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Verfallsklauseln und LSD-BG

PETERJABORNEGG (LINZ)
  1. Nach stRsp ist zwischen der Frage der vertraglichen Unabdingbarkeit eines Anspruchs und der Frist für dessen Geltendmachung zu unterscheiden und kann auch bei unabdingbaren Ansprüchen eine kürzere als die dreijährige gesetzliche Verjährungsfrist nach § 1486 ABGB für die Geltendmachung der Ansprüche vereinbart werden. Daran ändert sich auch im Anwendungsbereich des LSD-BG nichts.

  2. Der verwaltungsstrafrechtliche Tatbestand der Entgeltverkürzung knüpft am zivilrechtlichen Entgeltbegriff in seinem gesetzlichen und kollektivvertraglichen Istbestand an. Kollektivvertragliche Verfallsklauseln widersprechen daher nicht den von der Strafbestimmung geschützten Mindestentgeltbedingungen, sondern sind selbst Teil davon.

  3. Verfallen Gehaltsansprüche nach dem anzuwendenden KollV, wenn sie nicht vier Monate nach Fälligkeit vom Angestellten beim AG oder dessen Stellvertreter schriftlich geltend gemacht werden, so wird dadurch die Geltendmachung der Ansprüche weder in zeitlicher Hinsicht, noch unter dem Gesichtspunkt des nötigen Aufwands übermäßig erschwert. Dass die Verfallsfrist erst mit der Aushändigung einer ordnungsgemäßen Lohnabrechnung beginnt, gilt nur, wenn entweder die kollektivvertragliche Regelung dieses Erfordernis ausdrücklich vorsieht, oder wenn besondere Fallkonstellationen vorliegen, in denen sich der AN nur durch eine Abrechnung Klarheit über offene Ansprüche verschaffen kann

Der Kl war bei der späteren Insolvenzschuldnerin, die ein Café und Cateringservice betrieb, vom 3.11.2011 bis 30.4.2012 als gewerberechtlicher Geschäftsführer beschäftigt. Das Dienstverhältnis unterlag dem KollV für Angestellte im Hotel- und Gastgewerbe und endete durch DG-Kündigung. Der Kl hat keine Gehaltsabrechnungen erhalten. Die im vorliegenden Verfahren strittigen Ansprüche, und zwar kollektivvertragliches Mindestentgelt für November und Dezember 2011 samt anteiliger Jahresremuneration, machte der Kl erstmals am 29.5.2012 gegenüber der Schuldnerin schriftlich geltend, im November 2014 erhob er gegen sie Klage auf Zahlung (ua) der strittigen Ansprüche. Am 19.5.2015 wurde über das Vermögen der ehemaligen DG das Konkursverfahren eröffnet und das arbeitsgerichtliche Verfahren dadurch unterbrochen. Die Bekl lehnte den Anspruch des Kl auf Gewährung von Insolvenz-Entgelt für November und Dezember 2011 samt Jahresremuneration wegen Verfalls nach Pkt 6 lit c KollV ab. In der gegen diesen Bescheid erhobenen Klage wird vorgebracht, die kollektivvertragliche Verfallsregelung sei nicht anwendbar. Die Schuldnerin habe dem Kl nämlich keine Gehaltsabrechnungen ausgefolgt, sodass ihm eine frühere Geltendmachung seiner Ansprüche praktisch unmöglich gewesen wäre.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Die kollektivvertragliche Verfallsklausel sei wirksam. Die Berufung auf den Verfall verstoße auch nicht gegen Treu und Glauben, weil der Kl nur das Grundgehalt geltend mache und nicht ersichtlich sei, weshalb ihm dessen frühere Geltendmachung ohne Abrechnung nicht möglich gewesen wäre.

Das Berufungsgericht gab dem Rechtsmittel des Kl im Ausmaß eines Zuspruchs von 439,41 € teilweise Folge, im Übrigen bestätigte es die E des Erstgerichts. Die Anwendung der kollektivvertraglichen Verfallsfrist setze nicht voraus, dass dem DN eine Lohnabrechnung ausgehändigt wurde; dem Kl sei die Geltendmachung des Grundgehalts dadurch nicht erschwert worden. Die Verfallsbestimmung gelte ihrem Wortlaut nach aber nur für53laufende Bezüge, sodass ein Verfall der anteiligen Jahresremuneration 2011 nicht eingetreten sei. Das Berufungsgericht erklärte die ordentliche Revision für zulässig, weil es zur Frage, ob die vorangegangene Aushändigung einer Lohnabrechnung Voraussetzung für den Verfall nach Pkt 6 lit c KollV sei, divergierende zweitinstanzliche Entscheidungen gebe und dazu noch keine höchstgerichtliche Rsp vorliege. [...]

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, weil die Rechtslage iSd Ausführungen des Berufungsgerichts einer Klarstellung bedarf. Die Revision ist aber nicht berechtigt.

