Zum Zusammentreffen des besonderen Kündigungsschutzes des BEinstG mit anderen Kündigungsschutzbestimmungen

MARIONCHWOJKA

In der Beratungs- und Vertretungspraxis treten immer wieder Sachverhalte auf, in denen neben dem besonderen Bestandschutz nach dem Behinderteneinstellungsgesetz (BEinstG) allenfalls auch andere Kündigungsschutzbestimmungen zu beachten sind. Im folgenden Beitrag wird versucht, einige der möglichen Konstellationen aufzugreifen und auf das sich ergebende Spannungsfeld einzugehen – dies mit Hinweisen auf den Meinungsstand in der Lehre bzw auf oberstgerichtliche Judikatur, soweit diese bereits ergangen ist.

1.
Überblick

8 Abs 2 BEinstG regelt, dass die Kündigung eines begünstigten Behinderten (§ 2 BEinstG) erst dann von einem DG ausgesprochen werden darf, wenn der Behindertenausschuss (§ 12) nach Anhörung des BR, der Behindertenvertrauensperson (Stellvertreter) oder der Personalvertretung iSd Bundes-Personalvertretungsgesetzes bzw der entsprechenden landesgesetzlichen Vorschriften zugestimmt hat. § 8 Abs 3 beinhaltet, dass der Behindertenausschuss bei seiner Entscheidung über die Zustimmung zur Kündigung eines begünstigten Behinderten die besondere Schutzbedürftigkeit des DN zu berücksichtigen hat und unter Beachtung des § 6 zu prüfen hat, ob dem DN der Verlust des Arbeitsplatzes zugemutet werden kann. In § 8 Abs 4 BEinstG werden demonstrativ die Gründe der Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Dienstverhältnisses für den DG aufgezählt. Dies ist insb dann der Fall, wenn der Tätigkeitsbereich des begünstigten Behinderten entfällt und der DG nachweist, dass der begünstigte Behinderte trotz seiner Zustimmung an einem anderen geeigneten Arbeitsplatz ohne erheblichen Schaden nicht weiterbeschäftigt werden kann, ebenso, wenn der begünstigte Behinderte unfähig wird, die im Dienstvertrag vereinbarte Arbeit zu leisten, sofern in absehbarer Zeit eine Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit nicht zu erwarten ist und der DG nachweist, dass der begünstigte Behinderte trotz seiner Zustimmung an einem anderen geeigneten Arbeitsplatzplatz ohne erheblichen Schaden nicht weiterbeschäftigt werden kann. Ein weiterer Grund liegt vor, wenn der begünstigte Behinderte die ihm auf Grund des Dienstverhältnisses obliegenden Pflichten beharrlich verletzt und der Weiterbeschäftigung Gründe der Arbeitsdisziplin entgegenstehen. Darüber hinaus regelt § 8 Abs 5 BEinstG, dass gesetzliche Bestimmungen, die die Beendigung des Dienstverhältnisses an zusätzliche Voraussetzungen knüpfen, unberührt bleiben. Weiters ist in dieser Bestimmung geregelt, dass für den Fall, dass auf die Kündigung des begünstigten Behinderten die Abs 2 bis 4 (siehe oben) Anwendung finden, die Bestimmungen des § 105 Abs 2 bis 6 des ArbVG bzw die in Ausführung des § 210 Abs 3 bis 6 des Landarbeitsgesetzes 1984 (LAG) erlassenen landesrechtlichen Vorschriften nicht gelten. § 8 Abs 6 enthält Ausnahmebestimmungen für Belegschaftsvertreter und verweist auf deren besonderen Kündigungsschutz.

Darüber hinaus bestehen weitere gesetzliche Bestandschutzbestimmungen, die zusätzlich zum besonderen Kündigungsschutz des BEinstG beachtlich sein können und auf die im folgenden Beitrag eingegangen wird, diese ergeben sich zunächst aus dem MSchG, dem VKG und dem APSG. Da der Kündigungsschutz nach dem § 8 BEinstG unabhängig davon besteht, ob es sich um einen privaten oder öffentlichen AG handelt, ist auch auf die Bestimmungen des VBG sowie des BDG (bei provisorischen Dienstverhältnissen von Beamten) Bedacht zu nehmen. Zu berücksichtigen sind auch allenfalls parallel bestehende kollektivvertragliche Bestandschutzbestimmungen. Beachtlich sind auch die zusätzlich zum Kündigungsschutz des § 8 BEinstG bestehenden Antidiskriminierungsbestimmungen, auf welche am Ende des Beitrags aufgrund ihrer wachsenden Bedeutung in der Beratungs- und Vertretungspraxis auch im Hinblick auf nicht begünstigte Behinderte iSd § 3 BEinstG eingegangen wird.

