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Zulässigkeit einer Probezeit nach vorangegangener nebenberuflicher Tätigkeit

MANFREDTINHOF

Nach dem zwischen den Parteien geschlossenen Arbeitsvertrag bildet die – der Kl zugleich mit dem Vertragsentwurf übergebene – Dienstordnung der Bekl einen Bestandteil des Vertrags. Diese Dienstordnung sieht vor, dass das Arbeitsverhältnis während des ersten Dienstmonats (Probemonats) von jeder der Parteien ohne Angabe von Gründen jederzeit aufgelöst werden kann. Dem Vertrag entsprechend sollte die Kl ab 1.7.2017 hauptberuflich als Professorin für die Bekl tätig sein. Bereits ab April 2017 betreute sie Masterarbeiten auf Basis einer gesonderten Vereinbarung als nebenberufliche Tätigkeit. Noch vor Antritt des Arbeitsverhältnisses wurde der Kl mitgeteilt, dass dieses nun doch nicht zustande käme. Im Verfahren fraglich war die Zulässigkeit der Vereinbarung einer Probezeit, trotzdem die Kl unmittelbar vor dem vorgesehenen Beginn des Arbeitsverhältnisses für die Bekl tätig war.

Der OGH führte aus, dass gem § 19 Abs 2 AngG ein Arbeitsverhältnis auf Probe nur für die Höchstdauer von einem Monat vereinbart und während dieses Zeitraums von jedem Vertragsteil jederzeit gelöst werden kann. Auch bereits vor seiner Effektuierung (durch Antritt) kann es durch einseitige Erklärung eines Vertragspartners ohne weitere Rechtsfolgen aufgelöst werden. Das Probearbeitsverhältnis soll dem AG die Möglichkeit geben, sich davon zu überzeugen, ob der AN sich für die zugedachte Stelle eignet; umgekehrt soll auch der AN Gelegenheit haben, die Verhältnisse im Betrieb kennenzulernen. Demgemäß gehen die hL und die Rsp, etwa OGH8 ObA 3/11s (= infas 2011 A 42), davon aus, dass es den Parteien selbst dann, wenn zwischen ihnen vorher bereits ein Dienstverhältnis bestanden hat, grundsätzlich freisteht, zu Beginn des neuen Arbeitsverhältnisses eine Probezeit zu vereinbaren, sofern nicht unter den gegebenen Umständen eine Umgehung arbeitsrechtlicher Schutzvorschriften zu befürchten ist. Ist daher etwa der Gegenstand der Probedienstleistung ein anderer als die frühere Tätigkeit des AN, so ist auch im Anschluss an ein früheres Dienstverhältnis in einem neuen Arbeitsverhältnis die Vereinbarung einer Probezeit zulässig.

Wie bereits für die Vorinstanzen ist auch für den OGH im vorliegenden Fall eine Umgehung arbeitsrechtlicher Schutzvorschriften durch die Vereinbarung der Probezeit nicht ersichtlich. Der OGH hält somit die Rechtsmeinung der Vorinstanzen jedenfalls für vertretbar, dass auf Basis der beiden Verträge – auch bei unmittelbarer zeitlicher Folge – von der Kl inhaltlich unterschiedliche Tätigkeiten erbracht werden sollten, weshalb die Vereinbarung einer Probezeit von einem Monat im Rahmen des später beginnenden Vertrags zulässig war. Es mag sein, dass die Bekl sich bereits während des Auswahlverfahrens und des ersten Dienstverhältnisses ein Urteil über gewisse Aspekte der Persönlichkeit und Arbeit der Kl bilden konnte. Daraus lässt sich jedoch nicht ableiten, dass sie kein sachlich gerechtfertigtes Interesse daran hatte, sich ein abschließendes Urteil erst in Zusammenhang mit der Arbeitsleistung, für die die Kl nach dem späteren Vertrag aufgenommen worden war, zu bilden. Die außerordentliche Revision der Kl wurde daher vom OGH zurückgewiesen.