1. Nach stRsp ist zwischen der Frage der vertraglichen Unabdingbarkeit eines Anspruchs und der Frist für dessen Geltendmachung zu unterscheiden und kann auch bei unabdingbaren Ansprüchen eine kürzere als die dreijährige gesetzliche Verjährungsfrist nach § 1486 ABGB für die Geltendmachung der Ansprüche vereinbart werden (vgl RIS-Justiz RS0034517 mwN; 8 ObA 86/11x = DRdA 2013/22 [krit Eypeltauer]; 9 ObA 1/14hmwN; 9 ObA 44/14g). An der Zulässigkeit vertraglicher Verfallsfristen im Arbeitsrecht hat der OGH unter Auseinandersetzung mit den teilweise kritischen Stimmen in der Literatur ausdrücklich festgehalten (vgl ausf 9 Ob 1/14h).

2. Die Revision vermag gegen die stRsp keine stichhältigen neuen Argumente ins Treffen zu führen. Insb sind die in der zitierten Literatur (Felten/Pfeil, Strafbare Unterentlohnung nach dem LSD-BG und Verfall von Entgeltansprüchen, DRdA 2017, 79) angeführten Argumente nicht überzeugend. So kann daraus, dass der historische Gesetzgeber ein Verbot der Verkürzung der Verjährungsfrist für unabdingbare Ansprüche zwar ins Auge gefasst, aber dann doch nicht beschlossen hat, nicht logisch schlüssig gefolgert werden, dass die vom Gesetzgeber im offenkundigen Bewusstsein des Problems verworfene Regelung als sein Wille gelten sollte. Das Gleiche trifft auf die Überlegung, dass der Gesetzgeber Verfallsfristen wohl „kritisch gegenüberstehe“, weil er sie in Einzelfällen ausdrücklich beschränkend geregelt hat, als Argument für eine generelle Nichtgeltung zu.

3. Die Revision führt weiters aus, die Geltung von Verfallsklauseln sei nunmehr auch aufgrund der Bestimmungen und des Zwecks des Lohn- und SozialdumpingbekämpfungsG (zum hier maßgeblichen Zeitpunkt: §§ 7e ff AVRAG) zu bezweifeln. Die darin enthaltenen Strafbestimmungen gegen Lohndumping (§ 29 LSD-BG; bis 31.12.2016 § 7i Abs 3 AVRAG) seien nach der Rsp des VwGH (AZ Ra 2016/11/0007) auch dann anzuwenden, wenn ein der Höhe nach kollektivvertraglich richtig ermitteltes Entgelt bei Fälligkeit tatsächlich nicht gezahlt wurde. Bejahe man die Möglichkeit des kurzfristigen Verfalls von Entgeltansprüchen, würde die verwaltungsstrafrechtliche Verfolgung einer Unterentlohnung erschwert und wäre es möglich, dass sich ein DG die zur Erlangung einer nachträglichen Straffreiheit zu leistende Nachzahlung teilweise ersparen könnte, weil nach dem Verfall nicht einmal eine Naturalobligation bestehen bleibe. Diese Konsequenzen stünden mit dem vom LSD-BG beabsichtigten Schutz des Entgeltanspruchs nicht im Einklang.

Auch diese Ausführungen können nicht überzeugen. Soweit in der vom Revisionswerber für seine Argumentation zitierten Literaturstelle (Felten/Pfeil, aaO) behauptet wird, der zur Strafverfolgung nach dem LSD-BG zur Verfügung stehende Zeitraum von drei Jahren bezwecke offenbar eine Gleichschaltung mit der zivilrechtlichen Verjährungsfrist, womit die Anwendung kürzerer Verfallsfristen offenbar im Widerspruch stehe, lässt sie eine Auseinandersetzung mit den Gesetzesmaterialien vermissen. In den Erläuterungen zur Regierungsvorlage (ErlRV 1111 Beil 25. GP 23) wird nämlich erklärt, die dreijährige Frist sei deswegen normiert bzw beibehalten worden, weil aufgrund des Ablaufs der Erhebungen und Kontrollen und der Komplexität der Sachmaterie und der zu berücksichtigenden Umstände die allgemeinen Verjährungsfristen des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) für eine wirkungsvolle Strafverfolgung zu kurz seien. Von einer (auch nur subsidiär) beabsichtigten Angleichung an § 1486 Z 5 ABGB ist nicht die Rede.

