15Prognose über voraussichtliche Dauer des Krankenstands ≠ Meldung des Endes desselben
Prognose über voraussichtliche Dauer des Krankenstands ≠ Meldung des Endes desselben
Nur der Beginn des Krankenstands, nicht jedoch das Hinzutreten einer weiteren Erkrankung bei Fortdauer des ununterbrochenen Krankenstands oder die Verlängerung desselben löst die Verpflichtung zur Krankmeldung aus.
Auch wenn der AN selbst eine Prognose über die voraussichtliche Dauer seines Krankenstands macht, führt dies zu keinen weitergehenden Melde- oder Nachweispflichten als den im Gesetz ausdrücklich vorgesehenen.
Gibt der AN keine Prognose über die voraussichtliche Dauer des Krankenstands ab, sondern meldet er vielmehr dessen Ende, hat der AN eine Situation geschaffen, in der der AG berechtigt davon ausgehen konnte, dass die Arbeitsfähigkeit des AN wiederhergestellt ist und einer Arbeitsaufnahme am nächsten Tag keine Hindernisse entgegenstehen, weshalb bei einer tatsächlich vorliegenden neuerlichen oder fortdauernden Dienstverhinderung im konkreten Fall auch eine neue Meldepflicht resultierte.
Der Kl war bei der Bekl ab 12.2.2016 als Bodenleger beschäftigt und befand sich aufgrund eines Bandscheibenvorfalls ab 23.5.2016 im Krankenstand. Dies teilte er der Bekl mit SMS vom 24.5.2016 mit. Am selben Tag übermittelte er per E-Mail eine ärztliche Bescheinigung, in der „Krankheit“ sowie der Beginn der Arbeitsunfähigkeit mit 23.5.2016 angegeben war, jedoch keine voraussichtliche Dauer des Krankenstands. Auf Nachfrage gab der Kl dem AG bekannt, ab Montag dem 30.5.2016 wieder einsatzfähig zu sein. Am 30.5.2016 meldete er sich wieder per SMS und erklärte, noch zwei Infusionen erhalten zu haben und die Arbeit daher erst am 31.5.2016 wieder antreten zu können.
Entgegen dieser Ankündigung erschien er jedoch am 31.5.2016 nicht zur Arbeit und war für die Bekl auch nicht mehr erreichbar. Daraufhin übermittelte ihm die Bekl ein mit 6.6.2016 datiertes Schreiben, dass ihm, da er angegeben habe, mit 31.5.2016 wieder arbeitsfähig zu sein und seitdem nicht mehr erreichbar sei, kein Entgelt mehr ausbezahlt werde. Daraufhin meldete sich der Kl am 13.6.2016 bei der Bekl und teilte mit, noch nicht arbeitsfähig zu sein. Am 14.6.2016 vereinbarten die Parteien die einvernehmliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses. Zu diesem Zeitpunkt befand sich der Kl noch im Krankenstand.
Der Kl begehrte [...] Lohn für den Zeitraum 1.6. bis 14.6.2016, anteilige Sonderzahlungen und Urlaubsersatzleistung. Aufgrund seines Krankenstands, den er der Bekl auch mitgeteilt habe, habe keine Arbeitspflicht bestanden. Es liege auch kein unentschuldigtes Fernbleiben von der Arbeit vor.
Die Bekl bestritt und brachte vor, der Kl sei trotz Ankündigung am 31.5.2016 nicht wieder zur Arbeit erschienen und sei auch nicht mehr erreichbar gewesen. Damit sei er der durch seine eigene Bekanntgabe neu ausgelösten Verpflichtung zur Krankmeldung nicht nachgekommen, weshalb er für die Dauer dieser Säumnis den Anspruch auf Entgeltfortzahlung verloren habe. Der Anspruch auf Sonderzahlungen bestehe jedenfalls nicht in der geltend gemachten Höhe.