2.
Zusammentreffen mit den besonderen Kündigungsschutzbestimmungen für Belegschaftsvertreter

Laut § 8 Abs 6 BEinstG finden die Abs 2 bis 4 des § 8 auf das Dienstverhältnis keine Anwendung, wenn dem Behinderten als Mitglied des BR (Jugendvertrauensrates) bzw als Personalvertreter ein besonderer Kündigungsschutz auf Grund der §§ 120 bis 121 des Arbeitsverfassungsgesetzes325(ArbVG) bzw der in Ausführung der §§ 223 und 224 des LAG 1984 erlassenen landesrechtlichen Vorschriften oder des § 27 Abs 2 des Bundes-Personalvertretungsgesetzes und ähnlicher landesrechtlicher Vorschriften zusteht.

Klarstellungen zu dieser Thematik erfolgten in einer E des VwGH* für den Fall der Kündigung eines behinderten Mitglieds einer Personalvertretung wegen Betriebsstilllegung. In diesem Fall fällt der Kündigungsschutz des Behinderten nur dann weg, als der Kündigungsschutz des Betriebsratsmitglieds auf Grund des ArbVG anzuwenden ist.

Die Kündigung bedarf dann der Zustimmung des Behindertenausschusses, wobei dieser zu prüfen hat, ob der Behinderte nicht in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann und auch eine Interessensabwägung vorzunehmen hat. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass bei einer Betriebsstilllegung der Kündigungsschutz des begünstigten Behinderten entweder weggefallen ist oder jedenfalls die Zustimmung zur Kündigung zu erteilen wäre. Der Kündigungsschutz des Abs 2 wird nur für die Dauer der Funktion als Betriebsratsmitglied verdrängt, weder die Mitgliedschaft zum BR noch deren Erlöschen ändert jedoch etwas an der Zugehörigkeit des DN zum Kreis der begünstigten Behinderten. Da die Pflichten aus dem Dienstvertrag und aus dem BEinstG den DG und nicht den Betrieb treffen, kann die Stilllegung des Betriebes nicht zum Wegfall des Kündigungsschutzes nach BEinstG oder dazu führen, dass die Zustimmung zur Kündigung jedenfalls erteilt werden muss.

3.
Verhältnis zum allgemeinen Kündigungsschutz des ArbVG

§ 8 Abs 5 BEinstG regelt bei Anwendbarkeit der Abs 2 bis 4 auf die Kündigung eines begünstigten Behinderten, dass die Bestimmungen des § 105 Abs 2 bis 6 des ArbVG bzw die in Ausführung der Bestimmungen des § 210 Abs 3 bis 6 des LAG 1984 erlassenen landesrechtlichen Vorschriften keine Anwendung finden. Nach Zustimmung zur Kündigung durch den Behindertenausschuss bleibt somit eine Kündigungsanfechtung nach den oben angeführten gesetzlichen Bestimmungen verwehrt. Zu beachten ist dazu, dass gem § 8 Abs 6 lit b der besondere Kündigungsschutz erst zum Tragen kommt, wenn das Dienstverhältnis zum Zeitpunkt des Ausspruches der Kündigung länger als sechs Monate bzw vier Jahre bestanden hat. Dies hat zur Folge, dass für diese Zeiträume der allgemeine Kündigungsschutz des § 105 ArbVG gilt und damit abweichende Regelungen im BEinstG – so die Zustimmung des Behindertenausschusses – keine Anwendung finden.

§ 8 Abs 6 lit b BEinstG hat jedoch keinen Einfluss auf § 8 Abs 1, wonach die Mindestkündigungsfrist vier Wochen auch für Dienstverhältnisse beträgt, die im Zeitpunkt der Kündigung noch nicht länger als sechs Monate bestanden haben.