4. Die vom Revisionswerber behauptete Behinderung der Strafverfolgung nach dem LSD-BG durch die Geltung von Verfallsfristen ist nicht ganz nachvollziehbar. Der Straftatbestand der Entgeltvorenthaltung wird bereits mit dem ungenutzten Verstreichen des Fälligkeitstermins verwirklicht. Zwar kann der DG die Strafbarkeit bzw die Verhängung einer Strafe nachträglich gem § 29 Abs 2 und 3 LSD-BG durch rechtzeitige Nachzahlung der geschuldeten Beträge verhindern, aber das LSD-BG sieht keine Befreiung bei Verjährung oder Verfall des vorenthaltenen Entgelts vor. Das Gegenteil ist vielmehr der Fall. Bei einer fortgesetzten Entgeltverkürzung liegt nach § 29 Abs 4 LSD-BG ein Dauerdelikt vor und beginnt die dreijährige Verfolgungsverjährungsfrist erst mit Fälligkeit des Entgelts für den letzten Lohnzahlungszeitraum der Unterentlohnung. Da die Frist für die Strafbarkeitsverjährung (§ 31 Abs 2 VStG) fünf Jahre beträgt, ergibt sich daraus, dass selbst nach § 1486 Z 5 ABGB bereits verjährte vorenthaltene Entgelte von der Strafbarkeit erfasst werden können. Überhaupt knüpft der verwaltungsstrafrechtliche Tatbestand der Entgeltverkürzung am zivilrechtlichen Entgeltbegriff in seinem gesetzlichen und kollektivvertraglichen Istbestand an. Kollektivvertragliche Verfallsklauseln widersprechen nicht den von der Strafbestimmung geschützten Mindestentgeltbedingungen, sondern sind selbst Teil davon.

5. Grundsätzlich zu Recht führt die Revision ins Treffen, dass vertragliche Verfallsklauseln der Sittenwidrigkeitsprüfung nach § 879 ABGB unterliegen und dieser nicht standhalten können, wenn sie die Geltendmachung von Ansprüchen ohne sachlichen Grund übermäßig erschweren (RIS-Justiz RS0016688 mwN). Nach dem hier maßgeblichen Pkt 6 lit c KollV verfallen Gehaltsansprüche, wenn sie nicht vier Monate nach Fälligkeit vom Angestellten beim AG oder dessen Stellvertreter schriftlich geltend gemacht werden. Die Rechtsansicht der Vorinstanzen, dass durch eine solche Klausel54die Geltendmachung weder in zeitlicher Hinsicht, noch unter dem Gesichtspunkt des nötigen Aufwands übermäßig erschwert wird, deckt sich mit der herrschenden Rsp (ua RIS-Justiz RS0016688 [T10]). Soweit in Entscheidungsleitsätzen mitunter davon die Rede ist, dass die Verfallsfrist erst mit der Aushändigung einer ordnungsgemäßen Lohnabrechnung beginne (zB RIS-Justiz RS0029277; RS0034487; RS0064548; RS0034461), betreffen sie entweder kollektivvertragliche Regelungen, die dieses Erfordernis ausdrücklich vorsehen, oder besondere Fallkonstellationen, in denen sich der DN nur durch eine Abrechnung Klarheit über offene Ansprüche verschaffen konnte.

6. Der DG kann sich nämlich auch auf eine grundsätzlich zulässige Verfallsklausel im Einzelfall dennoch nicht berufen, wenn er durch sein Verhalten die rechtzeitige Geltendmachung vereitelt oder erschwert hat (RIS-Justiz RS0034487; RS0051974 [T6] ua). Eine Vereitelung oder Erschwernis ist nicht zu vermuten, sondern nach den allgemeinen Beweislastregeln von jener Partei zu beweisen, die daraus für sich günstige Rechtsfolgen ableitet (vgl RIS-Justiz RS0037797). Die Vorinstanzen sind dem Argument des Kl, das Vorenthalten einer Gehaltsabrechnung habe ihm eine rechtzeitige Geltendmachung der rückständigen Gehälter, insb deren Nettoberechnung, erschwert, zutreffend nicht gefolgt. Nach Pkt 6 lit c KollV beginnt die Frist zur Geltendmachung etwaiger Differenzen nicht erst mit der Übergabe der verpflichtenden Gehaltsabrechnung, sondern unabhängig davon mit der Fälligkeit des Gehaltsanspruchs. Die Verletzung der Abrechnungspflicht könnte den Beginn der Verfallsfrist dann hemmen, wenn der DN ohne Gehaltsabrechnung nicht oder nur schwer beurteilen kann, ob für eine bestimmte Periode noch Entgeltansprüche offen sind. Auf die Bestimmbarkeit der Höhe des Rückstands kommt es nicht an, weil die Geltendmachung nach Pkt 6 lit c KollV keine Bezifferung verlangt, sodass es bereits ausreicht, wenn der AG aus der Einmahnung erkennen kann, welche Ansprüche der Art und Periode nach gemeint sind. Hier hat der Kl nach den Feststellungen im November 2011 nur ein Akonto in Höhe von rund einem Drittel des kollektivvertraglichen Mindestgehalts erhalten, im Dezember überhaupt nichts. Unter diesen Umständen konnte für ihn aber kein Zweifel bestehen, dass ihm die DG für beide Monate bei Fälligkeit am jeweiligen Monatsletzten noch Entgelt schuldete.

