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Unvollständige Anrechnung des Zivildienstes als Vordienstzeit eines Lehrers ist nicht diskriminierend

MANFREDTINHOF

Ein vertragsbediensteter Lehrer absolvierte vor seinem Arbeitsverhältnis zwölf Monate Zivildienst, von denen entsprechend der Bestimmung des § 26 Abs 2 Z 4 VBG 1948 lediglich neun Monate als Vordienstzeit auf das Besoldungsdienstalter angerechnet wurden. Das Klagebegehren des AN ist auf die Zahlung von Entgeltdifferenzen gerichtet, die sich bei vollständiger Anrechnung des Zivildienstes ergeben würden sowie auf Feststellung, ihm auch weiterhin Bezüge unter voller Anrechnung des Zivildienstes zu bezahlen. Der AN erachtet die Beschränkung der Anrechnung des abgeleisteten Zivildienstes als Vordienstzeit mit höchstens neun Monaten als Diskriminierung aufgrund des Geschlechts sowie aufgrund des Alters iSd Unionsrechts; ersteres, weil es faktisch kaum Frauen gebe, die freiwillig Grundwehrdienst oder Zivildienst leisteten und sich als Folge dessen bei Frauen die Frage der Nichtanrechnung von Vordienstzeiten gar nicht stelle, letzteres, weil der Zivildienst typischerweise in einem jüngeren Alter abgeleistet werde und mittlerweile der Zivildienst nicht mehr wie zur Zeit der Absolvierung durch den AN zwölf Monate, sondern nur mehr neun Monate dauere, weshalb Jüngere von der Beschränkung der Anrechnung auf neun Monate nicht mehr betroffen seien.

Das Klagebegehren blieb in beiden Vorinstanzen erfolglos. Der OGH wies die außerordentliche Revision des AN zurück.

Nach dem EuGH (11.3.2003, C-86/01, Dory) ist selbst die Verzögerung in der beruflichen Laufbahn der Einberufenen im gesamten Ausmaß des abgeleisteten Wehr- oder Zivildienstes als „unvermeidbare Konsequenz“ der Entscheidung eines Mitgliedstaats, einen solchen Dienst einzuführen, unionsrechtlich im Lichte des Gebots der Gleichbehandlung von Frauen und Männern nicht zu beanstanden. Daher ist umso weniger eine Bestimmung zu beanstanden, die die Verzögerung durch Anrechnung als Vordienstzeit zum Teil, wenngleich nicht im vollen Ausmaß, wieder ausgleicht.

Soweit der AN das unionsrechtliche Verbot der Altersdiskriminierung ins Treffen führt, ist er darauf zu verweisen, dass es sich bei der Festlegung der Dauer von Wehrdienst (Präsenzdienst) sowie Wehrersatzdienst (Zivildienst) durch den nationalen Gesetzgeber ebenso um eine „Entscheidung hinsichtlich der militärischen Organisation“ handelt“ (Rs Dory). Auch hier wäre es ein Eingriff in die Zuständigkeiten der Mitgliedstaaten, wenn nachteilige Auswirkungen auf den Zugang zur Beschäftigung zur Folge hätten, dass der betroffene Mitgliedstaat allenfalls sogar gezwungen wäre, die Wehrpflicht abzuschaffen. Der VwGH hat zu vergleichbaren Fällen von später in ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis zum Bund übernommenen Präsenz- und Zivildienern auf Grundlage des § 26 Abs 2 Z 4 VBG 1948 im Wesentlichen entsprechenden Bestimmung des § 12 Abs 2 Z 4 GehG festgehalten: Die den AN im Zusammenhang mit seiner Verpflichtung zur Leistung von Zivildienst im Gesamtausmaß von zwölf Monaten gegenüber Frauen oder Männern jüngerer Geburtsjahrgänge treffenden Nachteile sind ausschließlich Folgen der unionsrechtlich zulässigen Entscheidung des österreichischen Wehrgesetzgebers, einen verpflichtenden Präsenzdienst bzw Zivildienst als Wehrersatzdienst lediglich für Männer vorzusehen bzw dessen Dauer verkürzt zu haben. Aus der RL 2000/78/EG des Rates vom 27.11.2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf kann keine Verpflichtung abgeleitet werden, diese Nachteile einer unionsrechtlich zulässigen wehrpolitischen Entscheidung im Bereich des Beamtendienstrechts oder Vertragsbedienstetenrechts durch Einräumung besoldungsrechtlicher Vorteile abzumildern oder zu kompensieren.304