14Mutterschaftsbedingte Versetzung
Mutterschaftsbedingte Versetzung
Der AG ist nach dem Mutterschutzgesetz verpflichtet, die AN nach der Karenz in der gleichen Verwendung weiter zu beschäftigen, zu der sie seinerzeit vertraglich aufgenommen und auch tatsächlich eingesetzt worden war. Das ist nicht anders zu verstehen, als dass eine AN nach der Rückkehr aus der Karenz im Rahmen ihrer vertraglich vereinbarten und tatsächlich ausgeübten Tätigkeit weiter zu beschäftigen ist. Die Zuweisung einer mit der früheren Tätigkeit identen Beschäftigung ist nicht erforderlich. An einem vertraglich vereinbarten Direktionsrecht des AG ändert sich dadurch nichts.
Davon zu trennen ist die Frage, ob mit der Verwendung eines oder einer AN in einer anderen als der ursprünglich vereinbarten Tätigkeit eine (konkludente) Änderung des Arbeitsvertrags durch Änderung der vertraglich geschuldeten Leistung einhergeht. Dass eine solche Vertragsänderung auch nach Maßgabe einer beruflichen Weiterentwicklung auf Spezialisierung erfolgen kann, kann dabei nicht weiter zweifelhaft sein. Aus der bloßen Tatsache der längeren Verwendung des oder der AN an einem bestimmten Arbeitsplatz kann aber für sich allein noch nicht ohne weiteres geschlossen werden, dass sich der auf diese Weise als vereinbart anzusehende Aufgabenkreis des oder der AN auf diese zuletzt ausgeübte Tätigkeit beschränkt habe.
Die Kl wurde im Jahr 2008 laut ihrem Arbeitsvertrag „vornehmlich zur Verrichtung folgender Arbeiten aufgenommen: Verkäuferin
“ und war als solche in einer Filiale der Bekl tätig. Nach dem Arbeitsvertrag blieb es dem AG vorbehalten, ihr eine andere Dienstverwendung zuzuweisen und sie auch in anderen Betriebsstätten einzusetzen. Im Jänner 2012 wechselte die Kl in das Büro der Bekl, wo sie für den Einkauf im Onlineshop zuständig war. Als sie nach ihrer Karenz 2015/2016 Elternteilzeit in Anspruch nahm, teilte ihr die Bekl mit, sie aufgrund von Sparmaßnahmen wieder als Verkäuferin in einer Filiale einsetzen zu müssen. Die Kl erhielt eine entsprechende Dienstzuteilung.
Die Vorinstanzen wiesen das Begehren der Kl auf Feststellung, dass sie nicht verpflichtet sei, dieser Versetzungsanweisung der Bekl Folge zu leisten, ab, weil die Tätigkeit dem vertraglich vereinbarten Leistungsinhalt entspreche. In ihrer dagegen gerichteten außerordentlichen Revision zeigt die Kl keine Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO auf. [...]
Durch die Inanspruchnahme einer Karenz wird der Arbeitsvertrag nur insofern abgeändert, als für einen befristeten Zeitraum die Arbeits- und die Entgeltpflicht ruhen (OGH9 ObA 50/14i). Der AG ist nach dem MSchG daher verpflichtet, die AN nach der Karenz in der gleichen Verwendung weiter zu beschäftigen, zu der sie seinerzeit vertraglich aufgenommen und auch tatsächlich eingesetzt worden war (RIS-Justiz RS0070881; Wolfsgruber in Neumayr/Reissner, ZellKomm I2 MSchG § 15 Rz 22; Thomasberger in Burger-Ehrnhofer/Schrittwieser/Thomasberger, Mutterschutzgesetz und Väter-Karenzgesetz2 § 15 Erl S 332). Das ist nach den die-149sem Rechtssatz zugrunde liegenden einschlägigen Entscheidungen nicht anders zu verstehen, als dass eine AN nach der Rückkehr aus der Karenz im Rahmen ihrer vertraglich vereinbarten und tatsächlich ausgeübten Tätigkeit weiter zu beschäftigen ist (OGH4 Ob 71/70 = Arb 8796: nach der Karenz keine Pflicht zur Lageristenarbeit bei vereinbarter Tätigkeit als Buchhalterin; 9 ObA 50/14i: keine Pflicht zur Tätigkeit als „director of training“ bei vereinbarter Tätigkeit als Verkaufsleiterin). Die Zuweisung einer mit der früheren Tätigkeit identen Beschäftigung ist nicht erforderlich (Wolfsgruber in Neumayr/Reissner, ZellKomm2 § 15 MSchG Rz 23).