4.
Verhältnis zum besonderen Kündigungsschutz des MSchG bzw VKG

Zu dieser Konstellation ist – soweit ersichtlich – noch keine oberstgerichtliche Judikatur ergangen. In der Literatur sind durchaus unterschiedliche Meinungen zu der Frage vertreten, ob es zu einem „doppelten“ Kündigungsschutz oder ob es zur Verdrängung eines Verfahrens kommt. Schrank* vertritt dazu bspw die Ansicht, dass das Verfahren nach jenem Gesetz abzuwickeln ist, dessen materieller Schutz die Oberhand behalten hat. Dieser Auffassung wird in der Literatur jedoch bspw von K. Mayr* und Thomasberger* mit Hinweis auf den Wortlaut des § 8 Abs 5 BEinstG, wonach gesetzliche Bestimmungen, die die Beendigung des Dienstverhältnisses an zusätzliche Bedingungen knüpfen, unberührt bleiben, widersprochen. Um dem besonderen Schutzbedürfnis der betroffenen AN-Gruppe gerecht zu werden, ist es auch nach Ansicht der Autorin zwingend erforderlich, beide Verfahren durchzuführen.

5.
Verhältnis zum besonderen Kündigungsschutz des APSG

Auch zu dieser Konstellation ist soweit ersichtlich noch keine oberstgerichtliche Judikatur ergangen. K. Mayr* vertritt dazu die Ansicht, dass auch hier wegen § 8 Abs 2 BEinstG und § 12 Abs 7 APSG beide Verfahren einzuhalten sind. Die Autorin schließt sich dieser Meinung an, zumal dies auch mit dem Wortlaut des § 12 Abs 7 konform geht, der das Verhältnis der Schutzbestimmungen des APSG zu den Bestandschutzbestimmungen der §§ 105 bis 107 ArbVG bzw §§ 10 und 12 MSchG klar regelt, jedoch keinerlei Bezug zum BEinstG nimmt. Darüber hinaus ist auch hier auf den Wortlaut des § 8 Abs 5 BEinstG abzustellen, wonach gesetzliche Bestimmungen, die die Beendigung des Dienstverhältnisses an zusätzliche Bedingungen knüpfen, unberührt bleiben. Dem Gesetzgeber kann in diesem Zusammenhang auch nicht unterstellt werden, dass eine zu schließende Lücke vorliegen würde, da § 8 Abs 2 Satz 2 des BEinstG konkret die allgemeinen Kündigungs-326schutzbestimmungen des § 105 Abs 2 bis 6 ArbVG sowie landesrechtliche Vorschriften des § 210 Abs 3 bis 6 LAG 1984 ausnimmt, jedoch keinerlei Bezug auf das APSG nimmt (siehe untenstehend auch die Argumentation des OGH zur unter Pkt 7. dargestellten E).

6.
Zusammentreffen der Bestimmungen des § 8 BEinstG mit Kollektivvertrags-Kündigungsbeschränkungen

Nachdem die Bestimmung des § 8 Abs 5 BEinstG ausdrücklich beinhaltet, dass „gesetzliche Bestimmungen“ unberührt bleiben, ist auch die Frage nach der Geltung allfällig bestehender kollektivvertraglicher Kündigungsbeschränkungen neben dem besonderen Kündigungsschutz begünstigt Behinderter zu stellen. Zu dieser Problemstellung liegt eine E des OGH* vor, die im Folgenden kurz dargestellt wird, wobei jedoch die verfahrensrechtlichen Problemstellungen, die in dieser E ebenfalls großen Raum einnahmen, außer Acht gelassen werden. Der begünstigt behinderte Kl unterlag den Kündigungsschutzbestimmungen des § 48 Dienstordnung (DO) der Post AG, die gem § 19 Abs 4 PTSG als KollV weitergilt. Dieser beinhaltet die Regelung, dass ein Grund, der den DG zur Kündigung berechtigt, insb dann vorliegt, wenn sich der Bedienstete für eine entsprechende Verwendung als geistig und körperlich ungeeignet erweist. Der Behindertenausschuss bzw die damals noch in zweiter Instanz zuständige Berufungskommission erteilte ihre Zustimmung auf Basis der Unfähigkeit des DN für die im Dienstvertrag vereinbarte Arbeit, weswegen eine Weiterverwendung dem DG gem § 8 Abs 4 lit b BEinstG nicht zumutbar sei. Vom DG wurde daraufhin die Kündigung mit der Begründung ausgesprochen, dass der DN für eine Verwendung im Postdienst nicht mehr geeignet sei.