Das Revisionsvorbringen, die Verfallsklausel verfehle in Ansehung des kollektivvertraglichen Mindestentgelts ihren Zweck, durch rasche Geltendmachung der Ansprüche das Entstehen von Beweisschwierigkeiten zu verhindern (ua RIS-Justiz RS0034417), überzeugt nicht. Die Ansicht, über die Zahlung des Mindestgehalts könne es überhaupt keine Beweisschwierigkeiten geben, trifft nur auf dessen Höhe, aber nicht auf den Anspruchsgrund zu. Ob das Gehalt tatsächlich gezahlt wurde oder nicht, ist nicht immer ohne weiteres nachvollziehbar, insb nicht unter den im Verfahren hervorgekommenen besonderen Verhältnissen des Schuldnerbetriebs (Barlohnzahlungen; dem Kl übergebene Vorschüsse für Cateringaufträge im fünfstelligen Eurobereich; Meinung des Geschäftsführers, dass die Klagsforderungen bezahlt seien).

Das Ergebnis der Vorinstanzen, dass das Fehlen einer Gehaltsabrechnung für den Kl hier zu keiner Vereitelung oder Erschwerung der rechtzeitigen Geltendmachung der klagsgegenständlichen kollektivvertraglichen Mindestgehälter geführt hat, ist unter den festgestellten Umständen zu billigen. Eine Geltendmachung der Gehälter dem Grunde nach innerhalb von vier Monaten wäre möglich, zumutbar und letztlich für einen typischen Angestellten in der Funktion eines gewerberechtlichen Geschäftsführers zu erwarten gewesen, zumal der Kl praktisch von Beginn an überhaupt kein Entgelt erhalten hat. Dass er darauf mehr als fünf Monate weder mit schriftlicher Mahnung, noch mit berechtigtem vorzeitigem Austritt reagiert hat, sondern das Dienstverhältnis durch AG-Kündigung endete, hält einem Fremdvergleich schwer stand, wenngleich sich die Bekl auf einen diesbezüglichen Einwand nicht berufen hat (RIS-Justiz RS0112127; RS0076409).

Der Revision war daher keine Folge zu geben. [...]

ANMERKUNG
1.
Vorbemerkung

Die Rsp zur – aus Sicht des Rezensenten viel zu weit gehenden und insofern mit den gesetzlichen Grundlagen nicht zu vereinbarenden – Zulässigkeit von Verfallsfristen im Arbeitsrecht scheint nach den ausführlichen Auseinandersetzungen des OGH mit dem kritischen Fachschrifttum in der E vom 26.2.2014, 9 ObA 1/14h, sowie in der vorliegenden E wohl unabänderlich gefestigt. Das ist schade, weil dadurch in diesem Bereich weiterhin unauflösbare dogmatische Widersprüche bestehen bleiben und zugleich auch die erzielten Ergebnisse weder aus allgemein-zivilrechtlicher, noch aus spezifisch arbeitsrechtlicher Sicht den maßgebenden gesetzlichen Wertungen entsprechen. All das wurde in vielen Publikationen (auch solchen des Rezensenten selbst) ausreichend dargestellt und belegt (vgl mwN Jabornegg, DRdA 2015, 71 ff) und soll hier trotz weiterhin gegebener Aktualität nicht wiederholt werden. Die folgenden Ausführungen beschränken sich demnach auf die in der vorliegenden OGH-E enthaltenen zusätzlichen Argumente.

2.
Zur Zulässigkeit der Verjährungsverkürzung durch (kollektiv-)vertragliche Verfallsfristen

Zu der in stRsp getroffenen Unterscheidung zwischen der vertraglichen Unabdingbarkeit eines Anspruchs und der Frist für dessen Geltendmachung und der daraus abgeleiteten Schlussfolgerung, dass auch bei unabdingbaren Ansprüchen eine kürzere als die dreijährige gesetzliche Verjährungsfrist nach § 1486 Z 5 ABGB für die Geltend-55machung der Ansprüche vereinbart werden kann, wird im Fachschrifttum immer wieder auf die diese Auslegung in Frage stellende Entstehungsgeschichte des § 1502 ABGB verwiesen, wozu der OGH vorliegend Folgendes ausführt: Es könne daraus, dass der historische Gesetzgeber ein Verbot der Verkürzung der Verjährungsfrist für unabdingbare Ansprüche zwar ins Auge gefasst, aber dann doch nicht beschlossen habe, nicht logisch schlüssig gefolgert werden, dass die vom Gesetzgeber im offenkundigen Bewusstsein des Problems verworfene Regelung als sein Wille gelten solle. Hierzu ist einmal mehr anzumerken, dass sich die Kritik keineswegs auf die Nichtregelung der betreffenden Frage stützt, sondern auf den in den Materialien dokumentierten Grund der Nichtregelung. Vor allem Holzner (

) hat dazu mit entsprechenden Belegen aus der Entstehungsgeschichte nachgewiesen, dass man damals die vertragliche Verkürzung der Verjährungsfrist im Grunde nur deshalb nicht verbieten wollte, weil man das im Vergleich zum gänzlichen Verzicht auf ein Recht bloß als eine Art Minus ansah. Dementsprechend wurde schon in den ersten Kommentierungen zum ABGB für die vertragliche Verkürzung der Verjährung die Zulässigkeit des Verzichtes auf das Recht selbst vorausgesetzt. Wenn aber solcherart von den Redaktoren des ABGB die vertragliche Verkürzbarkeit von Verjährungsfristen allein aus der Dispositivität des Anspruchs abgeleitet worden ist, muss das (gerade aus logischer Sicht) zwangsläufig dazu führen, gesetzlich zwingend eingeräumte Ansprüche auch hinsichtlich der Verjährungsfrist als in gleicher Weise zwingend anzusehen.

