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Keine Anrechnung versäumter Einkünfte

DAPHNEAICHBERGER-BEIG (WIEN)
  1. Auf den Entgeltanspruch gem § 1155 Abs 1 ABGB muss sich der AN zu erwerben versäumte anderweitige Einkünfte bereits dann anrechnen lassen, wenn er keine Bemühungen anstellt, eine Zwischenarbeit zu finden, obwohl ihm bekannt sein muss, dass solche Bemühungen durchaus erfolgversprechend sein können.

  2. Unter Zumutbarkeitsaspekten ist nicht nur zu berücksichtigen, dass der AN mit der Aufnahme eines ihm möglichen Zwischendienstverhältnisses eine markante Einkommenseinbuße hinzunehmen gehabt hätte. Es wurde vielmehr auch festgestellt, dass dabei im Vergleich zum Dienstverhältnis des AN mit der bekl AG mit einer qualitativen Verschlechterung der Arbeitsbedingungen durch differenzierte und höhere körperliche Anforderungen sowie durch notwendige geografische und berufliche Mobilität zu rechnen gewesen wäre.

  3. Der AN ist nicht verpflichtet, bei einer Bewerbung allfällige Einschränkungen seines Gesundheitszustands oder eine Eigenschaft als begünstigter Behinderter zu verschweigen, wenn er meint, dass eine solche Information von Nutzen ist, um ihn seiner Verfasstheit entsprechend einzusetzen.

Der begünstigt behinderte Kl war von der Bekl entlassen worden und erwirkte in erster Instanz ein Feststellungsurteil über den aufrechten Bestand des Arbeitsverhältnisses. Die Bekl leistete aufgrund des vorläufig wirksamen Urteils erster Instanz (§ 61 Abs 1 Z 1 ASGG) das laufende Arbeitsentgelt, aber zog davon einen bestimmten Betrag ab. Der Kl bringt im gegenständlichen Verfahren vor, dass ihm das volle Arbeitsentgelt ohne Abzüge zugestanden sei, und verlangt den Differenzbetrag. Die Bekl wendet ein, dass es dem Kl zumutbar gewesen sei, die Arbeitssuche aufzunehmen und einer Ersatzbeschäftigung nachzugehen.

Rechtliche Beurteilung:

[...]

2. Gem § 1155 Abs 1 ABGB gebührt dem DN das Entgelt auch für Dienstleistungen, die nicht zustande gekommen sind, wenn er zur Leistung bereit war und durch Umstände, die auf Seite des DG liegen, daran verhindert worden ist; er muss sich jedoch anrechnen, was er infolge Unterbleibens der Dienstleistung erspart oder durch anderweitige Verwendung erworben oder zu erwerben absichtlich versäumt hat.

Nach der Rsp besteht die Einrechnungsverpflichtung grundsätzlich auch bei Annahmeverzug des DG, zB bei ungerechtfertigter Entlassung (s RIS-Justiz RS0021454; 9 ObA 24/01x [Entlassungsanfechtung]; 9 ObA 81/10t [Unwirksamkeit einer Kündigung]; 9 ObA 90/13w [Kündigungsanfechtung]).

Ganz allgemein gilt nach dem strittigen dritten Fall des § 1155 Abs 1 2. HS ABGB, dass ein absichtliches Versäumen nicht erst vorliegt, wenn der AN ein ihm konkret angebotenes zumutbares Vertragsanbot ausschlägt, um die Anrechnung zu verhindern, sondern bereits dann, wenn er keine Bemühungen anstellt, eine Zwischenarbeit zu finden, obwohl ihm bekannt sein muss, dass solche Bemühungen durchaus erfolgsversprechend sein können (9 ObA 90/13w mwN). Von einem absichtlichen Versäumen des Erwerbs ist daher auch dann auszugehen, wenn der AN in der Einschätzung aller Umstände, insb der Tatsache, dass er an seinem Arbeitsplatz keinesfalls benötigt wird, und bei Vorhandensein reeller Chancen keine Anstrengungen unternimmt, sich eine Ersatzbeschäftigung zu verschaffen, die ihm nach Treu und Glauben zumutbar ist und die seiner Qualifikation und seiner bisherigen Beschäftigung im Rahmen des Arbeitsvertrags entspricht (9 ObA 114/87; RIS-Justiz RS0028604, zuletzt 9 ObA 90/13w mwN).