Das Erstgericht verpflichtete die Bekl, dem Kl 1.178,43 € brutto sA zu zahlen, das Mehrbegehren wies es ab. Nach § 4 Abs 1 EFZG sei ein AN verpflichtet, dem AG eine Dienstverhinderung ohne Verzug bekanntzugeben. Eine Verletzung dieser Verpflichtung führe dazu, dass er für die Dauer der Säumnis den Anspruch auf Entgelt verliere. Diese Verpflichtung beziehe sich nur auf den Beginn des Krankenstands, nicht auf die Verlängerung. Der Kl habe seine krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit am 24.5.2016 mitgeteilt. Damit habe er seiner Meldepflicht entsprochen. Zu einer weiteren Mitteilung, weshalb er am 31.5.2016 entgegen seiner vorhergehenden Ankündigung die Arbeit nicht angetreten habe, sei er nicht verpflichtet gewesen. Bei richtiger Berechnung der Sonderzahlungen ergebe sich jedoch nur ein Anspruch von 1.178,43 € brutto sA.
Das Berufungsgericht [...] ging ebenfalls davon aus, dass sich die Meldepflicht des AN auf den Beginn des Krankenstands, nicht aber auf eine Verlängerung beziehe. Wenn jedoch der AN von sich aus die Dauer der Arbeitsunfähigkeit ausdrücklich begrenze, etwa durch Angabe des letzten Tags des Krankenstands, und sich in der Folge ergebe, dass bei ihm über diesen Tag hinaus eine Arbeitsverhinderung vorliege, bestehe neuerlich die Pflicht zur Mitteilung der (fortdauernden) Arbeitsverhinderung. Vom 1.6.2016 bis 13.6.2016 liege daher eine Verletzung der Mitteilungspflicht vor, weshalb für diesen Zeitraum kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung bestehe, ebenso kein Anspruch auf Sonderzahlungen. [...]
Das Berufungsgericht ließ die Revision zu, weil Rsp zu der über den Einzelfall hinausgehenden Frage fehle, ob eine durch den AN vorgenommene zeitliche Eingrenzung eines bestehenden Krankenstands bei sonstigen Säumnisfolgen die Obliegenheit auslöse, die Fortdauer der Arbeitsverhinderung bekanntzugeben. [...]
Rechtliche Beurteilung
Die Revision des Kl ist aus den vom Berufungsgericht genannten Gründen zulässig, aber nicht berechtigt.
1. Nach § 4 Abs 1 EFZG ist der AN verpflichtet, ohne Verzug eine Arbeitsverhinderung dem AG bekanntzugeben und auf Verlangen des AG, das nach angemessener Zeit wiederholt werden kann, eine Bestätigung des zuständigen Krankenversicherungsträgers oder eines Gemeindearztes über Beginn, voraussichtliche Dauer und Ursache der Arbeitsunfähigkeit vorzulegen. Die schuldhafte Verletzung dieser Pflichten durch den AN führt für die Dauer der Säumnis zum Verlust des Entgeltfortzahlungsanspruchs (§ 4 Abs 4 EFZG). Die Anzeige152 der Dienstverhinderung dient der unverzüglichen Information des AG über den Ausfall des AN. Dem AG soll so die Möglichkeit rechtzeitiger Dispositionen gegeben werden, aber auch die Möglichkeit zur Abwägung verschaffen, ob das Fernbleiben des AN sachlich gerechtfertigt ist bzw war (RIS-Justiz RS0027976).
Der Inhalt der Meldung ist einerseits auf das Fernbleiben vom Dienst und andererseits auf die Krankheit (den Unglücksfall) als Grund gerichtet. Die Krankheit selbst muss dabei weder benannt noch müssen die körperlichen oder seelischen Beschwerden erklärt werden, es reicht aus, wenn der AN als Grund bloß „Krankheit“ nennt (zur insoweit gleichlautenden Bestimmung des § 8 Abs 8 AngG: Burger in Reissner [Hrsg], AngG2 [2015] § 8 Rz 30 mwN).
Unstrittig ist, dass der Kl dieser Verpflichtung zunächst durch Bekanntgabe seiner Erkrankung nachgekommen ist und auch, ohne ein Verlangen des AG abzuwarten, eine ärztliche Bestätigung vorlegte. Auch wenn diese keine Angaben zur voraussichtlichen Dauer der Arbeitsunfähigkeit beinhaltete, liegt darin keine Verletzung einer Nachweispflicht, da die Vorlage einer weitergehenden Bestätigung vom AG nicht verlangt wurde.
2. Grundsätzlich richtig verweist die Revision darauf, dass nur der Beginn des Krankenstands, nicht jedoch das Hinzutreten einer weiteren Erkrankung bei Fortdauer des ununterbrochenen Krankenstands oder die Verlängerung desselben die Verpflichtung zur Krankmeldung auslöst (vgl RISJustiz RS0027976 [T4]; Drs in ZellKomm2 § 8 AngG Rz 70; Vogt in Mazal/Risak [Hrsg], Das Arbeitsrecht-System und Praxiskommentar [16. Lfg 2016], Krankheit und Unglücksfall Rz 46).
Daran ändert auch nichts, wenn der AN selbst eine „voraussichtliche Dauer“ seiner Arbeitsunfähigkeit, sei es von sich aus oder auf Drängen des AG bekannt gibt. Wie vom OGH bereits zur ärztlichen Krankenstandsbestätigung ausgeführt wurde, liegt es in der Natur der Sache, dass auch von einem Arzt über den tatsächlichen Krankheitsverlauf immer nur unverbindliche und unsichere Prognosen abgegeben werden können (9 ObA 62/02m). Umso mehr muss das für den AN gelten, der einen Krankheitsverlauf aufgrund fehlender medizinischer Kenntnisse noch weniger einschätzen kann.
In der Literatur wird vertreten, dass dann, wenn der AN von sich aus die Dauer der Arbeitsunfähigkeit ausdrücklich begrenzt (zB durch die Angabe des letzten Tages der Krankheit) und sich in der Folge ergibt, dass über diesen Tag hinaus eine Arbeitsverhinderung gegeben ist, eine neuerliche Pflicht zur Mitteilung der fortdauernden Arbeitsverhinderung besteht (Kallab/Hauser, Entgeltfortzahlungsgesetz5 § 4 Erl 2 [148]; vgl auch Geiblinger, Im Zusammenhang mit dem Krankenstand beachtliche Fristen, ASoK 2012, 255 ff [260]; Drs in ZellKomm2 § 8 AngG Rz 70; Schindler, Der Nachweis des Krankenstandes, in Resch, Krankenstand: Arbeits- und Sozialrechtliche Probleme [2007] 13 ff [20]; Rauch, Kommentar zum EFZG [2006] § 4 EFZG Anm 1.6 [94]).
Dem kann in dieser Allgemeinheit nicht gefolgt werden. Nach dem Gesetz ist der AN nur verpflichtet, die Arbeitsverhinderung bekanntzugeben. Erst auf Verlangen des AG ist eine Krankenstandsbestätigung, die auch die voraussichtliche Dauer der Arbeitsunfähigkeit beinhaltet, vorzulegen. Dieses Verlangen kann nach angemessener Zeit wiederholt werden. Das Gesetz fordert daher gerade kein weiteres Tätigwerden des AN, sondern räumt nur dem AG die Möglichkeit ein, eine Bestätigung über die Fortdauer des Hinderungsgrundes zu verlangen.
Auch wenn der AN selbst eine Prognose über die voraussichtliche Dauer seines Krankenstands macht, führt dies zu keinen weitergehenden Melde- oder Nachweispflichten als den im Gesetz ausdrücklich vorgesehenen.
Nur für den Fall der Verletzung der im Gesetz vorgesehenen Melde- und Nachweispflichten sieht § 4 Abs 4 EFZG den Entfall des Anspruchs auf Entgelt vor. Liegt keine solche Pflichtverletzung vor, besteht ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung.
3. Der vorliegende Fall ist nun dadurch gekennzeichnet, dass der Kl gegenüber der Bekl nicht eine voraussichtliche Dauer des Krankenstands bekanntgegeben hat, sondern – von sich aus – ankündigte, am nächsten Tag die Arbeit wieder anzutreten. Mit dieser Bekanntgabe hat er keine Prognose über die voraussichtliche Dauer des Krankenstands abgegeben, sondern vielmehr dessen Ende gemeldet. Dadurch hat er aber eine Situation geschaffen, in der der AG berechtigt davon ausgehen konnte, dass die Arbeitsfähigkeit des Kl wiederhergestellt ist und einer Arbeitsaufnahme am nächsten Tag keine Hindernisse entgegenstehen, weshalb bei einer tatsächlich vorliegenden neuerlichen oder fortdauernden Dienstverhinderung im konkreten Fall auch eine neue Meldepflicht resultierte.
Zu Recht ist daher das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass dem Kl aufgrund dieser Verletzung der Meldepflicht für den nachfolgenden Zeitraum bis zur neuerlichen Kontaktaufnahme mit dem AG nach § 4 Abs 4 EFZG kein Entgelt zusteht. Der Revision war daher nicht Folge zu geben.
Die vorstehende E des OGH beschäftigt sich mit einem AN, der während seines Krankenstands teilweise für die AG nicht erreichbar war. Der AN hatte sich am Beginn der Krankheit noch ordnungsgemäß gemeldet sowie eine – wenn auch unvollständige – ärztliche Bestätigung geschickt. „Auf Nachfrage“ der AG wurde vom AN selbst, kurz nach einem weiteren Arztbesuch, schließlich ein konkreter Arbeitsbeginn nach dem Krankenstand genannt. Zum angekündigten Zeitpunkt erschien der AN allerdings – ohne weitere Meldung – nicht und war für die AG in der Folge fast zwei Wochen auch nicht mehr erreichbar. Die AG verweigerte daraufhin die Entgeltfortzahlung für die Zeit der Säumnis der Meldung des AN.
Der OGH hatte in der Folge zu entscheiden, ob der vom AN selbst angekündigte und dann doch nicht153 eingehaltene Wiederantritt eine neuerliche Meldepflicht auslösen könne oder nicht. In der Argumentation folgte der OGH im Wesentlichen seiner bisherigen Judikaturlinie, dass die Angaben der Dauer in einem ärztlichen Nachweis als bloße Prognosen zu verstehen seien, die bei Nichtantritt der Arbeit keine weitergehenden Meldepflichten auslösen würden. Das Höchstgericht ging zunächst sogar noch darüber hinaus: Entgegen Teilen des Schrifttums betonte es, dass grundsätzlich nicht einmal dann die Pflicht zur neuerlichen Meldung bestünde, wenn es der AN ist, der von sich aus die Dauer der Arbeitsunfähigkeit begrenzt – um dann aber im vorliegenden Fall die „Bekanntgabe“ des AN über dessen Wiederantritt nicht als Prognose, sondern als Meldung des Krankenstandsendes anzusehen, woraus bei fehlender Arbeitsaufnahme an diesem Tag sehr wohl eine neuerliche Meldepflicht resultieren würde.
Dies soll zum Anlass genommen werden, Inhalt und Umfang der Informationspflichten des AN bei Dienstverhinderungen im Folgenden näher zu untersuchen, und die vorliegende E entsprechend einzuordnen.
Im Falle bestimmter Arbeitsverhinderungen in der Sphäre des AN, insb bei Krankheit, erhält der verhinderte AN weiterhin das Entgelt, obwohl er die vereinbarte geschuldete Leistung nicht erbringt bzw erbringen kann. Im Gegenzug dazu muss der AN – obwohl es sich dabei regelmäßig um durchaus sensible Details aus seinem Privatleben handeln wird – die AG auch über die näheren Umstände der Arbeitsverhinderung informieren. In den Worten des Gesetzgebers haben AN ihrer AG insb ohne Verzug „die Arbeitsverhinderung“ bekanntzugeben und auf deren Verlangen, das nach einiger Zeit wiederholt werden kann, „eine Bestätigung über Dauer und Ursache der Arbeitsunfähigkeit“ vorzulegen (§ 4 Abs 1 EFZG, § 8 Abs 8 AngG). Damit sind die Mitteilungs- und Nachweispflicht des AN angesprochen.
Auch wenn dem Gesetzeswortlaut nach „Pflichten“ vorliegen, handelt es sich im technischen Sinne um sogenannte Obliegenheiten, weil der AN bei Nichtbeachtung im Wesentlichen nur (finanzielle) Nachteile in seiner eigenen Rechtsposition erleidet. Die Rechtsfolge besteht hier im Verlust des Entgelts (in der Arbeitspraxis teilweise verbunden mit der Abmeldung von der SV) für den Zeitraum der Säumnis. Die Durchsetzbarkeit des geforderten Verhaltens durch die AG, weitergehende Schadenersatzansprüche oder gar die Auflösung des Arbeitsverhältnisses (allein) aufgrund fehlender Anzeige oder Bestätigung sind hingegen nicht vorgesehen (Melzer-Azodanloo in Löschnigg [Hrsg], AngG10 [2016] § 8 Rz 266 ff, 276 f; Drs in Neumayr/Reissner [Hrsg], ZellKomm3 [2018] AngG § 8 Rz 64 f; Burger in Reissner [Hrsg], AngG3 [2019] § 8 Rz 34; Kallab/Hauser, EFZG6 [2018] 201 ff).
Der kranke AN hat ein vitales Interesse an der Fortzahlung des Entgelts auch im Falle einer Dienstverhinderung wegen Arbeitsunfähigkeit. Die AG wiederum hat ein begründetes Informationsbedürfnis bezüglich des AN, denn sie muss entsprechend disponieren können: Der Betrieb eines Unternehmens verlangt einiges an organisatorischem Aufwand sowie vorausschauender Planung. Dem AN werden daher insb verschiedene Informationspflichten auferlegt, die der AG vor allem diese erforderlichen Dispositionen ermöglichen sollen und nebenbei die Abwesenheit des AN zu rechtfertigen vermögen.
Die Bestimmung über die Mitteilungspflicht ist recht kursorisch ausgefallen: Der AN hat die Arbeitsverhinderung unverzüglich bekanntzugeben. Eine bestimmte Form der Information wird nicht verlangt; ebenso wenig wird – im Unterschied zur Nachweispflicht – der Inhalt der Mitteilung näher konkretisiert. Vom Wortlaut erfasst sind daher die verschiedensten Kommunikationsmittel, vom Boten über den Brief bis hin zu den digitalen Medien wie SMS und WhatsApp (allg dazu Melzer-Azodanloo in Löschnigg [Hrsg], AngG10 § 8 Rz 245 ff; Drs in ZellKomm3 AngG § 8 Rz 67 ff; Burger in Reissner [Hrsg], AngG3 § 8 Rz 32; Kallab/Hauser, EFZG6 180 ff). Die Formfreiheit könnte (mittlerweile) allenfalls durch das Merkmal „unverzüglich“ eingeschränkt sein: Wurde dem AN ein dienstliches Smartphone zur Verfügung gestellt, so erfüllt eine Krankmeldung per Echtbrief, die mehrere Tage dauert, die Anforderungen an dieses Kriterium wohl nicht mehr in jedem Fall.
Inhaltlich betrachtet erfordert die Bekanntgabe der Arbeitsverhinderung im Wesentlichen die Information darüber, dass der AN aufgrund einer Erkrankung arbeitsunfähig ist. Der maßgebliche Zweck der Mitteilung besteht darin, der AG die Möglichkeit zu geben, die aufgrund der Abwesenheit des arbeitsunfähigen AN notwendigen organisatorischen Maßnahmen zu ergreifen. Von diesem Zweck ausgehend müsste die Mitteilung der Arbeitsverhinderung sehr wohl bereits eine Angabe der Dauer derselben umfassen. In der Zusammenschau mit den viel konkreteren gesetzlichen Vorgaben zur Nachweispflicht wird jedoch deutlich, dass die AG zur näheren Information über die Arbeitsverhinderung auf die ärztliche Bestätigung verwiesen wird, die der AN auf Verlangen der AG erbringen muss: Solche Bestätigungen haben nämlich den Beginn, die (voraussichtliche) Dauer sowie die Ursache der Arbeitsverhinderung zu enthalten. Daraus ergibt sich, dass der AN von sich aus im Rahmen der Krankmeldung keine Dauer anzugeben braucht; zumindest bei Nachfrage der AG wird der AN allerdings eine ungefähre Prognose machen müssen.
Nach dem Gesetz hat der AN eine ärztliche Bestätigung – im Unterschied zur Mitteilung über seine Krankheit – nicht von sich aus, sondern erst auf ein konkretes Verlangen der AG zu erbringen. Dieses154 Verlangen kann die AG nach angemessener Zeit wiederholen, woraus sich ergibt, dass sie auch schon während der Arbeitsverhinderung im Wege sogenannter Zwischenbestätigungen nähere Informationen bzw Nachweise über die Arbeitsverhinderung erlangen kann.
Noch offen ist aber, ob die Bestätigung einen Nachweis über bereits Geschehenes darstellt oder als Information über Zukünftiges, insb über die voraussichtliche Dauer der Arbeitsverhinderung, zu verstehen ist (siehe OGH 15.4.2004, 8 ObA 27/04k). Der bisher untersuchte Wortlaut (arg „voraussichtliche“ Dauer ... der Arbeitsunfähigkeit) und die Systematik sprechen für ein Verständnis der Bestätigung als Information über die noch zu erwartende Dauer der Arbeitsverhinderung, mit der die AG rechnen muss, und worüber sie sich in angemessenen Abständen durch eine Bestätigung informieren darf, um entsprechend disponieren zu können.
Abweichendes gilt mE jedoch für die ärztlichen Bestätigungen gem § 8 Abs 8 AngG. Auch diese Bestimmung erlaubt in angemessenen Abständen Aufforderungen der AG, dass der AN eine Bestätigung über die „Dauer und die Ursache“ der Arbeitsverhinderung erbringen soll. Das Fehlen des Wortes „voraussichtlich“ führt hier aber dazu, dass zusätzlich jene Lesart der Wendung „Bestätigung über die Dauer“, die sich auf bereits Geschehenes bezieht, zu berücksichtigen ist (so auch VwGH1119/64 SozM I A/b, 81; Kuderna, ZAS 1979, 111). Erkrankte Angestellte erfüllen ihre Nachweispflicht somit selbst dann, wenn sie eine (Zwischen-)Bestätigung über die Dauer der bisherigen Arbeitsverhinderung erbringen. Besseres Disponieren hinsichtlich der betrieblichen Organisation erlauben der AG die Bestätigungen, die eine voraussichtliche Dauer enthalten. Aber auch eine Bestätigung über die bisherige Dauer des Krankenstands ist als adäquate Information bezüglich des Krankenstands anzusehen, weil sie das vorangegangene Fernbleiben von der Arbeit und damit die Entgeltfortzahlung rechtfertigt. Mangels der Wendung „voraussichtlich“ genügen bei Angestellten Bestätigungen über den bisherigen Verlauf ebenso wie jene, die eine Prognose über den zukünftigen Verlauf enthalten (näher Melzer-Azodanloo in Löschnigg [Hrsg], AngG10 § 8 Rz 259).