Dagegen wurde vom Kl eine Feststellungsklage eingebracht, dass das Dienstverhältnis über das Ende der Kündigungsfrist hinaus aufrecht sei, dies mit der Begründung, dass er gemäß der DO einen Kündigungsschutz habe und entgegen des Vorbringens des DG eine geistige und körperliche Nichteignung nicht vorliege. Insb könne er an einem anderen Arbeitsplatz im Hilfsdienst eingesetzt werden. Die Bekl brachte demgegenüber vor, dass die E der Berufungskommission die Ermächtigung für die Bekl beinhalte, die Kündigung auszusprechen und auch tatsächlich der Kündigungsgrund der Arbeitsunfähigkeit vorliege. Darauf komme es aber nicht an: Die Berufungskommission habe gestützt auf § 8 Abs 4 BEinstG ihre Zustimmung erteilt, womit die Kündigung zulässig sei und eine weitere Überprüfung der Gründe des § 48 der DO nicht erforderlich sei.

Vom OGH wurde in seiner E zu obigem Sachverhalt ausgeführt, dass mit der Zustimmung des Behindertenausschusses das in § 8 Abs 2 normierte Kündigungsverbot aufgehoben wird und der AG konstitutiv die privatrechtliche Befugnis zur Kündigung zurückerhält. Durch diese Befugnis wird eine neue Rechtslage begründet. Weiters wurde ausgeführt, dass, wenn sich der Kündigungsschutz des DN auf die Bestimmung eines KollV gründet, das Gericht im Rahmen einer nachfolgenden Feststellungsklage auf Bestehen des aufrechten Dienstverhältnisses die Kündigungsgründe selbständig zu prüfen hat, selbst wenn im Verfahren nach § 8 BEinstG ein gleichartiger Kündigungsgrund bereits von der Verwaltungsbehörde bejaht und der Zustimmung zur Kündigung zugrunde gelegt wurde. Zur allgemeinen, in der Lehre kontroversiell behandelten Frage, ob die Bestimmung des § 8 Abs 5 zur Folge hat, dass beim Zusammentreffen von besonderen Bestandschutzbestimmungen jedenfalls beide in Frage kommenden Verfahren abzuführen sind, hat der OGH jedoch nicht abschließend Stellung genommen. Ausgeführt wurde, dass § 8 Abs 5 eben ausdrücklich nur auf gesetzliche Bestimmungen Bezug nehme. Dem Gesetzgeber könne nicht unterstellt werden, mit dieser Regelung auch Bestandschutzregelungen in Kollektivverträgen erfassen zu wollen oder auf solche vergessen zu haben, weshalb keine Gesetzeslücke bestünde. In diesem Fall sei jedenfalls von der Parallelität der Verfahren auszugehen, das Gericht habe das Vorliegen der Kündigungsgründe eines KollV zu prüfen.

7.
Zusammentreffen mit dem besonderen Kündigungsschutz nach dem VBG

Zu dieser Konstellation ist erst in jüngerer Vergangenheit eine E des OGH* auf Basis folgenden Sachverhalts ergangen: Einem Vertragslehrer eines österreichischen Bundeslandes wurden vom DG schwerwiegende Vorwürfe im Zusammenhang mit seinen Dienstpflichten gemacht. So wurden ihm laufende Auseinandersetzungen mit Schule und Eltern, schädlicher Alkoholabusus, einhergehend mit eingeschränkter Konfliktfähigkeit, Beeinträchtigung der Dauerbelastung und Aufmerksamkeit, vorgeworfen, ebenso wie Beschimpfungen und Belästigungen der Schüler. Vom DG wurde weiters vorgebracht, dass unzählige klärende und motivierende Gespräche mit ihm geführt worden seien, die jedoch allesamt erfolglos blieben. Nachdem der Vertragslehrer zum Kreis der begünstigten Behinderten zählte, wurde vom DG zunächst daher ein Antrag auf Zustimmung zur Kündigung eingebracht, welchem letztlich in zweiter Instanz vom Bundesver-327waltungsgericht auch stattgegeben wurde. Nach Ansicht des BVwG war der Tatbestand des § 8 Abs 4 lit c BEinstG erfüllt: Das Vorliegen einer beharrlichen Pflichtverletzung wurde bejaht, ebenso wurde bejaht, dass Gründe der Arbeitsdisziplin einer Weiterbeschäftigung entgegenstehen. Vom DG wurde anschließend unter Berufung auf § 32 Abs 2 Z 1, 3 und 6 Vertragsbedienstetengesetz (VBG) die Kündigung ausgesprochen. Dagegen wurde vom DN beim Arbeits- und Sozialgericht eine Klage auf Feststellung des aufrechten Dienstverhältnisses eingebracht – mit der Begründung, dass der DN als Vertragsbediensteter einen (zusätzlichen) besonderen Kündigungsschutz nach dem VBG habe, die vom DG behaupteten Kündigungsgründe nicht vorliegen würden und das Dienstverhältnis daher weiterhin aufrecht sei. Vom Erstgericht wurde die Klage mit der Begründung abgewiesen, dass der § 32 VBG keinen zusätzlichen Kündigungsschutz iSd § 8 Abs 5 BEinstG darstelle, da sich die geltend gemachten Kündigungsgründe nach dem VBG weitgehend mit den Zustimmungsgründen des § 8 Abs 2 BEinstG decken würden und der stärkere Kündigungsschutz den schwächeren verdränge.

