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Fristbeginn zur Geltendmachung einer Wiederaufnahmsklage

CHRISTAMARISCHKA

Im vorliegenden Fall gegen die bekl Unfallversicherungsanstalt begehrte der Kl die Wiederaufnahme des Verfahrens, weil bei ihm psychiatrische Störungen vorliegen würden, die als Folge eines Arbeitsunfalls vom 22.4.2008 aufgetreten seien. Aus dem im Verfahren des Erstgerichts erstellten Sachverständigengutachten ergebe sich ohne Zweifel, dass eine unfallkausale psychiatrische Störung verbunden mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit jedenfalls in so großem Ausmaße vorgelegen ist, dass auch das angefochtene Urteil bereits eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von 50 % hätte feststellen müssen. Der OGH wies den gegen den Beschluss auf Zurückweisung der Wiederaufnahmsklage eingebrachten außerordentlichen Revisionsrekurs zurück.

Ein Verfahren, das durch eine die Sache erledigenden E abgeschlossen worden ist, kann nach § 530 Abs 1 Z 7 ZPO auf Antrag einer Partei wiederaufgenommen werden, wenn die Partei in Kenntnis von neuen Tatsachen gelangt oder Beweismittel auffindet oder zu benützen in Stand gesetzt wird, deren Vorbringen und Benützung im früheren Verfahren eine ihr günstigere Entscheidung herbeigeführt hätte. Die vierwöchige Frist dazu (§ 534 Abs 1 und 2 Z 4 ZPO) ist von dem Tag an zu berechnen, an dem die Partei imstande war, die Tatsachen und Beweismittel bei Gericht vorzubringen. Die Frage, ab wann eine Partei imstande ist, die ihr bekannt gewordenen Tatsachen oder Beweismittel bei Gericht vorzubringen, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab und begründet damit regelmäßig keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung. Der Kl muss Kenntnis von neuen Tatsachen und Beweismitteln mit einem Wahrscheinlichkeitsgrad erlangt haben, der objektiv gesehen geeignet ist, die Wiederaufnahme zu rechtfertigen.

Im gegenständlichen sozialversicherungsrechtlichen Verfahren ist der Zugang des gerichtlichen Sachverständigengutachtens an den Rechtsvertreter des Kl als fristauslösender Moment zu betrachten und nicht erst der Zeitpunkt der Zustellung des Urteils. Der Kl bzw sein Rechtsvertreter wären bereits zum Zeitpunkt der Zustellung des Gutachtens in der Lage gewesen, einen form- und inhaltsgerechten Beweisantrag im laufenden Verfahren zu stellen. Eine Unvertretbarkeit der Rechtsansicht des Rekursgerichts, dass der Kl vor diesem Hintergrund im konkreten Fall mit der Einbringung einer Wiederaufnahmsklage nicht bis zur Zustellung eines Urteils zuwarten durfte, wenn er die Klagefrist nicht versäumen wollte, zeigt der Revisionsrekurswerber nicht auf.324