Bemerkenswert ist, dass sich zu den kollektivvertraglichen Verfallsfristen in der vorliegenden E auch der Satz findet, dass diese nicht den von der Strafbestimmung des LSD-BG geschützten Mindestentgeltbedingungen widersprechen, sondern selbst Teil davon sind. Dies kann wohl nicht anders verstanden werden, als dass eben auch die Verfristungsregelung dem Inhalt des Anspruches selbst zuzuzählen ist, was wie gesagt auch der seinerzeitigen Auffassung der Redaktoren des ABGB entspricht. Mit dem anderen – und auch jetzt wiederholten – Stehsatz der Judikatur, wonach zwischen der Frage der vertraglichen Unabdingbarkeit eines Anspruchs und der Frist für dessen Geltendmachung zu unterscheiden sei und auch bei (gesetzlich) unabdingbaren Ansprüchen eine kürzere als die dreijährige gesetzliche Verjährungsfrist nach § 1486 ABGB für die Geltendmachung der Ansprüche vereinbart werden könne, stimmt das freilich nicht überein.

3.
Zur möglichen Relevanz des LSD-BG

Dem OGH ist grundsätzlich zuzustimmen, dass sich aus § 29 Abs 2, 3 und 4 LSD-BG zweifelsfrei ergibt, dass der Straftatbestand der Entgeltvorenthaltung bereits mit dem ungenutzten Verstreichen des Fälligkeitstermins verwirklicht wird und das LSD-BG keine Befreiung bei Verjährung oder Verfall des vorenthaltenen Entgelts vorsieht. Da nur dieses Auslegungsergebnis geeignet ist, gleichermaßen dem Wortlaut des Gesetzes und dem zentralen Normzweck des LSD-BG zu entsprechen (vgl auch bereits Stadler, RdW 2011, 669; Rath, ASoK 2012, 290; Eypeltauer, ecolex 2016, 903; Felten/Pfeil, DRdA 2017, 84 ff), sind mit der nunmehrigen Klarstellung durch den OGH jene bisher mitunter vertretenen gegenteiligen Meinungen (vgl Königsberger/Scala, RdW 2015, 498 ff; Graf-Schimek, ZAS 2016, 177), die allzu kunstvoll am Normzweck vorbei argumentieren und diesen dadurch letztlich teilweise verfehlen (was im zitierten bisherigen Fachschrifttum schon ausführlich und überzeugend nachgewiesen wurde), als endgültig obsolet zu betrachten.

Soweit freilich der OGH über seine beifallswerte Grundthese zum Straftatbestand hinaus auch noch jeglichen Wertungswiderspruch zwischen der Strafbarkeit einer Unterentlohnung nach dem LSD-BG samt den doch verhältnismäßig langen Fristen für Strafverfolgung und Strafbarkeit einerseits und der in der Judikatur viel zu großzügigen Zulassung von kollektivvertraglichen und auch einzelvertraglichen Verfallsfristen selbst in diesem Bereich verneint, erscheinen doch einige ergänzende Überlegungen angebracht.

Gegen Felten/Pfeil, DRdA 2017, 85, die in dem zur Strafverfolgung nach dem LSD-BG zur Verfügung stehenden Zeitraum von drei Jahren eine Gleichschaltung mit der zivilrechtlichen Verjährungsfrist sehen, was die Anwendung kürzerer Verfallsfristen widersprüchlich erscheinen lasse, verweist der OGH auf die Gesetzesmaterialien, wo sich lediglich der Hinweis finde, dass die dreijährige Frist deswegen normiert bzw beibehalten worden sei, weil aufgrund des Ablaufs der Erhebungen und Kontrollen und der Komplexität der Sachmaterie sowie der zu berücksichtigenden Umstände die allgemeinen Verjährungsfristen des VStG für eine wirkungsvolle Strafverfolgung zu kurz seien, weshalb von einer auch nur subsidiär beabsichtigten Angleichung an § 1486 Z 5 ABGB nicht die Rede sein könne. Daran ist nun zweifellos richtig, dass die Gesetzesmaterialien selbst kein Wort über eine mögliche Gleichschaltung mit der zivilrechtlichen Verjährungsfrist für Arbeitsentgelte verlieren. Gleichwohl fragt man sich, weshalb man wohl gerade für die Verfolgungsverjährung bei strafbarer arbeitsrechtlicher Unterentlohnung auf die Frist von drei Jahren gekommen sein mag. Könnte da nicht doch der Gedanke eine Rolle gespielt haben, dass der normale Zeitraum, den der zivilrechtliche Gesetzgeber für die prozessuale Durchsetzung von arbeitsrechtlichen Entgeltansprüchen zur Verfügung stellt, auch für verwaltungsstrafrechtliche Verfolgungshandlungen bei den auf eben diese Ansprüche bezogenen Fällen von strafbarer Unterentlohnung angemessen sein könnte? Sind nicht auch die dahinterstehenden Normzwecke miteinander verwandt?