An einem vertraglich vereinbarten Direktionsrecht des AG ändert sich dadurch nichts. Aus arbeitsvertraglicher Sicht ist diesbezüglich nur entscheidend, ob die Anordnung (Weisung) des AG über einen Wechsel des Tätigkeitsbereichs oder des Tätigkeitsorts des bzw der AN durch den Inhalt des Arbeitsvertrags gedeckt ist oder sich aus vereinbarten Gestaltungsvorbehalten ergibt. Der bzw die AN ist nur insoweit verpflichtet, einer „Versetzungsanweisung“ Folge zu leisten, als auch der neue Arbeitsplatz in den arbeitsvertraglich vereinbarten örtlichen oder sachlichen Tätigkeitsbereich fällt (OGH9 ObA 51/07a; 9 ObA 37/17g).
Davon zu trennen ist die Frage, ob mit der Verwendung eines oder einer AN in einer anderen als der ursprünglich vereinbarten Tätigkeit eine (konkludente) Änderung des Arbeitsvertrags durch Änderung der vertraglich geschuldeten Leistung einhergeht. Dass eine solche Vertragsänderung auch nach Maßgabe einer beruflichen Weiterentwicklung auf Spezialisierung erfolgen kann, kann dabei nicht weiter zweifelhaft sein. Aus der bloßen Tatsache der längeren Verwendung des AN an einem bestimmten Arbeitsplatz kann aber für sich allein noch nicht ohne weiteres geschlossen werden, dass sich der auf diese Weise als vereinbart anzusehende Aufgabenkreis des AN auf diese zuletzt ausgeübte Tätigkeit beschränkt habe (s RISJustiz RS0029509). Ob die angeordnete Änderung des Tätigkeitsbereichs durch den Arbeitsvertrag gedeckt ist, ist daher im Wege der Vertragsauslegung zu beurteilen. Dabei kommt es immer auf die Umstände des Einzelfalls an (RIS-Justiz RS0029509 [T8]).
Die Kl hat im erstinstanzlichen Verfahren kein Vorbringen dahin erstattet, dass es infolge ihrer Tätigkeit als Einkäuferin zumindest konkludent zu einer Änderung des Vertragsinhalts gekommen wäre. Insb erklärte sie auf die ausdrückliche Frage nach sonstigen für die vertragliche Verbindlichkeit relevanten Umständen, dass es keine besonderen Absprachen oder Nebenumstände gegeben habe. Die Ansicht der Vorinstanzen, dass die der Kl nach ihrer Rückkehr aus der Karenz zugewiesene Verkaufstätigkeit in einer Filiale innerhalb der von ihr vertraglich geschuldeten und auch jahrelang erbrachten Leistung lag, ist daher nach den Umständen des Falls vertretbar und nicht weiter korrekturbedürftig. Parallelen zu den Modalitäten des Rückkehrrechts nach § 75b BDG sind hier nicht angezeigt.
Mangels einer Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO ist die außerordentliche Revision der Kl daher zurückzuweisen. [...]
Für die Zeit der Karenz ruhen die Hauptleistungspflichten aus dem Arbeitsverhältnis, also der Entgeltanspruch der AN ebenso wie ihre Arbeitspflicht. Andere Nebenpflichten aus dem Arbeitsverhältnis sind in Folge des weiteren Bestandes des Arbeitsverhältnisses aber auch während der Karenz weiter zu beachten, so insb die Fürsorgepflicht des AG und die Treuepflicht der AN. Nach dem Ende der Karenz ist der AG nach einhelliger Lehre und Rsp verpflichtet, die AN in der gleichen Verwendung weiter zu beschäftigen, zu der sie bei Beginn des Arbeitsverhältnisses vertraglich aufgenommen und auch tatsächlich eingesetzt worden war (bspw RS0070881, etwa OGH4 Ob 71/70 ZAS 1972, 215 [zust Migsch]; Wolfsgruber-Ecker in Neumayr/Reissner [Hrsg], Zeller Kommentar zum Arbeitsrecht3 [2018] § 15 MSchG Rz 22). Dabei handelt es sich genau genommen schon um eine zivilrechtliche vertragsbedingte Selbstverständlichkeit, auch wenn das Zustandekommen der Karenzierung an sich den arbeitsrechtlichen Besonderheiten des MSchG unterliegt.
Vor diesem Hintergrund handelt es sich vorliegend um eine eigentlich unspektakuläre E des OGH, die sowohl im Ergebnis als auch von der Begründung her überzeugt.
Aus einer früheren E des OGH (dazu sogleich) wurden aber dieser E zum Teil gegenläufige Tendenzen abgeleitet. Auch behandelt die besprechungsgegenständliche E – wohl mangels entsprechenden Vorbringens – keine Aspekte des Diskriminierungsrechts. Deshalb lohnen einige Überlegungen aus Anlass dieser Entscheidung.
Oberflächlich betrachtet, könnte sich aus der Vorentscheidung OGH9 ObA 50/14i (ZAS 2015/7 [zust Schörghofer]) eine engere Sichtweise (zugunsten der AN) ergeben: Die damalige bekl AN wurde in einem Luxushotel als Verkaufsleiterin („Director of Sales“) eingestellt; nach Ablauf ihrer Karenz wurde sie letztlich (mit 36 Wochenstunden) teilzeitbeschäftigt. Während die bisherige Stellvertreterin der AN zur Leiterin (durch Organisationsänderungen) zusammen gelegter Verkaufsabteilungen („Complex of Sales“) bestellt wurde, wurde der AN nur mehr eine mit gleichen Bezügen versehene, aber (berufskundlich festgestellt) geringerwertige Stelle als „Director of Training“ angeboten; nach dem rechtkräftigen erstinstanzlichen Urteil in einem Vorprozess der Parteien (mit dem Ergebnis einer nicht vertragskonformen Tätigkeit auf Grund der nicht vorliegenden Gleichwertigkeit der beiden150 Stellen, siehe dazu näher Goricnik, Die Versetzung [2015] 11 f) war sie aber nicht verpflichtet, diese nicht vertragskonforme Tätigkeit auszuüben, sodass die kl Hotelbetreiberin vom Gericht eine Zustimmung zur Kündigung nach § 10 Abs 4 zweite Alternative MSchG mit der Behauptung des Wegfalls der Stelle der AN begehrte. Diese Rechtsgestaltungsklage blieb aber in allen drei Instanzen erfolglos. Zur Verwendung einer AN nach Ablauf eines Karenzurlaubes führte der OGH in seiner Begründung der Zurückweisung der außerordentlichen Revision aber lediglich aus, dass der AG verpflichtet sei, die AN in der gleichen Verwendung weiter zu beschäftigen, zu der sie seinerzeit vertraglich aufgenommen und auch tatsächlich eingesetzt worden war, werde doch der Arbeitsvertrag durch die Karenz nur insofern abgeändert, als für einen befristeten Zeitraum die Arbeits- und die Entgeltpflicht ruhen. Entgegen anders lesbarer Pressemeldungen (zB Silberbauer, DER STANDARD, 1.9.2014, https://derstandard.at/2000004979045/Karenz-Rueckkehrrecht-auch-bei-guter-Vertretunghttps://derstandard.at/2000004979045/Karenz-Rueckkehrrecht-auch-bei-guter-Vertretung [abgerufen am 14.1.2019]) sprach der OGH auch in dieser Vorentscheidung sohin nicht davon, dass ein Rückkehrrecht auf dieselbe berufliche Position oder Stelle bestehe.
Aber auch Gahleitner (in ASoK 2016, Judikaturentwicklungen im Gleichbehandlungsrecht, 202 ff) und Wolfsgruber-Ecker insinuieren, dass diese E in Richtung eines Rückkehrrechtes der karenzierten AN auf den (früheren) konkreten Arbeitsplatz verstanden werden könnte. Gahleitner spricht sogar von einer dezidierten Aussage zum Rückkehrrecht auf den konkreten Arbeitsplatz. In der Folge relativiert sie aber und führt aus, dass es abzuwarten bleibe, ob der OGH tatsächlich die „gleiche“ Verwendung und nicht nur eine „gleichartige“ Verwendung als zwingenden Anspruch festschreiben wollte (Gahleitner, ASoK 2016, 203). Wolfsgruber-Ecker führt aus, dass die Zuweisung eines anderen als des bisherigen Arbeitsplatzes an eine (in Vollzeit) wieder in den Betrieb zurückgekehrte AN rechtlich kaum argumentierbar sei. Auch bei einer an die Karenz anschließenden Teilzeitbeschäftigung müssten absolut zwingende sachliche Gründe vorliegen, um eine Versetzung an einen anderen Arbeitsplatz zu rechtfertigen. Ansonsten sei von einer mittelbaren Diskriminierung iSd § 5 Abs 2 GlBG auszugehen, die der Versetzung entgegenstehe (Wolfsgruber-Ecker in ZellKomm3 § 15 MSchG Rz 23 f).
Selbstverständlich kann auch eine Versetzung (in Bezug auf Arbeitszeit und/oder Arbeitsort und/oder Arbeitsinhalt) eine Diskriminierung bei den sonstigen Arbeitsbedingungen gem § 3 Z 6 GlBG darstellen (zB Hopf/Mayr/Eichinger, GlBG [2009] § 3 Rz 133 [Stand 1.1.2009, rdb.at]). So entschied auch der OGH, dass eine örtliche Versetzung (von einem Wiener in ein burgenländisches Produktionswerk) mit Ende der Karenz und Beginn der Elternteilzeit eine (mittelbar Frauen) diskriminierende Versetzung wegen der Kinderbetreuung sei (OGH9 ObA 2/14f ZAS 2015/15 [Krömer]). Eine entsprechende Personalmaßnahme müsste zu ihrer Zulässigkeit sohin erstens sachlich rechtfertigbar und zweitens verhältnismäßig sein (vgl Hopf/Mayr/Eichinger, GlBG § 3 Rz 110); da es der AG nach dem Sachverhalt der vorzitierten E unterließ, den Rechtsbehelf des Verfahrens gem §§ 15k Abs 3 iVm 15p MSchG anzustrengen, fehlte es der Versetzung der AN hier an dieser von § 5 Abs 2 GlBG geforderten Verhältnismäßigkeit.
MaW müssen AG schon im Zuge allfälliger Elternteilzeitverfahren bedenken, ob Veränderungen am Arbeitsplatz iwS, den die AN zukünftig bekleiden soll, notwendig sind und ob diese Veränderungen einer Zustimmung der AN (und allenfalls auch des BR) bedürfen (so schon Goricnik, Die Versetzung 39).
Letztlich wird (im Rahmen des erstmöglichen Rechtsbehelfes) – auf der Grundlage des Arbeitsvertrages – eine Interessenabwägung zwischen den Interessen der AN und betrieblichen Erfordernissen stattzufinden haben (vgl Hopf/Mayr/Eichinger, GlBG § 5 Rz 110).
Nach der Rückkehr aus der Karenz gibt es – nach wie vor – keine Garantie auf einen identen Arbeitsplatz, egal ob eine Rückkehr in Vollzeit oder Teilzeit erfolgt. Ausschlaggebend für die weitere Verwendung der AN ist ihr Arbeitsvertrag (inklusive allfälliger Versetzungsklauseln). Erfolgt eine Rückkehr in Teilzeit, besteht (iZm Kinderbetreuungspflichten) zwar ein zusätzlicher Diskriminierungsschutz, dem aber mit dem richtigen Procedere des AG – wie zuvor ausgeführt – begegnet werden kann, sofern eine Versetzung auf einen anderen Arbeitsplatz iwS betrieblich erforderlich und verhältnismäßig ist, sprich zur Erreichung des betrieblich Erforderlichen kein gelinderes Mittel zur Verfügung steht. Ein solch „gelinderes Mittel“ werden nach meiner Auffassung aber jedenfalls keine (verschlechternden) Versetzungen anderer AN oder gar die Beendigung deren Arbeitsverhältnisse sein: Das Interesse einer teilzeitbeschäftigten AN an der Beibehaltung ihres ursprünglichen Arbeitsplatzes kann nicht die Interessen anderer AN an der Beibehaltung ihrer Arbeitsplätze überwiegen; abgesehen davon, dass es für eine andere Sichtweise keinen normativen Ansatz gibt, würde selbst ein solcher normativer Ansatz erheblichen grundrechtlichen Bedenken begegnen (insb Art 6 Abs 1 StGG; Art 7 Abs 1 B-VG; Art 20 GRC).151