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VfGH und OGH zur Zulässigkeit von „Fraktionsstimmzetteln“ bei Betriebsratswahlen

HANNESSCHNELLER (WIEN)
  1. § 56 Abs 2 ArbVG ist iVm § 59 Abs 1 letzter Satz ArbVG dahingehend auszulegen, dass neben dem einheitlichen (amtlichen) Stimmzettel auch die Verwendung anderer Stimmzettel zulässig ist.

  2. Die Verwendung von nicht amtlichen Stimmzetteln verstößt nicht gegen das Gebot der geheimen Wahl.

Der VfGH kann die Behandlung eines Antrages gem Art 139 Abs 1 Z 4 B-VG („Parteiantrag auf Normenkontrolle“; Anm) ablehnen, wenn er keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat (Art 139 Abs 1b B-VG; vgl VfGH 24.2.2015, G 13/2015).

Der Antrag behauptet die Gesetzwidrigkeit der oben genannten Wortfolgen („oder eines anderen Stimmzettels (Abs 3)“ sowie „Verwendet der Wähler einen anderen Stimmzettel ...“ sowie „Enthält ein Wahlkuvert mehrere Stimmzettel ...“, Anm) in § 24 Abs 3, Abs 5b und Abs 7 der Betriebsrats-Wahlordnung (BRWO) 1974, BGBl 319/1974 idF BGBl II 195/2012, mit der Begründung, sie würden gegen Bestimmungen des Arbeitsverfassungsgesetzes (im Folgenden: ArbVG), insb gegen § 56 leg cit, und gegen die Grundsätze der geheimen Wahl verstoßen. Vor dem Hintergrund der Rsp des VfGH lässt das Vorbringen des Antrages die behaupteten Gesetzwidrigkeiten als so wenig wahrscheinlich erkennen, dass er keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat:

Die angefochtenen Wortfolgen in § 24 Abs 3, Abs 5b und Abs 7 BRWO 1974 regeln die Verwendung anderer Stimmzettel neben einem einheitlichen Stimmzettel oder anstelle eines solchen. § 59 Abs 1 letzter Satz ArbVG bestimmt, dass kein Anfechtungsgrund vorliegt, wenn bei einer Betriebsratswahl trotz eines aufgelegten einheitlichen Stimmzettels Wahlberechtigte mittels anderer Stimmzettel wählen. Auch wenn der Wahlvorstand die Wahl grundsätzlich mittels eines aufzulegenden einheitlichen Stimmzettels durchzuführen hat, ist § 56 Abs 2 ArbVG iVm § 59 Abs 1 letzter Satz ArbVG dahingehend auszulegen, dass daneben auch die Verwendung anderer Stimmzettel zulässig ist. Die angefochtenen Verordnungsbestimmungen sind sohin nicht gesetzwidrig.

Auch verstößt die Verwendung von nicht amtlichen Stimmzetteln nicht gegen das Gebot der geheimen Wahl (zu Wahlen gem Art 141 B-VG vgl VfSlg 6864/1972, 7731/1975, 12.489/1990, 13.090/1992, 14.847/1997; im Übrigen vgl VfSlg 19.592/2011).

Demgemäß wurde beschlossen, von einer Behandlung des Antrages abzusehen (§ 19 Abs 3 Z 1 iVm § 31 letzter Satz VfGG).