48Kündigung wegen Dienstunfähigkeit nur bei negativer Zukunftsprognose – Arbeitgeber behauptungs- und beweispflichtig
Kündigung wegen Dienstunfähigkeit nur bei negativer Zukunftsprognose – Arbeitgeber behauptungs- und beweispflichtig
Der Kl wurde seitens der Bekl gekündigt. Die Bekl hat die Kündigung des Kl auf das Vorliegen der dauernden Dienstunfähigkeit gestützt. Die einschlägige Bestimmung der anzuwendenden Dienstordnung entspricht § 32 Abs 2 Z 2 VBG. Gegen diese Kündigung erhob der DN eine Feststellungsklage, gerichtet auf den aufrechten Bestand des Arbeitsverhältnisses.
Die Vorinstanzen erachteten den Kündigungsgrund als nicht verwirklicht, da der Bekl der Beweis nicht gelungen ist, dass auch in Zukunft mit weit über dem Durchschnitt liegenden Krankenständen zu rechnen ist. Der OGH bestätigte diese Ansicht, wies die seitens der Bekl erhobene außerordentliche Revision mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurück und führte aus:
Nach § 48 Abs 2 lit b DO 2009 ist die Bekl zur Kündigung eines Bediensteten berechtigt, wenn sich dieser für eine entsprechende Verwendung als geistig oder körperlich ungeeignet erweist. Dies ist regelmäßig dann der Fall, wenn der DN nicht mehr die für die Erfüllung seiner dienstlichen Aufgaben erforderliche gesundheitliche Eignung besitzt.
Aber auch dann, wenn der DN grundsätzlich für seine Arbeit körperlich geeignet ist, ist dieser Kündigungsgrund verwirklicht, wenn Krankenstände auftreten, die den Bediensteten laufend in einem weit über dem Durchschnitt liegenden Maß an der Dienstleistung hindern. Die Erfüllung der Dienstpflichten umfasst nämlich nicht nur die Arbeitsleistung an sich, sondern auch deren Verfügbarkeit für den DG.
Eine starre Grenze für überhöhte Krankenstände in Bezug auf deren Häufigkeit und Dauer besteht nicht. Beim Erfordernis des „längeren Zeitraums“ wird von der Rsp darauf abgestellt, dass sich die über dem Durchschnitt liegenden Krankenstände über mehrere Jahre erstreckten.
Kommen solcherart überhöhte Krankenstände als Kündigungsrechtfertigungsgrund in Betracht, so muss der DG eine objektive Zukunftsprognose über die weitere Dienstfähigkeit des betroffenen DN anstellen, die im zeitlichen Zusammenhang mit dem Kündigungszeitpunkt zu erstellen ist.
Eine ungünstige Prognose kann etwa aus der anhaltend steigenden Zahl der Krankheitstage bei regelmäßigen Krankenständen oder aus einer objektivierten Verschlechterung des Grundleidens abgeleitet werden. Bei dieser Beurteilung darf auch die Art der Erkrankung samt deren Ursache und die daraus ableitbare gesundheitliche Situation des DN und Eignung für die Erfüllung der Dienstpflichten in der Zukunft nicht außer Betracht bleiben. Schließlich trägt der für das Vorliegen des Kündigungsgrundes behauptungs- und beweispflichtige DG das Risiko, dass sich der von ihm angenommene Kündigungsgrund später (im gerichtlichen Verfahren) als nicht berechtigt erweist.
Im vorliegenden Fall wurde festgestellt, dass beim Kl aufgrund seiner Persönlichkeitsstruktur bei ausgeprägten Konfliktsituationen mit Vorgesetzten oder Fahrgästen oder weitergehenden beruflichen Veränderungen mit großer Wahrscheinlichkeit von79 (erneuten) depressiven Phasen auszugehen ist, deren Heilung längere Zeit in Anspruch nehmen kann. Sämtliche berufliche Belastungen, Konflikte und unerwünschte Veränderungen stellen Risikofaktoren für neue Krankenstände dar. Es konnte aber nicht festgestellt werden, welche Ereignisse mit welcher neuerlichen depressiven Phase von welcher Dauer einhergehen.
Aus den Feststellungen ergibt sich nicht, dass die unvermeidliche Alltagsbelastung notwendigerweise Krankenstände zur Folge hat, was sich nicht zuletzt auch daran zeigt, dass der Kl etwa von Mitte 2014 bis Anfang 2016 keine auf psychische Probleme zurückzuführende Krankenstände aufwies.
Nicht festgestellt werden konnte auch, inwieweit Routen- oder Fahrplanänderungen für den Kl eine derartige Belastung darstellen können, dass dies Krankenstände zur Folge hat. Soweit die Bekl sich daher auf die theoretische Möglichkeit beruft, dass sie in einem laufenden Ausschreibungsverfahren keinen Zuschlag mehr für die Linie erhält, auf der der Kl eingesetzt ist, wäre aus entsprechenden Feststellungen für sie nichts zu gewinnen.