175Zuordnung von einem Wahlarzt erbrachter Leistungen zu vergleichbaren Tarifen im Gesamtvertrag
Zuordnung von einem Wahlarzt erbrachter Leistungen zu vergleichbaren Tarifen im Gesamtvertrag
Bei der Kl wurden in zwei Sitzungen durch einen Dermatologen, der als Wahlarzt tätig ist, lymphologische Liposkulpturen (Fettabsaugungen) an den Hüften, Oberschenkeln und Knieregionen, Unterschenkeln und Oberarmen durchgeführt, samt Anbringens postoperativer Kompressionsverbände. Unstrittig handelte es sich dabei um eine Krankenbehandlung, es entstanden Kosten von € 9.000,–, die die Kl bezahlte. Die Kl begehrte von der Bekl Kostenersatz im vollen Umfang.
Mit Bescheid vom 6.9.2016 sprach die bekl Salzburger Gebietskrankenkasse Kostenersatz in Höhe von € 277,20 zu und wies das Mehrbegehren ab.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren im Umfang von weiteren € 1.276,– statt. Zusammenfassend wurde festgestellt, dass die Kl die Leistung auch als Sachleistung in einer öffentlichen Krankenanstalt in Anspruch hätte nehmen können. Im Honorartarif des Gesamtvertrags der Bekl sei ein solcher Eingriff nicht als Einzelleistungsposition enthalten. Jedoch gäbe es für von Vertragspartnern in Ordinationen durchgeführte Operationen, die nicht in der Honorarordnung gesondert geregelt seien, nach chefärztlicher Bewilligung fünf Verrechnungspositionen. Im gegenständlichen Fall sei die finanziell am höchstem tarifierte Position vom chefärztlichen Dienst befürwortet worden. In dieser Position gälten die Körperteile, an denen bei der Kl ein Eingriff erfolgte, als ein Operationsfeld (Oberarme bis Unterschenkel). Das Erstgericht definierte sechs Operationsfelder, weshalb sechs Mal 80 % Kostenersatz gebühre (zuzüglich Ersatz für Erstkontakt).
Das Berufungsgericht gab der Berufung der Bekl teilweise Folge und sprach der Kl lediglich weitere € 397,60 zu. Das OLG Linz ging zwar weiterhin von sechs Operationsfeldern aus, diese seien – so wird ausführlich dargelegt – jedoch in ein niedrigeres und damit weniger hoch tarifiertes Operationsfeld einzuordnen; die ordentliche Revision wurde zugelassen.
Der OGH sprach aus, dass auch dann, wenn der Versicherungsträger Sachleistungen in Vertragseinrichtungen erbringt, den Versicherten (80 %-ige) Kostenerstattung gebührt, wenn sie die Leistungen in anderen Einrichtungen in Anspruch nehmen. Wie solche Leistungen einem Tarif im Gesamtvertrag zugeordnet werden können, ist eine vom Einzelfall abhängige Tatfrage. Maßgeb-309lich ist die Art der Leistung, ihre Methode und ihr Zweck, aber auch Sach- und Personalaufwand. Gerichte sind jedenfalls nicht an die Stellungnahmen des chefärztlichen Dienstes gebunden. Auslegungen der Gesamtverträge haben nach den §§ 6, 7 ABGB zu erfolgen, wobei dem Systemverständnis und der Verteilungsentscheidung des historischen Gesetzgebers besondere Bedeutung zukommt. Vor diesem Hintergrund ist auch die Anzahl der Eingriffe (einmal, zweimal, sechsmal) und letztendlich die Erstattung zu bewerten. Im Gegensatz zu bestimmten Fachgebieten, wie etwa Augenheilkunde, ist bei dermatologischen Leistungen eben auf Operationsfelder abgestellt, wobei bei gleichartigen Eingriffen von einer Verringerung des Aufwands ausgegangen werden kann. Was jedoch vergleichbar ist, bedarf der Tatsachenfeststellung.
Vor einer Einordnung der an der Kl erbrachten Leistungen ist insofern eine ausreichende Sachverhaltsgrundlage zu schaffen, als – nach Erörterung mit den Parteien und Durchführung eines Beweisverfahrens Feststellungen zur Art der Leistung an sich, also zur Methode der Eingriffe und deren Zweck und Schwierigkeitsgrad – im Vergleich zu anderen tarifierten Operationen sowie zum dabei erforderlichen Sach- und Personalaufwand zu treffen sind. Erst dann kann eine Beurteilung vorgenommen werden.
Da die notwendigen Tatsachenfeststellungen fehlten, hob der OGH das erstgerichtliche Urteil auf und trug diesem die neuerliche E nach Verfahrensergänzung auf.