Im zivilrechtlichen Verjährungsrecht hält es eben der Gesetzgeber zur Gewährleistung eines ausreichenden gerichtlichen Rechtsschutzes seit jeher für angemessen, dass (ua auch) ein AN für seine Entgeltansprüche aus dem Arbeitsverhältnis grundsätzlich drei Jahre ab Fälligkeit Zeit haben soll, um56diese Ansprüche gerichtlich zu verfolgen. Was lag dann näher, als dass sich im Bereich der strafbaren Unterentlohnung auch der Gesetzgeber des Verwaltungsstrafrechts an Stelle des sonst maßgebenden Einjahreszeitraumes ab jenem Zeitpunkt, in dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat, an eine Strafverfolgungsfrist von drei Jahren ab Fälligkeit hält? Immerhin geht es doch darum, die normale zivilrechtliche Rechtsdurchsetzung durch die AN selbst für deren von § 29 Abs 1 LSD-BG erfasste Entgeltansprüche zusätzlich durch weitere verwaltungsstrafrechtliche Maßnahmen zu unterstützen, was schon in der Sache eine gewisse Übereinstimmung auch in den Fristen für die mögliche Rechtsverfolgung und Rechtsdurchsetzung nahelegt. Der enge Bezug und die unmittelbare sachliche Verwandtschaft beider Verjährungsregelungen zeigt sich dabei neben dem übereinstimmenden Dreijahreszeitraum vor allem in der Anknüpfung des Beginns des Fristenlaufes an die zivilrechtlich relevante Entgeltsfälligkeit, was doch eine wesentliche Abweichung von der sonstigen Verfolgungsverjährung im Verwaltungsstrafrecht darstellt. Immerhin ist in diesem Zusammenhang zu bedenken, dass die schlichte Anwendung des § 31 Abs 1 VStG mit der dort vorgesehenen einjährigen Verfolgungsverjährung letztlich auch Verfolgungshandlungen nach dem Ablauf von drei Jahren ab Fälligkeit decken würde, soweit ohne effektive Nachzahlung die strafbare Tätigkeit weder abgeschlossen wäre, noch das strafbare Verhalten aufgehört hätte (vgl in diesem Zusammenhang ganz deutlich einerseits schon die EB zur RV 1076 BlgNR 24. GP 8 zu § 7i Abs 5 AVRAG idF BGBl I 2011/24: „Die Verjährungsfrist beginnt, da es sich um ein Dauerdelikt handelt, von dem Zeitpunkt an zu laufen, an dem das strafbare Verhalten aufgehört hat, also erst mit der Beseitigung des rechtswidrigen Zustandes“, sowie den AB 334 BlgNR 25. GP zu BGBl I 2014/94: „Derzeit ist die Strafverfolgung möglich, solange der/die Arbeitgeber/in nicht den vorenthaltenen Grundlohn nachzahlt, auch die Beendigung des Arbeitsverhältnisses bewirkt keinen Eintritt der Verfolgungsverjährung. Davon abweichend ist künftig vorgesehen, dass der Beginn der Verjährung [Verfolgungs- und Strafbarkeitsverjährung] mit dem Zeitpunkt der Fälligkeit des Entgelts eintritt.“). So gesehen scheint es fast, dass der vom OGH zitierte Satz aus den Gesetzesmaterialien („Damit werden besondere Verjährungsfristen normiert, weil aufgrund des Ablaufs der Erhebungen und Kontrollen und der Komplexität der Sachmaterie und der zu berücksichtigenden Umstände die allgemeinen Verjährungsfristen des VStG für eine wirkungsvolle Strafverfolgung zu kurz sind“) keineswegs das gesamte Spektrum der eigentlichen Regelung des § 29 Abs 4 LSD-BG und dabei vor allem nicht die Anknüpfung an die Entgeltfälligkeit anspricht. Genau diese ist es jedoch, die in Verbindung mit dem Dreijahreszeitraum für die Strafverfolgung die innere sachliche Verwandtschaft zur zivilrechtlichen Verjährung ausmacht.

