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Keine Fürsorgepflichtverletzung bei fehlender Aufklärung des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber über Fristen zur abfertigungswahrenden Selbstkündigung bei Inanspruchnahme der Mutterkarenz

RICHARDHALWAX

Die Kl machte von der ihr von der Bekl eingeräumten Möglichkeit einer zweieinhalbjährigen Mutterkarenz Gebrauch. In deren Verlauf wandte sie sich mit ihrer Kündigungsabsicht allein an den BR. Die Kl erklärte sodann die Kündigung des Dienstverhältnisses.

Die Vorinstanzen waren der Ansicht, die Bekl habe nach Lage des Falls ihre Fürsorgepflicht als AG nicht dadurch verletzt, dass sie die Kl bei Inanspruchnahme der Mutterkarenz nicht darüber informierte, bis wann sie während der von ihr in Anspruch genommenen Mutterkarenz zu kündigen habe, um die Abfertigungsansprüche nach § 84 des (als Vertragsschablone vereinbarten) VBG nicht zu verlieren. (Anmerkung des Bearbeiters: Eine Abfertigung trotz Selbstkündigung des AN steht nach § 84 Abs 3 VBG ua dann zu, wenn die Kündigung spätestens zwei Monate vor Ablauf einer Karenz nach dem MSchG oder dem VKG erfolgt.)

Der OGH sah diese Rechtsansicht als jedenfalls vertretbar an und wies die außerordentliche Revision der Kl mangels erheblicher Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO zurück.

Aus § 1157 ABGB bzw § 18 AngG kann eine allgemeine Verpflichtung des AG zur Aufklärung des AN über AN-Rechte nicht abgeleitet werden, sodass keine generelle Verpflichtung des AG zu einer solchen Aufklärung besteht. Den AG trifft auch im Stadium der Vertragsbeendigung ganz allgemein keine Pflicht, den AN über dessen Rechte und deren Geltendmachung aufzuklären. So ergibt sich aus der Fürsorgepflicht des AG keine Verpflichtung, den AN vor der Verjährung von Abfertigungsansprüchen zu warnen und es ist der AG aufgrund seiner Fürsorgepflicht nicht verpflichtet, den AN gegenüber seinen eigenen Kündigungserklärungen zu schützen und ihn auf allfällige nachteilige Folgen einer Kündigung aufmerksam zu machen. Informationspflichten können jedoch dadurch ausgelöst werden, dass der AN an den AG eine entsprechende Frage richtet. Ob eine Aufklärungspflicht bestand (und bejahendenfalls, ob sie der AG erfüllt hat), hängt im Übrigen immer von den Umständen des Einzelfalls ab und begründet im Regelfall keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO.