SchmidtGestaltung und Durchführung des BEM
2. Auflage, C.H. Beck Verlag, München 2017, XVII, 233 Seiten, kartoniert, € 53,–
SchmidtGestaltung und Durchführung des BEM
Eine der großen sozialpolitischen Herausforderungen in der alternden Gesellschaft liegt in der Verhinderung eines frühzeitigen krankheitsbedingten Ausscheidens von Menschen mit gesundheitlichen Problemen aus dem Erwerbsleben. In Österreich setzen die bislang ergriffenen Maßnahmen unter dem Schlagwort „Rehabilitation statt Pension“ allesamt erst sehr spät an, wenn die Betroffenen selbst bereits innerlich den Weg in die Pension angetreten haben. Eine Ausnahme stellt diesbezüglich die mit 1.7.2017 in Kraft getretene Wiedereingliederungsteilzeit dar, die AN nach langen Krankenständen eine schrittweise Rückkehr auf den Arbeitsplatz ermöglicht. Einen Rechtsanspruch auf Wiedereingliederungsteilzeit gibt es freilich nicht, gegen den Willen des/der AG ist ein stufenweiser Wiedereinstieg am Arbeitsplatz somit nicht möglich.
In Deutschland hat der Gesetzgeber die Notwendigkeit zur frühzeitigen Gegensteuerung gegen ein krankheitsbedingtes Ausscheiden aus dem Erwerbsleben schon sehr viel früher erkannt, und AG werden hier auch deutlich stärker zur Erreichung dieser Zielsetzung in die Pflicht genommen. Bereits im Jahr 2004 wurde mit der Vorschrift des § 84 Abs 2 (seit 1.1.2018: § 167 Abs 2) SGB IX das sogenannte „betriebliche Eingliederungsmanagement“ (BEM) eingeführt. Der/die AG ist zur Durchführung des BEM verpflichtet, wenn ein/e AN innerhalb eines Zeitraums von zwölf Monaten länger als sechs Wochen (ununterbrochen oder wiederholt) arbeitsunfähig ist. Ziel des BEM ist es, in einem ergebnisoffenen Prozess gemeinsam mit dem/der Betroffenen zu klären, wie die Arbeitsunfähigkeit möglichst überwunden bzw mit welchen Leistungen und Hilfen erneuten Krankenständen vorgebeugt und der Arbeitsplatz erhalten werden kann. Für den/die AN ist die Teilnahme am BEM freiwillig, für den/die AG besteht dagegen ein erheblicher Druck, das BEM ordnungsgemäß durchzuführen, da nach der Rsp des BAG eine krankheitsbedingte Kündigung, die ohne Durchführung eines BEM ausgesprochen wird, wegen Verstoßes gegen den „ultima-ratio-Grundsatz“ sozialwidrig ist.
Das hier rezensierte, bereits in zweiter Auflage erschienene Buch der Bonner Rechtsanwältin Bettina Schmidt richtet sich an in der Praxis mit der Durchführung des BEM beschäftigte Personen. Das Buch gliedert sich in zwei Teile: Im ersten Teil werden die rechtlichen Rahmenbedingungen des BEM vorgestellt, im zweiten Teil findet sich ein strukturierter Ablaufplan, in dem für jede einzelne Phase des BEM jeweils in übersichtlicher Form dargestellt ist, was zu tun ist, wer zuständig ist und wie das weitere Vorgehen auszusehen hat.
Ergänzt werden die beiden inhaltlichen Teile einerseits durch zahlreiche in den Text eingebaute Praxistipps, andererseits durch einen umfangreichen Anhang mit Mustertexten zB für Betriebsvereinbarungen zum BEM, Einladungsschreiben für betroffene AN, Mitarbeiterinformationsschreiben, Gesprächs- und Verlaufsprotokolle oder Datenschutzerklärungen. Gerade aufgrund dieser starken Praxisorientierung ist dieses Buch nicht nur für all jene empfehlenswert, die sich für die rechtliche Ausgestaltung des BEM in343Deutschland interessieren, sondern auch für AG, Personalverantwortliche, Betriebsräte, BetriebsärztInnen und andere Personen, die sich – wenngleich hierzulande (noch) ohne rechtliche Verpflichtung – Anregungen für gezielte betriebliche Interventionen bei längeren krankheitsbedingten Ausfällen von MitarbeiterInnen bzw allgemein zur betrieblichen Gesundheitsprävention holen wollen.