Berücksichtigt man aber den so geschaffenen Gleichklang, ist es in einer den Normzweck des LSD-BG ganz zentral treffenden Weise wertungswidersprüchlich, wenn zwar im Bereich der strafbaren Unterentlohnung die Strafverfolgung jedenfalls, also auch in Fällen vereinbarter privat- oder kollektivautonomer Verfristungsklauseln, drei Jahre ab Fälligkeit möglich bleibt, die Ansprüche selbst aber vom AN nach Eintritt der autonom festgelegten früheren Verfristung beim Arbeits- und Sozialgericht nicht mehr durchgesetzt werden können. Dieses Defizit lässt sich auch nicht mit den besonderen Zwecken von Verfallsklauseln rechtfertigen, die nach ständiger Judikatur dem Beweisnotstand begegnen sollen, in welchem sich der AG bei verspäteter Geltendmachung befinden würde (vgl die umfassenden Nachweise in RIS-Justiz RS0034417). Denn wenn im vorliegenden Zusammenhang trotz eines allfälligen Beweisnotstandes und des Ablaufs einer kollektivvertraglichen oder einzelvertraglichen Ausschlussfrist weiterhin eine Strafverfolgung wegen Unterentlohnung möglich bleibt, so zeigt das mit aller Deutlichkeit, dass sich zumindest insoweit der AG weder auf einen Beweisnotstand, noch auf irgendwelche sonstigen möglichst frühzeitigen „Klarstellungsinteressen“ berufen kann. Warum das aber bezogen auf die rein zivilrechtliche Seite der betreffenden Ansprüche anders sein sollte, bliebe rätselhaft. Dies insb dann, wenn tatsächlich nach Ablauf von solchen Ausschlussfristen Verfolgungshandlungen eingeleitet und Verwaltungsstrafen rechtskräftig verhängt werden, weil insofern die Berufung des AG auf allfällige Beweisschwierigkeiten oder vorzeitige Klarstellungsinteressen in keiner Weise Berücksichtigung fände.

4.
Zur Sittenwidrigkeitsprüfung nach § 879 ABGB

Nun kann der aufgezeigte normative Wertungswiderspruch wohl nicht direkt durch analoge Anwendung der verwaltungsstrafrechtlichen Verfolgungsverjährung auf das zivilrechtliche Verjährungsrecht in dem Sinne gelöst werden, dass für den Bereich einer Unterentlohnung nach § 29 Abs 1 LSD-BG die Verjährungsfrist des § 1486 Z 5 ABGB ohne weiteres als zwingend anzusehen wäre. Soweit freilich ohnehin stets auch zivilrechtlich zu prüfen ist, ob und inwieweit Verfallsklauseln nicht sittenwidrig iSd § 879 Abs 1 ABGB sind, sollten doch auch die Wertungen des LSD-BG bei der dafür notwendigen Interessenabwägung mitberücksichtigt werden.

Geht man nämlich davon aus, dass Sittenwidrigkeit vorliegt, wenn eine Interessenabwägung eine grobe Verletzung rechtlich geschützter Interessen iS eines groben Missverhältnisses zwischen verletzten und geförderten Interessen ergibt (vgl mwN etwa Krejci in Rummel/Lukas, ABGB4 § 879 Rz 50; Graf in Kletečka/Schauer, ABGB-ON1.04 § 879 Rz 60 f; Bollenberger in KBB5 § 879 Rz 5), so liegt es durchaus nahe, für die Fälle einer Unterentlohnung nach dem LSD-BG die dortige normative Bewertung der AG- und AN-Interessen in Ansehung von Verjährung und Verfristung auch für die zivilrechtliche Beurteilung zu beachten. Dann erscheint aber – wie schon oben ausgeführt – eine Berufung des AG auf die Notwendigkeit eines besonderen Schutzes vor57Beweisschwierigkeiten und damit einhergehend auf vorzeitige Klarstellung durch autonome Verfallsklauseln angesichts der jedenfalls drei Jahre ab Fälligkeit bestehenbleibenden Möglichkeit verwaltungsstrafrechtlicher Verfolgung der Unterentlohnung völlig unangebracht. Da andererseits mit der Annahme rechtlicher Wirksamkeit der betreffenden Ausschlussklauseln zugleich eine grobe Verletzung der AN-Interessen an korrekter – und eben gerade auch zusätzlich durch das Verwaltungsstrafrecht geschützter – effektiver Entlohnung verbunden wäre, müsste das damit gegebene grobe Missverhältnis zwischen verletzten und geförderten Interessen zumindest im Bereich einer Unterentlohnung nach § 29 Abs 1 LSD-BG die sonst in der Rsp übliche Interessenbewertung zur Zulässigkeit von Verfallsklauseln verdrängen.