Die Behauptungs- und Beweislast für die Anrechnungsvoraussetzungen trifft den AG (RIS-Justiz RS0021543; RS0021599).

3. [...]

3.1. Voranzustellen ist, dass hier keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Kl arbeitsunwillig gewesen wäre. [...]

3.2. Die Obliegenheit, ein Zwischendienstverhältnis einzugehen, besteht auch nur in Bezug auf solche Tätigkeiten, die einem DN zumutbar sind (zB 9 ObA 114/87; 9 ObA 90/13w; Krejci in Rummel, ABGB3 § 1155 Rz 25 mwN; Rebhahn in ZellKomm2 § 1155 Rz 53, 62; vgl auch Schrammel in Klang, ABGB3 § 1155 Rz 39). Die Zumutbarkeit der anderen Beschäftigung wird angenommen, wenn sie der Qualifikation und bisherigen Beschäftigung des AN entspricht und auch sonst nach Treu und Glauben zumutbar ist (9 ObA 114/87; 9 ObA 90/13w; Rebhahn, aaO Rz 62).

Hier ist unter Zumutbarkeitsaspekten nicht nur zu berücksichtigen, dass der Kl mit der Aufnahme eines ihm möglichen Zwischendienstverhältnisses eine markante Einkommenseinbuße hinzunehmen gehabt hätte (Netto-Einkommensverringerung von 44 % inklusive Sonderzahlungen bzw 51 % exklusive Sonderzahlungen). Es wurde vielmehr auch156 festgestellt, dass dabei im Vergleich zum Dienstverhältnis des Kl mit der Bekl mit einer qualitativen Verschlechterung der Arbeitsbedingungen durch differenzierte und höhere körperliche Anforderungen sowie durch notwendige geografische und berufliche Mobilität zu rechnen gewesen wäre. [...]

3.3. Bezüglich der von den Vorinstanzen unterschiedlich beurteilten Frage der Offenlegung des Feststellungsverfahrens bei der Suche nach einer Zwischenarbeit kann es hier auch auf die Art und die Umstände der auszuübenden Tätigkeit ankommen. Die Tätigkeit als Versicherungsvermittler erfordert etwa eine mehrmonatige Einschulungsphase zum Erwerb der Produktkenntnisse. Diesbezüglich kann nicht zweifelhaft sein, dass der Kl einen neuen AG darauf aufmerksam machen durfte, dass er bei Obsiegen des Gerichtsverfahrens das Zwischendienstverhältnis – schon, um die Pflicht zur Leistungsbereitschaft in seinem Stammdienstverhältnis nicht zu verletzen – unverzüglich wieder beenden würde. Eine solche Information bietet dem neuen AG eine Beurteilungsgrundlage dafür, ob er sich dann auf den Aufwand einer Einschulung einlassen möchte. Die Bekanntgabe der Unsicherheit über den Verbleib im Zwischendienstverhältnis wäre daher – anders als etwa bei einschulungsfreien Hilfstätigkeiten – insb bei einer Position wie jene eines Versicherungsvermittlers, deren Ausübung vorerst einen mehrmonatigen Wissenserwerb erfordert, eine Information gewesen, die einem künftigen AG jedenfalls gegeben werden durfte. [...]

3.4. In gleicher Weise ist ein DN nicht verpflichtet, bei einer Bewerbung allfällige Einschränkungen seines Gesundheitszustands oder eine Eigenschaft als begünstigter Behinderter zu verschweigen, wenn er meint, dass eine solche Information von Nutzen ist, um ihn seiner Verfasstheit entsprechend einzusetzen. Dass eine solche Offenlegung hier den Zweck verfolgt hätte, eine Anstellung iSd § 1155 ABGB „absichtlich zu versäumen“, behauptet die Bekl nicht. Dass unter Umständen keine entsprechende Offenlegungspflicht bestanden haben mag (s dazu 9 ObA 107/15y), ist daher nicht entscheidend. Bei Offenlegung des Gerichtsverfahrens wäre ein Bemühen um ein Zwischenarbeitsverhältnis aber nach den Feststellungen des Erstgerichts nicht erfolgreich gewesen. [...]

