432prüfung am 29.6.2015 endete das Lehrverhältnis gem § 14 Abs 2 lit e BAG mit Ablauf dieser Woche, also am 5.7.2015. Damit endete die Behaltefrist am 31.12.2015. Da die Weiterverwendung befristet war, stellt sich aber auch hier die Frage, warum das Arbeitsverhältnis nicht fortgesetzt worden ist. Damit die Gerichte eine gleichbehandlungsrechtliche Prüfung vornehmen hätten können, wäre ein Vorbringen über eine Beendigungsdiskriminierung gem § 12 Abs 7 GlBG erforderlich gewesen. Die Kl hätte behaupten müssen, dass ihre befristete Weiterverwendung nur aus geschlechtsbezogenen Gründen, zB der Schwangerschaft oder der befürchteten Geltendmachung der Elternteilzeit etc, nicht verlängert worden ist (vgl Hopf/Mayr/Eichinger, GlBG [2009] § 12 Rz 83 mwN). Es wäre dann an der AG gelegen zu beweisen, dass diese Stelle nicht für eine unbefristete Verlängerung etc vorgesehen gewesen wäre. Da die AG hier offenbar zuerst an den Wiederantritt der Arbeit am 20.5.2016 und somit an eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses gedacht hat und auch über Elternteilzeit gesprochen worden ist, sprechen gute Gründe für eine beabsichtigte Weiterbeschäftigung. Sollte in Hinkunft ein ähnlicher Sachverhalt auftreten, sollte daher primär an Beendigungsdiskriminierung gedacht werden.