156Entlassung wegen Unterlassung der Dienstleistung nach undeutlich formulierter Dienstfreistellung unberechtigt
Entlassung wegen Unterlassung der Dienstleistung nach undeutlich formulierter Dienstfreistellung unberechtigt
Ein AG schlug einer AN zunächst eine einvernehmliche Lösung des Arbeitsverhältnisses zum Monatsende vor. Als die AN diese ablehnte, wurde sie zum darauffolgenden Monatsletzten gekündigt und jedenfalls für die folgenden zwei Arbeitstage dienstfreigestellt. Die AN teilte schriftlich ihre Arbeitsbereitschaft mit, der AG reagierte jedoch nicht darauf. Da die AN die Arbeitsleistung nicht mehr aufnahm, wurde sie entlassen.
Der OGH wies die außerordentliche Revision des AG gegen die E des Berufungsgerichtes zurück, welches die Entlassung als unberechtigt angesehen hatte. Das Berufungsgericht hatte den oben angeführten Sachverhalt dahingehend beurteilt, dass die AN aufgrund des Gesamtverhaltens des AG zumindest berechtigt Zweifel daran haben konnte, dass dieser an einer weiteren Arbeitsleistung interessiert war. Die Folgerung des Berufungsgerichtes, dass die AN daher davon ausgehen durfte, dass der AG – nachdem er auf den arbeitnehmerseitigen Versuch, eine Klarstellung herbeizuführen, nicht reagierte – auf die Dienstleistung verzichtet, ist nicht korrekturbedürftig. Auch wenn die Annahme der AN unrichtig war, ist die Beurteilung der Vorinstanzen, dass ihr das nicht als schuldhaft vorzuwerfen ist, für den OGH jedenfalls nicht unvertretbar.
Der Entlassungsgrund nach dem ersten Fall des § 27 Z 4 AngG setzt nicht nur eine erhebliche und pflichtwidrige, sondern auch eine schuldhafte, also entweder vorsätzliche oder doch zumindest fahrlässige Arbeitsversäumnis voraus. Ein unverschuldeter Irrtum des Angestellten über die Verpflichtung zur Arbeit schließt die Berechtigung zur Entlassung dagegen aus. Kein pflichtwidriges Unterlassen der Dienstleistung liegt daher auch dann vor, wenn der Angestellte in berechtigter bzw von ihm nicht verschuldeter Weise annehmen durfte, dass der AG zum relevanten Zeitpunkt seine Arbeitsleistung nicht verlangt. Konnte der AN das Verhalten des AG nur iS eines Verzichts auf weitere Arbeitsleistung deuten, dann darf vom AN auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Übung des redlichen Verkehrs oder der besonderen Treuepflicht eine besondere Initiative zur Klärung der Rechtslage verlangt werden; er kann in diesem Fall vielmehr damit rechnen, dass ihn der AG zur Wiederaufnahme der Arbeit auffordern werde.290