4. In Zusammenschau all dieser Umstände liegt hier daher keine Konstellation vor, in der dem Kl zum Vorwurf gemacht werden könnte, es während des laufenden Feststellungsverfahrens trotz reeller Chancen ab Juni 2015 „absichtlich“ iSd § 1155 Abs 1 ABGB versäumt zu haben, sich eine zumutbare Ersatzbeschäftigung zu verschaffen. Auf die Frage, ob dem Kl schon aufgrund seines erhöhten Bestandschutzes ein Zwischendienstverhältnis nicht zumutbar sei (offenlassend 8 ObA 77/06s; s dazu auch Rebhahn, aaO Rz 60), braucht danach nicht weiter eingegangen zu werden.

ANMERKUNG

Die Reichweite der Versäumnisanrechnung ist von eminenter Bedeutung für die Rechtsposition eines AN, der trotz aufrechten Vertrags vom AG tatsächlich nicht beschäftigt wird (wie dies zB regelmäßig während eines Bestandschutzverfahrens der Fall ist). Gem § 1155 Abs 1 ABGB behält der AN in Zeiten der Nicht-Beschäftigung zwar seinen Entgeltanspruch; diese Entgeltfortzahlungsregel wird jedoch umso mehr relativiert, je leichter der AG das Entgelt mit der Begründung kürzen kann, der AN habe es absichtlich unterlassen, eine Zwischenarbeit aufzunehmen.

In der hier besprochenen E umschreibt der OGH – ebenso wie bereits zuvor in anderen Entscheidungen – die Voraussetzungen für die Versäumnisanrechnung weit und geht davon aus, dass den AN eine Obliegenheit treffe, Bemühungen zur Postensuche anzustellen; im Ergebnis aber handhabt er die Versäumnisanrechnung hier und auch sonst sehr restriktiv und nimmt regelmäßig – von wenigen Ausnahmen abgesehen – keine Anrechnung versäumter Einkünfte vor: In mehreren OGH-Entscheidungen scheiterte die Versäumnisanrechnung daran, dass der AG den ihm obliegenden Beweis nicht erbringen konnte, es wäre dem AN möglich gewesen, eine zumutbare anderweitige Anstellung zu finden (zB OGH9 ObA 101/97m infas 1997 A 126; OGH9 ObA 135/03y infas 2004 A 25). In anderen Urteilen befand der OGH – wie im gegenständlichen Fall –, dass die Aufnahme einer anderweitigen Beschäftigung dem AN im konkreten Fall nicht zumutbar gewesen sei und es deshalb zu keiner Anrechnung zu kommen habe (zB OGH9 ObA 231/94

; OGH4 Ob 40/83 Arb 10.311).

In der folgenden Entscheidungsanmerkung möchte ich zunächst zeigen, welche engen Voraussetzungen für die Versäumnisanrechnung sich bereits aus deren Funktion und Zweck ergeben. Danach werde ich die vom OGH offen gelassene Frage untersuchen, ob der besondere Bestandschutz eines AN die Zumutbarkeit eines Zwischenarbeitsverhältnisses generell ausschließt.

1.
Reichweite der Versäumnisanrechnung

Gem § 1155 Abs 1 ABGB behält der AN seinen Entgeltanspruch, wenn er die Arbeitsleistung aufgrund von Umständen auf Seiten des AG nicht erbringen kann, aber muss sich von dem Entgelt dasjenige abziehen lassen, was er sich infolge des Unterbleibens der Dienstleistung erspart hat und das, was er infolgedessen anderweitig verdient oder zu verdienen absichtlich versäumt hat. Die Anrechnung soll jene Bereicherung verhindern, die eintreten würde, wenn der AN wirtschaftliche Vorteile aus dem Unterbleiben der Dienstleistung zieht (zB weil er sich dadurch Fahrtkosten erspart oder währenddessen eine Beschäftigung bei einem anderen AG aufnimmt) und – zusätzlich zu diesen Vorteilen – das volle Entgelt erhielte. Die Anrechnungsregel gewährleistet somit, dass der AN im Anwendungsbereich des § 1155 ABGB wirtschaftlich nicht besser gestellt ist als bei Erbringung der Dienstleistung (siehe die Gesetzesmaterialien zur 3. Teilnovelle des ABGB, welche die aktuelle Fas-157sung des § 1155 ABGB schuf: 78 BlgHH 21. Sess 1912, 221).