Soweit also der OGH auch vorliegend wieder seine Judikatur zur möglichen Sittenwidrigkeit von vertraglichen Verfallsklauseln bestätigt, wonach die Geltendmachung von Ansprüchen jedenfalls nicht ohne sachlichen Grund übermäßig erschwert werden darf, aber ein Verfall von Gehaltsansprüchen, die nicht vier Monate nach Fälligkeit beim AG schriftlich geltend gemacht werden, keine Sittenwidrigkeit nach § 879 ABGB begründet, kann dem wohl für Fälle der strafbaren Unterentlohnung nach § 29 Abs 1 LSD-BG nicht mehr gefolgt werden. Insoweit müssten vielmehr – abseits der allgemeinen Diskussion zur Zulässigkeit von Verfallsfristen (siehe dazu meine kritischen Ausführungen in DRdA 2015, 71 ff, insb 77 ff) – im Rahmen der umfassenden Interessenabwägung bei der Sittenwidrigkeitsprüfung nach § 879 Abs 1 ABGB die sich aus § 29 Abs 4 LSD-BG ergebenden Wertungen zu Lasten der innerhalb der normalen Verjährungszeit nach § 1486 Z 5 ABGB nicht weiter schutzwürdigen AG-Interessen hinsichtlich Beweisnotstand und alsbaldiger Klarstellung berücksichtigt werden und letztlich zur Teilnichtigkeit von autonom vereinbarten Verfallsklauseln wegen Sittenwidrigkeit nach § 879 Abs 1 ABGB führen.

Alternativ könnte man bei strafbarer Unterentlohnung hinsichtlich allfälliger kollektivvertraglicher oder einzelvertraglicher Verfallsfristen auch eine Ablaufhemmung für die Dauer der möglichen Strafverfolgung nach dem LSD-BG überlegen, um neben dem unzweifelhaften generalpräventiven Anliegen des LSD-BG auch der effektiven Durchsetzung korrekter Entlohnung für jeden einzelnen betroffenen AN zum Durchbruch zu verhelfen. Letztere wäre nämlich in normzweckwidriger Weise vereitelt, wenn eine strafbare Unterentlohnung zwar trotz zwischenzeitlichem Verfall des betreffenden Anspruchs während der gesamten Strafverfolgungsfrist von drei Jahren ab Fälligkeit aufgegriffen und auch effektiv mit Verwaltungsstrafe belegt werden könnte, dem AN selbst aber ab dem vorgesehenen frühzeitigen Verfall keine Möglichkeit mehr bliebe, das verwaltungsstrafrechtswidrig vorenthaltene Entgelt gerichtlich einzuklagen. Dass bei öffentlich-rechtlicher Unterstützung der Durchsetzung privatrechtlicher Ansprüche die Verjährungs- oder sonstige Verfristungshemmung ein adäquates Mittel zur Gewährleistung effektiver Rechtsdurchsetzung ist, zeigt sich gerade im arbeitsrechtlichen Zusammenhang auch am Beispiel des § 29 Abs 2 GlBG. Während es allerdings dort darauf ankommt, dass behördliche Ermittlungen auch tatsächlich eingeleitet worden sind, erfordert der spezifische Normzweck des LSD-BG und die spezielle Regelung des § 29 Abs 4 LSD-BG eine zivilrechtswirksame Fristenhemmung für die gesamte Dauer der Strafverfolgungsfrist, unabhängig davon, ob entsprechende Erhebungen bereits eingeleitet worden sind oder nicht. Im Einzelnen bedürfte es dazu wohl noch weitergehender Überlegungen und Präzisierungen, die jedoch den Rahmen der vorliegenden Entscheidungsanmerkung sprengen würden.

5.
Zur Bedeutung der ordnungsgemäßen Lohnabrechnung

Die Meinung des OGH, dass eine Verfallsfrist nur dann mit der Aushändigung einer ordnungsgemäßen Lohnabrechnung beginne, wenn entweder die kollektivvertragliche Regelung dieses Erfordernis ausdrücklich vorsehe, oder besondere Fallkonstellationen vorlägen, in denen sich der AN nur durch eine Abrechnung Klarheit über offene Ansprüche verschaffen könne, mag zwar in der Konsequenz der auch sonst großzügigen Zulassung von autonom vereinbarten Verfallsfristen liegen, kann aber unabhängig von der allgemeinen Zulässigkeitsdiskussion schon dann nicht überzeugen, wenn man Sinn und Zweck kurzer Verfallsfristen auch nur ansatzweise mitberücksichtigt. Mindestens dann wäre nämlich bei der in der Zulässigkeitsfrage stets erforderlichen Bewertung der beteiligten Interessen in Betracht zu ziehen, dass sich ein AG wohl schwerlich auf sein Interesse an möglichst rascher Klarstellung der Rechtslage und an einem Schutz vor möglichem Beweisnotstand berufen können soll, wenn er selbst seinen nach KollV (oder nunmehr auch ganz allgemein schon nach § 2f AVRAG) geschuldeten Beitrag dazu in Form der bei Entgeltfälligkeit zu übermittelnden vollständigen Bezugsabrechnung noch gar nicht geleistet hat. In Wahrheit müsste deshalb sogar eine Kollektivvertragsklausel, die geradezu ausdrücklich den Beginn einer kurzen Verfallsfrist allein mit der Fälligkeit und unabhängig von der gleichzeitig normierten Bezugsabrechnungspflicht des AG bei Fälligkeit festlegen würde, zumindest insoweit wegen eines groben Missverhältnisses zwischen geschützten und gefährdeten Interessen, hier also wegen ganz unverhältnismäßiger Benachteiligung der AN-Seite, als teilnichtig nach § 879 Abs 1 ABGB angesehen werden.58