Der OGH bejahte hingegen letztlich den „doppelten“ Kündigungsschutz, ua mit Verweis auf die oben unter Pkt 4 dargestellte Entscheidung bei Zusammentreffen des Kündigungsschutzes nach § 8 BEinstG und kollektivvertraglichen Bestandschutzbestimmungen: Es sei in Anknüpfung an gegenständliche E nur konsequent, dass auch, wenn im Zustimmungsverfahren nach § 8 Abs 2 BEinstG ein gleichartiger Kündigungsgrund von der Verwaltungsbehörde bejaht und der Zustimmung zur Kündigung zugrunde gelegt wurde, das Arbeits- und Sozialgericht die Kündigungsgründe nicht nur in den Fällen selbständig zu prüfen hat, in denen sich der Kündigungsschutz des DN auf die Bestimmung eines KollV gründet, sondern auch in jenen, in denen der besondere Kündigungsschutz im Gesetz – wie hier dem VBG – normiert ist. Die Arbeits- und Sozialgerichte haben dabei nicht nur die formale, sondern auch die materielle Kündigungsberechtigung zu überprüfen. Lediglich eine Nachprüfung der bereits vom Behindertenausschuss vorgenommenen Interessensabwägung iSd § 8 Abs 3 und 4 BEinstG ist den Arbeits- und Sozialgerichten untersagt. Der OGH verwies ausdrücklich darauf, dass der Wortlaut des § 8 Abs 5 BEinstG dieser Beurteilung auch Rechnung trägt: „Grundsätzlich bleiben gesetzliche Bestimmungen, die die Beendigung des Dienstverhältnisses an zusätzliche Voraussetzungen knüpfen, unberührt. Dies ist auch konsequent dahingehend, dass § 8 Abs 2 Satz 2 BEinstG konkret die allgemeinen Kündigungsschutzbestimmungen nach § 105 Abs 2 bis 6 ArbVG sowie landesrechtliche Vorschriften des § 210 Abs 3 bis 6 Landarbeitsgesetz 1984 ausnimmt.

8.
Kündigungsschutz von begünstigten und nicht begünstigten Behinderten im Zusammenhang mit Anti-Diskriminierungsbestimmungen

In Abs 4a des § 8 BEinstG ist geregelt, dass auch bei der Entscheidung über die Zustimmung zur Kündigung eines begünstigten Behinderten das Diskriminierungsverbot des § 7b Abs 1 Z 7 BEinstG zu berücksichtigen ist. Dieser beinhaltet, dass aufgrund einer Behinderung im Zusammenhang mit einem Dienstverhältnis bei der Beendigung des Dienstverhältnisses niemand unmittelbar oder mittelbar diskriminiert werden darf. In der Praxis spielen diese Überlegungen im Zusammenhang mit den Bestimmungen des § 8 BEinstG nach Wahrnehmung der Autorin eine eher untergeordnete Rolle.

Von großer Relevanz ist der Diskriminierungsschutz jedoch hinsichtlich des Bestandes von Dienstverhältnissen von nicht begünstigten Behinderten und es wird daher im Folgenden kurz darauf eingegangen.