Bei der Versäumnisanrechnung hingegen werden Beträge in Abzug gebracht, die der AN nur hypothetisch erwerben hätte können; die Versäumnisanrechnung wendet somit nicht eine Bereicherung des AN ab, sondern führt zu einem Einkommensverlust. Zweck der Versäumnisanrechnung ist es, die Anrechnungsregel gegen böswilliges Unterlaufen abzusichern (siehe die Gesetzesmaterialien zu § 1155 ABGB 78 BlgHH 21. Sess 1912, 221). Bereits ihre Zielsetzung, doloses Handeln zu sanktionieren, lässt erkennen, dass die Versäumnisanrechnung keine zusätzlichen Verhaltensanordnungen schafft, die den AN bei Beschäftigung nicht treffen würden (siehe bereits ausführlicher dazu und zu der im Folgenden erörterten Reichweite der Versäumnisanrechnung Aichberger-Beig, Reduktion des Entgelts in Zeiten der Nicht-Beschäftigung? – Zur Anrechnungsregel des § 1155 ABGB, DRdA 2018, 473). Wird der AN aber durch die Versäumnisanrechnung nicht mit neuen Obliegenheiten belastet, so folgt daraus erstens, dass zu erwerben absichtlich versäumte Einkünfte iSd § 1155 Abs 1 ABGB nur dann vorliegen, wenn der AN ein konkretes Arbeitsangebot abgelehnt hat, weil AN während eines aufrechten Arbeitsvertrags nicht dazu verhalten sind, Anstrengungen zu unternehmen, um eine anderweitige Erwerbsgelegenheit zu suchen. Da die meisten AN ohne aktive Postensuche keine Jobangebote erhalten, wird eine Versäumnisanrechnung meist nur dann erfolgen können, wenn der AG selbst dem AN ein Zwischenarbeitsverhältnis anbietet oder er ein solches für den AN ausfindig macht (siehe dazu auch unter 2.). Zweitens muss die angebotene Tätigkeit dem AN zumutbar sein. Zumutbar sind nur Tätigkeiten, die vom ursprünglichen Arbeitsvertrag gedeckt sind. Der AN kann die Verrichtung von Tätigkeiten, die er arbeitsvertraglich nicht schuldet, sanktionslos ablehnen. Andernfalls könnte der Versetzungsschutz umgangen werden (so auch Floretta/Spielbüchler/Strasser, Arbeitsrecht I4 [1998] 70; Ettmayer, Die Anrechnung des zu erwerben absichtlich Versäumten nach § 1155 ABGB, JBl 2006, 295 [300 f]).

Diese enge Auslegung des Tatbestands folgt auch daraus, dass das Gesetz nicht etwa das bloß fahrlässige Versäumen einer Erwerbsgelegenheit regelt, sondern Absichtlichkeit verlangt. Es ist daher erforderlich, dass es dem AN – zielgerichtet – gerade darauf angekommen ist, keine alternative Erwerbsgelegenheit aufzunehmen. Wenn der AN erfolgversprechende Bemühungen zur Postensuche unterlässt, so kann dies viele Gründe haben wie zB Nachlässigkeit. Die Absichtlichkeit des Versäumnisses liegt nur dann nahe, wenn dem AN eine konkrete und zumutbare Erwerbsmöglichkeit angeboten wurde und er diese nicht angenommen hat. Eine extensivere Auslegung der Versäumnisanrechnung würde bedeuten, dass der AG durch einseitiges Verhalten (wie zB durch eine unwirksame Kündigung) dem AN trotz aufrechten Vertrags die Obliegenheit zur Postensuche und zur Aufnahme vom Arbeitsvertrag nicht gedeckter Tätigkeiten auferlegen könnte.

Die hier vertretenen Grenzen der Versäumnisanrechnung entsprechen zwar nicht den Rechtsausführungen in der Judikatur, aber – mit Ausnahme einer Ausreißerentscheidung (OGH9 ObA 90/13wDRdA 2014) – der OGH-Rsp, die im Ergebnis eine Versäumnisanrechnung nur dann vornimmt, wenn der AN ein konkretes Arbeitsangebot abgelehnt hat (OGH4 Ob 18/81 ZAS 1983/5 [Schrammel]; OGH9 ObA 114/87 RdW 1988, 357; siehe auch die Literaturübersicht in Aichberger-Beig, Reduktion des Entgelts in Zeiten der Nicht-Beschäftigung? – Zur Anrechnungsregel des § 1155 ABGB, DRdA 2018, 473).

2.
Exkurs: Interessenlagen während eines Streits über den Bestand des Arbeitsverhältnisses

Ein großer Teil der OGH-Urteile zu § 1155 ABGB und auch die gegenständliche E betreffen Entgeltansprüche für den Zeitraum des Streits über den aufrechten Bestand des Arbeitsverhältnisses; meistens ist die wirksame Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch den AG strittig. Da der AN nur dann über einen Entgeltanspruch gem § 1155 ABGB verfügt, wenn er mit seinem Standpunkt Recht behält, dass das Arbeitsverhältnis aufrecht war, ist während des Streits noch unklar, ob ein Entgeltanspruch besteht. AN nehmen in dieser Situation schon deshalb häufig eine anderweitige Beschäftigung auf, um sich für den Fall des Prozessverlusts abzusichern.

Auch der AG befindet sich in diesem Zeitraum im Unklaren darüber, ob er zur Entgeltzahlung verpflichtet ist. Wenn der AG dem AN ein zumutbares Zwischenarbeitsverhältnis anbietet, so kann er dadurch verhindern, dass er bei Prozessverlust das volle Entgelt zahlen muss, ohne eine Gegenleistung erhalten zu haben (siehe Rebhahn, Die Rechtslage während eines arbeitsrechtlichen Kündigungsschutzprozesses,

[20 ff]
). Gewinnt der AN den Prozess, aber hat er ein zumutbares Arbeitsangebot ausgeschlagen, so greift die Versäumnisanrechnung ein. Ohne konkretes und zumutbares Angebot an den AN bleibt es jedoch gem § 1155 ABGB das Risiko des AG, den AN bei aufrechtem Vertrag nicht zu beschäftigen (siehe oben unter 1.).

3.
Ergebnis der gegenständlichen Entscheidung

Der OGH hat mE in der gegenständlichen E vollkommen zutreffend die Versäumnisanrechnung abgelehnt. Absolut zuzustimmen ist auch seinen Ausführungen, dass ein AN nicht verpflichtet ist, einem anderen AG gegenüber seine Eigenschaft als begünstigter Behinderter zu verschweigen. Da den AN aber schon grundsätzlich keine Obliegenheit zur Postensuche trifft, hätte es dieser Überlegung und den Ausführungen des OGH zur Zumutbarkeit einer anderen Beschäftigung mE nicht mehr bedurft.158

4.
Besonderer Bestandschutz und Versäumnisanrechnung

Offen ließ das Höchstgericht, ob der erhöhte Bestandschutz für begünstigte Behinderte generell die Zumutbarkeit eines Zwischenarbeitsverhältnisses ausschließt. Dies ist mE nicht der Fall. Da die hier vertretene enge Auslegung der Versäumnisanrechnung den AN nicht schlechter stellt als bei Erbringung der Arbeitsleistung, spricht nichts gegen die Anwendung auf Arbeitsverhältnisse besonders bestandgeschützter AN. Die Anrechnung versäumter Entgelte scheidet jedoch bei Betriebsratsmitgliedern in Bezug auf Tätigkeiten außerhalb des Betriebs aus, weil sich das Betriebsratsmandat auf einen bestimmten Betrieb bezieht und es daher bei Aufnahme einer Beschäftigung in einem anderen Betrieb nicht ausgeübt werden könnte (siehe OGH4 Ob 114/82 Arb 10.185 =

).