Während die ärztliche Bestätigung auch öfter als einmal zu erbringen sein kann, findet sich zur Meldung des AN keine derartige gesetzliche Vorgabe. Zu verschiedenen Konstellation hat der OGH deshalb entschieden, dass die Meldung des AN am Beginn des Krankenstands regelmäßig genügt, so etwa bei ununterbrochenem Krankenstand, der daher keine neuerliche Meldung erfordert. Zum Zeitpunkt der Krankmeldung wird der AN oftmals überhaupt nicht in der Lage sein, Art und Dauer der Erkrankung exakt anzugeben; diese Angaben sind daher vor allem Gegenstand der Bestätigung (OGH9 ObA 236/89 infas 1990 A 44). Sowohl in jenen Fällen, in denen die ursprüngliche Krankheit länger dauert als angenommen, als auch in jenen, in denen es zu weiteren Erkrankungen im Rahmen eines ununterbrochenen Krankenstands kommt, wird keine neuerliche Anzeigepflicht ausgelöst. Wird zB die voraussichtliche Dauer mit sieben Tagen angegeben, so besteht keine Verpflichtung zur (weiteren) Meldung, wenn die Krankheit länger dauert (OGH9 ObA 62/02m ASoK 2003, 64). Die voraussichtliche Dauer einer Krankheit muss zudem nicht durch einen konkreten Zeitraum umrissen sein; sie kann auch (iVm dem Krankheitsbeginn) durch Wendungen wie „nicht absehbar“, „laufend“ oder „bis auf Weiteres“ zum Ausdruck gebracht werden (OGH9 ObA 97/10w JusGuide 2011/39/9235). Eine Bestätigung wird lediglich dann als nicht ausreichend angesehen, wenn in der Bestätigung überhaupt kein Hinweis auf die Dauer zu finden ist, und der AN auch dem Verlangen nach Verbesserung der Bestätigung nicht nachkommt (OGH8 ObA 27/04k LVaktuell 2004 H 10, 5; weiters jedoch oben 3.2.).
Der OGH blieb zunächst seiner bisherigen Linie treu, dass Äußerungen über die Dauer des Krankenstands regelmäßig als Prognosen zu verstehen sind, die keine zusätzlichen Meldepflichten des erkrankten AN auslösen, falls die Erkrankung doch länger dauern sollte.
Das Höchstgericht betont sogar, dass es nicht zu weitergehenden Melde- oder Nachweispflichten führt, wenn der AN selbst Äußerungen über die voraussichtliche Dauer des Krankenstands macht. Es stellt dann aber fest, dass aus der konkreten Konstellation sehr wohl eine neuerliche Meldepflicht des AN resultierte. Der AN habe nämlich „nicht eine voraussichtliche Dauer des Krankenstands bekanntgegeben (...), sondern vielmehr dessen Ende gemeldet“.
Was genau der Äußerung eines nicht-medizinisch ausgebildeten AN über die Dauer seines Krankenstands oder seine körperliche Konstitution den – ansonsten durchaus zugebilligten – prognostischen Charakter genommen hat, kann hier nur vermutet werden. Eine maßgebliche Rolle dürfte die zeitliche Nähe zwischen der angekündigten Rückkehr zur Arbeit und dem Arzttermin, anlässlich dessen der AN die zwei Infusionen erhalten und wohl auch ein medizinisches Gespräch mit dem verabreichenden Arzt oder Ärztin geführt hatte, gespielt haben.
Vor allem der Zweck der Informationspflichten spricht dafür, dass es dem AN zumutbar sein muss, sich als „Gegenleistung“ für die Entgeltfortzahlung bei der AG zu melden oder wenigstens für sie erreichbar zu sein. Der Gesetzgeber sieht dies allerdings derzeit noch strenger: Die informationsbedürftigen AG werden weiterhin auf die Angaben in der ärztlichen Bestätigung verwiesen. Allenfalls ist, wenn der erkrankte AN jeglichen weiteren Kontakt mit der AG im Krankenstand vermeidet,155 auf alte Kommunikationsmittel, wie eingeschriebene Briefe oder EMS-Sendungen, zurückzugreifen. Erleichtert wird die Sanktionierung eines erkrankten AN, der sich nicht (mehr) meldet, durch die vorliegende OGH-E daher nicht generell:
Lediglich dann, wenn kein Hinweis auf die bloß voraussichtliche Dauer des Krankenstands vorliegt, ein konkretes Rückkehrdatum genannt wird und ein zeitliches Naheverhältnis zwischen der Ankündigung und der potentiellen Rückkehr besteht, kann der prognostische Charakter der Äußerung entfallen und eine neuerliche Meldepflicht ausgelöst werden, deren Nichtbeachtung zum Verlust des Entgeltanspruchs führt.