Die Rechtsfolgen einer diskriminierenden Beendigung bei Vorliegen des Tatbestandes des § 7b Abs 1 Z 7 BEinstG sind in § 7f BEinstG geregelt. Um den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses gerichtlich geltend zu machen, besteht ein Anfechtungsrecht nach diskriminierender Kündigung, Entlassung und Auflösung im Probemonat. Ist ein befristetes, auf die Umwandlung in ein unbefristetes Dienstverhältnis angelegtes Dienstverhältnis wegen einer Behinderung des DN oder wegen der nicht offenbar unberechtigten Geltendmachung von Ansprüchen nach diesem Bundegesetz durch Zeitablauf beendet worden, so kann auf Feststellung des unbefristeten Bestehens des Dienstverhältnisses geklagt werden. Die Klagsfrist für die gerichtliche Geltendmachung des Fortbestands des Arbeitsverhältnisses beträgt gem § 7k Abs 2 Z 2 14 Tage ab Zugang der Kündigung, Entlassung oder Auflösung des Probedienstverhältnisses bzw ab Beendigung des befristeten Dienstverhältnisses durch Zeitablauf.

In jedem Fall ist gem § 7k Abs 1 BEinstG Voraussetzung für die gerichtliche Geltendmachung dieser Ansprüche die Durchführung eines Schlichtungsverfahrens beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (Sozialministeriumservice) gem §§ 14 ff des Bundes-Behindertengleichstellungsgesetzes. Das Einbringen des Schlichtungsantrags bei der zuständigen Landesstelle des Sozialministeriumservice bewirkt gem § 7k Abs 4 die Hemmung der Fristen zur gerichtlichen Geltendmachung. Die Zustellung der Bestätigung des Sozialministeriumservice an die eine Diskriminierung behauptende Person, dass keine gütliche Einigung erzielt werden konnte, beendet die328Hemmung. Gem § 7k Abs 5 steht der betroffenen Person nach Zustellung der Bestätigung im Fall einer Kündigung oder Entlassung zur Erhebung der Klage jedenfalls noch eine Frist von 14 Tagen offen, in allen anderen Fällen noch eine Frist von drei Monaten.

Für die Einleitung des Schlichtungsverfahrens selbst sind im Gesetz keine expliziten Fristen vorgesehen, wer sich allerdings für den Fall des Scheiterns der Schlichtung die gerichtliche Geltendmachung des Anspruchs offenhalten will, hat auch das Schlichtungsverfahren binnen der jeweiligen Frist zur gerichtlichen Geltendmachung nach Abs 2 einzuleiten, da die in Abs 4 normierte Fristenhemmung nur dann eintreten kann, wenn die zu hemmende Frist noch nicht abgelaufen ist.*

In der Praxis stellt sich aufgrund der Tatsache, dass das gescheiterte Schlichtungsverfahren die Klagslegitimation für die Anfechtungs- bzw Feststellungsklage darstellt, die Frage, welche Vorgehensweise für den Fall zu wählen ist, wenn die Frist für die Einleitung des Schlichtungsverfahrens versäumt wurde, welche faktisch, wie bereits oben erörtert, der Klagsfrist gleichzusetzen ist. Eine gesetzliche Regelung dazu existiert nicht, ebenso ist bis dato dazu noch keine Judikatur ergangen. Es empfiehlt sich jedoch, als AN vorsichtshalber jedenfalls die Wiedereinsetzung unverzüglich nach Wegfall des Hindernisses bei Gericht mit gleichzeitiger Klagseinbringung zu beantragen, gleichzeitig einen Schlichtungsantrag beim Sozialministeriumservice zu stellen und in der Klage darauf hinzuweisen, dass im Fall des Scheiterns der Schlichtung die entsprechende Bestätigung des Bundessozialamtes nachgereicht wird.* Diese Vorgehensweise stellt jedoch lediglich eine nicht unproblematische „Notlösung“ dar und wäre eine klare gesetzliche Regelung zu dieser Problemstellung äußerst wünschenswert.

9.
Fazit

Abschließend kann festgehalten werden, dass beim Zusammentreffen des § 8 BEinstG mit anderen Bestandschutzbestimmungen teilweise klare gesetzliche Bestimmungen vorhanden sind und es in diesen Anwendungsfällen auch selten zu praktischen Problemen kommt. Die unter Pkt 6. und 7. erörterten Entscheidungen stellen aus Sicht der Autorin einen weiteren wichtigen Schritt zur Herausbildung einer einheitlichen Rsp für jene Konstellationen dar, zu denen bis dato in der Lehre kontroversielle Ansichten vertreten wurden.